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IM REICH DER SINNE

ZUMA ROME

»Zuma« im Palazzo Fendi, Rom

Japanese Dining auf weltweitem Spitzenniveau und ein atemberaubender Ausblick erwarten die Gäste im Luxusrestaurant des deutschen Erfolgsgastronoms Rainer Becker.

zumarestaurant.com

IM REICH DER SINNE

Das Auge isst mit, wenn Gaumenfreuden angesagt sind. Doch auch andere Sinne wollen in einem Luxusrestaurant angeregt werden. Gefragt sind neben Haute Cuisine außergewöhnliche Erlebnisse und ein Ambiente, das einer Haute Couture des Raumes gleicht. Eine Reise zu den Tempeln des guten Geschmacks in Europa und Übersee. TEXT SUSANNA PIKHART

Stargastronom Rainer Becker Neben »Zuma« in Rom führt der Deutsche 19 Restaurants in elf Ländern, macht über 200 Millionen Euro Umsatz pro Jahr und hat mehr als 2.100 Angestellte weltweit.

GUCCI OSTERIA

ie meisterliche Komposition of

Dfenbart sich nicht erst auf dem Teller. Schon beim Betreten des Raumes werden alle Sinne angeregt. Das Auge nimmt sanftes Licht, faszinierende Formen und Farben wahr, im Ohr landet neben der stimmigen Geselligkeit ein Hauch von Mozart, die Nase empfängt einen verheißungsvollen Duft und eine Vorahnung dessen, was die Geschmacksknospen in Kürze erwartet. Am Tisch streichen die Hände über den samtig weichen Stoff auf der Bank, befühlen das edle Geschirr und lassen spätestens jetzt den Gaumen vorfreudig jubeln. Noch bevor das Essen unseren Mund passiert, verarbeitet das Gehirn eine Vielzahl an Sinneseindrücken. Werden sie alle nicht nur befriedigt, sondern begeistert, ist man in den besten Restaurants der Welt gelandet – dort, wo Designer und Spitzenköche für unvergessliche Erlebnisse sorgen.

Nicht selten sind es Meister der Haute Couture, die in ihren Modehäusern Luxusrestaurants eröffnen und dabei vom Tisch bis zum Teller alles selbst entwerfen. Dior beispielsweise hat in Paris einen solchen Genusstempel geschaffen. Hier, im »Monsieur Dior« an der Avenue Montaigne 30, treffen Gäste aus aller Welt auf Prominente wie Beyoncé, Marion Cotillard, Jennifer Lopez und Ben Affleck, die die kulinarischen Künste vom Spitzenkoch Jean Imbert zu schätzen wissen. Das Interior trägt die Handschrift von Architekt Peter Marino, der als Hommage an die Tradition von Christian Dior SchwarzweißKontraste einsetzte und mit einer Holzvertäfelung aus der alten Boutique, einem emblematischen VersaillesParkett und dem Wiener Geflecht die Vergangenheit zitierte. Ansonsten hält es Marino zeitgenössisch. Etwa bei Wandnischen, in die Fotomontagen aus Tausenden Bildern in Rot, Schwarz und Weißtönen aus Diors Archiven montiert wurden. Beim Menü richtet sich CelebrityKoch Jean Imbert bewusst nach Diors Version seiner Lieblingsgerichte: »Monsieur Dior mochte echte französische Küche, also Gerichte wie Brathähnchen, gefüllt mit Kräutern und Frischkäse, >

»Meine Küche fußt auf der Tradition der italienischen Küche, gefiltert durch zeitgenössische Philosophie und globale Erfahrung.«

Starkoch Massimo Bottura Der Italiener ist der Rockstar des Fine Dinings und hält seit Jahren seine Michelin-Sterne. Gemeinsam mit Gucci führt er unter anderem in Florenz die berühmte »Gucci Osteria«. gucci.com/osteria-bottura

Celebrity-Koch Jean Imbert

Seine Kochkunst ist eine Hommage an die französische Lebensart. Als Chefkoch im Diors Gourmettempel sorgt er mit Raffinesse, Kreativität und schlichter Eleganz für kulinarische Höhenflüge.

MONSIEUR DIOR

»Monsieur Dior«, Paris

Das Interior trägt die Handschrift von Architekt Peter Marino, die Speisekarte ist von Christian Diors Lieblingsgerichten inspiriert.

dior.com

»Merois«, Los Angeles

Mit bester Aussicht und sensationeller Küche stellt das Hotelrestaurant von Wolfgang Puck alle anderen gehobenen Kulinarik-Locations in West Hollywood in den Schatten.

wolfgangpuck.com

> Endiviensalat und pochierte Eier mit Artischockenherzen. So ist die Speisekarte von seinen Favoriten inspiriert.« Schon Jahre vor der Eröffnung recherchierte der Koch im Stillen und studierte sogar die Dior-Archive, um die Sensibilität des Gründers der Marke zu verstehen. Serviert werden die Speisen auf edlem Dior-Porzellan, getrunken wird aus feinen Dior-Kristallgläsern.

Wer in Florenz den »Gucci Garden« betritt, um eine der ikonischen Handtaschen zu erstehen oder bezaubernde Tableware von Fornasetti zu bewundern, muss auch auf lukullische Freuden nicht verzichten. Denn an derselben Adresse im Palazzo della Mercanzia an der Piazza della Signoria 10 führt Massimo Bottura die »Gucci Osteria«. Ihn hat Designer Alessandro Michele 2018 als Küchenchef ins »Gucci Garden« geholt, ein Jahr später krönte Bottura die »Gucci Osteria« im Shop mit einem Michelin-Stern. Seine Gerichte wirken wie essbare Kunstwerke am Teller, schließlich hat er auch in Kunst ein Diplom. Neben Florenz, Los Angeles und Tokio eröffnete der italienische Spitzenkoch Ende März 2022 in Seoul das vierte Restaurant gemeinsam mit dem Luxuslabel Gucci. Das Interiordesign ist von der italienischen Renaissance inspiriert und beeindruckt mit dem eklektischen Ästhetik-Mix, für den Gucci weltweit steht. Typisch sind etwa die grüne Farbpalette, die Holzvertäfelung und die wiederkehrende Symbolik des Sterns.

Italienisch, und doch nicht ist das Restaurant »Zuma« im Palazzo Fendi in Rom. Obwohl es in einem der Wahrzeichen Italiens residiert, tischt hier der deutsche Topgastronom Rainer Becker weder römisch noch italienisch auf, sondern japanische Speisen – auf Weltniveau. Über zwei Stockwerke erstreckt sich der Palast für Genießer, mit offenem Robata-Grill und einer Sushitheke ausgestattet. Serviert werden unter anderem Köstlichkeiten im Stil der japanischen Izakayas (das sind kleine Lokale, die viele Speisen in Miniportionen hintereinander reichen). Ebenfalls satt und glücklich machen Gerichte wie Jakobsmuschel-Carpaccio mit Röstkürbis oder geflämmte Wagyu-Tataki mit schwarzer Trüffel und nicht zuletzt auch der himmlische Blick von der Dachterrasse auf Engelsburg, Trevi-Brunnen und Petersdom.

»Essen muss das sein, was es ist: ein vollwertiges, ganzheitliches Produkt, dessen Geschichte interessant ist.«

Wolfgang Puck, Hollywood-Koch Der Österreicher besitzt in den USA über 70 Restaurants, wo er Prominenz und Gäste aus der ganzen Welt verköstigt. Er ist der einzige Koch der Welt mit zwei Michelin-Sternen und einem Stern auf dem Hollywood Boulevard.

FREUDE AM EXPERIMENTIEREN

Weiter geht die Reise nach Spanien, wo in Barcelona vor drei Jahren das nächste sagenhafte »Nobu«-Restaurant der gleichnamigen Luxushotelkette von Starkoch Nobuyuki

MEROIS

»Nobu« Matsuhisa, Schauspieler Robert de Niro und Filmproduzent Meir Teper seine Türen für Feinschmecker geöffnet hat. Neben der legendären japanischen Fusionsküche wird experimentierfreudigen Gourmets eine japanische Tapas-Bar angeboten. Beim Gustieren im 23. Stockwerk wird man jedenfalls nicht nur mit Gerichten wie einem mit Miso marinierten »Black Cod« verwöhnt, sondern auch mit der atemberaubenden Aussicht über die pulsierende Stadt und das glitzernde Meer. In den Räumen vermischen sich natürliche, organische Materialien mit raffinierten japanischen Nuancen der Innenarchitektur, während die spektakuläre Decke aus Walnussplatten, von goldenen »Adern« durchzogen, bewundernde Blicke auf sich zieht.

Daniel Humm, Vorreiter-Starkoch

Der Schweizer Starkoch, Restaurant- und Hotelbesitzer setzt neue Maßstäbe an pflanzenbasierte Kochkünste. Es gibt keinen Award der Branche, den er nicht schon gewonnen hätte. GRÜNE NOBLESSE

Lust auf sinnliche Genüsse im Land der unbegrenzten Möglichkeiten? Big Apple bittet zu Tisch und ist an Kreativität kaum zu überbieten. Im »Eleven Madison Park« erlebt man New York von seiner köstlichsten und tierfreundlichsten Seite. Kein Wunder, schwingt hier doch der mit drei Michelin-Sternen gekrönte und neuerdings für seine moderne pflanzenbasierte Küche berühmte Daniel Humm den Kochlöffel – ganz zur Freude von Herzdame und Schauspielerin Demi Moore, die seit Jahren bekennende Veganerin ist.

Das spezielle Licht des Art-déco-Speisesaals mit seinen zehn Meter hohen Decken und >

»Eleven Madison Park«, New York

Das noble Restaurant wurde bereits als das beste in den USA ausgezeichnet. Seit 2021 wird hier vegan gekocht. elevenmadisonpark.com

ELEVEN MADISON PARK

NOBU BARCELONA

Nobuyuki »Nobu« Matsuhisa Nach London, Marbella und Ibiza brachte der Starkoch gemeinsam mit Schauspieler Robert de Niro und Filmproduzent Meir Teper die gehobene Küche Japans auch in die katalanische Hauptstadt. barcelona.nobuhotels.com

»Nobu«, Barcelona

Das Restaurant im 23. Stock wartet mit Panoramablick und dem ikonischen Menü von Koch Nobuyuki »Nobu« Matsuhisa auf. Die spektakuläre Decke besteht aus Walnussplatten, die von goldenen »Adern« durchzogen sind.

> dem Blick auf den Madison Square Park in Manhattan, setzt die gastronomische Kunst effektvoll in Szene. Bei seinen kreativen Gerichten wie Tonburi mit Kürbis, Sumach und Naan stehen Reinheit, Einfachheit und saisonale Zutaten im Fokus, die Starkoch Humm bis zur Perfektion verfeinert. »Meine jahrelange Tätigkeit in der Küche hat mich gelehrt, dass die Kochkunst nicht nur auf Komplexität beruht und dass Einschränkungen, auch wenn sie schwieriger zu realisieren sind, unglaublich schön sein können.«

OSKARREIFER AUFTRITT

Ebenso filmreif geht es an der Westküste Amerikas, in Los Angeles, weiter, wo im Restaurant »Merois« der Österreicher Wolfgang Puck, ein wahrer Weltmeister der Kochkunst, für das leibliche Wohl seiner Gäste sorgt. Er ist der einzige Koch der Welt, der zwei Michelin-Sterne bekam und zudem einen Stern auf dem Hollywood Boulevard. Zuletzt kümmerte sich Puck auch um die Menüs bei der Oscar-Verleihung. Mit der malerischen Aussicht und makellos ausgeführten Küche stellt das »Merois« jedenfalls alle anderen gehobenen Hotelrestaurants in West Hollywood in den Schatten. Auf dem Dach des Pendry West gelegen, werden die Gäste im Innen- und Außenbereich mit farbenfrohen, gemusterten Möbeln und einer luxuriösen, mit Vorhängen gesäumten Kronleuchterbeleuchtung empfangen. Vier Jahrzehnte nach der Eröffnung des »Spago« in Beverly Hills könnte man denken, dass Pucks inzwischen weithin nachgeahmter Ansatz – saisonale kalifornische Küche mit französischen Techniken und panasiatischen Einflüssen – veraltet wirken würde, aber das ist im »Merois« nicht der Fall. Küchenchef Matt Dahlkemper und Küchenchefin Nicole Abisror halten die sinnesanregende Speisekarte mit neueren Gerichten wie einem knusprigen Reiskrabbensalat und gebratenen flachen Nudeln mit kurzen Rippen frisch und aktuell.

Ortswechsel nach Südafrika, wo einem klar wird: Manchmal sind es nicht Glanz und Glamour, sondern die überraschenden Momente, die unsere Sinne betören und nachhaltig prägen. Hier, an einem besonderen Ort, der das scheinbare Ende der Welt suggeriert, kann man sie erleben. Weit weg von den pulsierenden Metropolen dieser Welt, an der atemberaubenden langgezogenen Küste Südafrikas, findet sich der 2019 zum weltbesten Restaurant gekürte Gourmettempel. Er steht in einem kleinen Küstenstädchen namens Paternoster, rund 200 Kilometer nördlich des Kaps der Guten Hoffnung. »De Wolfgat« heißt das einzigartige Restaurant, dessen Chefkoch, Kobus van der Merwe, durch die angesehene Auszeichnung in eine neue gastronomische Umlaufbahn katapultiert wurde. Zu Recht, wie seither etliche weitere Prämierungen und nicht zuletzt auch vier Falstaff-Gabeln unterstreichen. Seinen Stil nennt er selbst »hyperlokale Strandveld-Küche«. Es sind die innovativen Techniken, die Konzentration auf nachhaltige Praktiken und die Auswahl an lokalen Zutaten, die die Gerichte im »De Wolfgat« so besonders machen. »Wir servieren Speisen, die viele Leute nie zuvor probiert haben, indigene Sukkulenten etwa und Wildpflanzen, meist roh oder nur minimal verändert.« Dieses winzige, unprätentiöse Restaurant mit knapp 20 Plätzen in einer ehemaligen Fischerhütte punktet jedenfalls Gang für Gang mit intuitiv kreierten, exquisiten Kreationen und ungeahnten Geschmacksdimensionen, während man von der Terrasse aus die von Dünen gesäumte, kilometerlange Küstenlinie überblickt. So darf nun der Rausch der Sinne gebührend ausklingen. <

»Wir servieren hyperlokale Strandveld-Küche und Speisen, die viele Leute noch nie zuvor probiert haben.«

KOBUS VAN DER MERWE Ausnahmekoch

DE WOLFGAT

Kobus van der Merwe, »De Wolfgat«, SA Sein beinahe unscheinbares Restaurant im kleinen Fischerdorf Paternoster an Südafrikas Westküste gilt als kulinarisches Wunder. Es wurde 2019 zum weltweit besten Restaurant gekürt. wolfgat.co.za