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DARLING, ICH BIN BEI HERMÈS
Die ikonische »Kelly« und die »Birkin Bag« von Hermès gelten als Wertanlagen und Prestigeobjekte. Ein cleveres Verknappungsmarketing trägt dazu bei, dass die Sehnsucht nach den Kulttaschen von Jahr zu Jahr wächst und die It-Bags auf Auktionen exorbitante Beträge erzielen. TEXT ANGELIKA ROSAM
ünstliche Verknappung ist seit jeher
Keine Wunderwaffe – will man, dass sich ein bestimmtes Produkt als Objekt der Begierde entwickelt, so muss die Warteschlange lang sein. Je knapper also ein Produkt, desto attraktiver nehmen es Kund:innen wahr – und dabei spielt Geld überhaupt keine Rolle. Bei Hermès war die Exklusivität von Anfang an Schlüssel zum Erfolg, vor allem, wenn es um die ikonische »Kelly« oder die »Birkin Bag« geht, die nach den berühmten Schauspielerinnen Grace Kelly und Jane Birkin benannt wurden. Beide Stücke lösen bei mancher Frau geradezu veritables Taschenfieber aus, viele sparen über Jahre darauf. Denn Kenner:innen wissen: Sie sind dauerhafte Investition, Prestigeobjekte und Wertanlage. Sie werden gesammelt, gerne vererbt und stehen für unaufdringlichen Luxus.
DIE EXKLUSIVITÄT MACHT DEN REIZ
Die exklusive weibliche Klientel hat sich mittlerweile schlicht daran gewöhnt, Knappheit mit Verlangen zu assoziieren, denn keine der beiden It-Bags ist einfach
Namensgeberin
Die »Birkin Bag« wurde nach der britisch-französischen Schauspielerin Jane Birkin benannt und erreichte mittlerweile Kultstatus.
Stilikone
Fürstin Gracia Patricia ist Namenspatronin der legendären »Kelly Bag«. Als sie erstmals schwanger war, versteckte sie mit dieser ihren Babybauch vor den Paparazzi – ein Kultstück war damit geboren.

Handwerkskunst
In den Hermès-Werkstätten nahe Paris wird an den teuren Preziosen gewerkt. Eine Einzelanfertigung benötigt bis zu 40 Stunden. Die Expert:innen müssen dafür eine zweijährige Ausbildung absolvieren.
> zu ergattern. Bis zu achtzehn Monate und länger für spezielle Anfertigungen, Farbwünsche und ein konkretes Modell, besagen die offiziellen Wartelisten in den Stores, sofern man überhaupt auf eine von ihnen gelangt. Doch die Möglichkeit, eines der begehrten Stücke im Kleiderschrank zu deponieren, macht die Stücke noch attraktiver. Wer Kontakte hat und bevorzugt wird, darf sich Glückskind nennen. Und auch wenn durch die Popularität von Secondhandplattformen wie Vestiaire Collective die anstrengenden Steps beschleunigt werden, die Preise bleiben auch dort hoch, und die Wertsteigerungen schlagen sogar jene von Gold um Längen.
TASCHEN ALS WERTANLAGE
Ab 8.000 Euro aufwärts werden die Taschen aus dem berühmten Barenia-Leder gehandelt, da befindet man sich aber für HermèsVerhältnisse noch auf einem kleinen, unspektakulären Terrain. Je größer die Preziosen ausfallen, desto mehr erhöht sich auch der Preis – ab einer Größe von 35 Zentimetern ist man mit rund 12.000 Euro dabei, wobei hier die unzähligen Farbvarianten (für man-

Im Taschenhimmel
Die »Faubourg-Birkin« in der Farbe »Béton«, die dem HermèsFlagship-Store in Paris nachempfunden ist, erzielte im November 2021 225.000 britische Pfund. che Farben gibt es extremen Aufschlag) und Künstlervariationen noch nicht berücksichtigt sind. Werden die Kultstücke privat angeboten, sind den Fantasiepreisen schier keine Grenzen gesetzt.

MIT DEM SATTELSTICH ZUM ERFOLG
Was aber macht die Taschen so teuer? Die Lederjuwele sind ein rares Gut, im Jahr werden in Relation zur Nachfrage nur wenige produziert. Und: Hermès ist ein Haus, das stolz auf seine Handwerkskunst ist. So sehr, dass die Expert:innen eine zweijährige Ausbildung absolvieren, bevor etwa eine »Birkin« über den Ladentisch wandert. Der mühsame Prozess der Einzelherstellung in der Werkstatt dauert bis zu 40 Stunden. Die Taschen werden in Kombination aus traditioneller Hand- und raffinierter Nadelarbeit hergestellt – ausschlaggebend hierfür ist der sogenannte Sattelstich, für den die Marke berühmt ist und der sich niemals auflöst. Weiters für die Exklusivität verantwortlich sind die reputierlichen Namensgeberinnen. Émile-Maurice Hermès kreierte für seine


Götterbote
Der ehemalige Hermès-Kreativdirektor Jean-Louis Dumas entwarf 1983 mit der Schauspielerin Jane Birkin die gleichnamige Bag.
Wertanlage
Die weiße »Himalaya Niloticus Diamond Birkin« mit 18-Karat-Weißgold und 10,23-KaratDiamanten wurde 2016 bei Christie’s in Hongkong um 293.000 britische Pfund versteigert. Eine Rekordsumme!
Frau 1935 eine Tasche, mit der Fürstin Gracia Patricia 20 Jahre später ihren Babybauch vor den Paparazzi versteckte – die berühmteste schwarze Krokobag des 20. Jahrhunderts war damit geboren, und Hermès erhielt so viele Anfragen für dieses Modell, dass man es ab sofort »Kelly Bag« nannte. 1984 wurde bei einem unerwarteten Zufall die nächste ikonische Taschenkreation entworfen. Der damalige Hermès Kreativdirektor JeanLouis Dumas traf bei einem Flug auf die Aktrice Jane Birkin, die sich generell über zu wenig Platz in Ledertaschen echauffierte. Noch während des Flugs entstand die Idee der »Birkin Bag« – elegant, geräumig, bis heute unverändert in ihrer Optik und ein beliebtes Sammlerstück. Dafür, dass die »Kellys« und »Birkins« begehrt bleiben, sorgen ihre Fans und die französische Brand selbst. Die Lancierung der saisonalen Farben wird stets mit Spannung erwartet. Dabei verkaufen sich laut Expert:innen die kleineren Versionen der beiden Taschen wie die »Birkin 25« oder die »Kelly Pochette« noch besser als die großen. Die Preise von Designer-Sondereditionen erzielen auf Auktionen wiederum schwindelerregende Preise. Das Auktionshaus Christie’ s etwa gilt unter Hermès-Sammler:innen als Hotspot für seltene Pieces. 2016 wurde eine Hermès-»Himalaya-Birkin« aus Krokoleder, die mit 10,23-Karat-Diamanten besetzt ist, für 293.000 britische Pfund in Hongkong verkauft. Als letzter Schrei galt bei Christie’s im November 2021 die »Faubourg-Birkin« in der Farbe »Béton« – erstmals vorgestellt 2019 –, die der Fassade des Hermès-Flagship-Stores in der Pariser Rue du Faubourg Saint-Honoré nachempfunden ist. Der sagenhafte Verkaufswert: 225.000 Pfund!
In Wien hat man ebenfalls selten, aber doch die Möglichkeit, auf die erlesenen Vintage-Eyecatcher mitzubieten: Zuletzt hieß es etwa im März 2022 im Dorotheum bei einer Taschen-Onlineauktion »zum Ersten, zum Zweiten und zum Dritten«, bis der Auktionshammer die glücklichen Gewinner:innen bestimmte. <
Begehrte Stücke in Auktionen
Im Wiener Dorotheum gibt es manchmal die Gelegenheit, eines der Kultstücke zu ersteigern. Ende März 2022 fand die »Hermès Kelly Retourné 40« (1991) aus grünem Epsom-Leder für 6.500 Euro eine neue Besitzerin. Die »Hermès Birkin 35« (2005), »bleu électrique« aus FjordLeder wurde um 9.000 Euro erworben.
