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Lautsprecher Seta Audio Finesse 610

SETA AUDIO FINESSE 610: Bis ins letzte Detail durchdacht

Besser kann der Name kaum gewählt sein: Mit der Finesse 610 präsentiert Seta Audio einen in Größe und Geometrie, Komplexität und Know-how beeindruckenden Ausnahme-Lautsprecher. Hier treffen Spezialitäten wie der exklusive Ringstrahl-Hochtöner, die Chassis-Spezialbeschichtung und das Clusterfl ex-Gehäuse auf Novitäten wie die Mittelton-Radiatoren mit verblüffender NaturalSicke – alles vereint in einem Gehäuse von atemberaubender Optik.

Bei der Enthüllung der frisch vollendeten Finesse 610, die in unserem Hörraum ihre Testpremiere erlebt, trauen wir nun kaum unseren Augen: Vor uns steht ein Schallwandler, dessen Korpus den Kanon der geometrischen Figuren hinter sich lässt und uns mit seiner komplexen Formgebung ins Staunen versetzt. Automatisch starten wir einen erkundenden Rundgang – und genießen dabei auch gleich die zweite Attraktion: Das 140 mal 40 mal 64 Zentimeter messenden Gehäuse dieses hochgewachsenen Standlautsprechers ist komplett in Bambus realisiert. Auf Wunsch wird die Finesse 610 auch in anderen Versionen oder Lackierungen ausgeführt, Seta Audio ist eine Manufaktur, fertigt die Lautsprecher also in Handarbeit und kann dementsprechend auf Kundenwünsche eingehen. „Massivbauweise, kein Furnier“ ist hier die Devise. Sogar jede Metalliclakierung ist ohne Aufpreis möglich. Entscheidet man sich für die Massiv-Version in Corian, ist der Preis abhängig von den aktuellen Materialkosten und muss erfragt werden. Der kunstvolle Korpus der Finesse 610 ist ein Polygon mit vierzehn Ecken, das aus einer Vielzahl von Trapez-Flächen besteht. Dies beginnt bei der sich nach oben verjüngenden Schallwand. Es setzt sich mit einem Trapez-Tripel auf der Oberseite fort, wo auf eine ansteigende, sich weitende Fläche zwei in verschiedenen Winkeln abfallende, sich verjüngende Trapeze folgen. Demgemäß weist der Korpus an seinen Wangen erst eine Verbreiterung auf, dann eine langgezogene Verschlankung hin zur Rückseite. Im Innern der Finesse 610 setzt Seta auf sein patentiertes „Clusterfl ex“-Prinzip: Das Gehäuse ist in zahlreiche Kammern unterteilt. Selbst die beiden Tieftöner spielen in einem jeweils eigenen Kompartment. Hierbei ist wiederum das obere in drei, das untere sogar in fünf Unter-Kammern separiert. Etliche dieser Kammern weisen allerdings über Durchbrüche eine akustische Kopplung auf. Diese Durchbrüche sind in Größe und Anzahl genau defi niert und differieren von Kompartment zu Kompartment. Insgesamt präsentiert sich die 16-teilige In-

nenkonstruktion also als komplexes Kammerspiel. Dieses Clusterflex-Prinzip ist in seiner Funktionsweise weder mit einem Transmissionline-Aufbau noch mit einer Bassreflex-Abstimmung vergleichbar. Trotzdem besitzt die Finesse 610 am hinteren Teil der Wangen vier Ports, über die Schall abgestrahlt wird – und dabei vorwiegend Bassanteile.

Der Spezialitäten-Reigen setzt sich bei den Chassis fort – und hier gleich beim Hochtöner: Die Frequenzen bis 28 Kilohertz schallwandelt ein von Seta entwickelter Ringstrahler. Er unterschiedet sich deutlich von der gängigen Bauart. Üblicherweise agiert eine Membran, die im Zentrum fixiert ist. Beweglich ist allein eine sickenartige Doppel-Wulst, die das Zentrum konzentrisch umgibt. Bei Setas Ringradiator hingegen schwingt stattdessen eine dünne und deshalb flink-impulstreu agierende Mylar-Folie. Die nötige Stabilität verleiht ihr eine spezielle Formung: Die Folie weist eine konzentrische, v-förmige Vertiefung mit flachen Flanken auf. Der aus dem fixierten Zentrum herausragende Metallkegel kompensiert dabei die allen Ringstrahlern eigene Tendenz zur Schallbündelung. Für eine vertikal wie horizontal homogene Abstrahlung sorgt zudem die schwarze Einfassung. Sie ist ebenfalls aus hochdämpfendem Corian gefertigt. Mit ihrer Terrassenform bewirkt diese Einfassung eine definierte Schallbrechung. Diese Terrassierung wird bei der Finesse 610 nun sogar durch feine Fräsungen auf der BambusSchallwand nahtlos fortgesetzt.

Die nächste Besonderheit bietet die Mittelton-Sektion: Seta setzt erstmals auf frisch entwickelte Chassis von Purifi Audio. Hinter dem 2019 gegründeten dänischen Newcomer stecken kluge Köpfe wie Peter Lyngdorf, die sich hier auf die Forschung und Entwicklung von Leistungsverstärkermodulen und Lautsprechertreibern konzentrieren. Zwei Sechs-Zoll-Modelle von Purify zieren nun die Front der Finesse 610. Es sind hochgradig belastbare Mitteltöner mit einem großen linearen Hub von zwölf Millimetern. Optisch auffällig ist bei den Chassis ihre merkwürdige Membran-Einfassung: Was wie wild aus den Fugen quilllender Kunststoff aussieht, ist die von Purifi entwickelte „Natural-Sicke“. Sie besitzt eine wellige Struktur, bildet eine ringförmige, regelmäßige Abfolge von sich vertiefenden und sich erhebenden Arealen und variiert dabei auch noch in der Dicke. Diese eigenartige Formgebung soll an den Membrankanten Resonanzen und Verzerrungen vermeiden. Sie entstehen bei herkömmlichen Sicken durch die Verformung beim Schwingen. Die Natural-Sicken hingegen ermöglichen den Membranen eine größere Auslenkung und halten dabei die Verzerrung gering.

Für den Bass kommt ebenfalls ein Chassis-Duo zum Zuge. Die Zehn-Zoll-Woofer stammen aus dem PA-Bereich und glänzen dementsprechend mit großer Hub-Potenz und extremer Belastbarkeit. Zusammen mit dem üppigen Gehäusevolumen bürgt das für einen kraftvollen und tiefreichenden Bass. Seta attestiert der Finesse 610 ein Tieftonvermögen bis 25 Hertz. Die Woofer wurden ebenfalls optimiert: Optisch ziert sie eine neue Einfassung durch einen metallenen Blendenring. Akustisch sind auch die Tieftöner per SCT-Behandlung optimiert. Die Spezialbeschichtung ist auf die Rückseiten der Papiermembranen aufgetragen. Hierbei hat Seta den unteren Woofer 20 Gramm schwerer gestaltet. Dadurch agiert er etwas anders, beim Zusammenspiel mit seinem Kollegen ist er für eine Extra-Portion Schub im unteren Bass zuständig. Das Tiefton-Team bringt es im gemeinsamen Parallelbetrieb auf eine Impedanz von acht Ohm, damit begründen sie die ungewöhnlich hohe Stabilität der Finesse 610 und machen sie so auch absolut Röhrenverstärker-tauglich. Im Ganzen liefert sie dabei einen Kennschalldruck von üppigen 96 Dezibel.

Die Finesse 610 macht ihrem Namen allerhöchste Ehre. Mit ihrer komplexen Formgebung, den außergewöhnlichen Gehäuse-Varianten und der imposanten Größe ist sie allein schon optisch atemberaubend. Sie beeindruckt zudem mit etlichen Delikatessen: Zu Seta-Spezialitäten wie dem Ringstrahl-Hochtöner, der SCT-Membranbeschichtung und dem Clusterflex-Gehäuse kommen Novitäten wie die Mitteltöner mit neuentwickelter Natural-Sicke. Klanglich führt all dies zu einer Wiedergabe von exzellenter Klarheit und herrlicher Akkuratesse. Die Finesse 610 punktet mit einer herausragenden Plastizität und Räumlichkeit, sie agiert mit einer sagenhaften Grob- wie Feindynamik – und sie liefert einen abgrundtiefen, machtvollen Mörderbass. Dabei kann sie auch ganz anders: Die klangliche Balance erreicht sie bereits bei Flüster-Pegeln.

Preis: um 58.000 Euro/Paar

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