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Medienkooperation
www.LISAvienna.at Frauenpower in der Wiener Life-Science-Branche
Willkommen in der GründerinnenZeit
© Marinomed/Evercyte/Marion Noe
In einer Reihe von Wiener Life-SciencesUnternehmen sind Frauen an führender Stelle tätig. Drei Beispiele zeigen, wie Gründungsgeschichten verlaufen können.
Eva Prieschl-Grassauer, Regina Grillari und Marion Noe-Letschnig haben Spuren in der Wiener Life-Sciences-Szene hinterlassen.
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n der biowissenschaftlichen Forschung sind weibliche Wissenschaftler längst nichts Ungewöhnliches mehr. An IMP und IMBA, CeMM und MFPL, GMI, MFPL und FH Campus Wien gibt es zahlreiche Teams, die von Frauen geleitet werden. Auch im Universitäts- und Forschungsmanagement sind sie stark vertreten, wenn man etwa an die Rektorinnen Sonja Hammerschmid (Vetmed) und Sabine Seidler (TU Wien) oder an die neu als Vizerektorin für Forschung an die Meduni Wien berufene Michaela Fritz denkt. Im Vergleich dazu scheint die Life-Sciences-Gründerszene nach wie vor mehrheitlich von Männern getragen zu sein. Doch gerade in Wien gibt es Beispiele für unternehmerische Aktivitäten, an denen Frauen federführend beteiligt sind. Bei den dedizierten Biotechnologie-Firmen in Wien liegt die Frauenquote quer über alle Tätigkeitsbereiche bei rund 56 Prozent. Am Anfang des Wiener Biotech-Unternehmens Marinomed Biotechnologie GmbH stand nicht eine Erfindung oder ein bestimmtes wissenschaftliches Ergebnis, sondern der Wunsch, sich selbstständig zu machen. „2005 haben mein Mann und ich beschlossen, gemeinsam ein Unternehmen aufzubauen und uns nach potenziellen The-
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chemiereport.at AustrianLifeSciences 6/2015
men umgesehen“, erzählt Eva Prieschl-Grassauer. Von den ins Auge gefassten Themenkomplexen lief die Beschäftigung mit viralen Atemwegserkrankungen am besten an, sodass die weitere Entwicklung des Unternehmens maßgeblich davon bestimmt wurde. „Es war schon länger bekannt, dass große, negativ geladene Moleküle anti-viral wirksam sind. Doch das herrschende Dogma war, dass dies nur für Viren mit Hülle gilt.“ Bei Marinomed konnte man dank AWS-Preseed- und Seed-Financing zeigen, dass auch Rhinoviren ohne Hülle, die Erreger von Schnupfen sind, mit einem aus Seetang gewonnenen Polymer aus der Gruppe der Carrageene, erfolgreich bekämpft werden können. Der Wirkstoff ist heute in der EU für die rezeptfreie Verwendung gegen verschiedene virale Atemwegserkrankungen zugelassen und in einer Reihe von Präparaten enthalten. Vermarktet werden diese über Lizenzpartner, sodass sich Marinomed auf seine Kernkompetenz konzentrieren kann: die unternehmenseigene Plattform („Mavirex“) dafür einzusetzen, weitere Therapien zu entwickeln und auf diese Weise Intellectual Property aufzubauen. So forscht man derzeit mit Unterstützung der Wirtschaftsagentur Wien an einem Projekt, bei dem ein Carrageen mit einem Steroid zur Behandlung von allergischer Rhinitis kombiniert werden soll. Heute hat Marinomed 21 Mitarbeiter, Prieschl-Grassauer fungiert als wissenschaftliche Leiterin des Unternehmens: „In dieser Rolle fühle ich mich am wohlsten. Ich fokussiere mich gerne auf wissenschaftliche Zahlen und weiß die wirtschaftlichen bei meinem Mann in guten Händen.“
Unsterbliche Zellen Auch Regina Grillari hat das Unternehmen Everycte GmbH gemeinsam mit ihrem Ehemann Johannes gegründet. Beide arbeiteten schon seit langem als Wissenschaftler am Department für Biotechnologie an der BOKU zusammen. Ihr gemeinsames Interesse an Alterungsprozessen der menschlichen Zelle hat sie zunächst beruflich und später auch privat zusammengeführt. Im Zuge ihrer Arbeit entstand ein Ansatz, mithilfe des Enzyms Telomerase kultivierte Zellen verschiedenen Ursprungs gleichsam unsterblich zu machen – eine Eigenschaft, die ansonsten nur Krebszellen zukommt. „Die Methode erwies sich als äußerst gut geeignet, um in präklinischen In-vitro-Tests Tierversuche zu komplementieren“, erzählt Grillari. Auf diese Technologie wurde der Berater und Entrepreneur Otto Kanzler aufmerksam, der den Grillaris vorschlug, gemeinsam ein Unternehmen zu gründen. Evercyte, das mithilfe von Preseed-Geldern der AWS gegründet wurde, fokussierte auf die Etablierung neuartiger immortalisierter Zelllinien, später auch auf pluripotente Stammzellen aus Urin, mit dem Ziel, einen Katalog an bestellbaren Produkten aufzubauen. Dazu kam das Glück, dass das junge Unternehmen schnell mit einem großen Pharmakonzern ins Geschäft kam, der auch Interesse an der Auftragsentwicklung von spezifisch zugeschnittenen Zelllinien zeigte. Daraus entwickelte sich, zusätzlich zum Kataloggeschäft, ein zweites Standbein für Evercyte. Für ihre Arbeit als Chief Technological Officer bei Evercyte hat sich Regina Grillari an der BOKU für drei Jahre karenzieren lassen. Dass in der Familie Grillari nicht auch beim Abendessen über Firma und