LINKS! Ausgabe 11/2015

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Sachsens Linke! 11/2015

Meinungen

Zu „SYRIZA nach der Wahl“ (Sachsens Linke! 10/2015, S. 7) Der Streit in SYRIZA vor der Neuwahl ging zuerst darum, ob entsprechend der Volksabstimmung das Kürzungsdiktat abgelehnt werden sollte oder, wie von der SYRIZA-Führung durchgesetzt, umgesetzt werden sollte. Es waren vielmehr Schäuble und andere, die mit einem Grexit drohten, wenn ihr Diktat nicht umgesetzt würde. Auch Gabi Zimmer kann mit ihrer Unterstützung von EU und Euro nur hilflose Forderungen stellen, ohne angeben zu können, wie diese durchgesetzt werden können. Deshalb gibt es den Vorschlag eines Plan B, der die Herrschenden wirklich, auch ökonomisch, unter Druck setzen kann, um die auch von Gabi Zimmer genannten Forderungen durchzusetzen. Und auch Nazi-Deutschland und seine Vasallen/Verbündete sind nicht militärisch übereinander hergefallen, sondern haben wie die EU-Staaten allein oder gemeinsam gegen andere Länder, die sich nicht unterwerfen wollen, Krieg geführt. Wer nicht bereit ist, die neoliberale, antidemokratische EU und den Euro in Frage zu stellen, stärkt somit die wirtschaftliche Erpressbarkeit und behindert die notwendige internationale Zusammenarbeit aller, die für ein demokratisches und sozial gerechtes Europa eintreten. Rita Kring, Dresden

terschiedlichen Wirkungsmöglichkeiten. Hinzu kommt noch, dass sie vor allem von den wirtschaftlich Mächtigen genutzt werden können, während vielen anderen die finanziellen Mittel dazu fehlen. Notfalls werden diese Freiheiten, z.B. unter dem Vorwand Sicherheit, auch weiter eingeschränkt. Und 1990 zeigt auch, wie die neuen Herrschenden demokratische Ansätze zurückdrängen (z. B. in der zeitlichen Reihenfolge: Parlamentswahlen mit stark von außen beeinflusstem Wahlkampf, wirtschaftliche Zwänge - Währungsunion, Aufzwingen der Regeln der Herrschenden – „Einheitsvertrag“). Deshalb müssen wir zukünftig besser darauf vorbereitet sein, um diese Zerschlagung demokratischer Ansätze verhindern zu können. Uwe Schnabel, Coswig

Zu „Nach 25 Jahren – Der Chor muss auf die Bühne!“ (Sachsens Linke! 10/2015, S. 3) Ja, die Ereignisse 1989/90 haben gezeigt, dass selbst noch so festgefügte Verhältnisse geändert werden können, wenn die Bevölkerung („der Chor“) sich massenhaft wehrt. So kann wie Ende 1989 / Anfang 1990 Demokratie entstehen. Sowohl unter den Ost-, als auch Westdeutschen gibt es diejenigen, die das wollen und andere, die sich den herrschenden Verhältnissen angepasst haben. Auch zeigte Peter Porsch, dass die Freiheiten der Bevölkerung nichts nutzen, weil sie weder ein selbstbestimmtes Leben noch grundlegende Verbesserungen ermöglichen. Das liegt auch an den wirtschaftlichen Zwängen und den damit verbundenen un-

Das muss gesagt werden Ich wollte auf dem Parteitag in Neukieritzsch sprechen. Als ich hätte reden können, war der Leitantrag bereits beschlossen. Ich war eben weit hinten eingeordnet. Pech gehabt. Kann sein, dass ich mich irre, aber ich hatte den Eindruck, als wären in der Reihenfolge der RednerInnen jene bevorzugt, die in irgendeiner Weise deutlich machten, ihr Beitrag sei ganz besonders wichtig. Wichtig, weil sie für ein Amt kandidieren, wichtig weil sie Abgeordnete seien, wichtig, weil wichtig. Im beschlossenen Leitantrag nimmt die politische Arbeit zu Recht einen breiten Raum ein. Dennoch scheinen mir die Aussagen zum Verhältnis von Stadt und ländlichem Raum einseitig. Ich bin überzeugt, dass wir die Probleme in den ländlichen Räumen ohne die Städte nicht lösen können. Die Parteistrukturen in den großen Städten haben meines Erachtens eine große spezifische Verantwortung für die im ländlichen Raum: Sie müssen einerseits mit ihren Ressourcen die ländlichen Räume unterstützen und anderseits eine Zusammenarbeit auf Augenhöhe entwickeln. Dazu bedarf es gegenseitiger Achtung und Solidarität. Dazu brauchen wir eine neue Kultur des Umgangs, frei von jeder Überheblichkeit. Dazu müssen Arbeitsstrukturen geschaffen werden, und zwar so

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Sachsens Linke! Die Zeitung der LINKEN in Sachsen

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Herausgeberin: DIE LINKE. Sachsen Verleger: Verein Linke Bildung und Kultur für Sachsen e.V.,

Seite 2 schnell wie möglich, damit die Genoss_innen über Kreis- und Stadtgrenzen hinaus auch gemeinsam agieren können. Das alles muss gelernt werden. Aber lernen können wir nur, indem wir damit praktisch beginnen: Unverzüglich. Deshalb ist es richtig, auf die Veränderungen der Mitgliederstrukturen zu reagieren. Dazu einige Anregungen: A) Strukturell deutet alles darauf hin, dass wir zu einer stärkeren Konzentration und Zentralisierung kommen müssen. Dabei dürfen wir unter keinen Umständen die Arbeit an der Basis und ihre Einbeziehung in die Vorbereitungs- und Entscheidungsprozesse vernachlässigen, sondern es wird neue Formen dafür geben müssen. B) Wir kommen nicht umhin, Teams für die verschiedensten Aktionen und Aktivitäten zu bilden, über die bisherigen Organisationsgrenzen hinweg. C) Wir müssen die Ressourcen bündeln, sowohl die materiellen als auch die personellen. Dabei geht es um die Ressourcen der Hauptamtlichkeit und die Ressourcen und das Engagement der Ehrenamtler. Nur beides wird uns Effekte bringen. Eine solche Bündelung verlangt andere zeitliche Anforderungen für ihr Zustandekommen. Ehrenamtlich Arbeitende können vielfach nicht so schnell reagieren wie hauptberufliche Parteitätige. Und sie sind nicht nur die Vasallen oder Soldaten, also die Ausführenden der Funktionsträger. D) Wir brauchen eine noch deutlichere Schwerpunktbildung in der politischen Arbeit und vor allem eine Priorisierung. Wir sind doch nicht in der Lage, in allen Themen die Meinungsführerschaft zu erringen. Es sei denn, wir denken, dass zu jedem Thema die Presseerklärung oder Broschüre eines führenden Genossen reicht. Darüber hinaus brauchen wir eine neue Qualität der Zusammenarbeit zwischen den Gremien und den Zusammenschlüssen, aber auch der Zusammenschlüsse untereinander. Wir haben uns auf die Fahne geschrieben, den sozialökologischen Umbau der Gesellschaft voranzubringen. Das geht nur mit dem berühmten Dreiklang: Soziales, Ökologisches und Wirtschaftliches. Aber ADELE allein kann dieses gesamte Dreieck in seiner Tätigkeit nicht abbilden. Deshalb müssen die verschiedenen Ecken zusammengeführt werden, also ADELE, B&G, AG Wirtschaft oder OWUS, Grund-

einkommen usw. Den dafür notwendigen Aufwand können jedoch die Zusammenschlüsse allein nicht stemmen. Hier muss der Landesvorstand wirksam werden. Michael-A. Lauter, einer der Sprecher des Landesrates

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Über Asylbewerber und andere ganz normale Dinge Ich lebe und arbeite in Glauchau und das auch gerne, denn Glauchau ist eine schöne Stadt, und, was noch mehr zählt: Glauchau ist eine gute Stadt. Wie ich darauf komme? Auch hier gibt es seit Mai 2014 ein Asylbewerberheim. Auch hier gab es Gesprächsrunden in Kirchen zwischen Vertreter_innen der lokalen Politik, allen voran unserem Oberbürgermeister, und Einwohner_innen von Glauchau. Es wurde offen geredet, Ängste und Sorgen konnten zerstreut werden. Aus einer anfänglichen Handvoll Asylsuchender wurden mit der Zeit ca. 120. Sie spielen Fußball auf einem Bolzplatz ganz in der Nähe meines Arbeitsplatzes, manchmal sogar mit deutschen Jugendlichen. Alles ganz normal. Sie gehen in den nahe gelegenen Supermarkt, kaufen Gemüse, Fleisch oder Süßigkeiten für ihre Kinder, so wie wir auch. Alles ganz normal. Im Sommer saßen sie bei schönem Wetter oft auf den Stufen vor ihrer Unterkunft und unterhielten sich und lachten so wie andere Menschen, so wie wir. Keiner stößt sich daran, dass auch sie Smartphones besitzen und Markenkleidung tragen, denn Geld und Geschäfte gibt es auch in Syrien oder Afghanistan oder anderswo. Warum das in Glauchau so gut funktioniert? Es liegt an der Aufgeklärtheit der Bürger und ihrer Bereitschaft, Toleranz zu leben. Und daran, dass unser Stadtrat partei- und fraktionsübergreifend arbeitet. Und da die Glauchauer gefühlt mit Nazis nichts am Hut haben, sitzen diese auch nicht in unserem Stadtparlament. Wir sehen auch nicht weg, sondern stellen uns entgegen. Ich weiß, in Glauchau leben per se keine besseren Menschen, aber sie verstecken sich nicht und sind mit ihrer Ablehnung gegen rechte Parolen und Gewalt in der Mehrheit. Deswegen können sich Ausländer bei uns wohl und sicher fühlen, denn für sie ist genug Platz in unserer Stadt, in meiner Stadt. Nazis hingegen fühlen sich hier nicht wohl und das ist gut so. Ich wünschte, es würde überall eine solche

gefühlte Normalität herrschen. Aber dazu bedarf es der Bereitschaft der Bürger_innen. Sie zu wecken ist unser aller Aufgabe. Wer klein beigibt vor Intoleranz und ewig gestrigem Gedankengut, hat schon verloren. Wer sich dem jedoch entgegenstellt, hat die Chance, dieses Land ein bisschen zu verbessern. Vielleicht wird ja dann das Zusammenleben zwischen Deutschen und Asylsuchenden (fast) völlig und ganz normal. Mike Hirsch In Memoriam: Jirí Hampl Anlässlich unseres Besuches der Gedenkstätte Lidice im Juni dieses Jahres und beim Gang durch den Rosengarten hielten wir vergebens Ausschau nach unserem Freund Jirí Hampl. Er, der uns die traurige Geschichte der Vernichtung eines ganzen Dorfes durch deutsche Polizeiund Wehrmachtsangehörige nahegebracht und gleichzeitig die Hand der Versöhnung gereicht hat, war nicht anwesend. Jahrelang haben wir intensive Gespräche beim Gang durch den Erinnerungsgarten, der mit Rosen aus vielen Ländern, Geschenke der internationalen Solidarität,

bepflanzt ist, geführt. Im stillen Gedenken legten wir gemeinsam Gebinde zu Füßen des Kinderdenkmals nieder. Mit ganzem Herzen setzte er sich für die Errichtung dieses Denkmal für die Kinder von Lidice, ein langjähriges Projekt seiner Frau Marie Uchytilová, ein. Nun ist es traurige Gewissheit: Jirí hat uns nach langer Krankheit für immer verlassen. Wir sind ihm, der als Vorstandsmitglied des CSBS (Tschechische Union der Freiheitskämpfer) viele Jahre für die internationale Arbeit verantwortlich zeichnete und der eine große Lücke hinterlässt, für die freundschaftliche Zusammenarbeit zutiefst zu Dank verpflichtet. Wir werden Seiner immer gedenken. Raimon Brete, VVN-BdA Chemnitz Die nächste Ausgabe erscheint voraussichtlich am 03.12.2015.


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