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STRATEGEN, DENKER, TOPFSCHLÄGER
WENN HUNDE ZU KREATIVEN PROBLEMLÖSERN WERDEN
Hinter dem unscheinbaren Wort „Problem“ verbirgt sich das griechische ‚próblema‘ zu deutsch: ‚das Vorgeworfene, das Vorgelegte‘. Wir müssen also vorausschauend handeln, um eine Lösung zu finden. Soweit klar.
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Dass es sich bereits bei dem typischen „Hundeblick“ um eine im sozialen Bereich hervorragend funktionierende Lösungsstrategie handelt, wissen wir, seitdem das Team um Juliane Kaminsky 2019 einen speziellen Gimmick des domestizierten Haushundes nachweisen konn- te: im Gegensatz zu Wölfen vermögen sie ihre Augenbrauen auf eine Art zu heben, die uns Menschen emotional anspricht. Ob sie dies bewusst tun, wird aktuell noch erforscht.

Auf verblüffende Weise untermalt dieser zunächst zusammenhanglos erscheinende Fakt das Einstein’sche Zitat: so kreativ wusste die Evolution den Vierbeiner in unseren Nahbereich zu schmuggeln. Bei hochentwickelten Raubtieren gar nicht so selbstverständlich. Die emotionale Regung erhöht die Wahrscheinlichkeit, den „Artfremden“ nicht als Konkurrent oder Bedro- hung wahrzunehmen und so seine nutzbringenden Eigenschaften überhaupt anzuerkennen. Und bis heute nutzen Hunde diese Fähigkeit reichlich, um uns zu positiven Reaktionen zu bewegen.
Aber zählt dieser Geniestreich der Evolution bereits als eine „Problemlösungskompetenz“?
Es macht Sinn, sich zunächst mit der strukturellen Natur von Problemen zu befassen. Schließlich begreifen wir „problemlösendes Denken“ als eine der höchsten geistigen Aktivitäten, die wir überhaupt kennen.
„Treudoof dreinschauen“ als Überlebensstrategie – seit dem Säuglingsalter auf Blickkontakt konditioniert, löst diese spezielle Bewegung der Augenbrauen bei uns eine emotionale Reaktion aus. Auch gegenüber einem eigentlich gar nicht hilfsbedürftigen Beutegreifer. Geschickt eingefädelt.
Von einem Problem spricht man dann, wenn:
Jemand ein Ziel erreichen will, dem etwas im Wege steht.
Dieser Jemand seine kognitiven Fähigkeiten benötigt, um das Hindernis zu bewältigen.
Man möchte also mehr sehen als bloßes „Topfschlagen“, bis der Hund rein zufällig über die Lösung stolpert. Problembewusstsein. „Nachdenken“. Kein affektives Draufhauen. Gleichzeitig beanspruchen wir die Fähigkeit an sich als Alleinstellungsmerkmal unserer Spezies.
Keine leichte Hürde! Lange herrschte in der Hundebranche ein heutzu- tage extrem anmutender Ansatz, nach dem Hunde nicht über selbstständiges oder gar planvolles Denken verfügen. Das fußte auf den humanistisch-behavioristischen Sichtweisen des letzten Jahrhunderts, deren Einflüsse selbstverständlich auch an den Interpretationen von Verhaltensforschern nicht vorübergingen. Noch vor zweihundert Jahren herrschte ein ganz anderer Bezug zu

Doch kein Sauhund!
In der Fachzeitschrift „Animal Cognition“ veröffentlichte das Team um Paula Pérez
Fraga von der Budapester Universität
ELTE eine Vergleichsstudie, bei der sieben Monate alte Hunde und Minischweine vor das Problem unterschiedlich schwer zu öffnender Schachteln gestellt wurden. Hunde wie Schweine waren gleichermaßen als Haustiere in Familien aufgewachsen. Hier erwiesen sich die Minischweine als deutlich kompetentere Problemlöser: sie kamen bei steigendem Schwierigkeitsgrad schneller zum Erfolg und blieben auch dann hartnäckig dran, als sich die Schachtel nicht öffnen ließ. Die Hunde zeigten ein sehr arttypisches Lösungsverhalten: sie wandten sich hilfesuchend dem Menschen zu! Das taten die Minischweine erst dann, als sich erstmalig keine Belohnung in der Schachtel befand.
Aristoteles hätte vielleicht sogar das Verhalten der Versuchshunde als klüger bezeichnet – Schachteln sind letztendlich „Menschenkram“ und deren Mithilfe somit ein realistisches Mittel. Es kommt also immer auch auf den Blickwinkel an.
Forschung und sogenannter „Naturerkenntnis“. So manche Denkweise aus diesen Zeiten hat bis heute überdauert – da landen wir wieder bei Albert Einstein und seiner Mahnung zu geistiger Flexibilität. Strikte, emotionslose Konditionierung galt bis vor Kurzem als einzig sinnvoller Weg, eine Verhaltensänderung zu erzielen. Vom Hund soziales Lernvermögen oder gar eigenständige Lösungen verlangen? Verpönte Vermenschlichung!
Praktiker aus Sport und Arbeit verdrehen darüber – wie wir mittlerweile wissen, zurecht – die Augen. Mit dieser Haltung lassen sich komplexere Abläufe aus dem Arbeitsalltag gar nicht bewältigen. Da ist der Hütehund, der einen eigenständigen „Sinn für Schafe“ benötigt oder der Jagdgebrauchshund, der abgeschnallt wird und ohne menschliche Führung seine Arbeit verrichtet.

Der Wachhund im Streifendienst, der seinen menschlichen Kollegen auf eine aufmerksam macht und zuweilen „intelligenten Ungehorsam“ beweist, um eine Gefahr abzuwenden. Blindenführhunden wird dies sogar bewusst antrainiert. Von Trümmerhunden im Rettungsdienst ganz zu schweigen, die sich unter schwierigsten Umweltbedingungen an Geruchsquellen vorarbeiten müssen und dabei mit potentielle Bedrohung

Die größte Stärke des Hundes ist die Kooperationsbereitschaft mit dem Menschen – nur so können wir von den feinen Sinnesleistungen profitieren. ...
... Eine erstaunliche Fähigkeit zur artübergreifenden Kommunikation, die definitiv vom Hund geleistet wird!
Gefahren wie rutschenden Trümmern oder Gasaustritt konfrontiert werden.
Selbst den wildlebenden Vorfahren unserer Haushunde wird ein hochentwickeltes Problemlöseverhalten zugesprochen. Sehr zum Ärgernis von Weidetierhaltern.
Beim Haushund werden diese Leistungen oftmals etwas hilflos als „irgendwie angezüchtete Instinkthandlung“ abgetan. Bei genauerem Hinsehen unstimmig, da die Strategien der jeweiligen Hunde auffällig „klug“ erscheinen. Eben jene Klugheit rüttelte an der Schublade der beschrieb bereits Aristoteles. Und mit operanter Konditionierung alleine lässt sich der Erfolg dann nicht erklären, wenn der Hund sich zum ersten Mal in der entsprechenden Situation befindet. Denn an der Fähigkeit zur Generalisierung hapert es.
„Reiz-Reaktions-Maschine“, in welche der Behaviorismus unsere Hunde zu stecken pflegte.
Können wir diese „geistige Aktivität“ überhaupt fördern? An attraktiv wirkenden Intelligenzspielzeugen mangelt es auf dem Markt nicht und rein belohnungsorientierte Trainingsangeboten werben genau damit. Doch so wirklich gehalten werden diese Versprechungen nicht.
Mitdenken gefordert! Eigenständiges Arbeiten unter schwierigsten Bedingungen – im Einsatz treffen Rettungshunde selbstständig viele Einzelentscheidungen, bevor der Mensch hinzukommt.
Es ist auch eine Sache der richtigen Motivation, ob ein Hund plötzlich „nachdenkt“ – wem eine Lösung nicht wichtig ist, wird sich auch nicht anstrengen. Da steht der Ball manchmal über dem Keks!

Maßgeblich ist Impulskontrolle
Das Clever Dog Lab Wien wies unter der Leitung von Corsin Müller bei einer Studie nach, dass Hunde die spielerisch kennengelernten physikalischen Zusammenhänge sogenannter „Intelligenzspielzeuge“ nicht wie Kleinkinder auf spätere Aufgaben transferieren können. Stattdessen hing der Erfolg mit dem Maß an Selbstbeherrschung zusammen – bei einigen Aufgaben stand ein hohes Maß an Impulskontrolle im Weg, während sie bei anderen den entscheidenden Vorteil bot.
Untersucht wurden 41 Bordercollies, die ab dem Alter von zwölf Wochen über ein Jahr entweder Erfahrungen mit entsprechenden Intelligenzspielzeugen (bei diesen Geschicklichkeitsspielen kommt der Hund durch physikalische Prinzipien wie Verschieben von Klötzchen oder Ziehen an Strickenden zu überwiegend Futterbelohnung) sammelten – oder sich eben nur mit ganz klassischen „Hundespielzeugen“ wie Ball, Kaustrick und dergleichen auseinandersetzten. Nicht miteinbezogen wurde soziales Lernen beziehungsweise Lernen vom Modell sowie die Kooperation mit anderen Hunden oder einem Menschen.

Bei der späteren Konfrontation mit für Hunde komplexen Problemstellungen wurde eine logisch erscheinende Annahme überprüft: Hunde profitieren in Sachen Problemlösungskompetenz ähnlich vom Umgang mit Intelligenzspielzeugen wie unser Nachwuchs. Das lässt sich nun klar verneinen – auch wenn die Frage bleibt, ob lediglich die Gestaltung der Spielzeuge, die Art der Belohnung oder das Erlernen der Aufgabe dieses Ergebnis beeinflusste. Auch die Motivierbarkeit scheint laut weiterführenden Studien einen Einfluss auf die Intensität zu haben, mit der Hunde Probleme „angehen“. Im Max Planck Institut wiesen Hunde bei einer Studie über Problembewusstsein bessere Ergebnisse auf, wenn sie mit Spielzeugen statt Futter belohnt wurden. Auch dieses Ergebnis überrascht und wirft weitere Fragen auf. Da lohnt sich ein Überdenken der zukünftigen Studiendesigns.
Ein großes Problem scheint laut einer am Max Planck Institut auf die Fähigkeiten von Haushunden spezialisierten Forschungsgruppe um Dr. Juliane Bräuer an der Gewohnheit zu liegen, kognitive Kompetenzen viel zu menschlich zu bewerten. Bei allem wissenschaftlichen Fortschritt können wir uns nur schwer von der Vorstellung lösen, „Intelligenz“ als eine für unsere Spezies typische Konstellation von geistigen Fähigkeiten zu sehen. Das sei aus evolutionärem Blickwinkel gar nicht sinnvoll, denn alles, was nicht benötigt wird, verbraucht unnötig Ressourcen.
Deshalb können sich diese Kompetenzen völlig unabhängig voneinander entwickeln, ohne an Qualität einzubüßen.
Viele Probleme von Mensch-Hund-Teams könnten tatsächlich durch eine Veränderung unserer Sicht- und Denkweise gelöst werden. Am individuellen Problemlösevermögen oder mangelhafter Förderung unserer Vierbeiner liegt es eher selten. Zu einer gelungenen Zusammenarbeit gehören schließlich mindestens zwei Parteien – und unsere logisch-analytische Fähigkeit zur Problemlösung ist nicht immer der geeignetste Weg! Wenn wir also lernen, die besonderen Herausforderungen an verschiedene Hundetypen und sich dadurch hervorhebende „Talente“ zu begreifen, können wir uns diesen Wunsch besser erfüllen:


Für uns ist vielleicht die „zahnbewehrte“ Lösung dieses Problems nicht geeignet – der Hund muss allerdings nicht wortgewaltig diskutieren können, um den „Diebstahl“ des Objekts gekonnt zu vereiteln! In der Vereinigung unserer Kompetenzen liegt die tatsächliche Stärke.
Das wäre auch für den Umgang mit unseren Mitmenschen eine hilfreiche Fähigkeit.
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