port01 Leipzig Januar 2014

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LESESTOFF

Zurück in die Zukunft II Ob »Raumschiff Enterprise«, »Deep Space 9« oder »Zurück in die Zukunft«, viele der erfolgreichsten Geschichten oder Serien basieren auf der Vorstellung futuristischer Szenarien. Die Frage, wie Menschen in 500 Jahren leben werden, berührt einen Urinstinkt in uns und bietet Autoren immer wieder neues Futter für phantasievolle Gedankenspiele. Dass Science Fiction allerdings nicht immer in absolut ferner Zukunft spielen muss, sondern immer wieder in der Gegenwart stattfindet, zeigt das Buch »Das Science Fiction Jahr 2013« (Heyne). Ein Mann steigt in eine Raumkapsel, lässt sich von einem Ballon auf fast vierzig Kilometer Höhe ziehen und springt vom Rand des Weltraums im freien Fall auf die Erde – und das vor laufender Kamera und mit Live-Internetübertragung. Wo kommen diese Ideen her, wer hat sie ersonnen und in welche Geschichten sind sie eingepackt? Wer das Werk vom Sascha Mamczak liest, bekommt die Antwort auf die Zukunft in der Gegenwart. Wie ein Migrationshintergrund im Jahre 3000 aussehen könnte, veranschaulicht Karen Lord in »Die beste Welt« (Heyne). Als der Planet der Sadiri zerstört wird, bleibt den wenigen Überlebenden nichts anderes übrig, als sich auf Cygnus Beta eine neue Heimat zu suchen. Obwohl entfernt miteinander verwandt, sind die kulturellen Unterschiede zwischen Cygnianern und Sadiri groß. Grace Delarua wird von der Regierung Cygnus Betas beauftragt, die Sadiri auf ihrer Suche nach Siedlungen ihrer Vorfahren

auf Cygnus Beta zu begleiten. Die Autorin verbindet dabei geschickt die Frage nach der eigenen Identität mit einer spektakulären ScienceFiction-Welt. Abseits von explosionsreichen Vernichtungsszenarien à la »Independance Day« erzählt H.G. Well seinen Invasions-Roman »Kinder der Sterne« (dtv). Die Marsianer nutzen dabei kosmische Strahlen, die das Erbmaterial des Menschen beeinflussen und ihn zu einem höheren Wesen machen sollen. Wells zieht Bilanz über die Fragen, welche ihn zeitlebens beschäftigt haben: die Evolution des Menschen und seiner Gesellschaftssysteme, seine mögliche Mutation zu einer geistig und biologisch höherentwickelten Form des Homo sapiens, vielleicht aber auch die Entstehung einer ganz neuen Gattung: Homo sideralis, das Kind der Sterne also, ein Übermensch. »Was aus den Menschen wurde« (Heyne) lautet die Frage, die sich Kultautor Cordwainer Smith stellt und anschließend aufwändig illustriert. Das Buch gilt als so etwas wie die intellektuelle Muttermilch der Science Fiction und ist vom Wumm-Bumms-SciFi der Marken John Ringo oder Gavin Smith so weit entfernt wie ein Stempel von einem Füller. Deshalb ACHTUNG: Smith ist nicht für jeden, denn seine Geschichten sind mitunter sperrig, aufwühlend und versetzen graue Hirnsubstanz in nervöse Schwingungen. Text: David Kordes


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