SPECIAL Thurgau 2012

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18 Interview

«Die Rettung des Euros ist eine politische Herkulesaufgabe» Trotz stürmischer Grosswetterlage bewegt sich die Thurgauer Kantonalbank in ruhigem Gewässer. Sie fährt, wie ihr CEO Peter Hinder rund um die EuroSchwäche im LEADER-Interview darlegt, einen konservativen, vorsichtigen Kurs. Die aus der Politik der grossen Geldmengen resultierende Inflations­ gefahr schätzt er als beherrschbar ein. Text: Richard Ammann Bild: Bodo Rüedi

Peter Hinder, ist der Euro eine «Missgeburt», wie Devisenfachleute sagen? Kann er, wird er trotzdem überleben? Der Euro ist in der heutigen Form ein politisches Konstrukt. Damit er als Währungsunion funktionieren kann, fehlen ihm wesentliche Elemente wie einheitliche Sozialstandards, eine abgestimmte Fiskalpolitik oder ein funktionierender Finanzausgleich. Dies zu erreichen ist eine politische Herkulesaufgabe, die nicht nur grossen politischen Willen, sondern

«Die SNB verfügt über die notwendigen Mittel, um die Kursuntergrenze von Fr. 1.20 zu verteidigen.» auch Zeit braucht. Andere Währungsräume wie zum Beispiel derjenige des US-Dollars oder des Schweizer Frankens brauchten für diese Errungenschaften ebenfalls viele Jahre. Die Zukunft des Euros wird davon abhängen, ob es den Politikern gelingt, diese Schritte zu vollziehen.

Soll Griechenland den Euro verlassen und zu seiner eigenen Währung zurückkehren? Ein Austritt Griechenlands aus der Eurozone wäre weder für Griechenland noch für den Rest Europas eine gute Sache. Ich denke, dessen sind sich die Politiker bewusst. Die Schweiz wird überschwemmt von Fluchtgeldern. Allein im Mai soll eine Kapitaleinfuhr im Wert von 50 bis 60 Milliarden Franken stattgefunden haben. Wie hat sich dies bei der TKB ausgewirkt? Wir spüren wenig von diesem angeblichen Trend. Das kann aber auch damit zusammenhängen, dass wir kaum im grenzüberschreitenden Geschäft tätig sind. Was macht den Franken so attraktiv? Der Schweizer Franken gilt international als «siche-

rer Hafen». Dies dank der langjährigen politischen und wirtschaftlichen Stabilität der Schweiz. So wird der Schweizer Franken besonders in unsicheren Zeiten als Anlagewährung gesucht.

Kann die SNB dem Druck standhalten und die Anbindung des Frankenkurses an den Euro mittelund langfristig verteidigen? Die SNB verfügt über die notwendigen Mittel, die Kursuntergrenze von 1.20 zu verteidigen. Dies ist im Übrigen keine fixe Anbindung an den Eurokurs, sondern «lediglich» eine Untergrenze. Das ist ein grosser Unterschied. Es gab Vorschläge, auf Bankeinlagen eine Steuer einzuführen, um Kapitalflüchtlinge abzuschrecken. Was halten Sie davon? Eine solche Steuer käme einer Kapitalverkehrskontrolle gleich. Für ein so stark exportorientiertes Land wie die Schweiz mit riesigen Auslandguthaben finde ich dies keine gute Idee. Die enorme Nachfrage nach Franken zeitigt gemäss verschiedenen Medienberichten zweifelhafte Deals. So würden Schweizer gegen Bezahlung angeheuert, die heimlich Koffer mit Franken ins Ausland bringen. Sind Ihnen solche Vorgänge bekannt? Was halten Sie davon? Mir sind keine solchen Vorkommnisse bekannt. Unsere Mitarbeiter haben klare Weisungen zu befolgen, insbesondere im grenzüberschreitenden Geschäft. Diese Weisungen verbieten ein solches Vorgehen. Es gibt auch Gelder, die wegen des löchrig gewordenen Bankgeheimnisses aus der Schweiz abgezogen werden. Wie umfangreich schätzen Sie diesen Abfluss ein? Die Vermögensabflüsse von ausländischen Kunden bei unserer Bank bewegen sich im Rahmen der Vorjahre. SPECIAL | August 2012


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