Wirtschaft 39
Thurgauer Arbeit fürs Ende der Fahnenstange Auf Sportplätzen, an Openairs und in Vorgärten: Werner Schönwalds Fahnen wehen an verschiedensten Orten in der ganzen Schweiz. Hergestellt werden sie seit über 30 Jahren im Thurgauischen Ermatingen.
Werner Schönwald, Ermatinger Fahnen unternehmer, vor seinem Lieblingssujet: der «Zürcher Sechseläuten-Fahne».
Er begann bei Null. Und mit relativ wenig Ahnung da von, wie ein Fahnengeschäft überhaupt funktioniert. Damals, im Herbst 1984, als Werner Schönwald im thurgauischen Ermatingen sein Büro einrichtete. Mit Holztisch, Drehstuhl, einem Telefon – und der Absicht, sich als Fahnenhersteller selbstständig zu machen. Heute gehört das Thurgauer Unternehmen, Schönwald Fahnen, zu den grösseren Fahnenliefe ranten in der Schweiz.
Der Architekt sagte ihm, dass er niemanden sonst gefunden habe, der den heiklen Auftrag ausführen wolle. Drei Produktionsverfahren, ständig Hochsaison Werner Schönwald hat eine kaufmännische Lehre bei einem Stahlhändler gemacht. Er habe sich dort ent falten können, sagt Schönwald. Aber er habe schnell gemerkt, dass er eigentlich lieber selbstständig wäre. Heute ist er tatsächlich Chef von – je nach Saison – drei bis fünf Mitarbeitenden. Die ersten Jahre in Selbständigkeit seien schwierig gewesen, erzählt der Thurgauer. «Ich musste mir alles selbst beibringen. Glücklicherweise stand mir in diesen Jahren aber ein bekannter Fahnenfabrikant zur Seite.» Schönwald baute bald aus, kaufte Maschinen, bilde te sich stets weiter. Ermatingen ist er in den über 30
Jahren treu geblieben. «Die Wege sind kurz und ich habe ein Netzwerk, von dem ich profitieren kann.» Schönwald Fahnen stellt Flaggen in allerlei Grössen aus eingekauften Stoffen her. Dies in drei verschie denen Verfahren: mit Siebdruck, Digitaldruck oder handgestickt. Letzteres sei das edelste Herstellungs verfahren, erklärt Schönwald. Seine Näherinnen fer tigen die Fahnen in stundenlanger Heimarbeit. «Das ist beispielsweise bei Familienwappenfahnen sehr ge fragt.» Bezüglich Sujets bekommt Schönwald die Mo tive meist druckfertig von den Werbeagenturen seiner Kunden. Manchmal müsse er aber auch selbst gestal terisch tätig werden. Schweizer-, Kantons- und Fami lienwappen nimmt der Thurgauer besonders genau unter die Lupe: «Wir überprüfen die heraldischen De tails. Fehler auf Fahnen sind nämlich sehr peinlich.» Sind die Fahnen fertiggestellt, liefert sie das Unter nehmen aus und montiert sie bei Bedarf auch mit samt den Alufahnenmasten. Der Prozess – von der Idee bis zur wehenden Fahne im Vorgarten – dauere heute bis zu zwei Wochen.
Schwieriger Auftrag an der ETH Schönwalds Fahnen flattern nicht nur in Gärten, son dern auch an Festivals, an Verwaltungsgebäuden, am Rheinfall und auf Militärflugplätzen. Einer sei ner interessantesten Aufträge sei die Beflaggung des ETH-Neubaus auf dem Hönggerberg im Jahr 2001 gewesen: Fünf Alufahnenmasten montierte er mit ei ner speziellen Verankerung in 21 Metern Höhe. Der Architekt habe ihm damals gesagt, dass er nieman den sonst gefunden habe, der den heiklen Auftrag ausführen wolle. «Für mich und mein Team war das Ganze eine riesige Herausforderung. Aber die Mas ten und Fahnen sind bis heute da.» Darauf ist Werner Schönwald stolz. Selbstverständ lich sei das nämlich nicht. Bestes, jüngstes und pro minentes Beispiel für Problemfahnen ist die riesige Flagge am Säntis, die im Sommer aufgehängt wor den war und bereits nach kurzer Zeit kaputtging. Sie ist nicht von Schönwald Fahnen.
Text: Malolo Kessler Bild: zVg. LEADER | August 2016