NuJ - Zeitschrift für junge Kultur 2018

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AL PLAN FOLK FESTIVAL – BINNEN-I GRETA MARCOLONGO – GAIA MATTIUZZI TOBIAS TAVELLA – DIGITALE MUSIKSZENE ANNA BERNARD – SETNET – LOTTOZERO FABLAB INNSBRUCK – MARTA CUSCUNÀ MATTHIAS VESCO – GIANLUCA BATTISTEL ROBO WUNDERKIND – INTROWERTHER IRENE HOPFGARTNER – VERONIKA KASERER ANDREA BERNARD – SMACH VAL DL’ERT FRANZISKA GUGGENBICHLER BECK – RU.17 HEART OF NOISE – KULTURELEMENTE ELISA GODINO – CAMPOMARZIO 2018


Impressum © 2018 alle Rechte liegen beim Herausgeber sowie bei den Autorinnen und Autoren Eine Verwendung von Inhalten dieser Zeitschrift ist nur für nichtkommerzielle Zwecke sowie mit Quellennachweis und nach Rücksprache mit der Projektleitung/ Redaktionsleitung und den Urheberinnen und Urhebern möglich.

Herausgeber

Autonome Provinz Bozen - Südtirol Abteilung Deutsche Kultur, Amt für Kultur Andreas-Hofer-Straße 18 39100 Bozen kultur@provinz.bz.it

Redaktion Stephanie Innerbichler Philipp Kieser Katharina Moling (Museum Ladin) Alexandra Pan Miriam Rieder

Projektleitung Alexandra Pan, Amt für Kultur

Fotos Lukas Larcher Florian Oberlechner

Titelbild Irene Hopfgartner „Rotkehlchen“, aus der Serie „Arkadien I“, 2014, Farbfotografie auf Papier, Ed. 3/3, 75 × 50 cm Kunstsammlung des Landes Südtirol, Inv.Nr. 244294, publiziert im Südtiroler Kulturgüter-Katalog

Grafisches Konzept und Layout Stephanie Innerbichler

Lektorat Alexandra Pan, Amt für Kultur

Druck und Herstellung Dialog GmbH, Brixen

Auflage Diese Publikation erscheint einmal jährlich. Auflage: 3.800

Digitale Ausgabe mit zusätzlichen Inhalten unter www.provinz.bz.it/nuj

Facebook www.facebook.com/NUJZeitschrift


EDITORIAL

LIEBE LESERINNEN & LESER Mit der vierten Ausgabe ist das Projekt nun flott unterwegs.

- Zeitschrift für junge Kultur in Südtirol

In dem Bestreben, den jungen Kulturschaffenden des Landes mehr Sichtbarkeit zu verleihen, legt den Fokus auf Projekte und Arbeiten, die sich nicht nur durch ein hohes Maß an schöpferischer Kraft und Innovation auszeichnen, sondern auch ­Beispielcharakter für andere haben können. Die Redaktion hat sich wieder auf die Suche nach spannenden Projekten, Kulturvor­ haben und kreativen Personen gemacht, die neue Wege einschlagen und Lösungsansätze suchen, um sich den immer neue Themen und Herausforderungen zu stellen. Mit Reportagen, Interviews, Portraits aus ganz Südtirol, aber auch aus den Nachbar­ regionen Tirol und Trentino, soll sie Bewusstsein schaffen, die Horizonte weiter ­stecken und brauchbare Modelle und Beispiele bieten, die vielleicht auch zur Nach­ ahmung und Weiterentwicklung inspirieren. Das Spektrum der Inhalte ist breit gefächert und reicht von den klassischen Sparten der Bildenden und Darstellenden Kunst über Musik, Literatur, Film, Architektur bis zu neueren Kulturformen wie Neue Medien oder Informatik und Robotik. Neben ­Festivals und Projekten mit innovativem kulturellem Charakter ist in diesem Jahr das Thema der Kreativwirtschaft besonders präsent. Sei es als Creative Space für verschiedene Kunstsparten oder als Kreativwerkstätte für den Textilbereich, sei es als HighTech-Werkstatt für digitale Produktionsverfahren, als Software für Filmschaffende oder als Programmier-Bausatz für Kinder. Im Essay wird ein aktuell gesellschaftliches Thema aufgegriffen, das viele junge Südtiroler betrifft. Neben den Texten ist auch die Bildsprache wichtig. Sie soll die Inhalte aus interessanten Blickwinkeln zeigen, weshalb wieder viele Fotostrecken extra für diese Ausgabe entstanden. Kultur schafft Mehrwert! In diesem Sinne freuen wir uns auf eine rege Leserschaft und eine breite Verteilung, die kostenlos erfolgt. Hier helfen auch die dargestellten Personen und Einrichtungen unentgeltlich mit. Wir würden uns freuen, wenn Sie ­deren Tätigkeit mit einer freiwilligen Spende unterstützen würden, um hiermit ihre Wertschätzung auszudrücken und zum Entstehen neuer Kulturprojekte beizutragen. Wir wünschen Ihnen eine spannende Lektüre Die Redaktion


INHALT 03

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EDITORIAL

GALERIE

Bitte mir den Kopf von links nach rechts sehend zu präparieren Irene Hopfgartner

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FESTIVAL

FILM

Wenn der Schmelztiegel am Dorfplatz steht Al Plan Folk Festival

Ich bin ein angstfreier Mensch Veronika Kaserer

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IMPRESE CREATIVE

PROJEKT

MUSICA

Un’isola felice e artigiana RU.17

Introvert mit Hang zu Sturm und Drang IntroWerther

Intervista per quattro voci soliste Anna Carol Bernard, Elisa Godino, Gaia Mattiuzzi e Greta Marcolongo

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NEUE MEDIEN

LITERATUR

Filme drehen, leicht gemacht Setnet

Neue engagierte Literatur aus Bozen: ein Sommergespräch Matthias Vesco und Gianluca Battistel

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BILDENDE KUNST

GESELLSCHAFT

Wenn Kunst auf Landschaft trifft SMACH Val dl’Ert

Auf zu neuen Ufern – Südtirols Kulturpiraten Essay


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DARSTELLENDE KUNST

TIROL

Musik als Sprache Franziska Guggenbichler Beck und Andrea Bernard

Über die Freiheit, auf eigenen Beinen zu stehen FabLab „Spielraum für Alle“

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ARTI PERFORMATIVE

NEUE MEDIEN

MUSIK

Il teatro incontra l’ingegneria Marta Cuscunà

Wie Kinder Bausteine zum Leben erwecken Robo Wunderkind

Digitale (Volks)Musik Digitale Musikszene

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BILDENDE KUNST

KREATIVWIRTSCHAFT

Die Manifestation der Gegensätze Tobias Tavella

Alle Fäden in der Hand Lottozero

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TIROL

GASTBEITRAG

Temporäre autonome Zone: das Heart Of Noise Festival Heart Of Noise Festival

Geisterfahrt in die Zukunft Kulturelemente

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DARSTELLENDE KUNST

TRENTINO

BIOGRAFIEN

Gute Zähne und politisch Korrekt! binnen-I

La potenzialità del vuoto Campomarzio


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Irene Hopfgartner, geboren in Bruneck 1986, studierte Malerei an der Accademia di Belle Arti in Venedig und später Fotografie an der Universität für Angewandte Kunst Wien. Heute lebt und arbeitet die Künstlerin in Wien. Sie ist Preisträgerin des Kunstpreises „Roter ­Teppich für junge Kunst 2016“, erhielt das Emanuel und Sofie Fohn-Stipendium (2015), sowie Förder- und ­Projektstipendien des Amts für Kultur der Landesregierung Bozen (2014) und der Universität für Angewandte Kunst Wien (2017). In sechs Solo-Ausstellungen und zahlreichen Gruppenausstellungen hat sich Hopfgartner mit ihren Fotografien, Installationen und Projekten einen Namen gemacht. Künstlerin zu sein bedeutet für sie, neugierig den Dingen auf den Grund zu gehen. http://irenehopfgartner.com


GALERIE

BITTE MIR DEN KOPF VON LINKS NACH RECHTS SEHEND ZU PRÄPARIEREN Irene Hopfgartner präpariert und inszeniert in ihren ­Installationen und Fotografien eine un-natürliche, über-­ natürliche ­Natur. Sie verwischt die Grenze zwischen Illusion und ­Realität und öffnet damit ungewohnte, mitunter ungemütliche Sichtweisen.

Sanft und unschuldig blickt das Rehkitz zum Betrachter und lässt ihn doch verstört zurück. Irene Hopfgartner hat den ­filigranen Tierkörper wie einen Schwimmreifen geformt (Rehreifen, 2010). Irritiert bleibt man auch beim Anblick des doppelköpfigen Vogels (Mitflieger, 2014) zurück. Er mutet als Vorbote einer genmanipulierten Tierwelt an. Unnatürlich und ungeheuerlich und doch täuschend echt sind diese ­Installationen. Irene Hopfgartner spielt mit der Sinnes­ täuschung, mit Illusion und dem überraschend lebendigen Eindruck gut gemachter Tierpräparate. Das Handwerk des Tierpräparierens begleitet die Brunecker Künstlerin seit ihrer Kindheit. Ihr Onkel Gottfried Hopfgartner ist P ­ räparator in Luttach. Fasziniert schaut ihm Irene dabei zu, wie er den toten Tieren in aufwendiger Handarbeit, mit viel Präzision und kreativem Gespür neues Leben einhaucht. Und auch sie macht sich diese schöpferische Kraft zu eigen. Sie entwirft und erschafft märchenhafte, mythologische und mitunter schaurige Szenarien einer mutierten, vom Menschen ins ­Abartige verwandelten Flora und Fauna. Die Protagonisten ihrer Arbeiten reichen vom kleinen feinen Grashalm, über Blüten und Farne bis hin zu Vögeln und Kleintieren des Waldes. Im künstlerischen Schaffensprozess lässt Irene Hopfgartner die Tiere in Positionen präparieren, die es in der Natur gar nicht gibt. Es sind Mutationen, die in ihrer Präzision und in den Details aber die Illusion von Natürlichkeit erzeugen. Und so die Frage in den Raum stellen, was eigentlich passiert, wenn der Mensch unaufhaltsam in den natürlichen Schaffensprozess eingreift? Das Spiel mit der Illusion, die Erweiterung der eigenen und der Wahrnehmung des Betrachters stehen auch im Mittelpunkt ihrer fotografischen Arbeiten. Natürlichkeit und Künstlichkeit, Realität und Illusion gehen fließend ineinander über, wenn Hopfgartner in ihren Schaubildern detailgetreue Plastiknachbildungen und echte Blumen und Pflanzen aneinanderreiht. Natur und die Inszenierung des Natürlichen und das komplizierte Verhältnis vom Menschen zu seiner Umwelt: Daran arbeitet sich die Künstlerin ab und möchte mit ihren Arbeiten den Blick des Betrachters in eine andere Richtung sehend „präparieren“. TEXT ___ Elisabeth Stampfer

Goldhähnchen und Tunnelkäfer, Farbfotografie aus dreiteiliger Fotoarbeit, 2014, 30 × 45 cm


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WENN DER SCHMELZTIEGEL AM DORFPLATZ STEHT Das Al Plan Folk Festival bietet seit über zehn Jahren ein dezidiert ­alternatives Kulturprogramm im Herzen von St. Vigil in Enneberg an. Es zählt mittlerweile zu den beliebtesten Events im Osten ­Südtirols und fand heuer vom 24. August bis 2. September statt. Doch seine Anfänge waren alles andere als leicht. TEXT ___ Marianna Kastlunger  FOTOS ___ Florian Oberlechner


FESTIVAL


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„Pizzica, pizzica, pizzica, pizzica“, spricht Sänger Giuliano Gabriele im typisch zackig getakteten Taranta Beat seines gleichnamigen Ensembles. „Pizzica, pizzica, pizzica, pizzica“, kontert das tanzende Publikum mit ebenso hastigem Sprechgesang. Es ist Samstagnacht in St. Vigil. Das Wetter am 1. September könnte besser sein, aber Zelt sei Dank ist der Regen die letzte Sorge der vielen Festivalbesucher. Eher ist es der Auftritt des heutigen Al Plan Folk Festival-Headliners, der bald zu Ende geht. Die begeisterte Menge vor der Bühne ist also fest entschlossen, die entfachte Freude bis zum letzten Tanzsprung auszukosten. Als dann Martin Comploi auf die Bühne gebeten wird, um mit dem Ensemble eine spontane Jodelperformance einzulegen, kocht die Stimmung noch einmal richtig über. Den aus St. Vigil stammenden Schauspieler und treuen Festivalfreund, der nun in Spanien lebt, kennt hier schließlich jeder. Auf der Bühne fühlt er sich naturgemäß wohl. Der versprochene Jodler kommt,

g­ efolgt von flott improvisierten TarantaSprechgesangspassagen auf Ladinisch: „Mai na maiú, mai na maiú, mai na maiú,“ spricht’s, zu Deutsch „schlimmer geht immer, schlimmer geht immer, schlimmer geht immer“. Ein Auftritt, der sogar den Tanzmüdesten nochmal einige Schwünge und noch mehr Lacher abgewinnt. Und gleichzeitig eine Szene, die das Universum Al Plan Folk Festival auf den Punkt bringt: Hier findet nämlich ein zuvor wohl kaum dagewesenes Crossover kultureller Vielfalt statt. Und zwar ausgerechnet an jenem Schauplatz, den für gewöhnlich die hiesigen Traditionsvereine wie Musikkapelle und Feuerwehr mit viel Engagement und Freude bespielen. Dass traditionelle und alternative Kulturschaffende somit ein vielversprechendes Nebeneinander gefunden haben, freut vor allem die Ortsjugend, aber auch ein immer größer werdendes, musikhungriges Publikum aus Nah und Fern – übrigens kein schlechter Schachzug in einem Ort, der hauptsächlich vom Tourismus lebt.

Inhaltlich will der „Certl Grup Atif“, also der Festival -Veranstalterverein, allerdings mehr bieten, als „nur“ ein Musikfestival. Doch nun der Reihe nach. Zu jung, zu alternativ

„Geboren wurde die Idee zum Al Plan Folk als wir eines unserer engsten Freunde gedenken wollten“, erzählt Manuel Obwegs, Ko-Initiator des Festivals. Der Freund hieß Lorenzo Castlunger. Zu behaupten, dass dieser Musik liebte, wäre schlichte Untertreibung. Er war eher der Typ MusikAficionado erster Güte. Mit dem man hervorragend über Green Day’s „American Idiot“ und den Parallelen zur damaligen US-Politik diskutieren konnte. Oder über Piraterie versus Musikindustrie. Oder Patty Smith. Placebo. System of a Down. Und zwar stundenlang. 2006 verunglückte Lorenzo tödlich. „Hätte es also eine bessere Form der Andacht gegeben, als ein Konzert einer seiner vielen Lieblingsbands? Wohl kaum …“, erinnert sich Manuel. Also organisierte die Clique prompt


FESTIVAL

einen Auftritt von I Ratti della Sabina, ­einer Folkrockband aus Rieti, am Enneberger Sportplatz. „Wir waren sehr begeistert“, fährt er fort, „aber zu diesem Anlass wurde im Dorf auch viel getratscht und polemisiert.“ Tatsächlich kam die Truppe mit ihrem eigenwilligen Musik- und Kleidungsstil manchen etwas suspekt vor: Die Gang mit den Baggypants, „chi dles braies leries“, oder „I skaterli“, die angeblich nur kifften. „Eine sensible Angelegenheit“, gesteht Manuel: „Aber wir wollten gewiss nicht den Drogenkonsum verherrlichen. Wir waren so begeistert von der ganzen Angelegenheit, dass wir weiter machen wollten. Nicht in der Abgeschiedenheit des Sportplatzes, sondern direkt im Dorfzentrum. Für alle zugänglich, bei freiem Eintritt.“ So gründeten 2007 Manuel, Sofia Triggiano und Christian Castlunger gemeinsam den Verein Certl Grup Ativ, der sich seit Anbeginn als Plattform für unterschiedliche Arbeitsgruppen mit flachen Hierarchien verstand. Unterstützt wurden sie auch von Freunden, die nicht

INFO ___ Das Al Plan Folk Festival findet seit 2006 in St. Vigil in Enneberg statt, seit 2014 im Zweijahrestakt. Getragen wird es vom Verein Certl Grup Atif, das 2007 als hierarchieflache Plattform für die unterschiedlichsten Betätigungsfelder gegründet wurde. Die Initiatoren sind Sofia Triggiano, Manuel Obwegs und Christian Castlunger, unterstützt werden sie von ca. 35 Certl-Mitgliedern und anderen Vereinsfreunden. Gemeinsam bieten sie ein breit gefächertes Programm für Jung und Alt an, mit Konzerten, Workshops, Kunst, Clownerie, Theaterperformances, Film- und Diskussionsabenden, sowie kulinarischen Spezialitäten aus lokalen Produkten. Die Veranstaltung mit freiem Eintritt ist als „nature friendly event“ konzipiert, eine vom Verein geschaffene Marke mit Qualitätskriterien zur möglichst nachhaltigen Abwicklung von Events. Damit will der Verein auch neue Impulse und Denkanstöße für eine umweltfreundliche Gestaltung der Zukunft im Tourismusort St. Vigil liefern. www.alplanfolkfestival.com

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eingetragene Mitglieder waren. Bald konnte dann die erste, mehrtägige Edition des Folk Festivals im Pavillon oberhalb der St. Vigiler Kirche stattfinden. Es wurde bis 2014 jährlich veranstaltet, dann im Zweijahrestakt. Letztens trat man nun mit einem noch umfassenderen Konzept auf. Die Köpfe hinter dem Projekt sind mittlerweile alle Anfang bis Mitte 30 Jahre alt, haben Familie, sind durch die Welt gereist oder gar weggezogen. „Die Zeit für unser Herzensprojekt mag zwar weniger geworden sein, doch die Begeisterung ist geblieben. Dadurch stehen wir nach wie vor in Kontakt“, sagt Manuel. In der gegründeten Plattform des Certl wurde das Wort Teamwork seit jeher großgeschrieben. „Hier gab es mehrere Kreise mit unterschiedlichen Betätigungsfeldern wie Kunst, Handwerk oder Organisatorisches, wo sich jeder je nach Talenten einbringen und frei entfalten konnte“, fasst der Initiator nochmal die Vereinsstruktur zusammen. „Und daraus ist heute ein richtiges Netzwerk

mit verschiedenen Ressourcen und Kompetenzen geworden“, fährt er fort. Paradigmenwechsel zur Schönheit, „Con coscionza“ (gewissenhaft, achtsam)

Es gibt ein Festival-Team für die Festivaldekorationen, eines für das Kinderprogramm, weitere für Bühnenbau- und Design, Kommunikation oder für die Personaleinteilung. Zusammen haben sie jedes kleinste Detail akribisch geplant, von den umfunktionierten Reifen als Müllbehälter, den Aschenbechern aus Holz, den frisch gepflückten Blumen auf den Tischen und der kunstvoll geästeten Deko aus Eierschachteln über der Bar. Damit sich Publikum und Helferteams gleichermaßen auf das eigentliche Folk-Wochenende „eingrooven“ können, wurde das Festivalprogramm bereits 2016 um eine Warm-Up-Week mit kleineren Konzerten, Workshops, Filmabenden und Diskussionsveranstaltungen erweitert. „So können alle Beteiligten das Ganze

e­ ntspannter genießen“, freut sich Manuel. Der Name „Folk Festival“ wurde übrigens nicht als musikalische Genrevorgabe gewählt, sondern als allgemeine Bezeichnung für das Fest, zu dem Jedermann und Jedefrau, Groß und Klein, eingeladen sind. Es gibt Clown-, Trapez- und Theaterperformances. Vor der Kirche ist eine Kunstinstallation zu sehen. Das musikalische Programm ist für gewöhnlich breit gefächert, „wo garantiert jeder etwas nach seinem Geschmack findet“, ist Manuel überzeugt. Es gibt spanische, ladinische und süditalienische Klänge, dann wieder Elektrosounds, aber auch Blues, Jazz oder Irish Folk. Selbst skeptischen Dorfbewohnern entlockt der eine oder andere Act ein verblüfftes, anerkennendes: „Ostro, chisc ti da ben forte.“ (zu Deutsch: Oha, die geben ja richtig Gas). Und das Essen? „Den Topfen für die Tultres (Tirtlan) oder Gemüse für vegetarische Gerichte bekommen wir von Bauern aus Enneberg und dem Pustertal, die Tomaten für unsere Pizze haben wir selber in der Toskana angebaut“,


FESTIVAL

e­ rklärt Manuel zur Herkunft der eingesetzten Zutaten. Was nicht durch Eigenanbau oder Direktvermarktung erhältlich war, wurde im Bio Bazar geholt. Die Getränke, vom gezapften Bier bis hin zum Bio-Wein, Cider und Holundersaft, sind ebenso aus der Region, denn Nachhaltigkeit ist den Teams ein wichtiges Anliegen. „Dafür haben wir eigene Qualitätskriterien entwickelt, um eine solche Veranstaltung so umweltschonend wie nur möglich abzuwickeln,“ so Manuel. Diese ließen sich auch in anderen Bereichen anwenden, etwa durch gezieltere Synergien zwischen Hotellerie und Landwirtschaft, um faire Preise für den wahren Wert der Lebensmittel zu zahlen, unter Berücksichtigung von Energie- und Umweltkosten der Produktion, Lagerung und des Transports. „Gerade in diesem Bereich ist es unser großes Ziel, neue Impulse zu setzen“, stellt er klar. Wie soll die Zukunft des Tourismus in einem Ort wie St. Vigil denn aussehen? Wie wichtig ist ein gewissenhafter Umgang mit Umwelt

und Ressourcen? Arbeit ist wichtig, freilich. Aber materieller Reichtum ist nicht alles. Auf Biegen und Brechen rein profitorientiert zu agieren, wird zum Kollaps führen, davon sind beim Certl alle überzeugt. Mit dem Festival wollen sie dahingehend auch ein Stück Sensibilisierungsarbeit leisten. Für ein Umdenken zum Strukturwandel. „Gutes Essen, gute Musik und eine tolle Atmosphäre – allesamt Zutaten, die ans Herz gehen. So lassen sich unsere Botschaften leichter aufnehmen, die vielleicht zum Nachdenken anregen“, so Manuel. Es geht nicht nur um Musik und ein Fest, sondern um das Miteinander. Um Achtsamkeit, um Schönheit. Er weiß, dass sein idealisierter Paradigmenwechsel nicht leicht umzusetzen sein wird. Aber wo wären wir, so ganz ohne Ideale?


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ICH BIN EIN ANGSTFREIER MENSCH

Ein Gespräch mit Regisseurin Veronika Kaserer über Mut zu Tabuthemen, unerwartete Erfolge und unbändiger Lebenslust. TEXT ___ Martin Santner  FOTOS ___ Daniel Seiffert + Veronika Kaserer

Die Regisseurin Veronika Kaserer war lange Zeit auf der Suche nach der richtigen Aufgabe in ihrem Leben: Mit Fünfzehn brach sie die Schule ab, verließ Südtirol, um durch die Welt zu reisen und um im Ausland zu leben. Später kam sie zurück, holte die Matura nach, und zog nach London. Als die Mutter an Krebs erkrankte, beschloss Kaserer dauerhaft in Südtirol zu bleiben. Sie studierte an der ZeLIG in Bozen, einer international anerkannten Schule für Dokumentarfilm. In ihrer noch jungen Karriere arbeitete sie bereits an vielen internationalen Produktionen mit, zuletzt an den Dokumentationen „The Cleaners“ und „Dream Boat“ sowie an den Spielfilmen „Der stille Berg“ und „Drei Zinnen“. Mit ihrem Erstlingsfilm über den Tod eines jungen Tanzlehrers „Überall wo wir sind“ gewann sie im Februar 2018 überraschend den Spezialpreis „Kompass-Perspektive-Preis“ der Berlinale. Veronika, du hast in diesem Jahr den Kompass-Perspektive-Preis der Berlinale für deinen Dokumentarfilm „Überall wo wir sind“ gewonnen. Herzlichen Glückwunsch. Wie war diese Erfahrung?

Es war ein unbeschreibliches Gefühl, weil es so überraschend kam. Man rechnet überhaupt nicht damit. Und dann pas-

siert es plötzlich. Es war bereits eine große Ehre, überhaupt zur Berlinale eingeladen worden zu sein. Den Film hatte ich ein Jahr zuvor zu drehen begonnen und mit wenig Hoffnung eingereicht. Im Mexiko Urlaub erreichte mich dann die frohe Botschaft, dass der Film es in den Wettbewerb geschafft hat. Der Jubel war dementsprechend groß. Bei der Einladung zum Eröffnungs- sowie Abschlussfilm habe ich viele tolle und interessante Kolleginnen und Kollegen kennengelernt. Immerhin 13 Filme schafften es in den NachwuchsWettbewerb, die meisten von ihnen auch Erstlingswerke.Am Abend der Preisverleihung habe ich mich mit Fieber auf die Veranstaltung geschleppt. Als dann mein Name aufgerufen wurde, dachte ich zuerst, ich höre nicht richtig. Was ist seit diesem besonderen Abend passiert?

Ich merke natürlich, dass der Preis doch sehr dabei hilft, dem Film noch mehr Aufmerksamkeit zu verleihen, sei es bei Journalisten, anderen Filmemachern oder Kinobetreibern. Ich hatte großes Glück, sofort einen internationalen Vertrieb zu finden, MAGNETFILM aus Berlin, der bereits für Filme wie „Kongo Tribunal“ und „Als Paul über das Meer kam“ sowie an-

dere größere Dokumentarfilmproduktionen tätig war. Außerdem sind sehr viele engagierte Menschen, die im Bereich Sterbebegleitung von krebskranken Kindern arbeiten, Verbände sowie Hospize, auf mich zugekommen, nachdem sie den Film gesehen oder davon gelesen hatten. Ihnen liegt viel daran, das Thema einer breiteren Öffentlichkeit zugänglich zu machen. Dein Film handelt vom Tod des jungen ­lebensfrohen Tanzlehrers Heiko und seiner Familie, die ihn bis zum Schluss begleitet. Wie war es, einem fremden Menschen, der den Tod erwartet und einer Familie, die trauert, in dieser Zeit so nahe zu sein?

Ich bin prinzipiell ein angstfreier Mensch. Und ich mag es, mich mit dem Tod auseinanderzusetzen und Menschen gegenüberzutreten, die von sich wissen, dass sie bald sterben werden. Ich denke, dass mitunter einer der Gründe, warum wir Menschen immer wieder gegen die Wand laufen, damit zu tun hat, dass wir uns nicht mit dem Sterben auseinandersetzen. Wir sind uns nicht bewusst, was unser kurzes Leben auf dieser Welt überhaupt bedeutet, wie es einzuordnen ist und wie man diese kurze Zeit mit Sinn füllen kann. Mit meinem Film hoffe ich, hier vielleicht ­einen kleinen Anstoß geben zu können,


FILM

um sich bewusster mit den Schattenseiten des Lebens auseinanderzusetzen. Schließlich sind auch sie Teil unserer Existenz. Ich habe gelernt, dass gerade diese dunklen Momente des Lebens besonders wertvoll sind. Welche Themen interessieren dich als Filmemacherin?

Es gibt Themen, die meines Erachtens untererzählt sind. Der Tod oder das Sterben gehören sicherlich dazu. Es hört sich vielleicht etwas komisch an, aber ich fühle mich in diesem Thema wohl. Ich funktioniere so, dass ich mir stets Themen suche, mit denen ich mich bereits auskenne und die mir vertraut sind. So war sicherlich die persönliche Erfahrung, als meine Mutter an Krebs starb, einer der Hauptbeweggründe, einen Film über das Sterben zu machen. Wenn du zurückblickst, an welchen Moment während des Drehs erinnerst du dich besonders?

Für mich war es natürlich sehr aufregend, inmitten der Familie zu sein, die ich eigentlich gar nicht kannte und die dennoch sehr offenherzig intime Situationen in meiner Gegenwart besprach. Manchmal aber saßen wir einfach nur zusammen, weinten und trauerten. Denn, dass

sie mir erlaubte in diesen schweren Stunden dabei zu sein, mit einer Kamera und dem Einverständnis, dass ich all das verwenden und zeigen darf, war ein sehr großer Vertrauensbeweis. Selbstverständlich hat mich der Todestag von Heiko sehr bewegt; immerhin habe ich viel Zeit mit ihm verbracht und wir haben uns angefreundet. Alle zusammen wussten wir zwar, dass es irgendwann passieren wird, aber man kann sich auch nicht wirklich darauf vorbereiten. Hat man als Filmemacherin nicht auch Zweifel, wenn man so nahe in einen intimen Bereich eindringt, dass man vielleicht zu weit gehen könnte und dem Voyeurismus erliegt?

Ja, absolut. Man möchte natürlich nicht die Grenze überschreiten, Fragen stellen, in Wunden bohren und die Gefühle vielleicht noch verstärken. Ich war sehr beeindruckt von Heikos Familie. Während, aber auch nachdem der Film zu Ende gedreht und fertiggestellt war, waren die Familienmitglieder ständig präsent und bei jeder Filmvorstellung dabei. Sie haben sich den Fragen des Publikums gestellt, obwohl sie gerade erst ihren Sohn/Bruder verloren und das immer wieder auf der Leinwand mit angesehen hatten. Hinterher ließen sie mich wissen, dass ihnen der

Film in dieser schweren Zeit sehr geholfen hat und sie heute sehr dankbar sind, dass es ihn gibt. Das hat mich darin bestätigt, nicht zu weit gegangen zu sein. Der Film zeichnet sich durch eine unglaubliche Feinfühligkeit und Nähe aus, die nur sehr wenigen Filmemachern gelingt. Wie ist es dir gelungen, so in den Hintergrund zu treten, also teilzunehmen, aber unsichtbar zu werden?

Der größte Vorteil war, dass ich ja fast immer alleine vor Ort war und alles selbst gemacht habe, Kamera und Regie. Dadurch ergab sich eine ganz andere Situation am Set, die in ihrer Natürlichkeit kaum gestört wurde. Da ich allein war, hatte ich auch das Gefühl, der Familie gegenüber ehrlicher zu sein. Denn am Ende geht es darum, Vertrauen aufzubauen, um diese Unsichtbarkeit und Nähe herzustellen. Für den Film brauchte ich diese Momente, die wehtaten. All das ist sicherlich auch dem Umstand geschuldet, dass ich beim Filmen so viele Freiheiten hatte, die jedoch aus einer Notsituation heraus entstanden: Es gab kein Budget und somit keinen kommerziellen Druck.

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16-17 Überall wo wir sind Everywhere We Are von Veronika Kaserer Deutschland 2018 Deutsch Dokumentarische Form 92 Min, Farbe, 2K DCP Regie, Buch: Veronika Kaserer Kamera: Veronika Kaserer, Jan Zabeil, Jakob Stark Schnitt: Kathrin Dietzel Musik: Uwe Bossenz, Tom Werner Sound Design: Tobias Festag Ton: Uwe Bossenz, Tobias Festag Produzenten: Veronika Kaserer, Jan Zabeil

Wie kam der Kontakt

Hast du heute noch Kontakt zur Familie?

Wann wird der Film im Kino laufen?

zur Familie überhaupt zustande?

Auf jeden Fall. Wir sind ständig in Kontakt, immerhin sind wir uns während der Dreharbeiten sehr nahe gekommen. Vor allem mit Heikos Vater telefoniere ich noch regelmäßig. Sein bester Freund lebt außerdem in meiner Nachbarschaft und wir sehen uns manchmal. Auch die Mutter und Schwester sind mir sehr ans Herz gewachsen. Ich halte sie immer auf dem Laufenden, was mit dem Film passiert.

Wir arbeiten darauf hin, den Film zum Welt-Hospiz-Tag am 13. Oktober zu zeigen. Hierfür planen wir ein größeres Kino-Release in ganz Deutschland. Ich habe mehrere Verbände kennengelernt, die im Bereich Sterbebegleitung arbeiten, besonders der Bundesverband Trauerbegleitung e.V., der mich bei diesem Vorhaben unterstützt. Inzwischen haben wir über 40 Vorführungen organisiert und täglich werden es mehr. Es ist kein Kino-Start im klassischen Sinne, sondern er wird von Menschen selbst organisiert, die meinen Film unterstützen und sich dafür begeistern.

Das war Glück. Ich hatte jahrelang Geld angespart, um endlich einen eigenen Film zu drehen. Ich fing dann an, in Palliativstationen in Berlin zu recherchieren, lernte zahllose Chefärzte kennen und besuchte mehrere Hospize, sprach mit Krankenschwestern, ständig auf der Suche nach einer Familie, die mich in ihr Leben lässt. Eines Tages begegnete ich einer ambulanten Palliativärztin aus ­Berlin-Pankow, die zu diesem Zeitpunkt ca. 30 Personen in den Tod begleitete, u. a. auch Heiko. Wir verstanden uns auf Anhieb gut und sie meinte, dass sie vielleicht jemanden für mich hätte, der am Projekt mitarbeiten möchte. Als ich Heiko dann traf, war er genau so, wie sie ihn beschrieben hatte: charmant, lebensfroh und sehr aufgeschlossen, besonders Frauen gegenüber. (lacht) Wie war diese erste Begegnung?

Wir fanden heraus, dass wir beide Schulabbrecher waren, was uns sofort verband. Der Dreh begann dann schon einige Tage später. Heiko lag sehr viel daran, an diesem Film mitzuarbeiten. Die Familie hat mich auch deshalb sehr schnell aufgenommen und akzeptiert.

Du hattest Fördergeld in Höhe von lediglich 7.500 Euro bekommen. Den Rest hast du mit deinem Ersparten bezahlt.

Ich muss heute darüber lachen. Die 7.500 Euro kamen von der Südtiroler Landesregierung, bei der ich mich an dieser Stelle nochmals bedanken möchte. Bei allen anderen Förderinstitutionen wurde mein Projekt abgelehnt. Mit diesem Geld konnte ich genau vier Drehtage und den Trailer bezahlen. Immerhin, denn ich wollte Heiko unbedingt etwas vom Film zeigen, bevor er stirbt. Er sollte sehen, wie ich vorgehe, ohne Effekthascherei, die Reaktion seiner Eltern und Freunde und dass sie um ihn trauern. Wenn du einmal angefangen hast zu drehen, dann willst und kannst du nicht mehr aufhören. Ich habe dann einfach beschlossen, den Rest von meinem Ersparten zu zahlen.

Und gibt es bereits Pläne, den Film in Südtirol zu zeigen?

In Südtirol habe ich den Film zunächst im Hotel Amazonas am Ritten gezeigt, das meine Schwester, die Künstlerin Margareth Kaserer, betreibt. Außerdem stehe ich in engem Kontakt mit dem Filmclub Bozen. Auch die stellvertretende Chefärztin der Palliativstation des Bozner Krankenhauses hat ihre Unterstützung zugesagt, um den Film in Bozen zu zeigen. Ich finde es bewundernswert, wie sie mit Sterbenden umgeht und über ihre Arbeit hinaus Bewusstsein für das Thema schafft, und es für die Allgemeinheit zugänglich macht. Diese Kooperationen


FILM BIOGRAFIE ___ Veronika Kaserer, wurde 1982 in Bozen geboren und wuchs am Aspmayr-Hof in Unterwangen am Ritten auf. Mit 23 Jahren holte

„Überall wo wir sind (2018)" Teaser

sie die Matura an der Abendschule nach und studierte von 2007 bis 2010 Dokumentarfilmregie an der Schule für Dokumentarfilm, Fernsehen und Neue Medien ZeLIG in Bozen. Bereits während ihrer Ausbildung veröffentlichte sie in Zusammenarbeit mit verschiedenen Organisationen Filme wie „Gegen den Strom in … Sambia“ (2008) oder „Hinter dem Meer“ (2010). Heute lebt und arbeitet Kaserer in Berlin, wo sie 2018 mit ihrem ersten eigenen Dokumentarfilm „Überall wo wir sind“ den Spezialpreis „Kompass-PerspektivePreis“ der Berlinale in der Sektion „Perspektive Deutsches Kino“ gewann. Neben diesem äußerst erfolgreichen Film werden u. a. die Dokumentarfilme „Im Bann der Jahreszeiten“ (2014) und „Dream Boat“ (2017) auf zahlreichen nationalen und internationalen Festivals gezeigt, bei denen sie mitgearbeitet hat. Sie hat u. a. auch mitgewirkt bei den Spielfilmen „Der stille Berg“ (2014) und „Drei Zinnen“ (2017).

­ erden sicherlich sehr hilfreich sein, Menw schen für das Thema in Südtirol zu gewinnen. Denn ich weiß nicht, wie aufgeschlossen man für einen Film dieser Art ist. Stimmt es, dass mehr Frauen Dokumentarfilme drehen, während Männer Spielfilme produzieren? Welche Erfahrung hast du gemacht?

Das kann ich so nicht bestätigen. Ich kann nur sagen, dass noch immer Männer die großen Filme produzieren, was wiederum bedeutet, dass sie diejenigen sind, die das Geld bekommen. Ich muss sagen, dass ich bisher immer sehr viel Glück hatte. Wenn man kommerziell arbeitet, beispielsweise fürs Fernsehen, dann stimmen die Löhne meistens. Das ist mitunter der Grund, warum ich mir Geld für meinen Film ansparen konnte. Ich habe aber auch keine Angst, einen angemessenen Lohn für meine Arbeit zu verhandeln. Ich wünsche mir, dass sich mehr Frauen an diesen für mich so erfüllenden Beruf wagen, dass sie keine Angst davor haben müssen, auch mal zu scheitern. Sie sollen genauso fokussiert ihre Themen auf ihre subjektive Art umsetzen können. Ich denke, dass es ein strukturelles Problem gibt. Es liegt in der Natur des Patriarchats, dass Männer Männern helfen, während Frauen andere Frauen nicht unbedingt unterstützen, um weiterzukommen.

Denkst du, Frauen werden in der patriarchalen Filmbranche unterschätzt?

Ich denke, dass das häufig das Problem ist. Vor allem bei Filmemacherinnen sehe ich oft, dass sie den Wert ihrer Arbeit nicht hoch genug einschätzen und dadurch schneller Gefahr laufen, sich ausbeuten zu lassen. Ich würde mir wünschen, dass sie mehr Vertrauen in ihre Fähigkeiten und Talente finden und entsprechend entlohnt werden. Frauen brauchen in der Filmbranche einen viel längeren Atem. Viele halten auch nicht durch und geben auf. Wer sind deine Vorbilder und warum?

Für mich ist jede Frau ein Vorbild, die sich nicht von ihrem Weg abbringen lässt; die kräftig am Verlauf der Welt mitmischt und für ihre Werte zu kämpfen vermag; eine Frau, die unabhängig ist und sich nicht zu sehr mit den „vielen kleinen Problemen“ aufhält, die meiner Meinung nach etwas typisch Weibliches sind. Männern fällt es leicht, „groß“ zu denken, da es ihnen seit Jahrhunderten schon von unterschiedlichsten historischen Figuren in der Wissenschaft, Kultur, Politik usw. vorgelebt wurde. Frauen hingegen kommen erst seit einigen Jahrzehnten so richtig zum Zug, daher rührt auch ein gewisser Mangel an weiblichen Vorbildern. Es gibt einige herausragende Dokumentarfilmerinnen, wie etwa die Britin Kim

­ onginotto, die US-Amerikanerin Laura L Poitras oder die Finnin Pirjo Honkasalo. Im Juni liefen gleich sechs Dokumentarfilme in den deutschen Kinos – unter anderem von Andreas Pichler sowie von ­Christian Beetz „The Cleaners“, an dem auch du mitgearbeitet hast. Würdest du sagen, es gibt einen Trend weg vom ­Fiction-Film hin zum Dokumentarfilm?

Visuell und finanziell aufwändige Dokumentarfilme werden in Zukunft sicherlich zunehmen; ein bestimmtes Publikum interessiert sich für hochwertige, thematisch relevante Dokus. Diese Filme sind leider zumeist sehr uniform, da es für den Regisseur wenig künstlerischen Spielraum gibt. Bei mir ist es grundsätzlich so: Je mehr ich gefordert werde, desto befriedigender ist für mich das Ergebnis, das gilt auch für Filme. Ich arbeite stetig an dem Ziel, inhaltlich sowie künstlerisch eigene Projekte umzusetzen, die zudem einer breiten Massen zugänglich sind.


18-19


IMPRESE CREATIVE

UN’ISOLA FELICE E ARTIGIANA Oggi le esperienze di coworking sono popolari come i Kastanienherzen, in autunno, in Südtirol. Ma lo spazio creativo RU.17, zona Piani di ­Bolzano, è davvero qualcosa di diverso. Un po’ o ­ fficina, un po’ atelier; dove un martello e un iMac, ad esempio, hanno lo stesso ruolo: strumenti da lavoro. TESTO ___ Claudia Gelati  FOTO ___ Lukas Larcher


20-21

Uno spazio quello di RU.17 che rappresenta proprio un incontro metaforico tra la città e l’ambiente naturale, un luogo che, con il suo “Großstadtfeeling” potrebbe essere ovunque: Milano, Londra, Berlino…

Il mondo degli artigiani in qualche modo appartiene anche un po’ a me. Mio papà si chiama Giulio e fa l’artigiano di pianura: carpenteria metallica e serramenti in alluminio. Dello sforzo creativo e di quello fisico, della fatica di gestire un’azienda, so più o meno tutto. Escludendo la performance di Jennifer Beals alla saldatrice in Flash Dance, forse la carpenteria metallica non è la prima cosa che si tende ad associare ad una ragazza. Eppure io credo che esista proprio un modo di pensare “artigiano”, un pensiero necessariamente positivo - nonostante tutto - che ti definisce, qualsiasi sia la tua professione. Un modo di essere umile e perseveranti anche con un mercato sempre più usa e getta, che alla competenza artigiana preferisce l’illusione di un fai-da-te scadente, nella logica malata del prezzo più basso. E allora, forse io potrei essere un’artigiana della tastiera, un’artigiana della grafica e della comunicazione o un’artigiana della musica, perché no? Sarà per questo che appena ho scoperto il microcosmo di RU.17, ne sono

rimasta subito entusiasta. RU.17 nasce ufficialmente nel 2016, dall’idea e dalla necessità di Alexander Demetz, Fabiano De Martin Topranin e David Duzzi di condividere sia uno spazio fisico di lavoro, ma anche le idee. Per capire questa storia fatta di perseveranza e cuore, occorre però fare un passo indietro. David e Alexander, entrambi südtirolesi, si conoscono da tempo e hanno già lavorato insieme in passato. Il primo, ha studiato scenografia all’Accademia di Belle Arti di Firenze e si definisce un artigiano curioso; mentre il secondo è il fondatore di RuralUrban, marchio che si occupa della produzione e della progettazione di mobili ed interni. Fabiano, originario della provincia di Belluno, ma südtirolese d’adozione, invece realizza sculture lignee spaziali. Interessati inizialmente solo ad un piccolo laboratorio, i tre si ritrovano con in mano i 1.200 mq di un’ex fabbrica di elettrodomestici da gestire e riqualificare. Che cosa farne allora? L’idea iniziale era quella di aprire uno spazio di coworking aperto per tutti, ma David e compagnia si

rendono subito conto che sarebbe troppo impegnativo da gestire, considerando che hanno comunque tutti i tre la loro produzione individuale da portare avanti. La prima volta che sono stata qui da RU.17, nell’ottobre 2016, lo spazio era completamente diverso. Le meravigliose idee e visioni di David, Alexander e Fabiano c’era un po’ da immaginarsele, poiché le architetture da ex-fabbrica di qualche tempo fa si percepivano ancora distintamente e lo spazio vuoto da riqualificare e gestire era tanto. Oggi, a distanza di quasi due anni, il passato industriale di questo stabile si può solo immaginare: varcando il cancello, ci si trova direttamente in un cortile interno dove il binomio vetro e cemento di un tempo, ha lasciato posto ad un giardino verde di oleandri e altre piante in vaso, così rigogliose da dimenticarsi di essere in quella zona produttiva che si estende aldilà della funivia del Renon, giù fino a via Macello ed oltre, tra graffiti e rumori d’industria. Quella zona, nota come i Piani di Bolzano, che troppo spesso viene nominata solo in senso dispregiativo,


IMPRESE CREATIVE

quando invece pare essere un’isola felice, un fertilizzante per il pensiero creativo. Questo giardino urbano è il punto di incontro dei due stabili principali: da un lato la sala macchine e il laboratorio; laggiù il magazzino e infine, sulla sinistra, quello stabile che forse un tempo ospitava gli uffici della fabbrica: tutto rigorosamente rimaneggiato e ristrutturato. Sul muro, campeggia l’insegna neon “Lab” e nell’aria suona una musica, interrotta solo dalla pubblicità di Spotify. È qui che Fabiano, adornato di trucioli di legno qua e là, mi accoglie e mi offre un caffè mentre aspettiamo David, che arriva poco dopo in bicicletta. Due anni il fabbricato su tre piani sulla sinistra era solo un’enorme vuoto dove il suono delle visioni dei tre artigiani, raccontate a voce, rimbalzava sulle pareti scarne; vecchi serramenti alle finestre e un piano superiore era ancora tutto da (ri) pensare. Oggi questo spazio enorme ha una sua identità precisa che profuma di legno e soddisfazione. Al piano zero, c’è una cucina comune a disposizione di tutti gli inquilini e dove il caffè non manca

mai. Da RU.17 le idee non vengono solo fabbricate, ma anche “prese in prestito” come si fa coi libri in biblioteca. Quella della cucina comune ad esempio arriva da Amsterdam, una delle tappe di quel viaggio in lungo e in largo per il Nord Europa che David e Alexander hanno fatto per trovare qualche inspirazione e portare a casa, a Bolzano, qualche idea. Per la sua ampiezza, il locale può essere usato per esposizioni ed eventi; in autunno verrà utilizzato in parte anche come shop, dove sarà possibile acquistare i prodotti realizzati all’interno dello spazio creativo. A giugno, invece, gli artisti che hanno poi curato la mostra “In Absence Of” presso la Galleria Civica di Bolzano di piazza Domenicani, tra giugno e luglio, sono stati qui al civico 17 per una Residence. Vi si trova anche un piccolo ufficio, il cuore gestionale dello spazio, che si affaccia sul via vai della strada. Una porta nasconde la scala che porta al piano superiore, che è il vero e proprio spazio di coworking. Saliamo le scale e ci ritroviamo in una grande stanza che brulica di perso-

nalità al lavoro, chi al computer, chi con un pezzo di carta e qualcun altro alla ricerca di materiali e soluzioni: infatti da RU.17 c’è chi si occupa di cinema e regia, chi di comunicazione come l’agenzia Helios e chi di prodotto come il designer Sebastian Camerer. Lo spazio è composto da un’area aperta al centro, un puzzle di scrivanie, e attorno una corolla di alcune stanze più piccole. Si respira un’energia speciale, ed è bello sapere che potenzialmente questi professionisti hanno la possibilità di contaminarsi a vicenda, in uno scambio continuo. A questo punto sono curiosa di sapere in che modo è stato possibile costruire questa rete eterogenea di professionisti. “Grazie alla prima apertura, l’open-day del 2016, la voce si è sparsa e molte persone sono venute a conoscenza della struttura. Inizialmente abbiamo fatto anche qualche flyer informativo sullo spazio, ma devo dire che sono stati proprio i professionisti in cerca di uno spazio, a venirci a cercare. I contratti hanno una durata di un anno ma, essendo contratti di servizio, se non ci sono problemi e se non vengono revocati si


22-23

r­innovano automaticamente. Con il primo luglio, siamo felicemente al completo” mi racconta David Duzzi con voce pacata, offrendomi un quadretto di cioccolata. “L’amministrazione e la gestione dello spazio è sempre a carico nostro, poi però ognuno qui dentro è autonomo. Ci riuniamo più o meno ogni due settimane per parlare di quello che è stato fatto e di quello che dobbiamo ancora fare: i margini di miglioramento sono ampi” prosegue David. Certo, in un tempo in cui si è sempre più connessi online ma poco a livello umano è strano - e anche molto bello - poter pensare di lavorare in settori completamente diversi eppure insieme, vicini di banco. D’altronde è proprio David a dire che il pilastro, il presupposto necessario alla convivenza lavorativa è sicuramente il rispetto reciproco, anche nei gesti più piccoli. L’ingrediente numero due è sicuramente la chimica che si viene a creare tra gli abitanti di questa specie di condo-

minio: “C’è una bella energia tra noi tre, ma anche e soprattutto con tutti coloro che occupano lo spazio. È sempre una sorta di selezione naturale, si tratta di chimica. Se non va… si va” sentenzia ironico David. Dal piano zero si accede anche al piano interrato, che ospita i quattro atelier per artisti/artigiani e uno foto-studio da affittare. Qui lavorano la pittrice Miriam, l’artista del vetro Johanna e Michele che invece realizza lampade. Lo spazio di RU.17, poi, è in continuo divenire, un cantiere sempre in movimento. La sala macchine presto emigrerà nell’area che ad oggi ospita il magazzino, per lasciare spazio ad una sala di stoccaggio dove verranno alloggiati i prodotti semi-finiti.La progettazione degli spazi e la maggior parte dei lavori di ristrutturazione, portano la firma dei tre fondatori. Si, ecco magari insieme all’imbianchino o all’elettricista qua e là … Uno spazio quello di RU.17 che rappresenta proprio un incontro metaforico tra la città e l’ambiente naturale, un luogo

che, con il suo “Großstadtfeeling” - così lo definisce David - potrebbe essere ovunque: Milano, Londra, Berlino… Non è solo la struttura ad essere in continuo movimento, ma anche i progetti per il futuro: una mini-programmazione, ancora in fase di definizione.David, Alexander e Fabiano, infatti, hanno già diverse idee che gli ronzano in testa, come ad esempio quella di utilizzare lo spazio del cortile esterno per delle proiezioni cinematografiche: una sorta di cinema all’aperto, a casa degli artigiani. A novembre, poi, gli spazi di RU.17 ospiteranno “Analogica”, il festival di video e fotografia analogica, e una relativa mostra curata di Vincenzo Mancuso, fondatore dello stesso festival. Come dicevamo, lo spazio è molto ampio e per sua natura si presta a diversi tipi di attività; l’idea è infatti quella di renderlo disponibile anche ad associazioni, artisti o a chiunque altro ne abbia bisogno per organizzare eventi ed esposizioni.


IMPRESE CREATIVE

RU.17 è una realtà innovativa nello scenario bolzanino, dove si respira un’energia difficile da descrivere a parole, ma che è sicuramente direttamente proporzionale ai sorrisi di David e Fabiano e alla soddisfazione di chi, nonostante tutto, passo dopo passo, è riuscito a realizzare un sogno, senza tradire il proprio credo progettuale. L’indirizzo è via Piani di Bolzano 17: per toccare con mano questa realtà creativa, basta solo prendere la bicicletta e pedalare! Lasciate a casa ogni pregiudizio, perché… “I Piani? Una zona molto tranquilla. Un’isola felice. Io ci vengo sempre volentieri”, parola di David Duzzi. E allora… Los geht’s!

INFO ___ Lo spazio creativo RU.17 nasce nel 2016 e occupa gli spazi via Piani di ­Bolzano 17. Un tempo fabbrica di elettrodomestici, oggi spazio fluido in continuo divenire dove sorgono atelier di artisti, un’officina di artigiani e una palazzina dedicata al coworking. Oggi orbitano in questa struttura una trentina di persone ogni giorno, un ­risultato raggiunto da David Duzzi, Alexander Demetz e Fabiano De Martin Topranin, passo dopo passo. RU.17 oggi è composto da: Fabiano De Martin Topranin (scultore), David Duzzi (craftsman), Rural Urban (interior designer), Sebastian Camerer ­Designstudio (designer), Miriam Heiler (artista), Helios/for better growth (agenzia di comunicazione), Helios Sustainable Films, Miramonte Film, Much Light (artista), Andreas ­Pichler (regista), Bianca Schick (artista), Wing Longboards e Yume/Johanna ­Sulzenbacher (artista del vetro). RU.17 snc / OHG via Piani di Bolzano 17 39100 Bolzano www.ru17.it Facebook / instagram


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INTROVERT MIT HANG ZU STURM UND DRANG In den Sozialen Medien unseres Landes macht ein neues Profil die Runde. IntroWerther ist sein Name und wie es manch belesener Mensch erahnen mag, ja, er ist mit seinem literarischen Vetter aus Goethes Feder verwandt. Hinter dem Ganzen steckt Benedikt Troi und seine Werther-Gang vom Theaterpädagogischen Zentrum Brixen. Ich habe mich mit Benni und Werther zum Interview getroffen. TEXT ___ Michael Brugger  FOTOS ___ IntroWerther


PROJEKT

@derwerther1 Ich kann keinen klaren Gedanken mehr fassen. Ich schweife immer wieder zurück zu dem Tag, an dem ich Lotte kennen lernte. Sie ist für mich alles. Es geht nicht ohne sie. Sie ist für mich alles. 10. JULI


26-27

@derwerther1: Die Welt um mich herum verschwimmt zu Matsch. Und ich will einen Matschkuchen machen 24. JULI

@derwerther1: ich habe mir heute meine vergangenen facebook posts durchgelesen. und es erstaunt mich selbst wie klar ich mir war, dass das keine gute idee ist. dass es keine gute idee ist ihr blind zu verfallen. ich glaube mein vergangenheitsich hasst mein zukunfts-ich. 8. AUGUST

Benni, bitte klär uns auf – was genau machst du da? Benni: Ich bin ein Brixner Geschichtener-

zähler und inszeniere „Die Leiden des jungen Werthers“ als interaktives Theaterstück unter dem Titel „IntroWerther“ auf Facebook und Instagram. Wie bist du auf diese Idee gekommen und wie funktioniert das Projekt? Benni: Vor vier Jahren verirrte ich mich in

die Inszenierung von Philipp Jescheck mit Lukas Spisser in der Rolle des Werthers. Weil Herr Spisser so ein Wahnsinnsschauspieler ist und alles alleine gerockt hat, war ich nachher sehr motiviert, selbst etwas aus der Geschichte des jungen Werthers zu machen, der sich in ein Mädchen verliebt, das er nicht haben kann. Nach vier Jahren fand ich dann meinen Weg, wie ich den „Werther“ erzählen möchte. Bei mir funktioniert das so: Werther schreibt auf Facebook und Instagram immer an denselben Tagen wie im Originaltext. Zu jedem Posting gibt es auch etwas anzusehen, ein Szenenfoto im

35-mm-Format oder ein Video, mal digital, mal als Super-8-Film. Zusätzlich zum Bildmaterial gibt es immer wieder einmal eine Werther-Party, um einerseits Filmund Fotomaterial herzustellen und andererseits, weil ich finde, dass Kultur immer auch eine soziale Komponente hat und man sich auch im echten Leben treffen sollte. Ich kann ja nicht eine Theateraufführung im Internet inszenieren, wo man nach der Vorstellung nicht gemütlich bei einem Bierchen zusammensitzt. Ist es okay für dich, wenn ich meinen Werther jetzt auf einen Sprung für ein Interview herhole? Aber selbstverständlich. Ich bitte darum. Es wird leise an unserem Tisch im Garten vom „Pims“, dem Burger-Restaurant in Bozen, wo wir uns getroffen haben. Während

Werther: Hallo meine Lieben! Hallo Werther. Lass uns gleich zur Sache kommen. Gemeinsam mit Benni teilst du dein Leben mit der Welt. Was ist dir denn in deinem Leben wichtig? Werther: Was mir in meinem Leben wich-

tig ist? Hm … Für mich ist es wichtig, mit Menschen zu sein, die mich so akzeptieren, wie ich bin. Für mich ist es wichtig, mit Menschen Gespräche zu führen und hinter ihren Vorhang zu schauen. Ich möchte gleich sein wie alle anderen, aber immer noch besonders. Ich möchte aber genauso in der Natur sein. Stille genießen. Ich möchte denken können. Und dann meine Gedanken jemandem erzählen. Und von dem Jemand akzeptiert und unterstützt werden. Passt das? War das jetzt eine gute Antwort? Ich habe so etwas noch nie gemacht. (Er lächelt verlegen)

Benni sich kurz zum Telefonieren entfernt, werden unsere Burger serviert. Benni kommt

Auch Werthers Burger wird soeben gebracht.

wieder an den Tisch. Keine zehn Minuten

Er beißt genüsslich hinein. Ich möchte schon

später setzt sich ein junger Mann mit runder

mit der nächsten Frage fortfahren, doch

Brille und schwarzem Schnauzer zu uns.

Werther signalisiert, er möchte lieber noch


PROJEKT

@derwerther1: Heute ist mein Geburtstag. Lotte hat mir das wunderbarste Geschenk gemacht: Das Polaroid von jener Nacht, wo ich sie das erste Mal getroffen habe. Außerdem ist mein Blog live. Ich würde mich freuen, wenn ihr vorbei schauen würdet 28. AUGUST

INFO ___ „IntroWerther“ ist eine Mixed-Media-Inszenierung des Theaterpädagogischen Zentrums (TPZ) Brixen für Jugendliche und junge Menschen. Benedikt Troi inszeniert Goethes Klassiker in Form von Facebook- und Instagram-Postings und interpretiert ihn neu im Kontext der Südtiroler Realität und Jugendkultur. Das Publikum kann sich passiv oder aktiv beteiligen, indem es kommentiert, teilt, likt, usw. Ganz neu ist nicht nur die Herangehensweise, sondern auch die Sprache. Benni Troi holt auch die lokalen und kulturellen Referenzen ins 21. Jahrhundert und passt sie der MillennialGeneration an. In den Hauptrollen spielen drei Brixner: Auf allen Fotos und Videos sowie bei den Werther-Parties verkörpert Fabio Vitalba den Werther. Nathaly Ebner spielt Lotte, Tommy Wachtler Werthers Widersacher Albert. Das Projekt läuft vom 18. April 2018 bis 23. Dezember 2019 und hat mit derzeit 261 Followern auf Facebook und Instagram (Stand 07.09.18) bereits ein beachtliches Publikum erreicht. Instagram & Facebook: @derwerther1 tpz-brixen.org/tpzettl/2018/7/6/intro-werther

damit warten und den Burger genießen. Wir plaudern also ein Weilchen über Gott und die Welt und vergessen fast schon das Interview. Nach einer Weile, als unsere Bäuche voll sind, erinnert uns Benni daran, dass wir ja eigentlich wegen etwas anderem hier sind. Ich habe deine Postings auf Facebook und Instagram gelesen. Du hast vor kurzem jemanden kennen gelernt. Möchtest du mir vielleicht ein bisschen von ihr erzählen? Werther: Lotte? Oh Mann … Lotte. Sie

macht mich fertig! Ich habe sie vor ein paar Wochen beim Grillen kennen gelernt. Wir verabredeten uns an einem kleinen Strand am Eisack und sie kam auch. Es hat sofort gefunkt. Wir saßen den ganzen Tag auf einem Stein und redeten. Sie verstand mich. Ich konnte mit ihr über alles sprechen. Sie ist perfekt. Ein großes Wort, ich weiß. Aber bei ihr trifft es zu. Sie ist wunderbar. Ich weiß noch, als es am Abend anfing zu regnen und alle in Panik gerieten, da stand Lotte auf, breitete die Arme aus und drehte sich um sich selbst. Der Regen

rann ihr wunderschönes Gesicht hinunter, während ich dastand und nur mehr sie sah. Ich wusste, sie oder keine. Ich ging auf sie zu, sie sah mich an, ich beugte mich zu ihr und küsste sie. Unsere Tränen vermischten sich mit dem Regen. Und alles war vergessen. Es gab nur mehr sie und mich. Keine Freunde, keinen Regen und keinen Albert – das ist ihr bescheuerter Freund.

­ chammer oder Landeshauptmann KomA patscher. Das sieht ziemlich interessant aus, was die so tun müssen. Benni, wie geht es jetzt mit dem „IntroWerther“ weiter? Benni: Ich habe ein paar spannende Sa-

Werther: Passt schon.

chen geplant, die im Moment noch nicht ganz konkret sind und die ich hier noch nicht verraten möchte. Bis dahin, see you @derwerther1 auf Facebook und Instagram. Wir freuen uns, wenn ihr uns folgt, likt und vor allem kommentiert. Wir freuen uns auf euch!

Werther, was machst du

Wir stehen auf, bezahlen und spazieren

eigentlich beruflich?

durch Bozen. Werther schaut erstaunt auf

Werther: (Lacht laut los) Beruflich bin ich

die Gebäude der Altstadt und wie die letzten

eine Katastrophe. Im Moment genieße ich die wunderbare Natur in Brixen. Ich lasse mir die Sommersonne auf den Nacken scheinen und denk nicht wirklich an ­Arbeit. Aber nach dem Sommer würde ich gerne etwas im politischen Umfeld ­machen. Vielleicht ein Praktikum beim Social-Media-Manager von Landesrat

Sonnenstrahlen des Abends die Dächer be-

Hm … Ich weiß jetzt nicht wo ich nachhaken soll.

strahlen. Fasziniert von diesem Menschen, kann ich ihm nur das Beste für die Zukunft wünschen. Und wer weiß – vielleicht wartet ja im Internet eine so große Leserschaft auf ihn, wie Goethes Werther sie hat.


28-29


MUSICA

INTERVISTA PER QUATTRO VOCI SOLISTE

Anna Carol Bernard, Elisa Godino, Gaia Mattiuzzi e Greta Marcolongo sono quattro giovani cantanti ­altoatesine. Il loro repertorio spazia dalla musica classica a quella jazz, senza tralasciare incursioni nel pop più raffinato. Con piacere diamo loro … il microfono di TESTO ___ Mauro Sperandio  FOTO ___ Samira Mosca + Marlon Hambrusch + Barbara Rigon + Franco Silvestri

La parola cantata offre a chi la pronuncia la possibilità di raccontare storie e comunicare opinioni, trasmettendo emozioni e instillando in chi ascolta tutta la gamma dei sentimenti umani.Alla parola che si fa musica non serve essere esplicita, perché essa è in grado di smuovere l’infinito mare che è in ciascuno. Più che una quadrupla intervista questa è un’impropria partitura, che vede quattro giovani cantanti altoatesine raccontare fotogrammi del loro sogno artistico e passi concreti, che hanno affrontato e stanno compiendo affinché la loro passione sia ricerca e scoperta quotidiane.


30-31 Tu, chi?

Da dove tu?

Da dove la tua voce?

Verso dove?

Sono Anna Carol ­Bernard, in arte Carol Might Know e sono una cantautrice.

Anna:

Sono nata a

Mi chiamo Gaia Mattiuzzi e sono una cantante. La mia attività spazia dalla musica antica alla musica contemporanea e al repertorio del ‘900 - tra cui Ravel, Stravinsky, Berg, Milhaud, Berio, Bernstein, Messiaen, Castelnuovo Tedesco, Dallapiccola, Schoenberg, Cage, ecc. - fino al jazz.

Mi chiamo Greta Marcolongo e canto. ­ Sono laureata in Lettere Classiche. Amo i teatri, i musei d’arte, Parigi, ­leggere biografie, danzare e adoro i tessuti e la moda.

Gaia: Nasco da padre

Greta:

Sono Elisa Godino, ho 26 anni, lavoro come ­cantautrice e musicologa a Vienna. Ho studiato canto jazz nel conservatorio della città, dove ho conosciuto i membri del mio progetto ELIS NOA.

„Motto“ ELIS NOA

Sono nata a ­Bolzano.

Elisa: Sono nata a Bres-

Greta:

La mia voce affonda le sue radici nella mia famiglia. In casa mi hanno sempre insegnato a considerare il canto come una grande occasione di condivisione, un sinonimo di preghiera, per gli altri e per se stessi.

Elisa: La mia voce è un

Gaia: Vorrei che la mia

Greta: Vorrei che la mia

voce riuscisse ad arrivare al cuore di chi mi ascolta.

musica facesse agli altri quello che la musica ha fatto a me: farmi sognare.

Elisa: Sono costantemente alla ricerca di uno stato di libertà tramite il canto, stato che alcune volte sono riuscita a raggiungere nei miei concerti. Dopo molte ore di lavoro e preparazione, il momento migliore durante un’esibizione è quando mi dimentico degli aspetti tecnici e riesco ad immergermi nella musica e nell’energia del momento. In questi istanti ho la sensazione di essere davvero in contatto con il pubblico.

­Bolzano

meranese e madre pugliese (un connubio perfetto!) e sono cresciuta a Merano, una piccola cittadina dell’Alto Adige.

Anna: Ultimamente mi

Gaia: Ricordo di essere

sto convincendo che derivi da una mia debolezza, ovvero la voce stessa. Il fatto che da piccola mi avessero vietato di cantare, perché avevo sempre la voce molto bassa, ha scaturito in me un effetto contrario. Ora la voce è il mezzo attraverso il quale mi esprimo.

stata fin da subito una bimba canterina, usavo accompagnare i miei giochi intonando le canzoncine più disparate, come fossi un jukebox.

Anna: Mi piacerebbe­

che la mia musica accompagnasse molte persone nei loro viaggi di vita, come molti dischi che amo accompagnano i miei.

„Bettellied“, LAUT – Gaia Mattiuzzi

sanone e ho vissuto a Fortezza per alcuni anni prima di trasferirmi a Vienna, alla ricerca di ispirazione musicale soprattutto nel settore jazz.

mezzo di comunicazione che mi permette di liberarmi di sensazioni, paure e aspettative. La voce è uno strumento con un infinità di sfumature e dettagli, e ha la forza di rilasciare enormi energie.


MUSICA Hai capito allora che la strada è quella giusta…

Imparare ad esprimere

Anna: A Colonia mi sono resa conto che il canto poteva diventare qualcosa di più della mera interpretazione. Se avessi continuato come sola interprete, avrei forse smesso di cantare; a Colonia, Londra e Rotterdam per scrivere canzoni è necessario avere una carriera da cantante. La vera nascita di una “me” musicista è avvenuta quando ho sentito che mi veniva naturale scrivere canzoni.

Gaia: È stata una dire-

Greta: Fin da piccolissima desideravo “fare la cantante”. Niente mi rendeva e mi rende felice quanto cantare, esprimere, esplorare, attraverso la vocalità, spazi e personalità. Grazie al canto riesco ad essere in continuo mutamento, a studiare e a mettermi alla prova. Questa è la ragione per cui ho deciso di intraprendere e continuare con passione tale strada. La relazione con la mia voce mi dà la grande possibilità di provare ad essere una persona migliore.

Elisa: Sono sempre stata una “bambina musicale” e ho passato la maggior parte della mia infanzia frequentando istituti musicali, corsi di ballo o musical. Così la musica e il canto sono sempre stati compagni costanti fino ad oggi. Non essere circondata da musica ora sarebbe molto strano.

Anna: Da studentessa approfittavo delle vacanze per partecipare alle scuole estive e ai workshop in Italia delle accademie jazz e contemporanee americane. Da lì in poi i miei insegnanti sono stati tutti i musicisti che ho incontrato e con cui ho suonato fra Colonia, Londra e Rotterdam. È stata una scoperta dietro l’altra… ed è ancora in atto. La libertà più grande è arrivata quando ho iniziato a studiare pianoforte e poi chitarra. Il canto senza uno strumento non va lontano.

Gaia: Ho iniziato il mio

Greta: Ho suonato e stu-

Elisa: Fin da piccola ho

percorso musicale da bambina con il pianoforte, mi sono quindi avvicinata al canto studiando con diversi maestri. Sin dall’inizio della mia formazione ho coltivato un particolare interesse verso l’improvvisazione e il linguaggio jazzistico e mi sono diplomata in canto jazz al Conservatorio di Bologna. In seguito ho conseguito il diploma di “metodo funzionale della voce” al Lichtenberger Institut für angewandte Stimmphysiologie di Fischbachtal dove ho studiato, tra gli altri, con Gisela Rohmert. Parallelamente al jazz ho studiato musica classica, con particolare interesse per il repertorio da camera del ‘900 e contemporaneo. Mi sono diplomata in canto lirico al Conservatorio di Bologna.

diato l’arpa per sei anni. Avevo undici anni quando i miei genitori, probabilmente stanchi di vedermi chiusa in camera per ore a cantare e inventare coreografie, mi hanno regalato il primo corso di canto. Fin da piccolissima ho ascoltato Mina e Fossati, Billie Holiday e Nat King Cole, Ella Fitzgerald ed Edith Piaf, Whitney Houston, tanto gospel, le Destiny’s Child e molti altri. Mi sono diplomata in canto jazz al Centro didattico musica teatro danza (Cdm) di Rovereto lo scorso giugno. Ora mi godo Duke Ellington e Cole Porter. I concerti e le persone giuste hanno fatto il resto. Mi sento però ancora in formazione.

avuto la fortuna di ricevere lezioni di canto imparando stili diversi dal canto classico fino al canto pop. Dopo la maturità ho voluto conoscere il jazz in tutte le sue sfaccettature e ho deciso di studiare questa musica al conservatorio in compagnia di altri giovani studenti alla ricerca di ispirazione e desiderosi di suonare e creare.

zione che ho preso in modo naturale, ho dato ascolto al mio intuito e ho seguito la mia passione più grande.

„I love Paris (Cole Porter)" Greta Marcolongo


32-33 Non è facile…

…ma che soddisfazione!

Ogni inizio…

Anna: Una delle difficoltà più grandi è stato trovare i musicisti giusti per i miei pezzi. Bisogna avere gusti compatibili e io sul suono sono abbastanza delicata. Ci sono poi i blocchi mentali che possono fermare il processo creativo. Mi capita di pensare di non saper fare qualcosa e invece il saperlo fare sta proprio nel farlo e basta, come per i testi in Italiano che “ho saputo” scrivere solo quando era arrivato il momento giusto. Vivendo all’estero, l’inglese mi sembrava la giusta lingua per comunicare; ora che sto tornando in Italia, la prospettiva si è ampliata. Nel 2018, in Europa, sarebbe bello poter parlare semplicemente di musica europea.

Gaia: La vita del musicista richiede molta energia, devi occuparti contemporaneamente di tante cose: lo studio, i viaggi, la scrittura, la progettazione, i concerti, la promozione, l’attività di insegnamento etc. Mantenere questo ritmo di lavoro necessita di grande dedizione e ottimizzazione del tempo. Non sempre è facile…

Greta: Credo che la mag-

Anna: Registrare e pro-

Gaia: Potermi dedicare

Greta: L’intesa, l’amore

Elisa: Le più grandi sod-

durre il mio primo EP di canzoni originali in modo indipendente. È stato un processo lungo e faticoso, ma anche molto entusiasmante! Ho imparato molto e per il prossimo disco ho le idee più chiare.

interamente alla musica, senza compromessi.

spontaneo delle persone, l’affetto dei più piccoli e la stima dei più grandi. Sebbene il teatro sia il luogo che prediligo e lavorare nei teatri all’estero sia davvero sempre una grande soddisfazione, ogni volta mi accorgo di quanto sia importante apprezzare la capacità della musica di creare relazioni umane sempre differenti. La voce è anche chi abbiamo incontrato

disfazioni arrivano quando, finito il periodo di produzione di un brano, siamo finalmente pronti a pubblicarlo. Mi meraviglia e rende fiera il veder fiorire una mia idea.

Anna: …è una fine

Gaia: …è libertà e cam-

Greta: …è ora, oggi

Elisa: …è un’enorme pos-

gior parte delle difficoltà della mia carriera siano state create proprio da me stessa. A volte grande intensità, perfezionismo, ambizione, mista ad una discreta quantità di ansia e disillusione, ti portano a un’incompleta soddisfazione o ad affrontare situazioni lavorative in maniera non del tutto equilibrata. Presa consapevolezza di ciò, niente è poi impossibile, sia nello studio che nel lavoro più concreto.

Elisa: Ho avuto alcune difficoltà nel trovare il mio “sound” personale esplorando diversi metodi e tecniche. L'università mi ha offerto la possibilità di studiare me stessa, mettendomi a confronto con le mie paure, permettendomi di capire come affrontarle.

„Scary - Björk (Cover)“ Anna Bernard

biamento

sibilità. Bisogna provare e soprattutto continuare


MUSICA JUKEBOX ___

REMIX

4 brani per conoscere…

Elisa: Tu scrivi canzoni soprattutto per il

Anna: “Journey to Mars” è una delle mie canzoni cui sono più legata. Racconta di come una relazione non sia mai semplice come potrebbe sembrare, perché è come un viaggio che si deve percorrere in due, attraversando momenti di gioia e difficoltà. Avevo appena visto “The Martian” di Ridley Scott, che dà qualche speranza riguardo alla fattibilità di atterrare su Marte (mi appassiona molto lo spazio). Paragonare una relazione ad un viaggio verso Marte significa dire che è fattibile, ma non facile: "In your eyes it’s just a love song, but I would call it Journey to Mars" Gaia: Più che una compositrice mi ritengo prevalentemente un’interprete e come tale ho la fortuna di avvicinarmi a musica meravigliosa. In questo periodo sono concentrata sullo studio dei 4 Lieder op. 2 di Arnold Schoenberg che dovrò eseguire il prossimo novembre a Roma. Nel primo Lied “Erwartung” troviamo una strofa molto bella: “Und er küsst sie, und seine Augen leuchten. Wie der meergrüne Grund: Ein Fenster tut sich auf.” Greta: Mi diverto molto a scrivere poesie, frasi, citazioni. “Con questa voce” è il titolo di uno di questi testi. È uno scritto legato al concetto di “consapevolezza”, parola che amo moltissimo: "Ma ascolta / Con questa voce / Posso parlarti / Farmi ascoltare un po' di più / È un sogno per me se / Rimani qui / Per ritrovarti / Insieme a me." Elisa: „Motto“ è stato il primo singolo che è riuscito a trovare un posto anche nelle classifiche radio sia in Austria che in Alto Adige. La canzone è stata scritta abbastanza velocemente quando, durante una breve pausa tra una lezione e l’altra, mi sono seduta al pianoforte ripetendo sempre gli stessi accordi. Ho pensato a una situazione nella quale mi trovavo in quel momento, immaginando che io stessi parlando a chi stavo pensando: "Why can't I just turn this off / and watch you with a decent eye / I walked this line before and / think this time I‘d cross it."

pubblico o per esprimere te stessa? Anna: Quando scrivo canzoni parto da esperienze personali e quindi, in un certo senso, dalla volontà di esprimere me stessa. Chi ascolta può dunque provare a trovare una parte di sé. Greta: Qual è l’esperienza lavorativa che ­ancora vorresti intraprendere? Gaia: Nell’ultimo periodo mi sono concentrata prevalentemente sull’attività concertistica che mi ha tenuta lontana dallo studio di registrazione; dopo questa pausa ho raccolto gli stimoli giusti per mettermi a lavorare al mio prossimo disco. Gaia: Come affronti il processo di scrittura dei tuoi brani e quali sono le tue fonti di ispirazione? Elisa: Di solito l’idea per un brano nasce da un’emozione o da un’osservazione. Cerco poi subito di provare ad annotare in qualche modo e inizio il lavoro di composizione quando ho il tempo di registrare con il piano, con il quale creo uno schizzo di accordi e ­testo. Il lavoro di produzione e perfezionamento comincia quando con gli altri membri di ELIS NOA (Angel Vassilev e Aaron Hader) ci troviamo in studio e cerchiamo di migliorare, ritoccare l’idea, con l‘intenzione di formare una sintesi musicale che rifletta l’intenzione della canzone. Le fonti d’ispirazione sono infinite. Anna: Fra i musicisti contemporanei, a quale lasceresti carta bianca per la produzione di un tuo disco? Greta: Mi piacerebbe che il mio disco venisse prodotto da Tiziana Donati, in arte Tosca.


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FILME DREHEN, LEICHT GEMACHT

Jeder von uns kennt mindestens eine Person in ­Südtirol, die – wenn auch nur im Entferntesten – mit der Filmbranche zu tun hat. Was genau sie beziehungsweise wir machen – denn auch ich bin als ­Filmemacher in der Welt des Zelluloids zuhause –, ist für die meisten an der Produktion Beteiligten selbst unübersichtlich. Setnet, die neue Software vom Filmemacher Matthias Lang, schafft Abhilfe. TEXT ___ Michael Brugger  FOTO ___ Ivan Poletti

Nun, einen Film zu machen erfordert viele, sehr viele Arbeitsschritte von sehr, sehr vielen Leuten. Im Groben kann man das Prozedere in mehrere große Schritte aufteilen: Development und Preproduction, in der das Drehbuch geschrieben wird, Schauspieler gecastet, Drehpläne, Shotlists, Storyboards vorbereitet werden – um nur mit einigem filmischen Fachlatein um mich zu werfen. Anschließend steht der Dreh selbst an und am Ende, in der Postproduc-

tion wird u.a. am Schnitt, an Spezialeffekten, sogenannten VFX und an der Farbbearbeitung, dem Color Grading gearbeitet. Der fertige Film im Kino kann von der anfänglichen Idee um Jahre, manchmal um Jahrzehnte getrennt sein. Lebenskünstler: Filmemacher

Leben von dem Ganzen kann aber kaum jemand. Natürlich gibt es Menschen, die hinter den Kulissen alles am Laufen halten und die im Jahr auch Pi mal Daumen an

BIOGRAFIE ___ Matthias Lang, 1986 geboren, stammt aus Eppan. Nach seinem Abschluss am ­Realgymnasium in Bozen war er Produktionspraktikant beim ZDF. Von 2006 bis 2015 studierte er an der Filmhochschule in München, wo er sich auf Werbe- und Spielfilmregie spezialisierte. Während seines Studiums ergatterte er gleich zwei große Praktikumsstellen in Hollywood, nämlich bei der amerikanischen Kultserie „Two and a Half Men“ und bei „Harry Potter“. Für seinen Abschlussfilm „König Laurin“ (2015), den er an der HFF München produzierte, entwickelte er die Filmplanungssoftware Setnet. Matthias Lang hat auch die Smartphone-App „Actor Detector“ programmiert. Sie ermittelt anhand des Abbilds eines Schauspielers dessen Namen. Filmographie: „Glückstreffer“ (Kurzfilm, 2006), „In Formatica“ (Kurzfilm, 2007), „Auf Halde“ (Kurzfilm, 2009), „Sascha Grammel“ (Dokumentation, 2013) und „König Laurin“ (Spielfilm, 2015). www.matthias-lang.st

zehn Filmen beteiligt sind.Achten wir aber auf den kreativen Teil der Arbeit, auf Regisseure, Autoren oder Schauspieler – gibt es von ihnen im deutschen Sprachraum wenige, die von ihrer Kunst leben können; und wenn, sind es die ganz großen Namen, ohne an dieser Stelle welche zu nennen. Viele, so wie ich selbst, halten sich mit Werbe- oder Imagefilmen über Wasser. Es ist vielleicht keine gute Möglichkeit, sich künstlerisch zu entfalten, doch auf jeden Fall eine, sich technisch zu verbessern. Andere aus meinem Bekanntenkreis jobben in Kinos als Vorführer oder heuern im Winter, wenn kaum gedreht wird, als Skilehrer an. Schauspieler kellnern, geben Kurse oder Workshops, wenn sie nicht gerade einen ihrer zehn Drehtage im Jahr haben. Nein, es ist nicht alles so glamourös, wie uns Hochglanzmagazine gerne glauben lassen. Regisseur, Informatiker

Einige Filmemacher haben aber auch Hobbies, die gar nichts mit der Kunst des Filmemachens selbst zu tun haben. Informatik und Regie beispielsweise überschneiden sich kaum, doch dem Südtiroler Matthias Lang, Absolvent der Filmhochschule München und Regisseur des mehrfach preisgekrönten Spielfilms „König Laurin“, war das egal. Er hat seine beiden Leidenschaften kurzerhand trotzdem vereint. Einen Film zu machen, mit seinen ganzen Arbeitsschritten, und dabei noch den Überblick zu bewahren, gleicht fast schon einer Sisyphusarbeit. Doch Matthias bietet mit seiner Software Setnet eine Komplettlösung für eben dieses Problem. Auf den ersten Blick wirkt sie wie ein Social Network für Filmproduktio­ nen, doch bei näherer Betrachtung wird dieser Ausdruck der Software nicht ­gerecht. Jegliche satirische Konnotation beiseitegelassen, ist Setnet eine eierlegende Wollmilchsau – sie kann alles.


NEUE MEDIEN

Ursprünglich hatte Matthias das Programm für den eigenen Bedarf an seinem Abschlussfilm „König Laurin“ an der HFF München entwickelt. Sie diente ihm zu einer strukturierten, einfachen und handlichen Bedienung und zur Sicherung der Informationen und Daten beim Filmdreh. Nach dieser Testphase und diversen Änderungen und Verbesserungen kann Setnet nun dem Drehbuch alle Sprechrollen, Motive, Szenen, Stimmungen entnehmen. Mit diesen Informationen lassen sich dann fast schon automatisch Shotlisten, Drehpläne und Tagesdispos erstellen – alles ohne mit dem Internet verbunden zu sein, für den sehr häufigen Fall der Verbindungslosigkeit On Location. Über diese Funktionen hinaus kann man mit ausgewählten Crewmitgliedern Dailies teilen, also die tägliche Ausbeute an Einstellungen kontrollieren, verschiedene Versionen von Shots vor und nach bestimmten Bearbeitungsschritten vergleichen; die Software stellt auch Timecodes, Stablisten, Cutterberichte, Apps für MacOS, Windows, iOS und Android bereit und sogar Hardware in Form einer Filmklappe, die sich mit ihr synchronisiert. Die Liste an Funktionen und Features ist lang.

INFO ___ Setnet ist die ultimative Komplettlösungs-Software für die Planung und Organisation von Filmen und Videos für alle Dateitypen und ohne Beschränkung der Datei­ größen. Hilfreiche Funktionen sind vor allem eine effiziente Terminplanung, die sich mit dem privaten Kalender der Nutzer synchronisiert, die Möglichkeit, mehrere ­Versionen einer Datei miteinander zu vergleichen, alle Dateien und Bilder für andere Personen zugänglich zu machen und vieles andere mehr. Zur Entwicklung und Realisierung dieses Werkzeugs für Filmemacher hat Matthias Lang 2015 ein Start-up-Unternehmen gegründet und 2017das EXIST Gründerstipendium des Deutschen Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie erhalten. Die Filmplanungssoftware mit all ihren Features ist ab 1. Oktober 2018 auf der Website von Setnet in fünf unterschiedlichen Paketgrößen erhältlich, monatlich von 19 bis 499 Euro. www.setnet.com

Regisseur, Informatiker, Start-up-Unternehmer

Für die Weiterentwicklung seiner neuartigen Software Setnet hat Matthias ein Start-up-Unternehmen gegründet und für die Realisierung das EXIST-Gründerstipendium des Deutschen Wirtschaftsministeriums erhalten. Am 1. Oktober startet der Public Release auf der ProduktWebseite von Setnet. Bereits vor der offiziellen Markteinführung gibt es schon Kunden: Studien­kollegen, die das Programm für

ihre Abschlussfilme nutzen, Produktionsfirmen, und, und, und. Nur, was wenn Hollywood davon Wind bekommt? Auch darüber hat Matthias Lang schon nachgedacht: „Dann gönne ich mir ab sofort fünflagiges Klopapier.“


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NEUE ENGAGIERTE LITERATUR AUS BOZEN: EIN SOMMERGESPRÄCH Matthias Vesco und Gianluca Battistel haben beide vor einem Jahr ihren Debütroman veröffentlicht. Die beiden Bozner Autoren setzen sich in ihren Texten kritisch mit der Gegenwart auseinander. Ein Gespräch über ihre Bücher, das Schreiben und gesellschaftliche Entwicklungen, die manchmal selbst Romanhandlungen einholen. TEXT ___ Christine Kofler  FOTOS ___ Florian Oberlechner

Christine: Matthias und Gianluca, euch

Matthias: Ich finde die biografischen Par-

beide verbindet so einiges: Vor über einem Jahr habt ihr euren ersten Roman veröffentlicht, ihr arbeitet beide mit Jugendlichen, stammt beide aus Bozen … kanntet ihr euch – oder eure Bücher? Matthias: Nein, wir kannten uns gar nicht. Auch das Buch von Gianluca kannte ich nicht, er meines auch nicht. Jetzt natürlich schon! Christine: Wie war deine Leseerfahrung mit „L’inconfessabile“, Gianlucas Roman?

allelen sehr interessant. Wie die Hauptfigur arbeitest ja auch du, Gianluca, in einem Büro, in einem Amt. Da habe ich mich gefragt: Hast du diese Figur so konzipiert, weil du Einblicke in diese Lebenswelt hast, sozusagen nahe dran bist? Gianluca: Ja, das ist natürlich kein Zufall. Die ursprüngliche Idee war eigentlich eine etwas andere, doch nach dem ersten Kapitel hat der Text eine ganz eigene Richtung eingeschlagen. Grundsätzlich

überlappen sich im Roman zwei Ebenen, eine persönliche und eine politische, wobei die persönliche schon sehr autobiografisch gefärbt ist. Wie stark ist der autobiografische Bezug bei dir? Matthias: Das Setting meines Romans ist ja eher surreal, weshalb es etwas schwieriger ist, diesen Bezug auszumachen. Aber bei mir ist es ähnlich. Die Milieus, die ich im Text beschreibe, habe ich selbst kennengelernt. Man greift ja meist entweder auf den persönlichen Erfahrungsschatz zurück oder stellt Recherchen an – wobei ich finde, dass der persönliche Einblick interessanter und ergiebiger ist. Auch die Perspektive von „unten“, jene der Hauptfigur, ist von persönlichen Erfahrungen geprägt. Dasselbe gilt für die Machtstrukturen, mit denen sie so ihre Schwierigkeiten hat. Die sind ja auch in deinem Text, Gianluca, sehr präsent. Ich finde es spannend, dass dein Protagonist anfangs sehr zurückhaltend ist. Hier sehe ich übrigens eine Parallele zu „Sostiene Pereira“ (Anm. d. R.: Roman von Antonio Tabucchi). In


LITERATUR Matthias Vesco Berichte eines Köters Roman, Deutsch Autumnus Verlag, Berlin 2017 Broschiert, 202 S., 19,1 cm × 12,1 cm × 1,7 cm 12,90 € ISBN-13: 9783944382920, ISBN-10: 3944382927 „Berichte eines Köters“ nimmt Anleihen am klassischen Schelmenroman, ist gespickt mit schwarzem Humor, Sarkasmus und Absurdität. Die Hauptfigur Roxy, eine Boxerhündin, flieht vor ihrem tierquälenden Untermieter. Doch auch auf der Baustelle, in den Bergen und auf der Straße ist die Welt eine trostlose, bevölkert von Menschen, die am Abgrund tänzeln.

„L’inconfessabile“ geht es um politische Proteste in Rom, die durch die Festnahme eines Politikers ausgelöst werden. Ich würde hier eine Parallele zu Berlusconi ziehen, auch wenn er nie erwähnt wird. Gianluca: Ja, richtig. Matthias: Es entwickeln sich zwei Lager. Die Bürger werden instrumentalisiert, zwei Meinungen gegeneinander ausgespielt, um die Gesellschaft zu spalten. Hier kann man ja durchaus einen Bezug zur aktuellen gesellschaftspolitischen Situation herstellen. Der Protagonist nimmt schlussendlich an den Protesten teil und wird zum Täter. Er macht einen Wandel durch, der sich bereits zuvor ankündigt. Ähnlich wie beim Protagonisten von „Sostiene Pereira“, der vom Außenstehenden zum Handelnden wird. „Ho provato euforia, Stefania. Una grandissima euforia. Ma questo com’è possibile? Cos’è successo in questi vent’anni? Come hanno fatto ad avvelenarmi l’animo fino a questo punto? Io non ero così, te lo giuro, se

sei anni fa mi avessero detto che sarei arrivato a tanto non ci avrei creduto. Eppure è successo, eccomi qua. E provo una tale nausea per quella gente che non so più ­ ­nemmeno cosa è giusto e cosa non lo è. (…)” Aus: „L’inconfessabile", Seite 103 Gianluca: Mein Text verarbeitet ein Kapi-

tel italienischer Geschichte bzw. nimmt reale Ereignisse als Ausgangspunkt (Anm. d. R.: „discesa in campo“, Berlusconis Eintritt in die Politik im Jahr 1994). Wobei die im Buch geschilderten Ereignisse natürlich nie so stattgefunden haben. Ich persönlich denke allerdings, wir waren von diesen nicht weit entfernt und sie hätten durchaus so eintreten können. Berlusconi, von dem du sprachst, wird im Buch nie explizit erwähnt. In der Realität wurde dieser Politiker im Jahr 2013 verurteilt. In meinem Buch wird er verhaftet. In Wirklichkeit empfahlen Berlusconis Anwälte ihm, nicht auf Konfrontation zu gehen, um so möglicherweise vom Staatspräsidenten begnadigt zu werden. Im Ro-

man nehmen die politischen Ereignisse also eine andere Wendung: Abgeordnete und Institutionen treffen im Ringen um die Macht frontal aufeinander. Meine Intention war es, die 20 Jahre italienischer Politik, die ich erlebt habe, bis zur letzten Konsequenz zu führen. Ich habe an Kundgebungen teilgenommen, war aber nie in Zusammenstöße verwickelt. Mir dies vorzustellen, gab mir die Möglichkeit, bestimmte Emotionen, Reaktionen und Gedankengänge – gegen die auch ich nicht immun war oder bin – wirklich bis zum Äußersten zu treiben. Ich habe mich mit den fiktionalen Figuren auch identifizieren können, mehr als mir lieb war. Es geht um heikle Themen, politische Gewalt, Rechtfertigung von politischer Gewalt. Themen, bei denen ich im Laufe der Jahre auch in mir innere Konflikte verspürte. Christine: In euren beiden Büchern spielt Gewalt, in unterschiedlichen Formen, eine Rolle. Auch bei dir, Matthias … Matthias: Ja, ich denke, Gewalt ist in unserer Gesellschaft in verschiedensten


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Gianluca Battistel L’inconfessabile Romanzo, Italiano Sovera Edizioni, Roma 2016 Copertina flessibile, 109 p., cm 20,5 × 15 € 10 ISBN: 9788866523567 In dem Roman „L’inconfessabile“ entwirft ­Gianluca Battistel ein fiktives politisches Szenario, in dem ein führender italienischer Politiker verhaftet wird. Staatliche Institutionen und die Bürger spalten sich in zwei ­Lager, eine Konfrontation steht bevor. Für Luigi, den Protagonisten, ändert sich während der Proteste in Rom alles.

F­ ormen präsent, sichtbar und unsichtbar. Die politische Gewalt ist in meinem Buch weniger stark ausgeprägt. Für mich persönlich sind Frieden und ein gutes Zusammenleben sehr wichtig. Ich denke allerdings, die Werte unserer Gesellschaft sind dem nicht förderlich. Es geht darum, sich in einem System durchzusetzen, von dem man glaubt, es sei unveränderlich. So sind die Enttäuschung und die Wut von Personen erklärbar, die nicht am Hebel der Macht sitzen.

„Ich beobachtete Menschen, die sich einem geregelten Zyklus aus Arbeit und Freizeit hingaben. Wen auch immer ich sah – Beamte, Arbeiter, Kinder – alle schienen auf ihre Weise zu funktionieren und alles so zu erleben, als sei es das Normalste der Welt, einer Welt, in der alles, jeder Mensch und jede Maschine, einen natürlichen Platz zu haben scheint, einer Welt, die jedoch jeden Moment zu kippen droht, wie ein Vulkan, der seinen tief geborgenen Groll plötzlich zu Tage fördert.“ Aus: „Berichte eines Köters", Seite 200. Gianluca: In meiner Wahrnehmung ist

das Weltbild in „Berichte eines Köters“ recht pessimistisch. Ich war besonders

beim letzten Kapitel erstaunt, wie du die Ebene der orientalischen Mystik mithereinnimmst. Ich habe hier – und im ganzen Text – einen starken Sarkasmus wahrgenommen und ihn sehr genossen. Christine: Warum schreibt ihr? Was treibt euch an? Matthias: Meine Motivation ist eine Mischung aus Interesse am kreativen Arbeiten und an gesellschaftlicher Verantwortung. Für mich ist das Kreative eine Möglichkeit, sich mit der Welt auseinanderzusetzen, die mich umgibt. Ich möchte nicht das, was ich sehe, reproduzieren und so weiterführen. Ich möchte es mir nicht möglichst bequem machen, sondern Neues erfahren und entdecken. Gianluca: Ich habe mit Lyrik begonnen und einige Gedichtbände publiziert. Später verspürte ich das Bedürfnis, mich in der Prosa zu versuchen. Weil ich dadurch Themen behandeln konnte, die in der Poesie keinen Platz haben. So ist eine Kurzgeschichtensammlung entstanden. Irgendwann habe ich dann beschlossen – übrigens auf Anregung einer guten Freundin – mich an einem Roman zu versuchen. Ein bisschen Ehrgeiz gehört natürlich auch dazu. Zu Beginn habe ich es als Versuch betrachtet; grundsätzlich

ist das Schreiben bei mir immer mit Zweifeln verbunden. Ich musste mir erst beweisen, dass ich es kann. Ich hatte, wie Matthias auch, keine Kontakte zu großen Verlagen, habe dann aber einfach selbst die Initiative ergriffen und Verlage angeschrieben. Matthias: Ob ein Verlag ein Buch aufnimmt oder nicht, hängt von vielen Faktoren ab. Es braucht – und ich denke, da stimmt mir Gianluca zu – einiges an Überzeugungskraft und dicker Haut. Gianluca: Ja, so ist es. Es ist spannend, Einblicke in die Verlagswelt zu erhalten, aber auch sehr ernüchternd. Das Buch ist ein Produkt, das am Markt platziert wird. Vor allem bei den größeren Verlagen spielen Marketingüberlegungen eine wesentliche Rolle. Matthias: Dabei scheint die Kunst oft in den Hintergrund zu geraten. Mir persönlich gefällt die Vorstellung, dass Kunst emanzipatorisch wirken kann. Das ist mit ein Grund, warum ich provokativ schreibe und Machtstrukturen hinterfrage. Auch mein nächstes Buch wird aus einer gesellschaftskritischen Perspektive angelegt. Dabei interessiert mich besonders, wie „orientalische Mystik“ missbraucht wird, um bestimmte Sichtweisen, sozusagen


LITERATUR BIOGRAFIEN ___ Gianluca Battistel ist 1971 in Bozen geboren und hat in Mailand und in Innsbruck Philosophie studiert. Nach seinem PhD war er am Institut für Philosophie an der Leopold-FranzensUniversität als wissenschaftlicher Mitarbeiter tätig. Anschließend wechselte er in den Dienst der Südtiroler Landesregierung. Derzeit ist Gianluca Battistel Mitarbeiter im Amt für Jugendarbeit. Nach mehreren Gedichtbänden, u. a. „Abbissi“, „Il volo dei gufi“, erschien im Herbst 2016 sein erster Roman „L’inconfessabile“ im Verlag Sovera Edizioni. Matthias Vesco, ist 1987 in Bozen geboren und studierte an der Universität Wien Allgemeine Sprachwissenschaft sowie Latein und Deutsch für das Lehramt. Nach seinem Studium war er in Neapel im Bereich DaF (Deutsch als Fremdsprache) tätig. Derzeit unterrichtet er an einem Bozner Gymnasium Latein und Deutsch. Als aktiver Skateboarder war Matthias Vesco während der 2000er-Jahre Teil des Skateboard-Labels „NOX“. Mit „Berichte eines Köters“ hat Matthias Vesco im Sommer 2017 im Autumnus Verlag seinen ersten Roman veröffentlicht.

das „eigene Modell“ und den kapitalistischen Diskurs zu stärken. Im Sinne von: Man macht Yoga, um die Leistungsfähigkeit zu steigern. Eigentlich würde hier ein anderer Zweck dahinterstecken, Selbsterkenntnis etwa. Unsere gesellschaftlichen Werte hängen eng mit Status und Macht zusammen, dies findet auch im interkulturellen Bereich seinen Ausdruck.­ ­Konkret steht im Mittelpunkt meines nächsten Romans eine Figur, die sich mit Feng-Shui beschäftigt und die auf der Suche nach mehr Glück immer unglücklicher wird. Gianluca: Ich schreibe auch an einem neuen Buch. Dafür habe ich mir wieder einen hypothetischen Kontext ausgedacht. Unter anderem geht es um die Schließung der Brennergrenze im Zusammenhang mit den aktuellen Migrationsbewegungen. Ich habe bereits vor einem Jahr mit dem Text begonnen. In meinem fiktiven Szenario habe ich einen Vertreter der Lega Nord zur wichtigen Figur im Innenministerium gemacht. Während ich das schrieb, dachte ich daran, ob das Ganze nicht zu unrealistisch wäre. Nun hat mich die Realität eingeholt und ich muss die Handlung umschreiben. Denn jetzt ist es banal.

Christine: Während ich „L’inconfessabile“

las, hatte ich das Gefühl, die reellen politischen Ereignisse holen die Fiktion ein … Gianluca: Ich denke, die vergangenen 20 Jahre haben viel mit dem zu tun, was sich derzeit abspielt. Allein wie die politischen Kategorien verzerrt wurden, etwa die Bezeichnung „riformismo“, die in der politischen Kultur bis jetzt eine klar abgegrenzte Definition hatte. Einst bezeichnete der Begriff einen bestim­ mten Flügel der sozialistischen Partei, die negative Auswirkungen der kapitalistischen Ökonomie korrigieren wollte. Inzwischen hat jeder, der irgendeine Reform vorschlägt, die Berechtigung, sich als „riformista“ zu bezeichnen. All jene, die Gesetze verteidigen – etwa Gesetze, die Rechte schützen – sind die Konservativen. Das ist eine begriffliche Manipulation von politischen Kategorien. Es geht nicht nur um eine sprachliche Bedeutungsverschiebung, sondern meiner Meinung nach um eine gezielte Manipulation innerhalb des politischen Diskurses. Christine: Hat politische Literatur, „littérature engagée“, die Kraft, etwas zu verändern? Glaubt ihr, eure Texte erreichen Jugendliche, etwa jene, mit denen ihr zusammenarbeitet?

Gianluca: Ich denke, dass wir als Autoren nicht viele Menschen erreichen, schließlich publizieren wir beide in kleinen Verlagen. Ich glaube nicht, dass ich wirklich etwas bewege. Vom historischen Materialismus kommend, habe ich stets die Frage der Machtverhältnisse vor Augen. Wenn ich auf die derzeitigen medialen Machtstrukturen blicke, ist mein Fazit niederschmetternd. Ich kann vielleicht für bestimmte Themen Interesse wecken … Matthias: Könnte es sein, dass die Auswirkungen nur nicht so deutlich sichtbar sind? Ich denke schon, dass du etwas veränderst. Für mich ist es nicht so wichtig, wie groß mein Wirkungsbereich ist. Wenn mir ein Schüler aufrichtig „Danke“ sagt, etwa für einen Gedanken, zu dem er durch mich inspiriert wurde, dann bin ich stolz. Als Individuum hat jeder von uns vielleicht mehr Wirkung, als wir gemeinhin glauben.


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WENN KUNST AUF LANDSCHAFT TRIFFT

Mit seinen rund 1.700 Einwohnern ist St. Martin in Thurn ein beschauliches Dorf im Herzen der Dolomiten. Doch im ­Abstand von zwei Jahren verwandelt sich das ­Gemeindegebiet für acht Wochen lang in eine weite, offene Ausstellungshalle, das SMACH. Umgeben von der gewaltigen Dolomiten­kulisse öffnet sich ein Raum, wo zeit­ genössische Kunst und Landschaft miteinander in Dialog treten. TEXT ___ Elisabeth Stampfer

FOTOS ___ Gustav Willeit


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SMACH … é na scomenciadia culturala sterscia de n valgügn jogn apascioná d’ert, che proa da ciaré y jí ince sura i confins dla Ladinia fora. – Leander Moroder, diretur dl Istitut Ladin Micurá de Rü

… en sofl d'aria frësca, de vita che fej bun por nes fá gní cosciënc de nos instësc te nosta contrada. – Lois Anvidalfarei, artist dla Val Badia

… é por me n proiet che nes fej conësce artisc de fama internazionala y che fej retlam a nüsc paisc y contrades da munt. – Walter Trebo, paur da San Martin de Tor

Einsam und fremd steht er da, der Astronaut auf der Fanes-Alm. Der Künstler Fabiano De Martin Topranin hat die lebensgroße Holzskulptur selbstbewusst in die Landschaft gesetzt. Im Helmvisier des Astronauten spiegelt sich die umliegende Landschaft wider. Sie erscheint fremd, wie von einer anderen Welt. Eine Welt, die entdeckt werden will. Der Astronaut wird zum Inbegriff der Suche nach dem Anderen, nach neuen Planeten und nach fernen Orten und lässt in den Köpfen der Betrachter Bilder und Geschichten entstehen. Nicht zufällig setzt der Künstler seinen Astronauten in die Landschaft der sagenumwobenen Fanes-Alm. Denn die Dolomiten mit ihren sanften Wiesen und Wäldern und schroff aufsteigenden, imposanten Bergen prägten und prägen auch heute noch das Gadertal und die Gadertaler. Seit Jahrhunderten haben diese Felsformationen Menschen dazu inspiriert, sich mit der Landschaft auseinanderzusetzen und daraus Geschichten, Sagen und Erzählungen entstehen zu lassen. Und genau darum, um eine Auseinandersetzung mit dem Ort, mit Geschichte,

Kunst und Kultur des Gadertals geht es auch beim internationalen Kunstwettbewerb SMACH, in dessen Rahmen die Arbeit „Space Days“ auf der Fanes-Alm zu sehen war. SMACH, das Akronym von San Martino Art Culture History ist ein LandArt-Wettbewerb, eine „Ausstellung unter freiem Himmel“, eine intensiv erlebbare „Verbindung aus Kunst, Geschichte und Kultur in den Dolomiten“. Was ist SMACH?

Ein großes Fragezeichen prangt im Juli 2013 in unmittelbarer Nähe zum Museum Ladin Ćiastel de Tor in der Wiese. Unübersehbar hat es der Künstler Hubert Kostner ins Gras geschnitten. Kostner stellte mit seinem Beitrag zur ersten Ausgabe von SMACH die Frage in den Raum, wie in dörflichen Strukturen das Zusammenspiel von Natur, Kultur und Tourismus gelingen kann. Damit traf Hubert Kostner gleichsam den Kern von SMACH. Denn die Idee dazu kam ausgerechnet vom lokalen Tourismusverein St. Martin in Thurn. Hier suchte man bereits seit einiger Zeit nach einem touristischen Blick-

fang für die Sommermonate: Ein sommerliches Highlight für Einheimische und Touristen, eine kulturelle-künstlerische Initiative, die auch im Sommer touristischen Zulauf garantiere. Die eindrucksvolle Dolomitenkulisse, seit 2009 UNESCO Welterbe, sollte dabei nicht nur als Staffage dienen, sondern auch eine tragende Rolle spielen. 2012 beauftragte man den Grafiker und Designer Michael Moling, selbst Mitglied im Tourismusverein, mit der Entwicklung des Vorhabens. Gemeinsam mit dem Schriftsteller Iaco Rigo erarbeitet Moling zunächst eine Idee, dann ein konkretes Konzept. Schnell ist klar: Ein Kunstwettbewerb soll geschaffen werden. Lokale und internationale Künstler sollen aus der Auseinandersetzung mit der Geschichte, Kultur und Kunst des Gadertals heraus Kunstwerke gestalten, die mit der Landschaft in ganz eigener Art und Weise sprechen. Ein Wettbewerb für Land-Art, für Kunst, geschaffen aus natürlichen Materialien, die sich gesellschaftsund kunstkritisch mit einem bestimmten Ort beschäftigt. Ziel von SMACH sollte es schließlich sein, „das Interesse von Ein-


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heimischen und Besuchern an kleinen Naturschauplätzen, an bewohnten Gebieten und verlassenen Gebäuden in der Gemeinde zu wecken.“ Im Herbst 2012 war es soweit: Erstmals wurde der Wettbewerb ausgeschrieben. Und über 80 Künstlerinnen und Künstler haben Arbeiten eingereicht. Mit diesem großen Zuspruch hatten die Organisatoren rund um Michael Moling nicht gerechnet. Ein Erfolg. Zwölf Arbeiten wurden von der Jury ausgewählt und für zwei Monate an historisch und kulturell bedeutenden Orten in der Gemeinde aufbzw. ausgestellt. Tief im Wald, hoch auf den Berggipfeln, an entlegensten Orten und Plätzen öffneten die Kunstwerke von SMACH den Besuchern, die sie auf ihren Wanderungen zufällig oder ganz bewusst erwanderten und entdeckten, nicht nur sprichwörtlich Tor und Tür zu einer neuen Welt. Land-Art ist „Kontrast“

Provokativ, plakativ, verstörend oder meditativ. Die Arbeiten, die in den Jahren 2013, 2015 und 2017 für SMACH geschaffen

wurden, sind vielfältig – und einzigartig. Denn jedes Kunstwerk muss eigens für SMACH konzipiert und gestaltet werden und für jede Installation bzw. Arbeit wird akribisch nach dem passenden Ort in der Gemeinde gesucht. Das macht SMACH so besonders: Der Dialog mit der Landschaft verkommt nicht zum banalen Nebeneffekt, sondern ist ein wesentlicher Bestandteil der künstlerischen Arbeiten. 2015 hat das Organisationsteam, in dem sich neben Michael Moling auch Katharina Moling und Gustav Willeit engagieren, zum ersten Mal mit dem Thema „Grenze“ dem Wettbewerb einen inhaltlichen Schwerpunkt gegeben. Das Thema 2017 war „Kontrast“. Denn obwohl es bei Land-Art „zu einem Geflecht, zu einer Beziehung zwischen Kunst und Landschaft kommt, bleibt doch immer der Kontrast ein bestimmendes Element“. Kontraste und Grenzen ausloten und damit den Postkarten-Blick auf Landschaft und Bergkulisse unterbrechen, stören und hinterfragen. SMACH zeigt einen außenstehenden, einen fremden Blick auf die Geschichte und Kultur des Gadertals

und öffnet damit auch einen breiten Raum zum Nachdenken und Reflektieren. Die drei Palmen etwa, die Philipp Schraut („Korallenriff“, 2013) auf den kleinen Peitlerkofel „verpflanzte“, ließen den einen oder anderen Bergsteiger verstört zurück. Erst ein näheres Betrachten machte den naturhistorischen Bezug des Künstlers deutlich: Das Welterbe Dolomiten als tropisches Meer mit Atollen und Vulkanen, die Berggipfel, einst eine von Korallen überzogene Meerlandschaft. Was konnte dies besser vor Augen führen als die Palmen, die der Künstler provokativ auf dem Gipfel positionierte? Internationale Jury und Künstler

Ausgewählt werden die künstlerischen Projekte von einer lokal und international besetzten Jury. Als Juroren waren bereits heimische Kulturschaffende, wie Letizia Ragaglia oder Lisa Trockner und Künstler wie Aron Demetz und Lois Anvidalfarei vertreten. Mit dem Schweizer Land-Art Künstler Not Vital und Michael Petry, US-amerikanischer Installationskünstler und Kurator, konnte man aber auch


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KUNSTWERKE IM VAL DL’ERT “Foresta Nera”, Gaia Lionello (Italien) “RALEGRËIETE, SCE TE STORJES PRO./PALSA, SCE TE RESTES CHILÒ./ CUNFÔRTETE, SCE TE VAS INANT”, Barbara Tavella (Italien) “Panorama Braille”, Patricja Gilyte (Litauen) “That's what friends are for”, Luca Chiesura (Italien) “Ciüf sonors”, Carlo y Max Castlunger (Italien) “Terminus”, Stefano Cagol (Italien) “I due papà di Bambi”, Francesco Begna (Italien) “Schlitten“, Hans Martin Lützenburg (Deutschland) „Riflesso del cielo”, Kei Nakamura (Japan)

i­ nternationale Fachleute mit ins Boot holen. Sie bewerten nicht nur die künstlerische Qualität der eingereichten Arbeiten, sondern überprüfen auch deren Realisierbarkeit, die verwendeten Materialien und achten sorgsam darauf, dass der Eingriff in die Landschaft minimal bleibt. International ist nicht nur die Zusammensetzung der Jury, international sind auch die Künstlerinnen und Künstler, die bereits bei SMACH ausgestellt haben. Die zehn Kunstschaffenden der letzten Ausgabe von SMACH im Jahr 2017 stammen aus fünf verschiedenen Nationen. Sie brachten nicht nur ihre Arbeiten mit, sondern auch ihre ganz persönliche Geschichte. Wie etwa Luca Roncoroni: Er nutzte für seine Installation „Pesce fuor d’acqua“ eine „favá“, eine traditionelle Holzhalterstruktur, die im Gadertal zum Trocknen der Bohnen diente. Anstatt der Hülsenfrüchte befestigte der Künstler aber Stockfische, die in Norwegen traditionell auf ähnlichen Halterungen zum Trocknen angebracht werden. Die Begegnung zweier Kulturen – einerseits die ­lokale ladinische Kultur und andererseits

die norwegische Kultur – hat mit der Biografie des Künstlers zu tun: Der gebürtige Italiener lebt seit Jahren in Norwegen. Mit seiner Installation versuchte er eine Verbindung zwischen zwei Kulturen herzustellen, die, wie er zeigt, gar nicht so fremd sind. Und dennoch bleibt er, der Künstler, ein sprichwörtlicher „Fisch im Trockenen“. Dem Organisationsteam rund um Michael und Katharina Moling und Gustav Willeit ist es gelungen, in den vergangenen sechs Jahren einen internationalen Wettbewerb auf die Beine zu stellen, der spannende, teilweise persönlich-biografische, dann wieder global gültige künstlerische Statements ins Tal bringt. Eine Initiative, die für Staunen, für Raunen und für Begeisterung sorgt. Während die Vorbereitungen für SMACH 2019 bereits angelaufen sind, möchte man in Zukunft noch stärker mit Partnern in Osttirol und Belluno zusammenarbeiten und schmiedet schon Ideen für ein interregionales SMACH in den Dolomiten. Die Ideen dazu existieren derzeit nur auf dem ­Papier, aber eine weitere Idee des Organi-

sationsteams konnte bereits realisiert werden: Im Sommer 2018 wurde unweit vom Dorfzentrum von St. Martin der SMACH Skulpturenpark eröffnet. Val dl’Ert

Eine dreiviertel Stunde wandert man vom Dorfkern zum Eingang des Val dl’Ert. In diesem Tal der Kunst, das als Skulpturenpark angelegt ist, werden ausgewählte Arbeiten von SMACH ausgestellt – das ganze Jahr über. Auf einer Länge von rund zwei Kilometern erstreckt sich das seit Jahren weitgehend unberührte Tal. Erst vor wenigen Monaten wurde die Forststraße wieder instand gesetzt – sprichwörtlich zur rechten Zeit. So konnten die Arbeiten am SMACH Skulpturenpark rasch voranschreiten. Im Frühjahr und den ganzen Sommer lang wurde gewerkt, gemäht, geordnet, und neun ausgewählte Kunstwerke aus den ersten drei Ausgaben von SMACH aufgestellt. Im Skulpturenpark können Besucher die Arbeiten auf sich wirken lassen, in absoluter Ruhe und inmitten unberührter Natur. Kunst und der natürliche Kontext bilden eine


BILDENDE KUNST

­omplementäre Beziehung und bereik chern sich gegenseitig durch einen kontinuierlichen Dialog. Das Val dl'Ert ist als Work in progress konzipiert: Die Sammlung wird nach jeder Ausgabe von SMACH um je ein Kunstwerk erweitert. Der Skulpturenpark versteht sich als ein Konzeptraum, geprägt von der Interaktion der Kunstwerke mit der Natur bzw. der Umgebung, in die sie sich einfügen, und von der Internationalität der Künstler. Auf einem Weiler im Val dl’Ert gibt es ein seit Jahrzehnten leerstehendes Wohnhaus samt Stadel. Geht es nach Michael Moling, sollen diese bis 2021 restauriert und in eine SMACH-Künstlerresidenz umgewandelt werden. Noch ist es nur eine Idee. Aber mit SMACH hat der Tourismusverein, haben Michael Moling und das Team gezeigt, dass sie Willen und Tatendrang haben, Ideen real werden zu lassen. Man darf also weiter gespannt ins Gadertal blicken: Wer weiß mit welchen Land-Art-Positionen SMACH in Zukunft überraschen wird.

INFO ___ SMACH – San Martino Art Culture History findet 2019 zum vierten Mal statt. Ab Dezember 2018 haben interessierte Künstlerinnen und Künstler die Möglichkeit Ihre Arbeiten einzureichen. Die Ausschreibung wird auf der Homepage veröffentlicht. SMACH 2013 Jury: Aron Demetz, Danilo Eccher, Margareth Forer, Michael Moling, Iaco Rigo, Lisa Trockner; Kunstschaffende: Francesco Begna, Max & Carlo Castlunger, Paul Feichter, Patricija Gilyte, Hubert Kostner, Hans Martin Lützenburg, Lorena Munforti, Kei Nakamura, Lissy Pernthaler, Andrea Salvetti, Olga Schäfer, Philipp Schraut. SMACH 2015 Jury: Lois Anvidalfarei, Aron Demetz, Denis Isaia, Katharina Moling, Michael Moling, Letizia Ragaglia, Lisa Trockner; Kunstschaffende: Valeria Ambi, Claudia Barcheri, Stefano Cagol, Peter Chiusole, Mariano Dallago. Barbara Henning, Marco & Martin, Simon Perathoner, Alois Steger, Barbara Tavella. SMACH 2017 Jury: Lois Anvidalfarei, Gianluca D’Inca Levis, Michael Petry, Letizia Ragaglia, Not Vital; Kunstschaffende: David Duzzi, Luca Chiesura, Amin Hak-Hagir & Irene Hopfgartner, Adam James, Gaia Lionello, Luca Roncoroni, Luca Rossi, Ilyn Wong. www.smach.it


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AUF ZU NEUEN UFERN – SÜDTIROLS KULTURPIRATEN

Der Begriff Pirat stammt ursprünglich aus dem Griechischen (peiratís) und ­bedeutet übersetzt so viel wie „etwas wagen, etwas unternehmen“. In den verschiedensten Orten Südtirols wagen schon seit geraumer Zeit immer mehr Menschen kulturelle Vorstöße, welche vorher und in dieser Form nicht oder allerhöchstens in zarten Andeutungen existierten. Eine immer stärkere und sichtbarere freie Szene aus jungen und junggebliebenen Kulturarbeitern ist dabei, neue Wege zu beschreiten, altbekannte Strukturen aufzubrechen und spannende Kulturangebote umzusetzen. All diesen Kulturpiraten ist der nachfolgende Text gewidmet. Als ich mit der ehrenvollen Aufgabe betraut wurde, ein Essay für 2018 zum Thema „Plädoyer über Sinn und Wert der freien Szene Südtirols“ zu schreiben, stand ich vor der Frage, ob ich einen objektiven Standpunkt einnehmen und das Thema aus einer Außenperspektive betrachten sollte, oder ob ich mich auf subjektive Weise und befangen von meinen eigenen Erlebnissen und beruflichen Erfahrungen, auf sozusagen absolut idealistisch-schwärmerische Weise einem Feld nähern sollte, das ich selbst in den vergangenen 15 Jahren auf den unterschiedlichsten Ebenen immer wieder beackert habe. Ich habe mich selbstredend für die zweite Option entschieden, dies vor allem, weil mir die freie Szene persönlich sehr am Herzen liegt. Schließlich trägt diese wunderbare, aber leider noch viel zu unbekannte Zeitschrift, diese Herangehensweise bereits im Namen. Es soll hier dem Neuen Platz gegeben werden. Die Projekte junger Kunstschaffender und Kulturarbeiter sollen im Vordergrund stehen und durchaus auf eine selbstbewusste und ein wenig freche Art und Weise in den Fokus

gerückt werden. Deshalb steht dieses Heft letztlich stellvertretend für eine noch nicht so lange existierende freie Szene, die hier zumindest in Papierform den Raum und die Sichtbarkeit bekommt, die sie auch verdient. Was könnte also näherliegen, als ein Plädoyer für all jene Menschen und Szenen zu halten, die in den letzten, zumindest eineinhalb Dekaden entscheidenden Anteil daran hatten, gerade die bei Heranwachsenden, aber vor allem Junggebliebenen, oftmals als engstirnig und konservativ verrufene kleine Provinz am nördlichsten Punkt des Stiefelstaates ein wenig offener, freier und vielfältiger zu gestalten? Das Plädoyer ist gleichzeitig aber auch eine reale Betrachtung der Wirklichkeiten geworden, eine aktuelle Bestandsaufnahme dessen, was inzwischen alles entstanden ist, auch wenn es natürlich weiterhin vieles anzusprechen gäbe, das noch nicht so gut läuft, das noch gemacht bzw. realisiert werden könnte. Wem nützt schon ein Essay, in welchem zum gefühlt hundertsten Mal mehr Sicht-

barkeit, Wertschätzung und Unterstützung für die sogenannte freie Szene eingefordert wird? Nach all den endlosen Diskussionen und larmoyanten Forderungen nach einem Mehr an künstlerischer Entfaltungsmöglichkeit, scheint mir nun aber endlich der Zeitpunkt gekommen, gerade all das auf- und vorzuzeigen, was schon vorhanden ist und eben sehr gut funktioniert. Es ist endlich an der Zeit, auch einmal mit Stolz aufrichtig und ernstgemeint all jenen auf die Schulter zu klopfen, die in den letzten Jahren immer daran geglaubt haben, dass in Südtirol eine Veränderung der bestehenden Verhältnisse sehr wohl möglich und auch gelungen ist. Möglich gemacht durch viele kleine und beharrliche Schritte. Das Essay ist letztlich auch eine Sichtbarmachung all jener Menschen und Projekte, die an die Macht der Kunst und das Authentische glauben und Lust und Spaß daran haben, anderen Menschen neue Möglichkeiten von Kunst, sei es im Musik-, Tanz- oder Theaterbereich oder allgemeiner gesprochen, Kultur auf eine „nuje“ Art und Weise zugänglich zu machen.


GESELLSCHAFT

TEXT ___ Thomas Kobler

Auch wenn, und das sei der Vollständigkeit halber auch noch erwähnt, hier natürlich aus Zeit und Platzgründen nicht alle namentlich genannt werden können. Als Beispiele für neue Projekte und Menschen, die aus einer freien Szene heraus wirken, sind auch und vor allem jene zu nennen, die keinen direkten kulturpolitischen Auftrag haben. Hier ist das Projekt „BASIS“ in Schlanders hervorzuheben.Auf dem ehemaligen Militärgelände möchte man Wirtschaft, Handwerk, Landwirtschaft, Bildung, Kultur und Soziales zusammenführen und somit versuchen „eine Sektoren übergreifende, gesamtheitlich gesellschaftliche Entwicklung zu ermöglichen“. Dahinter steht die Idee „eine funktionale Nachnutzung und Öffnung, (...) Freiräume für Kreativität, Experimente und zeitgemäße Arbeitsmodelle zu schaffen und die Bevölkerung zur aktiven Gestaltung ihres Lebens- und Wirtschaftsraums zu motivieren“, wie auf ihrer Homepage zu lesen steht. In Brixen wird in Zukunft der Kulturverein „Astra 2.0“ das gerade im Umbau befindliche ehemalige Astra-Kino für allerlei Veranstaltungen und neue Ideen nutzen. Auch am Ritten wurde in diesem Sommer mit dem „Defroid Wunderwald“ ein Projekt realisiert, das nicht nur bei den Rittnerinnen und Rittnern für einige unvergessliche kulturelle Abende mit Musik und Kunst gesorgt hat, sondern darüber hinaus auch für einiges an Aufsehen. In Meran ist der „ost west club“ seit Jahren tätig, um die Passerstadt mit kulturellem Leben zu füllen. Nun scheint auch ein Umzug für den mittlerweile größten Kulturverein des Landes in greifbare Nähe gerückt zu sein. In Kürze sollen die Ver-

träge und die Übersiedlung in das ehemalige Schießstandgebäude „Bersaglio“ in trockene Tücher gebracht werden. Interessant zu erwähnen ist hierbei vor allem auch, dass sich seit Kurzem die Verantwortlichen der drei Projekte in Brixen, Schlanders und Meran regelmäßig unter dem Stichwort #kulturallianz treffen. Dies vor allem um die Zusammenarbeit Solidarität und Vernetzung untereinander zu stärken und durch gemeinsames Auftreten einen Schulterschluss zu versuchen, der bisher auch in der öffentlichen Wahrnehmung seine Wirkung nicht verfehlte. Dazu kommen junge, lebendige und neue unabhängige Theaterinitiativen, wie z.B. das „Rotierende Theater“ oder die Gruppe „Binnen-I“. Oder der Kulturverein „Atract“, der nach dem nicht ganz freiwilligen Auszug aus einer Halle in Auer eine vorübergehende Bleibe am Bozner Obstmarkt gefunden hat und sich vor allem der elektronischen Musik und neuen Kunstprojekten widmet. Auch in der Landeshauptstadt haben verschiedene Menschen immer wieder versucht, ähnliche Projekte ins Leben zu rufen. Es scheint jedoch dort und bis auf Weiteres schwierig zu sein, neue und fixe Strukturen für unabhängige Kulturprojekte zu schaffen. So müssen sich die freien Kulturmenschen in der größten Stadt des Landes weiterhin gedulden, bzw. mit jenen Projekten und Orten vorliebnehmen, die natürlich auch dort seit Jahren beachtenswerte Arbeit leisten (Pippo's Stage, Volxfesta, Teatro La Ribalta, Improtheater Carambolage usw.).

Eine Definition der freien Szene ist nahezu unmöglich. Das hat sich in den unterschiedlichsten Gesprächen und Diskussionen mit Kulturarbeitern, Veranstaltern und Künstlern gezeigt und scheint mir wichtig, hier zu erwähnen. Denn letztlich hat jeder Kulturschaffende seine eigene Erklärung zur freien Szene gefunden oder empfindet es möglicherweise sogar als überflüssig, eine solche zu suchen. Die freie Szene als einzelnes ­homogenes Gebilde gibt es nicht. Eher sollte man von „den“ freien Szenen sprechen. Aber wie diese definiert werden, ist meist eben sehr unterschiedlich. Was freie Szene aber zweifellos bedeutet, ist, selbstbestimmt Kunst zu produzieren oder den Raum hierfür zur Verfügung zu stellen. Dabei darf oder sollte sie auch auf gewisse Art und Weise radikal sein dürfen und sich gesellschaftskritisch mit den bestehenden Verhältnissen auseinandersetzen, Ungerechtigkeiten aufzeigen und sich in Neuem versuchen. Es geht schließlich also darum, das zu machen, was gefällt, ohne sich nach einem bestimmten Publikum oder dem Mainstream richten zu müssen. Man könnte auch sagen: Die freie Szene hat den Auftrag, für alle da zu sein und das durchaus in einem sprichwörtlich humanistischen Sinne. Gerade unterrepräsentierte Minderheiten, wie z.B. Menschen mit Migrationshintergrund, Menschen mit Behinderung oder auch sozial Schwächere können als Zielgruppe angesprochen oder in diesem Umfeld selbst zu Kunst- und Kulturschaffenden werden. Letztlich bietet die freie Szene – manchmal vielleicht ohne es direkt zu beabsichtigen – die Chance,


48-49 Thomas Kobler, geboren 1984 in Meran, arbeitet seit fünf ­Jahren als Programmverantwortlicher für den ost west club in Meran und kümmert sich um die Kommunikation und Öffentlichkeitsarbeit dieses größten Kulturvereins der Stadt. ­Außerdem ist er seit über zehn Jahren als Konzertveranstalter in der Passerstadt tätig (u.a. Rock The Lahn-Festival, kunterbunt GmbH) und war Mitautor diverser Publikationen und ­Kulturzeitschriften. Er hat in Innsbruck Politikwissenschaft studiert und absolviert aktuell in Brixen ein berufs­ begleitendes Studium der Sozialpädagogik.

z­wischenmenschliche Beziehungen zu verbessern, das Zusammenleben der unterschiedlichen Sprachgruppen und der neuen multikulturellen gesellschaftlichen Realität hierzulande zu fördern. Wie schon eingangs erwähnt, habe ich mich diesem Thema auf eine sehr subjektive Art und Weise genähert. Allein schon aufgrund meiner persönlichen Erfahrungen rund um den ost west club oder als Veranstalter des Rock The Lahn Festivals kann ich stolz auf all das blicken, was wir in den vergangenen Jahren in Meran in Bezug auf die freie Szene erlebten. Die Tatsache, dass wir es geschafft haben hunderte, ja tausende junger und junggebliebener Menschen zu erreichen, und ein sprachgruppen- aber eben auch generationenübergreifendes kulturelles Angebot in unserer Stadt zu schaffen, erfüllt mich mit großer Genugtuung. Noch viel mehr freut mich aber, dass sich in dieser Zeit Menschen von unserem „Piratentum“ anstecken ließen. Uns wurden allerorts helfende Hände gereicht. Menschen haben mit großer Begeisterung ihre Unterstützung und ihr ehrenamtliches Engagement in den Dienst der Sache gestellt und in unzähligen freiwilligen Arbeitsstunden erheblich dazu beigetragen, dass wir überhaupt „freie Szene“ sein konnten. Immer öfter wurden wir so auch zu einem gesuchten Ansprechpartner für allerlei Nachfragen und Tipps im Hinblick auf neue Projekte. Unsere Konzerte und Veranstaltungen wurden irgendwann zur Quelle der Inspiration und zum Vorbild für eine nachfolgende Generation bzw. zum Mutmacher und zu einer Art Triebfeder für all jene, die es bis dahin noch nicht gewagt hatten, selbst etwas auf die Beine

zu stellen. Letztlich ist dies wohl der beste Beweis dafür, wie wertvoll unsere Arbeit war und hoffentlich weiterhin sein wird. Die freie Szene in unserer Stadt hat bis heute weitreichende und enge Verbindungen in subkulturelle Milieus wie die Punkszene im Burggrafenamt und im Vinschgau oder beispielsweise die Fanszene Obermais (die wohl mit Abstand bekannteste heimische Fangruppe des Meraner Fußballvereins FC Obermais). In Untermais hat sich seit drei Jahren mit „Fiesta Fuegos“ als eine Art NachfolgeOpenair eine Gruppe von jungen Leuten zusammengetan, die ähnlich viel Herzblut in ihr Projekt stecken, wie wir es einst auf unserer geliebten Lahn taten. Dass Meran in den vergangenen Jahren zu einer Art Hochburg der freien Szene und damit einhergehend, zu jener Stadt in Südtirol wurden, die sich rassistischen und menschenfeindlichen Tendenzen immer wieder entgegenstellte, ist in der Passerstadt fast an jeder Straßen- und Häuserecke zu spüren. Die Botschaft der hier tätigen Kulturschaffenden lautet, Meran ist und bleibt eine bunte Stadt, ein Ort, an dem alle willkommen sind und wo man sich mit Kulturarbeit auch für die Schwächsten unserer Gesellschaft einsetzt und Werte vermittelt, die einen die Kurstadt als inklusive, offene und kreative Stadt wahrnehmen lässt. Aber es ist und war nicht nur die Subkultur und das Subversive, das durch unsere Arbeit geprägt und beeinflusst wurde. „Freie Szene“ muss sich nicht zwangsläufig völlig mittellos und ohne öffentliche Beiträge von allem abgrenzen, was möglicherweise ein größeres Publikum ansprechen könnte. Gerade hier ist der Spagat

zum frei und unabhängig Sein nicht immer ganz einfach, aber selbstredend von Nöten, um dauerhaft seinen Platz für sich einfordern zu können. Die aktuelle freie Szene in Südtirol zeichnet sich dadurch aus, dass sie Kulturveranstaltungen und -räume schafft und im Laufe der Jahre schon zugänglich gemacht hat, die vorher so und in dieser Form gar nicht existierten. Durch Eigeninitiativen und Eigenleistung wurden kleine Kunstprojekte (GAP Glurns Art Point) aus der Taufe gehoben, sind in so gut wie jedem Tal (Gadersound Openair Festival), in jeder Stadt (Crazy Castel Festival - Bruneck), teils in Dörfern (Jump Out – Eppan) Musikfestivals verschiedenster Genres und unterschiedlichster Ausrichtung entstanden. Und all die Menschen, welche hinter diesen Projekten stehen, haben auf unglaublich ehrliche und idealistische Art ihr Engagement bereitgestellt und ihre Kunst erlebbar gemacht. Kunst und Kultur wurden dabei nur äußerst selten reproduziert, sondern entstanden an der Basis, an der Wurzel selbst, in einem organischen Wachstumsprozess. All diese Projekte stellen natürlich auch eine Alternative zum bisher gekannten und meist volkstumspolitisch geprägten Kulturbetrieb dar. Teils bilden sie sogar einen kritischen Gegenpol zum traditionellen Kulturangebot, teils sind sie auch zu einem selbstverständlichen Teil des Stadt- oder Dorfbilds geworden. Diese neuen Initiativen (wobei manche mittlerweile auch schon auf eine mehrjährige und ziemlich ereignisreiche Geschichte blicken können) koexistieren friedlich mit den etablierten und längst dagewesenen Vereinen und haben sich


GESELLSCHAFT

einen festen Platz erobert. Ohne von entsprechenden soziologischen Studien über unseren kleinen Landstrich ausgehen zu können, die es dazu leider nicht gibt, kann man selbstverständlich annehmen, dass all diese Initiativen einen großen Einfluss auf unsere Heranwachsenden und auf die Gesellschaft insgesamt haben werden. Dieses Selbstbewusstsein sollte allen Menschen immanent sein, die sich in ­irgendeiner Form in solchen Projekten ehren- oder hauptamtlich betätigt haben. Außerdem zeigen diese alternativen Projekte gerade Südtirolern, die zum Studieren ins Ausland gehen, dass dieses etwas andere und weniger traditionelle, wie von den Werbeprospekten der Tourismusvereine bekannte Südtirol, eine durchaus beachtenswerte Dichte und Vielfalt an unterschiedlichsten Betätigungsfeldern im Bereich der Kunst und Kultur zu bieten hat. Was noch vor wenigen Jahren höchstens und in scheuen Ansätzen in einigen wenigen Orten ausprobiert wurde, hat mittlerweile in den unterschiedlichsten Landesteilen nicht nur Raum für sich beansprucht, sondern bespielt ihn mittlerweile regelmäßig. In Zukunft wird dies in Bozen, Meran, Brixen, Bruneck, Schlanders usw. in größeren und beständigen Strukturen auf eine Art und Weise umgesetzt werden, die noch Anfang der Nullerjahre absolut undenkbar und utopisch gewesen wäre. Die freie Szene versucht zu überraschen und manchmal kritisch zu sein, auch wenn es zwischen Brenner und Salurn immer noch eine Tendenz zum „Bravsein“ gibt. Die wirklich großen Tabubrüche und Grenzüberschreitungen, die sich einst ein Norbert C. Kaser vielleicht noch zu wagen traute, sind trotz mutiger und neuer Initiativen so gut wie nicht

vorhanden. Sich von der etablierten Szene abzusetzen, Ungerechtigkeiten anzuprangern und Missstände oder ernstzunehmende Alternativen aufzuzeigen, wird hierzulande zwar in kleinen Ansätzen durchaus versucht, tut dies aber definitiv nicht auf stilgebende oder prägende und nachhaltige Art und Weise. Im Unterschied zu den Großstädten andernorts muss man sich darüber aber vielleicht auch nicht wundern, denn Rebellion und Subversion waren noch nie Charaktereigenschaften der gemeinen Südtirolerin oder des gemeinen Südtirolers. Wirklich anecken tun hierzulande die allerwenigsten. Dies ist wahrscheinlich einer grundsätzlichen Haltung und Tendenz bei jungen Menschen geschuldet, die Rebellion nicht mehr als etwas Grundsätzliches betrachten oder vielleicht auch keinen Sinn mehr darin sehen, gegen das sogenannte Establishment oder „die Alten“ aufzubegehren. Wie schon eingangs erwähnt, würde es hier den Rahmen sprengen, all die anderen Initiativen oder Festivals namentlich aufzuzählen. Selbstredend sollen sich aber auch all jene in diese Aufzählung miteinbezogen fühlen. Ganz zu schweigen von den unzähligen Musikern, Schauspielern und Künstlern, die teils alleine oder in Gruppen Projekte voranbringen, die für sich beanspruchen dürfen, wirklich gut zu sein und in diesem kleinen Land etwas Neues geschaffen und letztlich auch gesellschaftlich aufgebrochen zu haben. Klar blickt mancher Südtiroler Kulturarbeiter vielleicht ein wenig neidisch zu unseren Nachbarn nach Innsbruck, wo bereits seit vielen, vielen Jahren in Räumlichkeiten wie Die Bäckerei,

p.m.k., Weekender (wurde vor Kurzem geschlossen) oder Treibhaus Kulturarbeit auf beachtlichem Niveau betrieben wird, was aber natürlich auch der Tatsache geschuldet ist, dass es in einer Stadt mit rund 30.000 Studierenden eine entsprechend größere Nachfrage gibt. Hierzulande brauchen wir uns aber sicher nicht zu verstecken oder so zu tun, als gäbe es keine ernstzunehmenden Alternativen zum traditionellen Kulturbetrieb oder als würde man an den Wochenenden Gefahr laufen, vor Langeweile zu sterben. Gerade in den Sommermonaten bietet die sogenannte freie Szene ein derart dichtes Programm, dass man manches Mal mit dem neuen und spannenden Angebot auch ein wenig überfordert ist. Südtirols freie Szene ist lebendig wie nie zuvor und es muss einem dieser Tage nicht bang um sie werden. Man darf sich mehr denn je darauf freuen, was da in den nächsten Jahren noch kommen wird. Man sollte mehr denn je Augen und Herz offenhalten, all dem Neuen freudig entgegenblicken und es gemeinsam mit den Kulturpiraten wagen, unberührte Pfade zu beschreiten und zu erkunden.


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MUSIK ALS SPRACHE Die beiden Opernregisseure Franziska Guggenbichler Beck aus Eppan und Andrea Bernard aus Bozen haben ihr Leben der Musik verschrieben. Sie inszenieren erfolgreich an europäischen Bühnen und entwickeln auch in Südtirol eigene Projekte. Musik – da sind sich die beiden einig – überwindet sprachliche Barrieren und kann eine interkulturelle Brücke sein. TEXT ___ Martina Mahlknecht  FOTOS ___ Martin Prinoth


DARSTELLENDE KUNST

Ich bin in meinem Atelier in Hamburg und arbeite an einem Bühnenbildentwurf für die Oper „The Wreckers“ von Ethel Smyth als mein Telefon klingelt: Ob ich ein Portrait über die beiden Opernregisseure Franziska Guggenbichler Beck und Andrea Bernard schreiben möchte? Wie kann wissen, dass ich gerade an einem Opernbühnenbild arbeite, wo ich doch sonst vorwiegend im Sprechtheater tätig bin, frage ich mich und sage zu. Trotz unserer entfernten Wohnorte ist schnell ein Datum für ein Gespräch in Bozen gefunden und ich freue mich darauf, die beiden Regisseure und ihre Arbeit kennenzulernen. Franziska und Andrea verbinden viele Parallelen, auch wenn sie sehr unterschiedliche Wege eingeschlagen haben: Sie sind im selben Jahr geboren, arbeiten erfolgreich im europäischen Raum und in Südtirol, haben in Berlin sogar in derselben Location ihre Stücke inszeniert und widmen sich mit innovativen Projekten auch der Heranführung junger Menschen an die Oper. Sie verstehen ihren Beruf als

vielschichtige Möglichkeit des künstlerischen Ausdrucks und erzählen von ihren Erfolgen im klassischen Musiktheater sowie von ihren Experimenten und Perspektiven in freien Opernkontexten. Woher kommt eure Faszination für die Oper und wie hat sich eure Entscheidung für die Opernregie ergeben? Franziska: Die Leidenschaft für das Klavier wurde mir schon als Kind von meiner Großmutter weitergegeben. Parallel zur Oberschule besuchte ich das Konservatorium in Bozen. Anschließend ging ich ein Jahr nach Florenz, spielte dort das Vordiplom und studierte dann am Mozarteum Salzburg und am Konservatorium in Verona. Klavierspielen fand ich toll, aber man ist dabei eben sehr alleine und ich brauche mehr Leute um mich. Bei Opernbesuchen während meines Studiums in Salzburg hat es dann „gezündet“. Ich wollte Musiktheaterregie studieren. Alle Menschen rundum warnten mich vor diesem Beruf, aber als ich an der

Hochschule Hanns Eisler in Berlin aufgenommen wurde, war das die Erfüllung meiner Träume. Andrea: Mi sono avvicinato al teatro già da bambino recitando con la compagnia teatrale Bric-a-brac a Bolzano, più tardi nel contesto del Festival Studentesco – manifestazione che coinvolge le scuole superiori italiane dell’Alto Adige. Al teatro Rainerum seguivo poi la regia di alcuni musical. Il mio pensiero più grande era di decidere cosa fare dopo il liceo. Tutti mi dicevano, anche gente di teatro, che questa professione è piena di rischi. Così ho iniziato lo studio d’architettura a Ferrara e parallelamente il lavoro come assistente all’Opera con lo scenografo e regista teatrale Pier Luigi Pizzi. Quando tornavo dalle prove, studiavo per continuare a dare esami all‘università. Diciamo che mi sono trovato al posto giusto al momento giusto. —>


52-53 Franziska Guggenbichler Beck Operninszenierungen 2014, „Love & Hydrogen“, nach der Novelle von Jim Shepard, Ballhaus Rixdorf Berlin. 2014, „The Myth of Homo Rudolfensis“, Uraufführung von Yair Klartag an der Biennale Musica Venezia 2015, „OHIO“, Uraufführung von Elisa Quarello, Deutsche Oper Berlin. 2016, „Der Igel als Bräutigam“, Kinderoper von Cesar Bresgen, Konzerthaus am Gendarmenmarkt, Berlin. 2016, „Don Giovanni in Sweden“, Opernstummfilmproduktion des Cinema Cantabile, gedreht in Husqvarna, Schweden. 2018, „AlpBär“, eine Kinoexpedition in freier Natur, Texte von Maria C. Hilber, produziert von Lana Live, Knottnkino, Vöran. 2019, „Amalia! Eine Western-Oper“, eine Koproduktion der Stiftung Haydn mit HELIOS Sustainable Films, Stadttheater Bozen. Premiere am 9. Februar 2019.

Quali sono i potenziali della musica e cosa vi ha spinto a renderla il centro della vostra vita? Andrea: La musica è un linguaggio univer-

sale senza barriere culturali o politiche. Non ha nessuna importanza che le opere siano state musicate con libretti in italiano da un austriaco come nel caso di Mozart oppure in quale lingua vengano cantate. Forse dipende proprio dallo spirito dell’unione fra culture il fatto che Bolzano abbia investito molto sulla musica. Mi stimola molto anche la sfida di mettere in scena musica di trecento anni fa e di trasformare una tematica molto lontana da oggi in un linguaggio attuale. Il fatto che ci siamo già dimenticati dei tormentoni di due anni fa, vuol dire che non era musica buona. La musica che mettiamo in scena invece è sopravvissuta nel tempo. Franziska: Als Opernregisseurin kann ich ausleben, was mich im Innersten bewegt und umsetzen, was mir am meisten Freude bereitet: Gegensätze zusammenbringen, Ideen und Talente der Beteilig-

ten anfachen und das Wunder Musik begreifen. Meine Aufgabe als Regisseurin sehe ich darin, Visionen zu realisieren, die für andere unsichtbar sind, und Leute für Ideen zu begeistern. In einem Projekt in Schweden habe ich mit jungen Geflüchteten aus Syrien Sprechchöre erarbeitet. Das war eine ganz besondere Erfahrung wo einem ganz konkret bewusst wird, dass Musik alle Sprachen überbrückt. Sie verfügt über ein großes soziales Potenzial. Diesen Faktor möchte ich gar nicht mehr missen und er spielt auch in der Arbeit mit Kindern eine große Rolle. Jean Sibelius’ Zitat „Über Musik kann man

haus zu gehen. In diesem Moment wird eine Regisseurin zur Unternehmerin. Unternehmerisch denken ist in unserem Job extrem wichtig, gerade wenn man sich außerhalb des klassischen Theaterkontexts befindet. In Südtirol erst recht, wo die Oper eine Nischensparte ist, es kein eigenes Ensemble gibt und die Produktionen eingekauft werden. In den letzten Jahren ist jedoch eine wichtige neue Entwicklung sichtbar geworden. Der künstlerische und kulturelle Humus vor Ort wird stärker wahrgenommen und der Nachwuchs bekommt die Möglichkeit, seine Arbeit zu zeigen.

nur mit Bankern reden, Künstler reden nur

Ein Beispiel dafür ist sicher der Wettbe-

über Geld“ zeigt auf überspitzte Weise die

werb „Oper.a 20.21 FRINGE“, den die Stif-

beidseitige Abhängigkeit. Künstler leben

tung Haydn seit 2016 ausschreibt, um jun-

von Projekt zu Projekt und die Denkräume

gen Regisseuren eine Opernproduktion am

für die eigene Arbeit müssen immer wieder

Stadttheater Bozen zu ermöglichen.

neu definiert und finanziert werden.

Franziska: Im Rahmen dieses Wettbe-

Franziska: Nach dem Studium versuchte

ich, mich in der freien Szene zu etablieren statt als Regieassistentin an ein Opern-

werbs hat die Stiftung Haydn 2017 mein Konzept für „Amalia! Eine Western-Oper“ ausgewählt. Die Oper wird im Februar


DARSTELLENDE KUNST

2018, „AlpBär“, Knottnkino, Vöran. Foto __ Lana Live/Flyle

9° Opera Directing Prize

2015, „OHIO“, Filmstil, Deutsche Oper Berlin. Foto __ Janine Escher

2019 in Bozen uraufgeführt. Sie entsteht in Zusammenarbeit mit der Filmproduktionsfirma Helios und ist als intermediales Projekt angelegt, wo die Leinwand manchmal zur Kulisse, manchmal zur Handlungsträgerin wird. Die Sänger werden live mit Orchester dazu singen und mit der Projektion interagieren.

scena “La Cenerentola” di Rossini a Biel e a Solothurn in Svizzera, dove fra due anni inaugurerò anche la stagione 2019/2020 con “La fille du régiment” di Gaetano Donizetti.

In Berlin-Friedrichshain habt ihr beide im

Con la tua versione di “La Traviata” hai

mat der Oper zu sprengen und über kon-

vinto il primo premio dell’EOP fra 185 arti-

ventionelle Raumstrukturen hinauszuge-

sti e 21 nazioni. Per la decisione della giu-

hen. Welche Erfahrungen habt ihr dort

ria era determinante la tua reinterpreta-

gemacht?

Sono due le possibilità di fare opera:

zione della figura principale, Violetta, che

una è di sviluppare un progetto dal nulla

mostri in veste di gallerista d’arte non

Franziska: In der „Wilden Renate“ habe ich

con le proprie forze come lo fa Franziska,

come prostituta. Vedi delle analogie tra le

l’altra è di avere un teatro alle spalle che

due professioni?

offre tutto lo strumentario necessario per

Andrea: Mi sono chiesto qual è il concetto

­realizzare un progetto e per sviluppare la propria espressività, come nel caso tuo Andrea. Andrea: Sì, il fatto che abbia vinto il 9° Euro-

pean Opera-directing Price (EOP) della Camerata Nuova a Berlino nel 2016 con “La Traviata” di Verdi mi ha aiutato molto a farmi conoscere. Questo è stato un trampolino di lancio e mi sta procurando lavori soprattutto in ambito teatrale. Così a settembre avrò la possibilità di mettere in

di prostituzione? Alla fine ho scoperto che tutti ci prostituiamo in qualche modo per riuscire a raggiungere i nostri obiettivi. Anche l’arte si basa sempre di più su un concetto economico. Violetta come gallerista rende molto più interessante la figura, una donna molto forte all’apparenza, ma poi molto fragile. L’aspetto che mi interessa di più è di vedere il personaggio, la personalità nella sua verità per superare i cliché.

Club „Zur wilden Renate“ im Rahmen des Projekts „Kiez Oper“ jeweils ein Stück inszeniert. Hinter diesem 2012 gestarteten Projekt steht die Idee, das klassische For-

2013 mein erstes Videoprojekt „Götterbilder“ nach Mozart gezeigt. Das war ein schönes und sehr spezielles Projekt, mit singenden Göttern parallel zur nächtlichen Party. Künstlerisches Arbeiten bedeutet ja nicht unbedingt, dass man ein Opernhaus braucht, es geht vor allem um die eigenen Ideen. Als Opernregisseurin gibt es für mich neben der Sparte Oper auch andere spannende Bereiche. Im Moment interessieren mich auch zeitgenössische Musik und Performance. Konzepte für solche Projekte passen oft gar nicht in ein Opernhaus. Dafür braucht es andere Kontexte und Räume und ein Medium,


54-55 Andrea Bernard Produzione di opere liriche 2017 - 2018, "La Traviata" di Giuseppe Verdi, Festival Verdi, Busseto; Teatro Regio di Parma; Fondazione Haydn di Bolzano e Trento.

„Don Giovanni in Sweden“, Cinema Cantabile

2017 - 2018, "Carmen. La stella del Circo Siviglia" di Georges Bizet, versione per bambini; segue nel 2018 la tournée in Italia, ai Bregenzer Festspiele e nel 2019 il debutto in Francia. 2018, "La Cenerentola" di Gioacchino Rossini, al Theater Orchester Biel Solothurn; segue la tournée in Svizzera. 2018, "La spada nella roccia" di Concita Anastasi al Teatro Regio di Parma. 2019/2020, "La fille du régiment" di Gaetano Donizetti, al Theater Orchester Biel Solothurn. 2020, "Don Pasquale" di Gaetano Donizetti, Fondazione del Teatro del Maggio Fiorentino, Firenze.

"La Traviata" Festival Verdi 2017, Teatro Verdi di Busseto. Foto __ Roberto Ricci

das auch ein jüngeres Publikum anspricht, z.B. den Film. Mit Agnes Fabich habe ich 2015 ein neues Format entwickelt, das „Cinema Cantabile“. Dabei ­drehen wir Opernstummfilme, die von einem Pianisten live begleitet und von mehreren Sängern synchronisiert werden. Andrea: Al Tecno Club “Zur wilden Renate”, nel 2014 ho messo in scena insieme alla regista Julia Burbach “The Fairy Queen” di Henry Purcell, una produzione presentata in un festival a Londra e poi completamente rielaborata per un pubblico lontano dall’opera lirica e frequentatore di tecno party. L’opera si è svolta non solo sul palco ma anche in mezzo al pubblico utilizzando tutto il giardino del club. Dopo l’evento operistico è seguito il “Renate Party” fino al mattino. È stata un‘esperienza davvero interessante. In Südtirol gibt es kaum vergleichbare ­Locations oder Projektförderungen. Trotzdem habt ihr euren Lebensmittelpunkt

nach Südtirol verlegt. Seht ihr hier ­entsprechende Arbeits- und Ausdrucksmöglichkeiten? Andrea: Nell’autunno del 2016 in Alto Adige ho avuto la possibilità di mettere in scena uno spettacolo multimediale con suoni e rumori e con performer e danzatori per l’inaugurazione del NOI Techpark, un ex-stabilimento industriale, uno spazio completamente diverso da un teatro. Franziska: Südtirol hat Potenzial und talentierte junge Leute in der Musikwelt. Ich empfinde Südtirol auch deshalb als einen spannenden Arbeitsraum, weil das Publikum noch eher unvoreingenommen ist, nicht so übersättigt wie in Berlin. Allerdings begegnet mir in Südtirol manchmal das Problem, dass Opernregie nicht als Beruf betrachtet wird. Ich mache das ja nicht als Hobby nach einem anstrengenden Arbeitstag! Andrea: In Alto Adige bisognerebbe sviluppare di più il concetto di artista, colui che vive attraverso l’arte, riunendo menti ed esperienze per stimolare la creatività.

­ ssendo cresciuto a Bolzano, una città tra E due culture, ho avuto modo di conoscere i diversi aspetti sia dell’una che dell’altra cultura. Terminati gli studi sono ritornato a Bolzano, che per ora considero la mia base logistica, perché se guardo la mia agenda, vedo di essere impegnato altrove fino al 2020 e di fermarmi a casa solo due mesi all’anno. Così non ho un vero motivo per trasferirmi in una determinata città. Bewegung und Austausch sind ein w ­ esentlicher Teil des Theaterberufs und so verstreuen wir uns nach diesem anregenden Gespräch in Bozen wieder in die ­ unterschiedlichen Himmelsrichtungen.


DARSTELLENDE KUNST

BIOGRAFIE ___ Franziska Guggenbichler Beck, geboren 1987 in Bozen. Sie studierte Klavier am Konservatorium in Bozen, Florenz und Salzburg (Diplom 2010). Absolventin der Kommunikationswissenschaften in Salzburg. 2015 schloss sie das Studium der Musiktheaterregie an der Hochschule für Musik „Hanns Eisler“ in Berlin ab. Als Regieassistentin wurde sie u.a. bei den Bayreuther Festspielen sowie der Staatsoper Berlin engagiert und führte Co-Regie am Theater Bielefeld (2017). Als Regisseurin leitet sie seit 2014 mit großer Freude regelmäßig Kinderopern, u.a. im Konzerthaus am Gendarmenmarkt Berlin. Sie inszenierte diverse Uraufführungen wie „The Myth of Homo Rudolfensis“ an der Biennale Musica in Venedig (2014) oder „OHIO“ an der Deutschen Oper Berlin (2015). Als artist in residence in Schweden (2016) leitete sie die Opernfilmproduktion „Don Giovanni“. Sie ist als freischaffende Regisseurin in Südtirol tätig und entwickelt neue Formate an der Schnittstelle zwischen Oper, Film und Vermittlung. Zurzeit arbeitet sie leidenschaftlich an „Amalia! Eine Western-Oper“, die im Februar 2019 mit dem Orchester Haydn in Bozen uraufgeführt wird. www.franziskaguggenbichler.com Andrea Bernard, nato a Bolzano nel 1987. Svolge gli studi di architettura a Ferrara (laurea nel 2012), dove lavora anche nel mondo dell’opera come assistente alla regia di Pier Luigi Pizzi e Damiano Michieletto, partecipando a più di 20 produzioni in Italia e all’estero. Attualmente svolge l’attività di regista e scenografo. Nella stagione 2015/16 debutta al Teatro Stabile di Bolzano nella regia di "Brattaro mon amour, la periferia semiseria" di Paolo Cagnan. Risulta semifinalista al concorso internazionale "Ring Award 14" e "Ring Award 17" di Graz, con i "Carmen. La stella del Circo Siviglia" Operadomani AsLiCo, Teatro Sociale di Como. Foto __ Alessia Santambrogio

progetti delle opere "Der Freischütz" e "Don Pasquale". Nel 2016 è tra i tre finalisti del concorso "OperaOggi" di Opera Lombardia per la stesura e messinscena di una nuova opera contemporanea. Nel 2016 è il vincitore del prestigioso "European Opera-directing Prize" con il progetto "La Traviata", messa in scena al Festival Verdi di Parma nell’autunno 2017. Nello stesso anno realizza "Carmen. La stella del Circo Siviglia", versione per bambini per OperaDomani As.Li.Co di Como in cooperazione con il Bregenz Festival. Attualmente prepara "La Cenerentola" di Rossini in Svizzera, le riprese di "La Traviata" al Teatro Comunale di Bologna e della "Carmen" all‘Opèra de Rouen e al Thèâtre des Champs-Èlysées a Parigi.


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ÜBER DIE FREIHEIT, AUF EIGENEN BEINEN ZU STEHEN


TIROL

Tüftlern und Kreativen jeglicher Art stellt das FabLab „Spielraum für Alle“ im Herzen Innsbrucks die nötigen High-Tech-Geräte zur Verfügung, um ihre Ideen Wirklichkeit werden zu lassen. Dabei von den Mitgliedern so wenig wie nötig zu verlangen und finanziell so unabhängig wie möglich zu bleiben, ist der hohe Anspruch des FabLabs, der experimentelles und unkonventionelles Denken zum Standard werden lässt. TEXT___Pia Tscholl  FOTOS___ Pia Tscholl + Daniela Gugler

„FabLab - Spielraum für Alle“ ist auf der Eingangstür des weißen Hauses in der Nähe des Innsbrucker Hauptbahnhofs zu lesen. Eine in die Jahre gekommene Steintreppe lotst mich in den zweiten Stock des Gebäudes empor, wo die alten Dielenbretter meine Ankunft durch ein angenehmes Knarren bereits ankündigen. Mit dem Südtiroler Heinrich Pan, einem Gründungsmitglied des FabLabs, setze ich mich auf den altertümlichen Balkon und rede beim Geruch von selbstgedrehten Zigaretten und Kaffee über das dauerhafte Wandeln auf den Wegen zwischen Wunsch und Wirklichkeit. Vor vier Jahren hat Heinrich das „FabLab - Spielraum für Alle“ gemeinsam mit seinen Kollegen Stefan Strappler, Alexander Schuierer und Oliver von Malm gegründet, wobei sich Oliver mittlerweile aus dem Projekt zurückgezogen hat. Die Vier haben allesamt Architektur studiert und dabei ihre Begeisterung für Teamwork, moderne Produktionsmethoden und das Potenzial von kollaborativem Ar-

beiten entdeckt. Sie wirkten eigenhändig am Aufbau der „Die Bäckerei - Kulturbackstube“ mit, der sie von 2010 bis 2014 angehörten. Als externe Lehrbeauftragte hielten sie diverse außeruniversitäre Workshops, wie Visualisierungskurse mit Studierenden des Medienkollegs oder der Universität. Sie erkannten schließlich das Bedürfnis nach einer Struktur, die möglichst vielen Menschen Zugang zu digitalen Produktionstechnologien und -wissen bietet. Beim weltweiten Netzwerk der FabLabs fanden sie die geeignete Idee hierfür: eine offene, demokratisch geführte High-Tech-Werkstatt für die digitale Herstellung von Einzelstücken und Kleinserien. Vom „Kindergarten für Alle“ zum „Spielraum für Alle“

In dem ursprünglich bunten, leerstehenden Haus in der Franz-Fischerstraße 12, das früher den „Kindergarten für Alle“ beherbergte, fanden sie 2014 die geeignete Struktur. Der Raum sollte sowohl der Ei-

gennutzung dienen als auch diversen, kollektiven Non-Profit-Projekten zur Verfügung stehen, um die Begegnung unterschiedlicher Disziplinen und Subkulturen zu fördern und gemeinsames Lernen zu ermöglichen. Im neuen „Spielraum für Alle“ sollten die eigenständigen Projekte „Spielraum FabLab“ im zweiten Stock und „Spielraum Kochlokal“ im ersten Stock ihren Platz finden und interdisziplinäres Arbeiten zum Alltag werden lassen. Zur Führung der Struktur wurde im Mai 2015 ein gemeinnütziger Trägerverein gegründet, der die beiden Projekte unter sich vereint. 135 qm Do It Yourself.

Interessierte finden hier Platz zum Arbeiten, Werkzeug, High-Tech-Geräte für Rapid Prototyping, und vor allem KnowHow, und Unterstützung bei der Umsetzung! Auf 135 qm bietet das Labor 3D-Drucker, CNC-Fräse, Laser- und VinylCutter, um Werkstücke mit möglichst vielen unterschiedlichen Materialien wie


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Der Weg von der Idee zur Umsetzung kann weit sein, im Spielraum FabLab findet man Abkürzungen und Wegbegleiter!

Holz, Metall und Kunststoff bearbeiten zu können. In regelmäßigen Abständen gibt es offene Workshops für jeden, in denen alle nötigen Schritte gezeigt werden, um von einer Skizze über das digitale File bis hin zum fertigen Produkt zu gelangen. Dabei werden Open-Source-Softwares ebenso gezeigt wie die Funktionsweise der Geräte für die Herstellung von Musterbauteilen, damit einem freien und eigenständigen Produzieren mit kleinem Budget nichts mehr im Wege steht! Das FabLab wird seit seiner Gründung sehr geschätzt: sowohl Studierende der Architektur, der Informatik, Physik, Biologie, aber auch Gewerbetreibende wie Bauingenieure, Designer, Grafiker, Künstler und ganz normale Hobbytüftler zählen zur „üblichen“ Klientel. Viele Teilnehmende kommen bereits mit eigenen Ideen ins FabLab und können diese bei ausgedehnten, kundenfreundlichen Öffnungszeiten realisieren. Für Kinder wurden eigene Vermittlungsformate entwickelt, um ihnen die Welt der digitalen Produktion, ihrer Verfahren, Funktionsweisen und Möglichkeiten näher zu bringen. Sie werden häufig in Ferienzeiten gebucht. Mit speziellen Schulworkshops richtet sich das FabLab aber auch an Schulklassen.

Make almost everything!

Das FabLab-Team sieht seine Rolle darin, gestaltender Teil eines Veränderungsprozesses zu sein, um Menschen zu erreichen, die die Dinge noch anders sehen. Diese Vision markiert den Beginn und gleichzeitig das Ziel einer langen Reise, auf welcher sich die jungen Männer seit einigen Jahren befinden. Das FabLab wird als gemeinnütziger, nicht gewinnorientierter Verein geführt, was natürlich die Frage nach der Finanzierung dieses HighTech-Labors aufwirft. Die Investitionen wie Umbau und Anschaffung der teuren Geräte hat das Gründerteam eigenhändig gestemmt, ohne Einsatz von Eigenkapital, das ohnehin nicht vorhanden war, oder Fremdkapital. Die Freunde behalfen sich stattdessen mit viel Eigenleistung und ergatterten einen günstigen Mietvertrag, erhielten einige öffentliche Anschubfördergelder und ein wenig Sponsoring. Die Fixkosten für Miete, Geräte und deren Wartung decken sie durch Einnahmen aus Mitgliedsbeiträgen, Geräte-Einschulungen, aus Schulungsprogrammen für verschiedene Zielgruppen und eigener Lehrtätigkeit ab. „Vieles hat nicht ganz so geklappt, wie wir uns das vorgestellt haben“, gibt Heinrich zu und zieht an seiner Zigarette,

unter anderem auch der lange, holprige Weg bis zum Abschluss des Mietvertrags oder die nicht immer konstant fließenden Einnahmen zur Deckung der Fixkosten. Am idealistischen Grundgedanken, eben einen Spielraum „für alle“ mit niederschwelligem Zugang und kleinen Budgets bereitzustellen, will das Team dennoch festhalten, erklären mir Stefan und Alexander, die sich mittlerweile zu uns auf den Balkon gesellt haben. Deshalb gleicht das Team eventuelle Engpässe im FabLab mit den Einnahmen ihrer parallel gegründeten, kommerziell ausgerichteten Firma „Scales“ aus, die das Labor an drei Tagen die Woche für den Eigenbedarf nutzt. Es ermöglicht ihnen frei, unabhängig, ohne kommerziellen Druck zu arbeiten und ohne Schulden dazustehen. „Dass das Projekt auch ohne öffentliche Langzeitförderung auf eigenen Beinen stehen kann, ist vielleicht eine der wertvollsten Erfahrungen, die wir gemacht haben“, fasst Heinrich die Situation zusammen und dreht sich währenddessen eine zweite Zigarette. Dieses in der Kreativwirtschaft ungewöhnliche Finanzierungsmodell ist nicht nur gewinnbringend für den gemeinnützigen Verein, sondern auch für die Firma der drei Freunde, wie mir Stefan bestätigt:


TIROL INFO ___ FabLab, kurz für „fabrication laboratory“, ist eine offene Werkstatt mit dem Ziel, Privatpersonen den Zugang zu digitalen Produktionsverfahren zu ermöglichen, die im Normalfall der Industrie vorbehalten sind. Das Besondere an dieser Form von Werkstätten ist auch die Einbettung in ein Netzwerk, welches durch das Zusammentreffen unterschiedlichster Menschen, Interessen und Fähigkeiten entsteht. Das erste FabLab wurde 2002 am Massachusetts Institute of Technology entwickelt und begründete die Maker-Bewegung. Mittlerweile gibt es hunderte FabLabs weltweit, deren verbindendes Glied ein gemeinsames Regelwerk ist, die internationale Fab Charter. Im Herzen Innsbrucks gibt es seit 2016 das „FabLab - Spielraum für Alle“, welches sich als „offene, demokratische High-Tech-Werkstatt“ versteht. In seinen 135 m2 großen Räumlichkeiten stellt es „allen“ Interessierten Rapid-Prototyping-Geräte wie 3D-Drucker, CNC-Fräse, Laser- und VinylCutter für wenig Geld zur Verfügung und versorgt bereits 178 Mitglieder (Stand 31.08.18). Öffnungszeiten: Do 9 – 18 Uhr, Fr – Sa 9 – 21 Uhr. Flexible Mitgliedsbeiträge: monatlich ab 15 bis 75 Euro. http://fablab.spielraumfueralle.at www.scales.at

„Das FabLab ist neben seiner physischen Struktur vor allem ein soziales Netzwerk, das viel Wissen, Kontakte und Potenziale in sich birgt. Zahlreiche Aufträge für unsere Firma kommen genau durch diese Einbindung ins Netzwerk zustande“. I know something – you don’t know, But if we don’t share – then we won’t grow.

Trotz all dieser Vorteile geht mit dem Sein und Schaffen in einem sozialen Konstrukt natürlich dennoch viel Arbeit einher. „Meiner Erfahrung nach ist die finanzielle Hürde bei solchen Projekten, die kollektiv, hierarchielos und non-Profit entstehen, meist die erste Sorge, aber gar nicht das größte Problem“, erläutert Heinrich, viel schwieriger sei es, die idealistischen Hürden sowie zwischenmenschliche Differenzen in der Zusammenarbeit zu überbrücken. „Kollektive Projekte bergen großes Potenzial, unterliegen aber dennoch einem natürlichen Verschleißprozess“, versucht Alexander die Situation genauer zu umreißen, „in einem gewöhnlichen Betrieb gibt es eine klare Rollenverteilung. Jeder spielt eine Rolle in einem größeren Ganzen und bekommt dafür ein bestimmtes Gehalt. Das nimmt

sehr viel Reibungspotenzial heraus“. „Je offener und demokratischer eine Struktur sein soll, desto mehr Struktur braucht es eigentlich“, resümiert Heinrich die Erfahrung im Kollektiv. Die Frage, was den jungen Männern trotz aller Schwierigkeiten die Motivation gibt, auf dem eingeschlagenen Weg zu bleiben und am Projekt „FabLab“ festzuhalten, löst einen kurzen Moment der Stille aus. „Ich habe nach wie vor den Idealismus nicht ganz abgelegt, dass ich Räume in meinem Leben erarbeiten will, in denen man Dinge anders machen kann“, gibt mir Stefan schließlich als Antwort. „Wenn dann noch ein Vater mit seinem strahlenden fünfjährigen Sohn in die Werkstatt kommt, um den kleinen Roboter „R2-D2“ aus Star-Wars nachzubauen, entschädigt das für vieles“, fügt Alexander hinzu. Die Freude, die in den Räumen des alten Hauses tagtäglich generiert wird, scheint auch das Team anzustecken. Dass das Konzept der Freunde ein durchaus sinnvolles und zukunftsträchtiges ist, beweist die Auszeichnung des „Spielraums“ mit dem „Best-of-AustriaAward“ (2017) im Bereich „Bildung für nachhaltige Entwicklung“.

Wohin der Weg des FabLabs das Gründerteam in Zukunft führen wird, ist noch ungewiss. „Der Idealismus weicht immer mehr dem Realismus, was sicherlich auch wichtig ist, weil man diese Erfahrung braucht, um bestehen zu können“, beschreibt Heinrich die Situation, „auf der anderen Seite ist es genauso wichtig, unverbrauchte und junge Neuzugänge zu haben“. Er ist sich sicher, dass das FabLab eines Tages an eine jüngere Generation abgegeben wird, die einen Rucksack voll neuer Ideen, Impulse und Energie mit sich trägt. Bis dahin wird das „FabLab - Spielraum für Alle“ auch weiterhin darum bemüht sein, den Idealismus und die Realität in der Waage zu halten, um uns daran zu erinnern, dass Andersartigkeit Spielraum in unserer Gesellschaft braucht.


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IL TEATRO INCONTRA L’INGEGNERIA Chi ha detto che a teatro i pupazzi raccontano solo storie per bambini? Chi ha detto che l’ingegneria non può andare a teatro, a braccetto con la scenografia? L’attrice goriziana Marta Cuscunà sfida i luoghi comuni con il suo teatro visuale, tra pupazzi, leve a cavo e una legenda ladina. TESTO ___ Clauda Gelati FOTO ___ Teatro Stabile Bolzano /Anna Cerrato


ARTI PERFORMATIVE Marta Cuscunà al telefono ha una voce calda ed entusiasta; non corre troppo e sceglie con cura le parole. Al telefono, perché è proprio via cavo che arrivo a conoscere questa giovane attrice, originaria di Monfalcone: quella piccola città operaia scrive lei nella sua biografia online - famosa per il cantiere navale dove si costruiscono le navi da crociera più grandi del mondo. Marta scopre la passione per il teatro durante gli anni del Liceo, quando insieme alla mamma frequenta il teatro di Monfalcone che era solito proporre anche Teatro Contemporaneo nella sua stagione. È proprio un’insegnante, durante un laboratorio teatrale comunale per adolescenti, a farle capire che il teatro e la performance sono un mestiere da apprendere e non un’arte destinata a pochi, sfatando così il mito del talento innato. Da qui in poi una strada, un viaggio continuo tra Italia e Spagna: studia a Pisa presso Prima del Teatro: Scuola Europa per l’Arte dell’Attore, dove inizia ad interessarsi di drammaturgia con José Sanchis Sinisterra e approfondisce i linguaggi del teatro visuale insieme a Joan Baixas. È proprio con Baixas alla regia che Marta debutta all’estero, nel 2006, con lo spettacolo “Merma Neverdies”, - satira sulla dittatura franchista con pupazzi giganti - firmato dall’estro dell’artista catalano Joan Mirò Temi ricorrenti della produzione artistica di Marta Cuscunà sono il profondo legame con la sua terra e lo studio a tutto tondo della figura femminile. Nel 2009, infatti, debutta con lo spettacolo inedito “È bello vivere liberi! progetto di teatro civile per un’attrice, cinque burattini e un pupazzo” di cui è autrice ed interprete, che apre una trilogia sulle Resistenze femminili. Come si evince dall’ironico sottotitolo, lo spettacolo racconta attraverso l’uso di pupazzi la storia di Ondina Peteani, prima staffetta partigiana d’Italia, nata e cresciuta proprio a pochi passi dalla casa di Marta. L’interesse di Marta per la figura femminile, nasce in parte anche dall’inchiesta “Il femminismo che roba è?”, dove la semiologa Giovanna Cosenza, analizzando il livello di occupazione, i salari e la rappresentanza politica femminile in Italia e notando - inevitabilmente - che la parità dei sessi è stata solo in parte

r­ aggiunta, si domanda perché le ragazze di oggi non si ribellano più come fecero le loro madri nel 1968. Temi come questo, secondo Marta, non dovrebbero essere una prerogativa solo delle donne, ma di tutti. Ciò che però lega attualmente Marta ai territori del Trentino Alto Adige è il mito di Fanes, una legenda popolare ladina, che racconta del popolo pacifico di Fanes che, governato proprio da una Regina, vive in pace e prosperità sino a quando un Re straniero prende il potere ed inizia sanguinose guerre per il controllo delle risorse e dei popoli vicini. Queste guerre condannano il popolo di Fanes all’estinzione e si racconta che i pochi superstiti siano ancora nascosti nelle viscere della montagna, in attesa di una pace promessa per ritornare in superficie. Si ispira a questo mito ladino il suo nuovo spettacolo inedito, intitolato “Il Canto della Caduta”, che debutterà in Italia il 26 ottobre a Udine, all’interno della stagione del Teatro Stabile dell’Innovazione del Friuli Venezia Giulia CSS, che è uno dei co-produttori italiani. Ma in che modo un mito così antico può essere rilevante anche per il nostro presente? Attingendo anche dagli studi dell’antropologa Riane Eisler e dell’archeologa lituana Marija Gimbutas, “Il Canto della Caduta” mostra il passaggio da società matriarcali a società patriarcali e porta alla luce quell’alternativa sociale per un futuro più giusto per tutti, che spesso ci viene presentata come

­ n’utopia ma che forse, invece, è già esiu stita. Il linguaggio di Marta, poi, è estremamente contemporaneo: l’estetica arcaica filo-mitologica è stata bandita a favore di pupazzi meccanici progettati e realizzati insieme alla scenografa Paola Villani. Si tratta di un progetto ingegneristico d’avanguardia, meticoloso ed insolito per il mondo del teatro classico, con una fase di progettazione simile a quella d’industria. Il lavoro di Marta e Paola è simbiotico, fatto di prototipi su prototipi: il progetto di scena, quello ingegneristico e la drammaturgia si svolgono insieme e si influenzano a vicenda. I movimenti dei pupazzi sono resi possibili da una serie di leve a cavo, controllate tramite un joystick meccanico, simile a quelli elettronici dei videogiochi, con cui è possibile controllare fino a sette tipi di movimenti diversi, raggiungendo così una notevole capacità espressiva. “Il Canto della Caduta”, insomma, è sì uno spettacolo teatrale, ma anche di progettazione ingegneristica: la modalità di lavoro di Marta Cuscunà e Paola Villani, è simile anche a quella del Design. Pensare, progettare, sperimentare, sbagliare ed iniziare da capo. Tutti verbi a me noti, poiché riassumono la fase di ricerca e prototipazione del Design. Sarà anche per questo che la produzione di Marta mi ha piacevolmente sorpreso. Adesso ho una gran voglia di (tornare a) teatro.

BIOGRAFIA ___ Marta Cuscunà, classe 1982, scopre l’arte del teatro durante gli anni del Liceo, dopodiché inizia la sua formazione presso Prima del Teatro: Scuola Europea per l’Arte dell’Attore, dove incontra alcuni grandi maestri del teatro contemporaneo come Joan Baixas, Josè Sanchis Sinisterra, Christian Burgess e molti altri. Nel 2006 debutta all'estero con “Merma Neverdies”, spettacolo con pupazzi di Joan Mirò e regia di Joan Baixas. Tre anni dopo, lo spettacolo inedito “È bello vivere liberi!”, un progetto di teatro civile spirato alla biografia di Ondina Peteani —prima staffetta partigiana d’Italia— di cui è autrice ed interprete, apre la sua trilogia ispirata alle resistenze femminili. La partecipazione al progetto Fies Factory di Centrale Fies (leggi di più su Centrale Fies su

2015, pp. 70 - 75) e la presentazione della ricerca pro-

gettuale ed ingegneristica sottesa al suo ultimo progetto inedito “Canto della Caduta” presso il NOI Techpark di Bolzano a maggio 2018, sottolineano il legame con il Trentino Alto Adige. "Il Canto della Caduta" viene presentato a Bolzano il 27.02.2019 al Teatro Comunale Gries. www.martacuscuna.it


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WIE KINDER BAUSTEINE ZUM LEBEN ERWECKEN


NEUE MEDIEN

Erste Schritte mit Robo Wunderkind

Vom Hackerspace in Wien über den Hardware Accelerator in China führte der Weg des österreichischen Start-ups Robo Technologies. Das junge Unternehmen hat eine neue Generation von Spielzeug entwickelt, den digitalen Roboterbausatz Robo Wunderkind. Der Südtiroler Patrick Dallio ist leitendender Projektingenieur. TEXT ___ Miriam Rieder  FOTOS ___ Robo Wunderkind

Schon die Kleinsten hantieren heute geschickter als viele Erwachsene mit Handy, Tablet oder dem Computer. Meist nutzen sie die Geräte aber nur passiv. Die Idee, dass Kinder die moderne Technologie aktiv ausprobieren und daran Spaß haben können, legte den Grundstein für Robo Wunderkind. Es handelt sich hierbei um einen farbenfrohen Roboterbausatz, der es Kindern ab sechs Jahren ermöglicht, sich spielerisch die Grundlagen von Robotik und Programmieren anzueignen. Basis des Ganzen sind verschiedenfarbige Würfel, die zu allen möglichen Roboterkreationen zusammengesteckt werden können. Das Prinzip ähnelt normalen Bausteinen, bei genauerem Hinsehen steckt jedoch viel mehr dahinter. Die Würfel enthalten einen leistungsstarken Prozessor, einen Speicher, einen Akku, WLAN- und Bloothooth-Konnektivität sowie Mikrofon und Lautsprecher. Andere tragen Motoren in sich, Ultraschallsensoren zur Abstandsmessung und sogar Licht- oder Beschleunigungssensoren. Wem dies noch nicht genug ist, der kann durch speziell mitgelieferte Adapter seinen Robo mit LEGO-Elementen aufhübschen. Mittels einer intuitiven App auf Tablet oder Handy hauchen die Kids ihren Robo-Kreationen dann Leben ein und

steuern die Roboter mit einer eigens entwickelten, sehr visuellen Programmiersprache. Die Geschichte vom Wunderkind

Die Idee für den digitalen Robo-Baukasten hatte Rustem Akishbekov, der sich 2013 im Anschluss an ein Pionieers-Festival in Wien mit Anna Iarotska und Yuri Levin an die Gründung des Start-ups Robo Technologies machte. Auf die erfolgreiche Teilnahme an einem Ideenwettbewerb folgte die Aufnahme in das weltweit erste und größte Hardware-Acceleratorenprogramm HAX in China. Das Gründerteam verbrachte ein halbes Jahr in Shenzhen und arbeitete intensiv an der Produktentwicklung. Im Jahr 2015 konnten im Zuge einer Crowdfunding-Kampagne auf der internationalen Plattform Kickstarter 250.000 Euro Startkapital gesammelt werden. 1.169 Unterstützer aus 58 Ländern der Welt beteiligten sich. Weniger erfolgreich verlief die Teilnahme an der Start-upShow des TV-Senders Puls4 „2 Minuten 2 Millionen“. Hier kassierten die Gründer eine Absage von der Jury. Nach einer intensiven Entwicklungsphase erreichte das Produkt schließlich die Marktreife und im Dezember 2017 wurden die ersten 50 Robo Wunderkind-Sets ausgeliefert.

Inzwischen wurden die 1.200 Vorbestellungen aus der ersten Runde bedient und die Produktion der zweiten Tranche läuft auf Hochtouren. Sie wird im September ausgeliefert. Das Produkt ist in drei verschiedenen Sets ab 179 Euro erhältlich und kann online bestellt werden. Der Südtiroler Patrick Dallio war nicht von Anfang an dabei, sondern stieg zu Beginn von 2016 mehr oder minder zufällig in das Unternehmen ein, wie er mir bei unserem Skype-Termin erzählt. Anfangs arbeitete er für Robo Technologies in Form eines Nebenjobs zur Finanzierung seines Studiums. Daraus wurde schnell mehr, und der erste technische Mitarbeiter des Unternehmens ist heute der leitende Projektingenieur. Patrick steht einem technischen Team von fünf Ingenieuren vor, die in Wien und in China arbeiten. Zu seinen Verantwortungsbereichen gehören die Software-Entwicklung und die Qualitätssicherung; zusätzlich betreut er die Schnittstelle zum Designteam und managet die Prozesse am Produktionsstandort in China. Die zwei Seiten der Start-up-Medaille

Frisch, unverbraucht, stets neue Ideen parat und unternehmerisch geschickt: Dieses Idealbild zeichnen Medien und ­Öffentlichkeit gern von Start-ups.


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Patrick hingegen beleuchtet die Arbeit in einem Start-up sehr reflektiert und aus verschiedenen Blickwinkeln: „Das tolle an einem Start-up ist, dass du sehr viel lernen kannst, und dir in kurzer Zeit und bei entsprechender Leistung wichtige Verantwortungsbereiche übertragen werden. Im Unterschied zu Großkonzernen verläuft die Entscheidungsfindung schnell, Fehlerkultur und Fehlermanagement sind in der Regel positiv. Unser Team zieht an einem Strang. Fehler werden als Teil des Entwicklungsprozesses gesehen, und wir wachsen dadurch immer wieder über uns hinaus.“ Zugleich stellt der junge Verantwortungsträger fest, dass die zeitlichen und inhaltlichen Leistungsanforderungen in einem Start-up so wie in jedem Unternehmen hoch seien. Die Kombination aus hohem Leistungsanspruch sowie personeller und monetärer Ressourcenknappheit erhöhe den Druck und erfordere viel Flexibilität und Improvisationstalent. „Du musst dir zu helfen wissen.“, stellt Patrick nüchtern fest. Er erzählt, dass die Arbeit in einem so internationalen Umfeld wie es bei Robo Technologies vorliegt, Spaß mache, aber auch eine Herausforderung darstelle. Es brauche viel Disziplin und ein gutes Selbstmanagement, angesichts der Tatsa-

che, dass durch die Verteilung der Teammitglieder über verschiedene Zeitzonen und die Digitalisierung Arbeitstage schnell sehr lang werden können. Patrick hat seinen Rhythmus gefunden und ist nach einem mehrmonatigen China-Aufenthalt im vergangenen Jahr gern an den Wiener Hauptsitz zurückgekehrt. Die Herausforderungen, die sich durch die Sprachbarriere und die kulturellen Unterschiede in China ergaben, habe er anfangs unterschätzt, berichtet er ehrlich. Südtirol oder die Welt?

Zum neunten Mal in Folge wurde Wien im März dieses Jahres als die Stadt mit der weltweit höchsten Lebensqualität ausgezeichnet und stellt zudem Österreichs unangefochtenes Gründer-Mekka dar. Für die Start-up Szene Mitteleuropas ist Wien von großer Bedeutung. Nicht zuletzt, weil dort eines der größten Start-up-Events stattfindet, das Pioneers Festival, und weil das Start-up Ökosystem in der Hauptstadt sehr gut funktioniert. Es gibt einen regen Ideenaustausch zwischen den Gründern bei regelmäßigen Events und Networking-Treffen, Acceleratoren, Inkubatoren sowie attraktive und erschwingliche Coworking Spaces, die gepaart mit dem Angebot von aktiven Investoren und

Mentoren den Erfolg ausmachen. Zur Start-up Szene in Südtirol will Patrick sich nicht äußern. Aufgrund seiner jahrelangen Abwesenheit fehle ihm ganz einfach der Einblick, sagt er. Maximal zweimal im Jahr kommt er nach Südtirol, vor allem um Familie und Freunde zu besuchen. Eine Rückkehr in die Heimat kann Patrick sich – trotz der hohen Lebensqualität und des besonders guten Essens – nicht mehr vorstellen. Er befürchtet, dass ihn die doch sehr überschaubare Südtiroler Realität schnell langweilen würde. Da zöge es ihn eher noch weiter weg, verrät er. Crowdfunding: Die demokratischste Form der Kapitalbeschaffung

Die erste Finanzierungsrunde läutete das Unternehmen Robo Technologies im Oktober 2015 ein, wo es über eine Crowdfunding-Kampagne auf Kickstarter 250.000 Euro einsammeln konnte. Darauf folgte 2016 eine weitere Investmentrunde in der Höhe von 500.000 Euro, welche von dem Warschauer Hardware Venture Capital Arkley VC angeführt wurde. Im April 2018 konnte Robo Technologies eine weitere Million sammeln, um mit dem frischen Kapital nun in die Vertriebsoffensive zu gehen. Zurzeit gibt es bereits Vertriebspartner in Frankreich, Groß­ ­


NEUE MEDIEN INFO ___ Der Robo hält auch schon Einzug ins Klassenzimmer: An 50 Schulen in 16 Ländern der Erde experimentieren Schulklassen mit dem digitalen Bausatz. Getragen von der Vision, die Welt der Technologie allen zugänglich zu machen, sind die Gründer des Unternehmens davon überzeugt, dass das Forschen mit Robo Wunderkind die Kreativität und das Denkvermögen fördert. Mit den preisgekrönten Bausteinen können Kinder spielerisch experimentieren, selbst einen echten, voll funktionsfähigen Roboter bauen und dabei die Grundlagen des Programmierens erlernen. Robo Wunderkind passt zum aktuellen Bildungstrend, auch jüngeren Kindern grundlegende Kenntnisse des Codings näher zu bringen. Das Unternehmen hat dafür ein modulares Lernprogramm ausgearbeitet, welches auf der Webseite kostenlos zur Verfügung gestellt wird. Den Baukasten gibt es in zwei Ausführungen und mit einem Erweiterungsset. Sie können auf der Webseite bestellt werden. www.robowunderkind.com www.facebook.com/RoboWunderkind

britannien, Schweden, Dänemark, Polen, Russland, Malaysia und Südkorea. Weitere sollen folgen. Als Zielgruppen werden Schulen und der Spielwarenhandel an­ visiert. Im Crowdfunding sieht Patrick eine große Chance, denn darüber kommen Ideenträger und Geldgeber auf schnelle und direkte Art und Weise zusammen. Die Besonderheit am Crowdfunding ist, dass viele Menschen eingeladen werden, eine Projektidee mit kleinen oder großen Beträgen finanziell zu unterstützen. Das Ganze spielt sich in erster Linie online ab, auf eigenen Plattformen und in den Social Media Kanälen. Die Motivation, warum sich Menschen wie du und ich finanziell an der Idee oder dem Projekt von anderen beteiligen, kann vielschichtig sein. Die drei wichtigsten Motive sind: helfen, haben oder verdienen. Demnach gibt es unterschiedliche Formen des Crowdfundings. Beim klassischen Crowdfunding steht das Projektergebnis im Vordergrund. Die Crowd erhält im Gegenzug für die ­finanzielle Unterstützung entweder ein Produkt oder Anteile am Unternehmen. Ist letzteres der Fall, spricht man von Crowdinvesting. Vor allem kulturelle ­Projekte, Erfindungen, Designentwürfe o. ä. sind Gegenstand des klassischen

­ rowdfundings. Damit kann auch der C Markt getestet werden: Kommt die Idee an? Gibt es Potenzial? Zudem kann die Crowd qualifiziertes Feedback zum Projekt oder Produkt geben. Beim SpendenCrowdfunding will die Crowd helfen. Die Menschen spenden ohne dafür eine Gegenleistung zu erwarten. Im Fokus dieser Art von Crowdfunding stehen soziale Projekte: Der Einzelne macht mit, weil er helfen will. Und dann gibt es da noch das Rendite Crowdfunding, bei dem die Unterstützerinnen und Unterstützer mit ihrem Geldeinsatz verdienen wollen. Laut dem deutschen Crowdfunding-Barometer 2018 haben 67,4 Prozent der Befragten von Crowdfunding gehört und knapp jeder Fünfte hat sich schon finanziell an einem Crowdfunding-Projekt beteiligt. Besonders in der Digital NativeGeneration ist Crowdfunding als Finanzierungsform überdurchschnittlich verbreitet. Ein Selbstläufer ist es trotzdem nicht! Das bestätigt auch Patrick. Crowdfunder müssen innovativ sein, um ihren potenziellen Kunden das Produkt schmackhaft zu machen und sie zum Finanzieren zu bewegen. Angefangen bei einem aussagekräftigen Video, in welchem die Idee oder das Produkt überzeugend dargestellt werden, über eine genaue

Produktbeschreibung bis hin zu attraktiven Produkten und Dankeschöns, die der Geldgeber für seine Finanzierung erhält. Patricks wichtigster Tipp für eine erfolgreiche Crowdfunding-Kampagne: Transparenz! Denn mit Erreichen des Funding-Ziels ist noch lange nicht Schluss. Den Unterstützern muss es erlaubt sein, einen Blick hinter die Kulissen des Projekts zu werfen, und sie müssen über den Fortschritt auf dem Laufenden gehalten werden. Schwierigkeiten im Produktionsprozess oder Verzögerungen bei der Auslieferung, wie es sie auch bei Robo Wunderkind gab, müssen transparent kommuniziert werden. Nur so kann ­gewährleistet werden, dass die Crowd über einen längeren Zeitraum oder in schwierigen Phasen hinter dem Projekt und dem Unternehmen steht.


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DIGITALE (VOLKS)MUSIK Willkommen in Südtirol. Hohe Berge, weite Täler, blaue Flüsse und einfach wunder­schön. Ja, fast schon zu schön, um wahr zu sein. Auch in der Musik wird diese Schönheit so oft angepriesen. Lieder von ungezügelter Heimatliebe, untermalt mit volkstümlichen Klängen. Was für eine traumhafte Vorstellung, man könnte glauben wir leben in einer kitschigen Postkartenwelt. Für viele von uns ist es wahrscheinlich auch so. Viele andere werden auch glauben, jeder Mensch hier lebt wie eine Figur in irgendeinem romantischen Alpenroman. Da muss ich euch leider enttäuschen, denn viele Entwicklungen werden in Südtirol einfach ignoriert, beispielsweise die digitale Musikszene. Aber es soll keine Kritik an diesem Land werden, im Gegenteil. Diese Zeilen berichten nur von einer Suche nach ignorierten Klängen. Ein musikalischer Touristenführer der etwas anderen Art. TEXT ___ Florian Rabatscher  FOTOS ___ Lukas Larcher


MUSIK

Willkommen in Südtirols Matrix.

Treten wir nun die Reise in eine andere Realität an. Eine außerkörperliche Erfahrung könnte man sagen und das ganz ohne psychoaktive Substanzen. Unglaublich, nicht wahr? Zu eurer Rechten seht ihr nun verpixelte Almen, in 3D gestaltete Kühe und neon-glühendes Edelweiß. Manchmal, wenn die Abenddämmerung der Alpen sich über das Land senkt, lassen die Einheimischen schnell ihre Jalousien herunter. Sie tun es, weil genau dann die wilde Meute, die man Jugend nennt, ihre hemmungslosen Feste feiert. Glaubt man den Geschichten der Ansässigen, klingt es fast so, als würde eine wilde Meute von Barbaren, begleitet von dröhnenden Bässen, in unser Land einfallen. Doch ist dies wirklich nur ein Volk von Barbaren? Die digitale Revolution hat sogar uns eingeholt, auch wenn man es nicht wahrhaben will. Doch kommen wir zum Punkt: Ich bin auf der Suche nach elektronischer Musik in diesem Land. Musik, die man eher mit Städten wie Berlin oder Partyin-

seln wie Ibiza in Verbindung bringt, aber sicher nicht mit Südtirol. Doch ist es wirklich so abwegig? Kommt nicht zum Beispiel ein gewisser Giorgio Moroder auch aus diesem Land? Der berühmte Komponist und Musikproduzent aus Gröden, der Pionier der Synthesizer-Musik und sogenannte „Godfather of Dance-Music“. Es kann wohl niemand ernsthaft behaupten, nie etwas von ihm gehört zu haben, denn wer zum Beispiel Filme wie „Top Gun“ oder „Scarface“ gesehen hat, kam dadurch automatisch in den Genuss seiner Sounds. Genug geschleimt. Damit will ich eigentlich nur sagen, wenn ein junger Giorgio Moroder sich auf irgendeine Art und Weise zu solch einem Sound inspirieren ließ, muss doch hier etwas in der Luft liegen? Warum wird das alles ignoriert? Oder gibt es etwa eine Szene? Oh ja, es gibt sie, diese Wahnsinnigen. Verflucht viele sogar, um genau zu sein. Unzählige Namen und Kollektive, dass man ganze Bücher damit füllen könnte. Wie soll ich das alles nur zu Papier bringen? Dazu fehlt

mir schlichtweg die Zeit. Also muss ich irgendwie versuchen, diese verworrene Geschichte in einem kurzen Bericht einzufangen. Ein schwieriges Unterfangen, wie zum Teufel soll man mit Worten diese komplexe Musik beschreiben? Vielleicht mit einem Zitat aus dem Lied der deutschen Gründerväterband „Kraftwerk“: „Boing … Boom Tschak … Psss … Boing … Boom Tschak … Peng … Music Non Stop, Techno Pop …“ „Boing … Boom Tschak … Psss“

Wahrlich weise Worte, über die man natürlich auch noch länger philosophieren könnte, aber nein danke. Lyrik ist auch kein wesentlicher Bestandteil dieser Musikrichtung, was es umso schwieriger macht, darüber zu schreiben. Mein erster Hinweis auf der Spur dieser Verrückten führt mich nach Schlanders. Inmitten von Äpfeln und einem Wind, der das ganze Jahr nie aufzuhören scheint, treffe ich mich mit Hannes Götsch. Ein Mann, der in der Matrix unter dem Namen


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Da es wenig öffentliches Angebot für diese Musikrichtung gab, machten sich Leute wie Hannes einfach selbstständig. Eine Anlage und ein Aggregat wurden angeschafft, hinein ins Auto und ab die Post.

I­ nsomniac bekannt ist. Ein Mann, der als der Underground-Pionier des Vinschgaus gilt. Ein Mann, der einem Suchenden wie mir die richtigen Antworten liefern kann. Nennen wir ihn deshalb von nun an: das Orakel. Im Schein der alten Drusus-Kaserne berichtet er mir von vergangenen Zeiten. Wie passend. Ok, dass elektronische Musik in den letzten Jahren zum Trend mutiert ist, wird wohl jedem aufgefallen sein. Veranstaltungen wie das „Love Electro“- oder das „Boom Festival“ finden viel Zuspruch. Man kann diese Musik heutzutage gern als Mainstream bezeichnen. Leute wie Arno Parmeggiani zum Beispiel brachten diese Subkultur auch in Südtirol auf ein gewisses Level. Nicht gerade die Szene, über die ich jetzt berichten möchte. Junge Leute wachsen heute viel vernetzter und digitaler auf, man könnte fast sagen, sie saugen digitale Musik bereits mit der Muttermilch ein. Durch diesen engen Zugang ist es eigentlich ­logisch, dass die digitale Musik im Vormarsch ist. Die einzige Frage, die dadurch noch


MUSIK

o­ ffenbleibt, ist: Wohin entwickelt sich das Ganze? Ist elektronische Musik wirklich nur mehr Hintergrundmusik für irgendwelche Schicki-Micki-Veranstaltungen? Oder der Soundtrack für Steroidensüchtige Proleten? Es sah nicht immer so aus … Anfang 2000, erinnert sich das Orakel, war die Bedeutung von elektronischer Musik eine ganz andere. Sagen wir, es spielte sich fast alles im Hintergrund ab. Fast alles? Natürlich wurde man von „Scooter“ oder „Eiffel 65“ oder was weiß ich noch alles ständig beschallt. Was man als renommierter Musikfan natürlich Sch**** fand. Sagen wir, die 1990er-Jahre mit ihrer Eurodance- und Happy-Hardcore-Welle haben die elektronische Szene zu einem Witz verwandelt. Wer kann sich zum Beispiel noch an „Blümchen“ erinnern? Gütiger Gott! Anfang 2000

Wenn man Anfang 2000 von einem elek­ tronischen Underground sprach, dann war es höchstens der Hardcore-Techno.

Nichts für sanfte Gemüter. Wilde Partys, bra­chiale Techno-Beats und diese selbstgerechten Kerle. Sie liebten es, richtig Stoff zu geben. Die Gabber-Bewegung mit ihrem wilden Auftreten. Piercings an den unmöglichsten Stellen, Australia-Hosen, Lonsdale-Jacken, Nike-Air-Sneakers und verdächtig weit hinten anliegende Kopfbedeckungen. Frei nach dem Motto: Zeigt den Spießern mal, was eine Harke ist, gebt ihnen eine Ahnung von den Kicks, die sie nie kennen werden. Wahre Härte, doch es musste noch mehr als das geben! Der restliche Teil der Welt war irgendwie schon einen Schritt weiter. Die Möglichkeiten der elektronischen Musik schienen ja unendlich. Doch wer blickt schon auf uns? Neu erfunden wurde hier … naja, nichts. Aber vergessen wir das alles einmal und beobachten wir den Mikrokosmos, der in Südtirol entstand. Von Mainstream war damals keine Rede. Da es wenig öffentliches Angebot für diese Musikrichtung gab, machten sich Leute wie Hannes einfach selbstständig. Eine Anlage und ein

Aggregat wurden angeschafft, hinein ins Auto und ab die Post. Gefeiert wurde wo und wie man wollte. Freiheit, abseits der schiefen Blicke aus der Gesellschaft. So wurde die Szene, langsam aber sicher, aktiviert. In diesen Jahren wurde der Underground ziemlich lebhaft. Es schien fast so, als ob eine Nuklearbombe alles Leben ausgelöscht hätte und dann die Ratten aus dem Nichts hervorkamen. Kollektive

Grob gesehen konnte man einzelne Genre-Strömungen in den verschiedenen Tälern beobachten. Vinschgau, mit seinen Reegae- und Dub-Einflüssen. Das Jamaica Südtirols, ohne Strand, dafür mit viel Wind. Hier kamen Drum’n’Bass und Jungle Rhythmen stark zum Vorschein. Im Mittelpunkt stand die Disko Ladum und unser Orakel mit seinem Kollektiv Revoltekk (2006). Das wahrscheinlich erste Drum’n’Bass Kollektiv Südtirols war aber FITFAT aus Eppan. Mitglieder wie Fly J, Clemens Winkler und Uli Seebacher sind


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Wer sich immer schon gewundert hat, wie zum Beispiel ein Klo oder ein Ameisenhaufen wirklich klingt, ist bei Kompripiotr an der richtigen Adresse.

wahre Dinosaurier des Metiers. Clemens Winkler ist übrigens immer noch sehr aktiv mit seiner neuen Gruppierung La Famiglia. Die ich auch im privaten Atelier von Martin Hell in Eppan traf. Wo Kunst und Musik verschmilzt. La Famiglia werkelt an neuen Sounds, während Martin neue Kunstwerke schafft. 2008 wurde im Unterland Culture Assault Records ins Leben gerufen. Philipp Kieser, der derzeitige Landes-TechnoHauptmann, widmet sich mit diesem Kult der härteren Variante des Drum’n’Bass. Gut vernetzt mit der internationalen Szene, brachten er und seine Irren nochmals frischen Wind ins Land und sind auch heute noch ein wesentlicher Bestandteil. Nicht zu vergessen, die spirituelle Variante der elektronischen Musik, GoaTrance (mit Millionen von Untersparten natürlich). Mit vielen Vertretern in Barbian und Sarntal. Über die legendären Sarnarshourt Records (2004) müsste ich einen eigenen Artikel schreiben.Als Hippies und

dumpfe Drogenkultur verschrien, waren sie irgendwie trotzdem das Geheimnisvollste was wir zu bieten hatten. Der Inbegriff eines Outdoor-Rave sozusagen und auffallend schöne Leute im Publikum, wie DJ Biospin bemerkt. Vielleicht liegt es an der guten Aura dieser psychedelischen Hedonisten, man weiß es nicht. Jedenfalls ist die Stimmung auf solchen Festen immer friedlich und die Dekorationen sind nicht von dieser Welt. An dieser Stelle einen schönen Gruß an Neurosyntax, ich hoffe du liest diese Zeilen. In Bozen trifft man dafür schon Außergewöhnliches, wie Peter Holzknecht, auch bekannt als Kompripiotr. Der Punk der Szene, oder einfach der Punk ohne Szene. Was er will, ist nicht Musik schaffen, sondern sie dekonstruieren. Im wahrsten Sinne des Wortes. Seine Noise-Sets dienen mehr als Experiment weniger als Unterhaltung. Ein Forscher der Klangwelten. Wer sich immer schon gewundert hat, wie zum Beispiel ein Klo oder ein Ameisenhaufen wirklich klingt, ist bei ihm an der richtigen Adresse. Dazu

konstruiert er auch noch abgefahrene Tonerzeuger. Auch Mr. Alex, den die meisten eher als Sänger der Band „Peggy Germs“ kennen, erzählte mir von seinen Zeiten in den 1990er-Jahren, in denen er als House-DJ tätig war. Zeiten, in denen heutige High-Society-Clubs der Hauptstadt noch Bruchbuden waren, in denen Acid-House gespielt wurde. Auch die AfroSzene florierte und deren Vertreter, wie DJ Corrado, sind auch heute noch unterwegs. Oh ja, leider zu viele Geschichten, um sie hier ausführlich zu erzählen, vielleicht ein anderes Mal. Fakt ist, der Underground lebt und pulsiert schon sehr lange in diesem Land. Wie kann man hier also von belangloser Musik sprechen? Es sind nur einige Beispiele, die zeigen, wie lebhaft dieser Kosmos ist. Trotzdem wird diese Art von Musik immer noch von anderen Musikern und Mitbürgern belächelt und in den Dreck gezogen. Sie seien nur Statisten, die einfach den Play-Knopf drücken und so Musik erzeugen. Was für eine gequirlte Sch****!


MUSIK

Ein völlig anderes Bild

Simon Öggl aus Schlanders liefert da schon ein völliges anderes Bild. Ein Vollblutmusiker, der nicht nur ein ganzes Stück für die Musikkapelle Schlanders geschrieben hat. Oh nein, zudem produziert er selbst, studiert Komposition in Wien und zeigt mit weiteren Mitstreitern als Formation Drahthaus, unter anderem mit richtigen Instrumenten, was alles hinter diesem Sound steckt. Er selbst sieht sich als eine Art Mixer. Man füllt ihn mit den verschiedensten Einflüssen, damit als Endprodukt eine ganz eigene Reflexion dieser Zutaten entsteht. Ein weiterer Mixer dieser Art ist Davide Piras, der DJ aus Brixen, der eigentlich Klavier lernen sollte. Schon in jungen Jahren infizierte auch er sich mit dem Techno-Virus. Ein Glück, dass seine Eltern dachten, er würde brav seine Klavierstunden besuchen. Jetzt bastelt auch er wie ein verrückter Wissenschaftler eifrig an neuen Sounds und beglückt uns damit. Was ich damit sagen will? Ganz einfach: Unterschätzt

die genialen Köpfe hinter dieser Musik nicht. Bei genauerer Betrachtung steckt viel mehr in diesen wahnsinnigen Künstlern, als dass man sie einfach ignorieren könnte. Wahrscheinlich wird diese Szene nie Teil unserer Tradition werden, aber was soll‘s. Nur so behält sie ihren mystischen Glanz. Dennoch sollte die Geschichte der völlig missverstandenen Kultur, die schon so lange im Untergrund wächst und gedeiht, nicht unerwähnt bleiben. Höhepunkte waren sicherlich die Halle 28 in Bozen und Atract in Auer. In diesen Niemandsländern von Hallen erschufen sich die Freaks ihre eigene Spielwiese. Doch auch dieses Kapitel ist Geschichte. Irgendwelchen Spießern passten die Locations und ihr Publikum nicht in die eigene Welt. Vielleicht waren sie auch nur neidisch, da sie niemals dieses Gefühl kennen werden. Das Gefühl, sich komplett im Sound zu verlieren. Macht nicht den gleichen Fehler, holt euch euer Ticket und kommt wenigs-

tens ein Stück mit auf die Reise! Eine Reise, für die es kein Ende gibt. Die Sonne zieht wieder auf über den Alpen, doch das Fest der Barbaren nimmt kein Ende. Es wird auch nie ein Ende geben. Raus aus euren Häusern und rein in den elektronischen Dschungel! Ihr werdet es nicht bereuen. Also, verliert euch, aber schnell, bevor ihr alt und spießig werdet.


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DIE MANIFESTATION DER GEGENSÄTZE


BILDENDE KUNST

Tobias Tavella arbeitet an der Schnittstelle von ­bildender Kunst und Musik. Sein künstlerisches Schaffen: unkonventionell - geprägt von den Kontrasten der abgeschiedenen Bergbauernkultur und der Rastlosigkeit Berlins. TEXT ___ Nadja Röggla  FOTOS ___ Florian Oberlechner

Abseits der touristischen Ballungszentren, auf 1.580 m Höhe an der gegenüberliegenden Talseite von Wengen im Gadertal, liegt der Bergbauernhof Aiarëi. Ein Ort, geprägt von Einsamkeit und Stille, an dem niemand stört, fern von Reizüberflutung und blinkenden Großstädten – hier sammelt und produziert der Südtiroler Künstler Tobias Tavella seine Ideen. Nach dem Studium von Produktdesign an der Universität der Künste in Berlin und einer mehrjährigen Mitarbeit in der Holzwerkstatt des zeitgenössischen Künstlers Olafur Eliasson, hat er

sich 2017 entschieden, hierher zurückzukehren. Es waren vor allem die Ruhe, der direkte Kontakt zur Natur und die „Freude an den Jahreszeiten“, die den 28-Jährigen wieder aus der Großstadt nach Südtirol heimkehren ließen. „Das Zeitgefühl in der Stadt kann man nicht mit dem der Bergregionen vergleichen. Ich komme immer wieder gerne nach Berlin, um mir Inputs zu holen und Menschen zu treffen. Die Schnelllebigkeit in den urbanen Räumen ist jedoch nicht mein Schaffensraum und ich konnte mich damit irgendwann nicht mehr identifizieren.“

Hier, rund um das Elternhaus auf dem Bergbauernhof Aiarëi, ist seine Kunst allgegenwärtig. Vor allem die zahlreichen geschnitzten Holzarbeiten fallen sofort ins Auge. Seine Skulpturen und Konstruktionen, die im Garten und auf der Terrasse des Hauses aufgestellt sind – mal auffällig inszeniert im Vordergrund des weiten Sichtfelds ins Gadertal und auf die Kreuzkofelgruppe, mal scheinbar willkürlich platziert – erinnern an antike Todessymbolik und schamanische Stammeskunst. Das für die Arbeiten verwendete Holz sammelt Tobias oft im Wald oder am Flussbett auf seinen zahlreichen Reisen. Dabei lässt er sich vor allem von der unmittelbaren Einfachheit der Bergbauernkultur und der Formensprache der Natur inspirieren. Dennoch verfängt sich Tobias nicht in der traditionalistischen Ästhetik: Die Arbeit mit modernen Medien, wie z.B. mit experimenteller und elektronischer Musik, Video und Fotokunst vermischt sich mit ursprünglichem Handwerk. Auch andere Kontraste wie Bewegung


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„Studio Venezia recording session: Dawn Kasper & Tobias Tavella #1“

und Stillstand, Austausch und totale Abgeschiedenheit spiegeln sich in seinen Arbeiten wider. Die Bandbreite an verwendeten Ausdrucksformen ist groß. Es fällt nicht leicht, den Künstler einzuordnen – und das ist auch gut so. „Ich versuche mich breitgefächert in verschiedene Richtungen zu entwickeln und verschiedenste Medien zu nutzen, um ein umfassendes Gesamtkunstwerk zu schaffen, welches mehrere Sinne anspricht. Mir ist es wichtig, eine gesamtheitliche Atmosphäre zu erzeugen.“ Weiß man um diesen künstlerischen Ansatz, überrascht es nicht, dass die Arbeit mit Holzskulpturen nur einen Teil seines Schaffens ausmacht. Im Haus zum Beispiel fällt der Blick schnell auf eine jüngst fertiggestellte Reihe von Arbeiten, für die Tobias mit einer speziellen Technik auf dünnen Holzplatten feine Strukturen ins Holz eingebrannt hat. In unterschiedlichen Formationen angeordnet und in schmalen Holzrahmen gefasst, wecken die Brandmale Assoziationen an Blitze und asiatische Schriftzeichen. Die alternative Wahrnehmung von Klangmustern

Tobias‘ künstlerisches Augenmerk liegt jedoch auf der Arbeit mit Sound. Beein-

flusst von seiner persönlichen Leidenschaft für Musik experimentiert er mit unterschiedlichen Ausprägungen von Klang. So nimmt er zum Beispiel analoge Geräusche aus seiner Umgebung auf, um sie anschließend digital nachzubearbeiten. Oder er erzeugt mithilfe von Software, die zur Produktion von elektronischer Musik dient, experimentelle Klang­muster. Diese kombiniert er mit den Geräuschschnipseln, gesammelten Samples und Sounds, die von verschiedenen In­ strumenten eingespielt wurden, zu Musik­stücken. Im Rahmen der Biennale von Venedig 2017 hat er diese Art der alternativen Musikproduktion erstmals ausgestellt. In Zusammenarbeit mit der US-amerikanischen Performance-Künstlerin Dawn Kasper produzierte er von Mai bis Ende Juli in einem offenen Studio live experimentelle Sounds mit verschiedenen digitalen und analogen Instrumenten, um dem Publikum eine neuartige Wahrnehmung von Geräuschen und Musik zu ermöglichen. Auf dem diesjährigen Hospiz-Festival im alten Pilgerhospiz Klösterle in St. Florian bei Laag (Neumarkt) baute Tobias zusammen mit dem Designer William D’Alessandro ein Musikzelt, das Festivalbesucher zur gemeinsamen Jamsession einlud.

Die Frage, wie die Wahrnehmung von Geräuschen und Klang alternativ erfahrbar gemacht werden kann, galt auch als Grundlage für die Abschlussarbeit seines Studiums an der Universität der Künste Berlin. Maßgeblich war dabei die Auseinandersetzung mit dem Werk des futuristischen Malers Luigi Russolo, der sich Anfang des 20. Jahrhunderts mit der Behandlung von Geräuschen in der Musik beschäftigte und das musikalische Manifest „L’arte dei rumori“ (Die Kunst der Geräusche) veröffentlichte. Russolo entwickelte diverse Instrumente zur Produktion futuristischer Geräuschmusik und wurde durch seine Kritik an klassischen musikalischen Rastern bekannt. Dieser andersartige Umgang mit akustischer Musik inspirierte Tobias dazu, selbst ein Instrument zur Klangerzeugung herzustellen: Das Instrument, das den Namen RMR (kurz für rumori) trägt, besteht aus einer eigens gefertigten Holzschubkarre, auf der alte Orgelpfeifen befestigt sind. Über ein Luftdruckventil können die Pfeifen bespielt werden. Die Schubkarre als Objektträger ermöglicht es jedem, sich während der Klangerzeugung frei im Raum zu bewegen und den Schall in die von ihm bestimmten Richtungen zu lenken.


BILDENDE KUNST

Foto __ Tobias Tavella

Das für die Konstruktion verwendete Material ist recycelt. Beispielsweise entstammen die aus Weichmetall gefertigten Orgelpfeifen einer alten Kirchenorgel. Tobias ist davon überzeugt, dass alles, was mit diesen Pfeifen geschehen ist, in ihrem Klang verankert ist und dass jeder Schaden und jede Verformung ihrem Klang eine einzigartige Färbung verleiht. Auch das verwendete Tropenholz wurde wiederverwertet. Es stammt von einer ausrangierten Wandtäfelung einer ehemaligen Kneipe in der Nähe seines damaligen Wohnorts in Berlin-Moabit. Auch das prägt seiner Auffassung nach die Erfahrung bei der Nutzung des Instruments. „RMR soll jedem die Möglichkeit geben, seine eigene Energie in Schall umzuwandeln. Über die installative Arbeit soll sich jeder, mit oder ohne musikalischen Kenntnissen, ausprobieren und dem Echo seiner Energie lauschen können. Er soll das Feedback der Materie, die von den Schallwellen getroffen wird, hören lernen. Die Betätigung dieses Instruments ermöglicht eine persönliche Wahrnehmung von Zeit und Raum.“ Dynamic Studio Practice

Tobias selbst beschreibt seine künstlerische Praxis als „die dynamische Aus­ einandersetzung mit verschiedenen Ma-

terialien und Medien: Dynamic Studio Practice. Dabei zieht er als Künstler mitsamt seinem Studio immer wieder um und nimmt über verschiedene Zeiträume alle Arten von ungenutzten Räumen ein. Diese Räume können alte traditionelle Strukturen, Freiflächen im Wald oder Ausstellungsräume sein. „Ich möchte den ‚White Cube Gallery‘-Charakter durchbrechen, Orte beleben und abgestumpfte Betrachter einbinden bzw. zum Mitmachen animieren.“ Durch diese Arbeitsweise will er auch sein kreatives Schaffen vor dem Aufkommen von Routine bewahren – es erleichtert den offenen Blick, stärkt die Aufmerksamkeit. Stets in Bewegung zu bleiben, sowohl künstlerisch als auch physisch, und dabei bewusst in Kontakt zu treten mit immer neuen Menschen und Atmosphären, ist dabei ein zentrales Anliegen. Für die Zukunft stellt sich Tobias ein mobiles Studio vor, mit dem er nomadisch durch Europa zieht. Dabei Geschichten, Materialien und Geräusche sammelt, kurzzeitig in fremde Realitäten eintaucht, etwas mitnimmt und dort lässt – um dann immer wieder zurückzukehren, in die Einsamkeit und Stille des Gadertals.

BIOGRAFIE ___ Tobias Tavella, geboren 1990 in Brixen. Er lebt und arbeitet als ­freischaffender Künstler in Wengen im Gadertal. Nach dem Abschluss seines Studiums an der Fakultät für Gestaltung an der Universität der Künste Berlin (2015), arbeitete er im Bereich von Produktion und Prototyping für den Künstler Olafur Eliasson. Von Mai bis Juli 2017 nahm er zusammen mit der PerformanceKünstlerin Dawn Kasper an der 57. Biennale di Venezia teil. 2017 kehrte er nach Südtirol zurück und arbeitet seitdem mit verschiedensten Materialien an der Schnittstelle von Musik und bildender Kunst auf dem elterlichen Bergbauernhof Aiarëi im Gadertal. tobiastavella.com


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KREATIVWIRTSCHAFT

„Lottozero per culturability"

ALLE FÄDEN IN DER HAND Von Bozen bis Prato verläuft ein roter Faden, der die beiden Städte wie in einem Märchen verbindet. Das Märchen ist eine wahre Geschichte und seine Heldinnen sind die Schwestern Tessa und Arianna Moroder und ihr geniales Projekt Lottozero. Ein Plädoyer für das Sich-Zeit-lassen. TEXT ___ Elisa Barison  FOTOS ___ Lottozero

Es war einmal

Tessa, Wirtschaftsexpertin und unternehmerischer Freigeist, und Arianna,Textildesignerin und Künstlerin, verlieren 2012 frühzeitig ihre geliebte Mutter. Diese hinterlässt den beiden Schwestern eine leerstehende Lagerhalle in der „Macrolottozero“ Zone von Prato, welche einst dem sizilianischen Großvater gehörte und seit 1979 unbenützt ist. „Macrolottozero“ ist jener Teil der nordtoskanischen Stadt, der vor allem durch die Zuwanderung chinesischer Familien und die Textilindustrie geprägt ist. Arianna erinnert sich an den Moment der ersten Besichtigung: „Tessa meinte damals, wir sollten aus dieser Halle etwas machen. Ich hätte wahrscheinlich nicht die Muse gehabt so etwas zu sagen.“ Die große Schwester hingegen schiebt Arianna die „Schuld“ in die Schuhe. Grundlos bescheiden, beschließen die beiden ihre Kompetenzen zu vereinen und gründen eine Genossenschaft. „Lottozero“ ist geboren.


78-79 BIOGRAFIEN ___ Arianna Moroder, geboren in Bozen 1985 und wohnhaft in Prato, studierte Textildesign am IED in Mailand, an der Gerrit Rietveld Academie in Amsterdam und an der Kunsthochschule Weißensee in Berlin. 2011 wurde sie unter 150 Bewerbern für eine Residenz in der Fondazione Antonio Ratti in Como ausgewählt und lernte dort das Modehaus Mantero kennen. Dieses bot ihr einen Job im „research & development department“ an, wo sie vier Jahre lang arbeitete, bis 2016 „Lottozero“ eröffnet wurde. Tessa Moroder, geboren in Bozen 1981 und wohnhaft in Prato, studierte Wirtschaft an der Universität Bocconi in Mailand und spezialisierte sich später auf Start-ups und Fundraising. Nach Erfahrungen in der Produktion und im Marketing als Freelancerin in Berlin und später für den Weinproduzenten Alois Lageder, arbeitete Tessa als Verantwortliche für Sales und finanzielle Angelegenheiten bei franzLAB in Bozen. 2014 zog sie nach Prato, wo sie 2016 mit ihrer Schwester „Lottozero“ eröffnete.

Ziel der Schwestern ist es, einen Ort zu schaffen, der die Firmen und traditionellen Handwerker des historischen Textilzentrums Prato mit internationalen Nachwuchstalenten und Designern in Verbindung bringt. Das oftmals in Vergessenheit geratene Können ersterer soll so auf die innovativen Ideen junger Kreativer treffen. Lottozero generiert sozusagen Win-win-Situationen. Wer zu Lottozero kommt, sucht normalerweise etwas. Und meist, auch wenn auf Umwegen, wird er oder sie fündig. Zum Beispiel in der Bibliothek, die viele Bände, Kataloge und Klassiker der Modegeschichte, des Designs und der Kunst bereithält. Aber auch praktische Hände finden bei Lottozero was sie brauchen: im November wird Lottozeros Textillabor endlich eingeweiht und mit ihm all die neuesten Geräte und Maschinen zur Textilverarbeitung. Daher auch der Zuname „textile laboratories“. Diese Bezeichnung kann aber auch im weiteren Sinne verstanden werden. Als eine Wirklichkeit, in der das

oberste Gebot der Austausch von fruchtbaren Ideen ist und es keine strengen Linien gibt, innerhalb welcher es sich zu bewegen gilt. Ein Raum, in dem raffinierte Einfälle auf die Mittel zur praktischen Umsetzung treffen. Wie? Dank strategischer Vernetzung auf der ganzen Welt und einem Team mit dem richtigen Riecher. Universal traveller

„Wir interessieren uns beide für viele Sachen und gehen auf Kunst sehr offen zu. Deshalb sind bei uns auch alle Personen und Projekte mit Potenzial willkommen“, erklären Tessa und Arianna. Vielleicht ist es gerade diese Offenheit, die Lottozero von anderen kulturellen Einrichtungen unterscheidet. Auf rund 400 Quadratmetern manifestieren sich die zahlreichen Facetten des Projekts: Als CoworkingSpace bietet Lottozero allen Kreativen und Freelancern ohne festen Arbeitsplatz einen Ort, an dem sie ungestört schaffen und vom ideenreichen Umfeld profitieren können. Im Labor stehen allen Interes-

sierten diverse Geräte und Techniken zur Untersuchung und Verarbeitung von Textilien zur Verfügung. Auch eine Kunsthalle hat Lottozero zu bieten. Diese fungiert nicht bloß als Ausstellungsort, sondern wird meist auch zum Schauplatz der künstlerischen Auseinandersetzung selbst. So zum Beispiel im Rahmen von „Occupy Lottozero“, einer Ausstellung der beiden jungen französischen Künstler Robin Darius Dolatyari und Chloé Rozycka Sapelkine, welche sechs Wochen lang in der Halle von Lottozero lebten und am Ende die dort produzierten Arbeiten zeigten. Arianna und die Biegsamkeit von Stoff

Die Kunsthalle beweist ihre Kapazität erstmals im Rahmen der feierlichen Eröffnung von Lottozero am 15. Oktober 2016. Mit „Inside Lottozero“ wollen Tessa, Arianna und Alessandra Tempesti – Mitarbeiterin und Kuratorin von Lottozero – die Präsenz textiler Materialien in der zeitgenössischen Kunst erforschen und


KREATIVWIRTSCHAFT

somit eine Basis für den zukünftigen Dialog im Rahmen der Kunsthalle schaffen. Inmitten der Werke der 13 internationalen Künstlerinnen und Künstler hat auch Arianna ihren Gedanken Ausdruck verliehen. Ihre Installation fügt sich dem lebhaften Treiben der Eröffnung und nur den aufmerksamen Besuchern wird klar, dass die Linien ihrer Arbeit den weiteren Verlauf des Abends kennzeichnen. Sie symbolisieren die Verwandlung des weichen Mediums Textil von seiner industriellen Nüchternheit in etwas Intimes und Warmes. Auf einem Stapel Matratzen steht mit Glitzerlack folgender Satz geschrieben: “Fast bei allen (…), die erwachen oder keiner Täuschung mehr erliegen, folgt dem unwillkürlichen Gedanken ‚Wo bin ich?‘ der erschreckendere ‚Wohin gehe ich?‘.“ Rund hundert Personen haben an dem Abend die Möglichkeit in der Halle von Lottozero zu übernachten und die Wirkung des dafür eigens konzipierten „Sleep Concert“ zu erleben. Ariannas Installation verwandelt sich nach Mitter-


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„Wenn man den Aufbau eines Kleides total liebt, ist es cool, aber es ist nicht mein Traum an der Form eines Ärmels zu arbeiten. Mit Stoffen kann man so viel mehr machen.“ Arianna Moroder nacht durch die Hände der Teilnehmer in ein Matratzenlager. Die musikalisch untermalte Nacht hält womöglich Antworten auf die Fragen bereit, die sie auf die Matratzen gesprayt hat. Darum geht es Arianna nämlich. Sie will Probleme lösen und Fragen beantworten. Deshalb versteht sie sich selbst auch als Textildesignerin und nicht als Künstlerin: „Ich verlange von der Kunst nicht, dass sie bloß auf Funktionalität ausgerichtet ist. Sie kann mehr. Zum Beispiel Fragen aufwerfen, einem Gedanken Ausdruck verleihen.“ Erneut grundlos bescheiden, bezeichnet sich Arianna nicht als Künstlerin, beziehungsweise erzählt sie mir, dass sie diese Einordnung nicht so eng sieht und schon oft zwischen Kunst und Design hin- und hergerissen war. Ihre Arbeit für „Inside Lottozero“ beweist jedenfalls, dass sie beides kann. The medium is the message

Ein kreativer Schaffensdrang begleitet Arianna seit ihrer Kindheit. Sie verbringt jede freie Minute damit zu zeichnen,

Traumberuf Malerin. Später kauft sie sich vom Lohn ihres ersten Sommerjobs eine Nähmaschine. Die damit entdeckte Leidenschaft treibt sie nach dem Schulabschluss nach Mailand, an das Istituto Europeo di Design (IED), um Modedesign zu studieren. Schnell merkt sie aber, dass es nicht das Richtige für sie ist: „Wenn man den Aufbau eines Kleides total liebt, ist es cool, aber es ist nicht mein Traum an der Form eines Ärmels zu arbeiten. Mit Stoffen kann man so viel mehr machen.“ ­Arianna wechselt zu Textildesign. Nach einem Auslandssemester an der sehr offenen und konzeptuell gestimmten Gerrit Rietveld Academie in Amsterdam ist sich Arianna sicher: sie will nicht in eines der luxuriösen Modehäuser von Como – ein Weg, der normalerweise für alle Abgänger des IED vorbestimmt ist. Es folgt eine etwas holprige Phase mit einer Zeit an der Berliner Kunsthochschule Weißensee, dem Erkranken der Mutter und ein überaus verlockendes Jobangebot im Modehaus Mantero in Como. Eben eine jener Realitäten, die Arianna während ­ihres

Studiums in Mailand vermeiden wollte. Trotz vielversprechendem „research & development department“ finden Ariannas Einfälle hier nicht die praktische Umsetzung, die sie sich wünschen würde. Sie verlässt nach vier Jahren die Firma. Zurück zu Plan Zero. Zurück zur Lagerhalle. Sternstunde

Tessa, welche zu dem Zeitpunkt in Bozen wohnt und die alltäglichen Grenzen der „creative industries“ erforscht, weiß seit jeher, dass sie und Arianna eines Tages gemeinsam ein Projekt starten werden. Die Sterne stehen gut für die Moroder Schwestern bzw. ist endlich die Zeit gekommen, ihrer Intuition zu folgen. Tessa schreibt das Statut für Lottozero, die beiden gründen eine Genossenschaft und die Bauarbeiten in der verlassenen Halle beginnen. Arianna hat nun gar keine Zeit mehr sich zu fragen, ob sie Textildesignerin oder Künstlerin ist und Tessa ist rund um die Uhr bemüht, Finanzierungen für all die brillanten Ideen zu finden, die in und um Lottozero entstehen. Dass sie


KREATIVWIRTSCHAFT INFO ___ Am 15.10.2016 eröffnete Lottozero seine Räumlichkeiten mit der Ausstellung „Inside Lottozero“, welche 13 internationale Künstlerinnen und Künstler zeigte und 100 Personen zu einem SleepConcert einlud. 2017 zeigte Lottozero zwei Einzelausstellungen: textile Installationen der iranischen Künstlerin Farkhondeh Shahroudi und im Rahmen des Projekts „Occupy Lottozero“ eine Residency samt Ausstellung der zwei jungen Künstler Robin ­Darius Dolatyari und Chloé ­Rozycka Sapelkine aus Frankreich. Mit „Make Lottozero“, einem dreitägigen Kreativprogramm mit Ausstellungen und Workshops, wird am 9.11.2018 das Textillabor Lottozeros eröffnet. Dabei wird in verschiedene Herstellungs­ verfahren eingeführt: Siebdruck auf Stoff (angeleitet vom deutschen Künstler und Textildesigner Roland Barth), traditionelle Stricktechniken und neue Open-Source-Technologien (betreut von Claudia Scarpa in Zusammenarbeit mit dem Fab-Lab WeMake in Mailand), Shibori-Technik mit natürlichen Farbstoffen (mit dem Textildesigner Aki Takeshita). Im November 2018 wird Lottozero mit dem Künstler Luca ­Vanello bei NESXT, dem Festival für freie Kunst in Turin, ­vertreten sein. 2019 wird Lottozero das Museion Atelierhaus in Bozen bespielen. Lottozero / Textile Laboratories Via Arno, 10 59100 Prato www.lottozero.org

i­hren Job gut macht und dass auch andere an das Projekt glauben, beweisen sowohl die gelungene Kickstarter-Kampagne zu Beginn des Projekts als auch der Sieg des Wettbewerbs „culturability – rigenerare spazi da condividere“ der Fondazione Unipolis im letzten Jahr. Die Kunst der Selbstverständlichkeit

„Jede Person erlebt Stoff auf eine sehr intime Art und Weise. Es ist unglaublich, wie sehr jeder Mensch auf der Welt mit Textilien verbunden ist und wie alt diese Technik ist, die immer noch Stoffe baut“, erklärt Arianna. Sie und Tessa hatten mehrere Gründe aus der Lagerhalle eben das zu machen, was sie jetzt ist. Da wäre einmal das Savoir-faire der örtlichen Handwerker und die jahrhundertealte Tradition Pratos als Zentrum der Textilproduktion, ebenso wie der Wunsch ein kreatives Netzwerk zu schaffen – online und offline. Das Projekt ist aber auch eine Reaktion auf den Zeitgeist. In Zeiten der Globalisierung und der Beschleunigung ei-

ner jeglichen Sache sehnen sich die Menschen nach Weichem und Greifbarem: „Man versucht, wieder sich selbst zu finden, seine eigenen Sinneswahrnehmungen, einfache Dinge, die aber sehr stark sein können.“ Aus diesem Grund ist Nachhaltigkeit ein Leitmotiv von Lottozero. Alle Projekte sind darauf ausgerichtet, ein langzeitliches System der Balance zu errichten, und dafür wird jede Etappe der Textilverarbeitung- und -produktion genutzt. Lottozero ist sehr bemüht Akteure, Rohstoffe und Prozesse außerhalb der herkömmlichen Textilwelt einzubeziehen. Ein Um-die-Ecke-Denken. Beispielhaft dafür ist das derzeitige Projekt rund um ungenützte Schafwolle, welches auf einer Begegnung mit dem Textilchemiker Antonio Mauro beruht. Dieser arbeitet an einem Weg, die Wolle jener Schafe zu verarbeiten, die nicht eigens dafür gezüchtet werden und deren Entsorgung die Bauern daher jährlich eine Menge Geld kostet. In diesem Zusammenhang hat Arianna kürzlich ei-

nen Vorhang für den Konferenzraum der Kellerei St. Michael in Eppan designt, unterstützt von den Südtiroler Kleintierzüchtern und der Wolle, die diese sonst hätten entsorgen müssen. Eben, weil auch Südtirol als Land sehr um Nachhaltigkeit bemüht ist und stets Interesse an der Entwicklung neuer Branchen zeigt, denken Tessa und Arianna über ein Comeback nach. Das Herz von Lottozero bleibt natürlich in Prato. Nicht zuletzt aufgrund ihrer Wurzeln möchten die beiden jedoch auch in Südtirol eine Anlaufstelle für Mode und Innovation schaffen und den örtlichen Designerinnen und Designern sowie Firmen dasselbe Netzwerk bieten, wie auch in der Toskana.


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TEMPORÄRE AUTONOME ZONE: DAS HEART OF NOISE FESTIVAL


TIROL

Eine Aufführungsbasis für allerneueste Musik, ein Treffpunkt für die aktuelle Avantgarde der lokalen und internationalen Szenen. Für größere Städte eine Selbstverständlichkeit. Doch gibt es so etwas auch bei uns in der Nähe? Aus Tirol vernimmt man schon seltsame Schwingungen … das Heart of Noise Festival. TEXT ___ Florian Rabatscher  FOTOS ___ Charly Schwarz + Daniel Jarosch

In Innsbruck gibt es ein Festival, das irgendwie auch keines ist. Klingt jetzt verwirrend, aber eine andere Beschreibung wäre unangebracht. Beim Wort „Festival“ fallen einem sofort die verschiedensten Bilder ein. Schlechtes Essen, schlechtes Wetter, warmes Bier und viele betrunkene Partysäue. Für ein Wochenende lässt man seinen grauen Alltag hinter sich und schlüpft in die Rolle eines musikliebenden Ballermann-Touristen. Dazu wird einem noch vorgegaukelt, dass man gerade genau die Musik hört, die zurzeit angesagt ist. Ja, es gibt sie wie Sand am Meer, diese stilistisch klar definierten Festivals. Vorgekautes Essen für uns hungrige Vogelbabys. Ihr hört Rock, Jazz, Hip-Hop, Pop … Alles schön eingegrenzt, damit ihr euer hübsches Hirn nicht überanstrengt. Aber ist Musik wirklich so definierbar? Nein, natürlich nicht. Sie lebt und formt sich sehr oft selbständig. Ein lebender Organismus, den man nicht berühren kann. Sein Name ist Klang und dessen Welt gilt es zu erforschen.

Deshalb präsentiert euch das Heart of Noise Festival in Innsbruck alternative Strömungen aus Kunst und Musik außerhalb des Kulturmainstreams. Denkt jetzt nicht an Spirituelles oder irgendwelchen Ethnokram. Es ist mehr der wahre Soundtrack unserer Gesellschaft. Die eigentliche Realität, die man gekonnt vor uns versteckt. Klänge der neuen Welt, die wir uns selbst geschaffen haben. Inspiriert von der künstlichen Natur, die uns umgibt, den Stadtwüsten. Cyberpunkvisionen

Von LSD getränkte Hirne brachten diese Visionen in Form der sogenannten Cyberpunk-Literatur schon in den 1960er-Jahren zu Papier. Diese Schriftsteller lieferten uns Bilder von einer zerstörten, grauen und überwachten Welt. Gehirnwäsche rund um die Uhr sozusagen. Eigenständiges Denken wird den Menschen in diesen Romanen verboten. Doch gibt es immer den Helden, der plötzlich erkennt, was los ist und sich nicht einfach einlullen lässt.


84-85 INFO ___ Das Festival, getragen vom Kulturverein Heart of Noise, wurde 2011 von Chris K ­ oubek und Stefan Meister ins Leben gerufen. Zu einem jährlich wechselnden Thema treten an drei bis vier Tagen Anfang Juni rund 30 Acts aus den Bereichen ­experimenteller und cluborientierter Musik an unterschiedlichen Orten Innsbrucks auf. 2019 wird das neuerrichtete Haus der Musik Innsbruck der Hauptspielort des Festivals sein. Tickets und Preise: 2018 kostete der 4-Tage Festivalpass faire 48 Euro, Tagestickets waren ab 12 Euro erhältlich. Der Vorverkauf beginnt Mitte März. Verein Heart of Noise c/o Verein p.m.k Viaduktbogen 18 6020 Innsbruck, Austria T +43 512 908049 www.heartofnoise.at

Die Suche nach der Wahrheit beginnt. Ein Held, der wie das Heart of Noise Festival versucht, neue Wege zu gehen. In diesem Fall einen neuen Sound zu finden. Versteht mich jetzt nicht falsch, es geht nicht darum, einen neuen Trend zu setzen. Eure Ohren sollen ins Zentrum der Töne, Klänge und Geräusche geführt werden. Vergesst klassische Songstrukturen, Rhythmen oder Tonleitern, auch wenn es schwerfällt. Befreit den Freak in euch, legt die Ketten in euren Ohren ab und stürzt euch in die Klangwellen. Vorkenntnisse sind nicht erforderlich, denn bei diesem Festival erlebt jeder seinen ganz persönlichen Trip. Erste Schritte

Der Startschuss für das Heart of Noise Festival fiel im Jahr 2011. Chris Koubek und Stefan Meister entschieden sich, ein Festival für die Musikavantgarde zu kreieren. Das besondere an der ersten Ausgabe war, dass sie sich auf nur ein einziges Musikphänomen konzentrierte, den Drone.

Im alternativen Musikdschungel setzte diese extreme Form damals neue Maßstäbe. Stellt euch Gitarren vor, die dem Noise-Wahn verfallen waren. Tiefe, düstere und schleppende Rückkopplungsorgien, die sich gern auch über zehn Minuten hinziehen. Langsam, sehr langsam formen sich diese landläufigen Songstrukturen scheinbar ins Unendliche. Hier kann schon leicht passieren, dass es innerhalb einer Minute nur fünf Anschläge auf der Gitarre gibt. Heiliger Luzifer! Die Stimmung in drei Worten zusammengefasst: Weltuntergang in Zeitlupe. Zudem war kein geringerer als Stephen O’Malley, Mitglied der legendären DroneBand Sunn O))), zu Gast. Es wächst und gedeiht

Die nächsten Ausgaben fielen da schon vielfältiger aus. Innsbruck als Spielplatz für die lokale und internationale Avantgarde der Musikszene. Detroit-Techno, Noise, Dub, Jungle, Konsolen-Shoegaze … Man könnte die Liste endlos weiterfüh-

ren, was hier jetzt wenig Sinn macht. ­Allen erdenklichen Acts außerhalb des Mainstreams wurde eine Bühne geboten. Dazu gaben sich die verrücktesten personifizierten Legenden die Klinke in die Hand. Mit verrückt meine ich auch verrückt. Das beste Beispiel dafür wäre Lee „Scratch“ Perry, der 2016 zu Gast war. Der 82-jährige Jamaikaner gilt als Wegbereiter für den Reggae und Dub. Darüber hinaus ist er für seine äußerst exzentrische Art bekannt. Ok, exzentrisch wäre fast schon untertrieben; sagen wir, dieser Mensch lebt komplett in seinem eigenen Film, das muss man auch nicht verstehen. Weitere legendäre Gäste waren Jeff Mills, einer der bedeutendsten Vertreter des Detroit-Techno. Düster, futuristisch und experimentell. Auch die Inkarnation des Cyberpunks persönlich stand schon auf der Bühne: Alec Empire, Mitglied der Digital Hardcore Combo Atari Teenage Riot, zeigte wie der Soundtrack für chaotische Straßenschlachten und brennende Polizeiautos zu klingen hat. Dann war da


TIROL

noch Jlin, die elektronische Ausnahmekünstlerin. Zu ihr kann man nicht viel sagen, am besten ihr hört es euch selbst an. Diese Frau hat es wirklich geschafft, einen neuen Sound zu kreieren. Sagen wir, diese Acts und dieses Festival sind einfach wie füreinander geschaffen. Genug jetzt der musikalischen Vertreter. Heart of Noise ist kein Festival für rein konzertante Aufführungen. Es dient zudem als Plattform für aktuelle Kunst und Kultur. Also steht nicht nur der Klang, sondern auch die visuelle Kunstform im Mittelpunkt. Verschiedenste Film- und Videokünstler begleiteten die Konzerte. Man wird Zeuge der Fusion zwischen Medienkunst, Musik und Tanz. Dieses Festival bietet allen Sinnen neue Erlebnisse. Schluss mit dem Schwarz-Weiß-Denken. Nicht einmal die Location gibt sich mit einem Standort zufrieden. In diesen Tagen kann es sogar passieren, dass ihr in einem öffentlichen Bus in Innsbruck Zeuge von irgendwelchen Klangexperimenten werdet. Ver-

rückt, revolutionär, anarchistisch … Ich weiß auch nicht mehr wie man es nennen könnte. Völlig egal, es ist was es ist und Punkt. Eines ist klar, einmal im Jahr wird in Innsbruck dem Mainstream ein paar Tage die Stirn geboten. Es lebe die temporäre autonome Zone! Befreit das Kind in euch

Eigentlich kann man nie voraussagen, wie das Festival im folgenden Jahr aussehen wird. Bei einem Rockfestival liegt es ja auf der Hand, welches Genre geboten wird. Doch das Heart of Noise erfindet sich immer neu. Die Veranstalter geben sich nicht damit zufrieden, jedes Jahr einfach die von der Presse hochgelobten Musik-Acts zu buchen. Oh nein, das wäre viel zu langweilig. Stattdessen wird tiefer gebohrt. Musikszenen sind immer in Bewegung, einmal fortschrittlich und manchmal auch in die Vergangenheit zurückkehrend. Keine glatten Oberflächen, sondern ein verwilderter Garten wird geboten. Das alles mag jetzt verwir-

rend klingen und den Ordnungsfetischisten unter euch wahrscheinlich gerade die Zehennägel aufrollen. Doch beruhigt euch wieder, atmet tief durch und begebt euch in eine bequeme Position. Geht hin, versucht euch so viel als möglich anzuschauen, versteift euch nicht zu sehr auf irgendwelche Hinterfragungen oder Kritiken, genießt einen Drink an der Bar und entspannt euch einfach. Befreit das Kind in euch, das gerade anfängt, die Welt für sich zu entdecken. Ach verdammt! Seid einfach nicht so verkrampft und vergesst alle Regeln und Zwänge, auch die, die ich euch gerade geschildert habe.


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Geisterfahrt in die Zukunft „Links und rechts sind Kategorien, die keine Rolle mehr spielen.“ Dieses Mantra neuer politischer Bewegungen ist immer wieder zu hören. Von den Piraten in Schweden bis zu Movimento Cinque Stelle in Italien und den Neos in Österreich sprechen alle von post-ideologischen Positionen. Haimo Perkmann

Pragmatisch betrachtet sieht es so aus, als ob die Grenzen zwischen links und rechts verschwimmen, doch politisch besehen ist diese Haltung unhaltbar, denn auch die Entscheidung zur Nicht-Positionierung ist eine Positionierung. Etwa so, wie auch Nichtwählen eine Wahl ist. In einem Interview mit Claire Parnet stellt der französische Philosoph Gilles Deleuze in Bezug auf das politische Spektrum lapidar fest, dass links von der Welt zum Individuum und rechts vom Individuum zur Welt geht. Diese Differenz lässt sich nicht beiseite wischen, beide Perspektiven sind unvereinbar, geht es hier doch um das Fremde und das Eigene. Links – so interpretiere ich den Satz von Deleuze – stehen jene, die das Fremde durch Einschluss bekämpfen; wenn wir eine Welt sind, dann kann per definitionem nichts fremd sein; wenn wir alle im selben lecken Boot sitzen und Wasser schöpfen, macht es keinen Sinn, eine Grenze zu ziehen. Rechts hingegen

stehen jene, die das Fremde durch Ausschluss bekämpfen; das Eigene soll vor dem Fremden geschützt werden, es wird eine Grenze gezogen, das Fremde muss draußen bleiben. Was nun zum Eigenen gehört und was hingegen schon fremd ist, darüber gibt es dann so viele Ansichten wie Identitäten. 1968 | 1989 1968, Symboljahr eines ethischen Paradigmenwechsels. Die globalen Proteste jenes Jahres hatten viele Ziele und waren dementsprechend planlos – aber gesellschaftlich nachhaltig. Heute haben wir die Welt, die aus alten Büchern, Filmen, Theaterstücken zu uns spricht, auf den Kopf gestellt und leben in einer Offenheit, die ihrerseits wiederum riskiert, die Züge einer totalitären Gesinnung anzunehmen. Das klingt paradox und ist es auch. Wer sich heute beispielsweise auf ein konservatives Weltbild beruft, steht ohne Zweifel im sozialen Abseits. Genau genommen spre-

chen wir hier aber nicht mehr von 1968, sondern vom Spätkapitalismus. Im Zuge des Neoliberalismus ist alles, was uns „heilig“ ist, zu einem kommerziellen Shopping Erlebnis mutiert. Dabei wurde der Bogen überspannt, und so kündigen sich nun von rechts (und von links) neue Wertediskurse und puritanische Wellen an. Mangels sozialistischer Alternative haben die 1968er und ihre Erben nach 1989 eine radikale Kehrtwende vollzogen. Von nun an treffen sich linksliberal und neoliberal und harmonieren prächtig. In der kollektiven Wahrnehmung unserer neuen, linksliberal-neoliberalen Hegemonie hat „die soziale Markwirtschaft den Wohlstand gebracht“, nicht die Millionen im Niedriglohnsektor Arbeitenden aller Erdteile. Als die bipolare Weltordnung 1989 nun abrupt endete und nur der Westen bestehen blieb, saßen einige 68er bereits an den Schalthebeln der Macht; und die Verlockung, diese auch zu


GASTBEITRAG Kulturelemente erscheint als Schaufenster kultureller Auseinandersetzung und künstlerischen Schaffens kontinuierlich seit 1981 (bis 1996 mit dem Titel „Distel“) als deutschsprachige Südtiroler Kulturzeitschrift in Bozen. Grundanliegen des Herausgeberkreises „Distelvereinigung“ ist es, in qualitativ hochwertigen Beiträgen einen Beitrag zur Entwicklung des kulturellen Diskurses auf lokaler Ebene zu leisten sowie regionales Kulturleben in seiner Reichhaltigkeit und Vielfalt darzustellen und kritisch zu hinterfragen. Dabei werden kulturelle Phänomene vor dem Hintergrund historischer Prägungen und im Rahmen der gesellschaftlichen Entwicklungen beleuchtet, die in Südtirol feststellbar sind bzw. von außen auf das Land einwirken, und künftige Entwicklungslinien in ihrer Valenz als Chancen und Gefährdungen aufgezeigt. Die Kulturelemente erscheinen als Abonnement-Zeitung fünf bis sechs Mal jährlich und werden bevorzugt im deutschsprachigen Ausland gelesen. Aktuell leiten Hannes Egger und Haimo Perkmann die Redaktion. www.kulturelemente.org

nützen, war wohl größer als die ursprüngliche anarchische Kreativität. Viele der einstigen Friedensaktivisten, die damals gegen den Vietnamkrieg demonstrierten, wandelten sich im Verlauf des Jugoslawienkonfliktes und vor allem nach dem 11. September 2001 in Kriegsbefürworter und Unterstützer militärischer „Interventionen“ der NATO ohne UNO-Mandat. Auf der Suche nach Identität Der neue globalisierte Staat kann seinen Bürger_innen zwar weder Effizienz noch Sicherheit bieten, mischt sich dafür aber zunehmend restriktiver in ihr Privatleben ein. So wachsen, weitgehend unbeachtet, am rechten Rand der Gesellschaft neue Bewegungen heran, wie die Identitären in Europa oder Alt-Right in den USA. Parallel zum Erstarken nationalpopulistischer Parteien sind auch diese außerparlamentarischen Bewegungen aktiv geworden. Was sind ihre Ziele, ihre Strategien, was ist ihre Taktik? Die „Faschisten des Dritten Jahrtausends“ von Casa Pound gelten als Pioniere der neuen extremen Rechten in Europa. Ohne Zweifel ist die Verquickung des Souveränitätsdiskurses mit genetischer Abstammung, Paarungsverhalten, religiösen ad-hoc-Zutaten und einem rückwärtsgewandten Kulturbegriff, wie ihn alle diese Grup-

pen propagieren, ein Konstrukt, das sich selbst ausschließt, denn es ist eine Fantasie-Identität, die Authentizität für sich reklamiert. Was bringt die Zukunft? Prominente 68er und ihre Epigonen haben es sich heute in einer sehr bequemen Nische gemütlich gemacht. Sie sind weltoffen, wohlhabend und wohltätig. Als Gegenspieler bringen Medien und Politik den alten weißen Mann ins Spiel. Eine seltsame Dichotomie, die nichts Gutes verheißt: links, arriviert und wohltätig versus rechts, arm und borniert. Zwischen beiden Lagern gibt es keinen Dialog, kann es keinen Dialog geben. Doch eine aufgeklärte Weltanschauung, die nicht argumentiert, sondern beständig mit einem moralisch erhobenen Zeigefinger durch die Welt läuft, wird zu einer Religion. Mit Religion ist aber kein Staat zu machen. Die Gegenseite nützt dagegen die einzige Macht, die sie noch hat, mit ihrem Protest in der Wahlkabine. 2018 ist die Gesellschaft nun in zwei Hälften gespalten. Auf der einen Seite haben wir jene, welche die rasanten Entwicklungen mittragen, auf der anderen jene, die zurück wollen in eine Welt der Werte und Identität, die heute nur mehr als Farce, als Leonidas-Kult zu haben ist.

Derzeit ist kein Gegenentwurf zur neoliberalen Globalisierung, zu Kapitalund Machtakkumulation in wenigen Händen zu erkennen; keine Massenbewegung für die Rechte der vielen unsichtbaren Arbeiter_innen im Niedriglohnsektor, Migrant_innen und immaterielle Arbeiter_innen; es gibt zwar Rufer in der Wüste, aber auch einen beginnenden Kampf unter Armen. Daher sollte man Identitätsnostalgiker nicht verurteilen, sondern ihr Programm diskutieren, festhalten, dass der Wandel zum Wesen der Kultur gehört. Man könnte dem monologischen, eindimensionalen Heldenkult des Leonidas Phoenix aus der Asche gegenüber stellen, der die Kraft hat, im eigenen Schmerz und Antlitz des Anderen aus sich selbst wieder zu entstehen: für eine Politik, die den Kampf gegen die fortschreitende Zerstörung unseres Lebenstraumes auf globaler Ebene aufnimmt und zugleich Verantwortung für die Verwüstungen in der Kolonialzeit und ihre Spätfolgen übernimmt.

Zusammenfassung eines in Kulturelemente #139/140/2018 erschienenen Streifzuges durch das globale und lokale, private und politische Erbe von 1968.


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GUTE ZÄHNE UND POLITISCH KORREKT! Nach Sibylle Bergs Text „Und jetzt: die Welt!“ sind dies die Parameter, die ein begehrenswerter Mensch in unserer Zeit zu erfüllen hat. Wenn dem so sein sollte, spielen die fünf jungen Frauen von binnen-I ganz vorne mit. TEXT ___ Miriam Rieder  FOTOS ___ Lukas Larcher

Nein, sie sind nicht die süßen Mädchen von nebenan, sondern ehrgeizige Künstlerinnen, die ihr ganzes Herzblut in das Theaterspiel stecken. Mutig treten sie für kreative Entfaltung und künstlerische Freiheit ein, und wollen ihre Stücke in naher Zukunft selbst schreiben. Die Rede ist vom Südtiroler Schauspielkollektiv binnen-I. Mit dem Stück „Und jetzt: die Welt!“, von Sibylle Berg, tourten sie im August durch Südtirol. Schonungslos ehrlich doch mit großer Zärtlichkeit gaben die Fünf eine unterhaltsam-komische und zugleich erschütternd-pessimistische Bestandsaufnahme unserer modernen Zeit und der in ihr lebenden Jugend wieder. Angst vor der Nacht, vor der Einsamkeit und davor, dass es nicht besser wird.

Dargestellt ist die Generation 20plus, die trotz gediegener Ausbildung und hoher Leistungsbereitschaft in prekären Verhältnissen lebt, weil auch das x-te Praktikum kein Geld bringt.

Sie verkaufen selbstgekochte Drogen im Netz, schreiben Blogs und sehnen sich nur nach Orten und Dingen, die sie bereits kennen. Sie kommunizieren per Skype, SMS, Chat oder Telefon und finden die Einsamkeit viel schlimmer, als die vor dem Fenster kreisenden Spionagedrohnen, an die halbwüchsige Männer auf der Suche nach Geschlechtspartnern zukünftig wohl ihre Penisse hängen werden. binnen-I wollen anregen, bewegen und beflügeln. Sie wollen einen Mehrwert für ihr Publikum schaffen, Gesellschaftsund Menschenbilder neu beleben sowie Trends und Hypes kritisch beleuchten. Ihre Stücke gehen unter die Haut und fordern heraus: das Publikum ebenso wie die Darstellerinnen. Dass die fünf Frauen die Herausforderung lieben, beweisen sie nicht nur in ihren Stücken, sondern in der Gesamtheit ihrer Arbeit. Im Frühjahr 2018 feierte das Schauspielkollektiv seinen ersten Geburtstag. Das Binnen-I verbindet Weibliches und Männliches in einem Wort, ver-


DARSTELLENDE KUNST

eint alles in sich selbst und schließt kein Geschlecht aus. Diese geschlechtsneutrale Annäherung an den Menschen ist wesentlicher Bestandteil der Arbeit des Kollektivs. Das Geheimnis ihres Erfolgs: Authentizität und Synergie

Im Rahmen unseres Interviewtreffens am See in Vahrn schildern sie mir, dass sie sich ganz bewusst für die Form der Zusammenarbeit im Kollektiv entschieden hätten: „Wir wollen die Kräfte bündeln und unsere Energie für Stücke einsetzen, die wir aus unserer Seele heraus ganz authentisch spielen können. Mit unserer Arbeit wollen wir ein Bewusstsein dafür schaffen, dass die Schauspielerei einen Wert hat, dass es weniger ein Beruf, sondern vielmehr Berufung ist, die jungen Menschen offen stehen soll.“, erklären Alexa, Katharina, Marlies, Petra und Viktoria abwechselnd. Die Bretter, die die Welt bedeuten, kennen auch Neid und Missgunst, doch

genau diesem Negativum trotzen die binnen-I’s mit ihrer Entscheidung als Kollektiv aufzutreten. „Wir hätten uns auch als Konkurrentinnen verstehen und bekämpfen können, doch wir haben uns anders entschieden.“, meint Petra. Im Gespräch bestätigen die Frauen zu diesem Schritt auch von arrivierten Südtiroler SchauspielerInnen ermutigt worden zu sein und von der Südtiroler Theaterszene viel Unterstützung erfahren zu haben. Auf meine Nachfrage, was sie denn zusammengebracht habe, kommen die Antworten bei allen Fünfen wie aus der Pistole geschossen. „Uns verbindet ein Interesse für die Wurzeln, für die Vergangenheit und die Werte, die sich übertragen. Der Boden auf dem wir uns bewegen soll für unsere Arbeit Grundlage und Flügel zugleich sein. Wir sind alle so verschieden, haben völlig unterschiedliche Charaktere und andere Sichtweisen auf viele Dinge, und dennoch gibt es eine Verbindung zwischen uns, die von Tag zu Tag stärker wird.“, beschreiben sie enthusiastisch.

Es ist nicht die Hoffnung, welche die fünf Vollzeit-Schauspielerinnen voranbringt, es sind ihre Tatkraft und ihr Mut. Ihr Ziel ist es, in naher Zukunft von der Schauspielerei auch wirklich leben zu können, denn noch ist die Arbeit im Kollektiv lediglich kostendeckend, und die Fünf sind für die Umsetzung und Vermarktung ihrer Inszenierungen von Sponsoren abhängig. Über die Landesgrenzen hinaus wollen sie arbeiten und auftreten und sind aktuell bereits für Gastspiele in Hamburg und München im Gespräch. Anstatt nur zu hoffen, denken sie groß und träumen davon, dass aus ihrem Schauspielkollektiv morgen ein Produktionsunternehmen wird, welches erfolgreiche Stücke für die Film- und Theaterwelt produziert.


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„Ich zeige dir die Welt der Normalen, der Leute mit Hoffnung. Menschen ertragen ihr Leben nur mit Hoffnung.“ Aus: „Und jetzt: die Welt!“

Drei Fragen an Mona Kraushaar, die als Regisseurin die Sommerproduktion 2018 „Und jetzt: die Welt!“ inszeniert und begleitet hat: Was hat sie zur Zusammenarbeit mit dem Südtiroler Schauspielkollektiv binnen-I bewogen?

Die Fünf haben mich sofort interessiert und entzündet. Sonst arbeite ich vorwiegend an festen Häusern, aber ich habe diese – in jeder Beziehung – freie Arbeit sehr genossen. Natürlich bedeutete das einiges an Aufwand und Organisation, vor allem durch das Wegfallen von Leitung, Werkstätten, Mitarbeitern und einer Menge Geld. Aber damit fiel auch enorm viel Druck und Kampf weg: gegen all die Regelungen und Grenzen, Vorgaben, Verweigerungen, gegen Zwänge und Enge sowie gegen die Erschöpfung und Routine. In der Arbeit mit binnen-I waren alle Räume und Schleusen offen. Es war ein extrem befreiendes Gefühl. Es ging um die Sache und das Miteinander!

Worin lag die Herausforderung in der Inszenierung des Stücks „Und jetzt: die Welt!“ von Sybille Berg?

Es war eine besondere Herausforderung und Gratwanderung, die Texte und Inhalte des Stücks auf direkte, humorvolle sowie inhaltlich relevante Art und Weise offen und spielerisch zu transportieren, ohne dabei moralisch, erklärend, überheblich, verbittert oder platt zu werden. Die enormen Stärken und Tiefen, die Doppelbödigkeit und die Dimensionen des Texts zu erwischen und herauszuarbeiten, und dabei einerseits die darin beleuchteten Klischees zu bedienen und andererseits der Gefahr zu entgehen, oberflächlich zu bleiben oder gar zu nerven. Da es keine vorgegebene Rolleneinteilung gibt, sondern das Stück sozusagen aus einer Textfläche besteht, war die Textaufteilung ein ständig mitlaufender Prozess, der zwar viele Möglichkeiten bot, aber auch permanent neue Fragen aufwarf und Entscheidungen forderte. Die

Arbeit mit dem Text hat wahnsinnig viel Spaß gemacht, ein großartiger Spielplatz! Was zeichnet das Kollektiv aus Ihrer Sicht besonders aus?

Ich finde, die binnen-Is sind ein glücklicher Zusammenschluss aus fünf ganz besonderen, individuellen Charakteren und Künstlerinnen, die sich sowohl in ihren Persönlichkeiten als auch in ihrer Arbeit als Schauspielerinnen auf eine spannende und produktive Art unterscheiden und gleichzeitig ergänzen, was Typ, Eigenarten, Talente, Stärken und Temperament betrifft. Sie treffen sich in puncto Energie, Motivation, Lust und Willen, Humor, Kreativität und Fantasie in der Mitte, halten extrem zusammen und wirken. Was für mich die Arbeit mit den Fünf so besonders erfrischend und interessant gemacht hat, war die Kombination aus Neugier, Offenheit und Uneitelkeit gepaart mit Talent und künstlerisch klugem, kreativen Denken und Arbeiten.


DARSTELLENDE KUNST

Was binnen-I? Wer binnen-I? Binnen-I ist für mich … … ein Traum, der sich erfüllt hat. Eine Mög-

… die Motivation, Aussagen, die ich vertreten

… künstlerische Freiheit und Unabhängigkeit,

lichkeit, eigene Projekte umzusetzen mit

kann und will, auf die Bühne zu bringen.

weil wir Fünf eine gemeinsame Handschrift

Menschen, die die gleiche Vision teilen. Ein

Durch das Bündeln unserer Fähigkeiten

gefunden haben, die jede einzelne mit ihrer

geschützter Raum, in dem ich mich entfalten

schaffen wir es, unsere Gesellschaft mit zu

Persönlichkeit und ihren Erfahrungen berei-

und wachsen kann. Ein Kanal, ein Sprachrohr

gestalten. Ich darf mit vier kreativen und ta-

chert. Ein sich den Herausforderungen stel-

für Botschaften, die wir teilen möchten.

lentierten Frauen zusammenarbeiten; inner-

len, die neben der künstlerischen Tätigkeit

Ganz viel Spaß, Liebe und harte Arbeit. Ein

halb eines geschützten Raumes tauschen

auftreten. Ein Bumerang-Effekt: Die Energie,

Brennen für die gemeinsame Leidenschaft.

wir uns aus, lernen voneinander und probie-

die ich von der Gruppe und den Zuschauern

Alexa Brunner

ren Neues.

zurückbekomme, ist unbezahlbar.

Viktoria Obermarzoner

Marlies Untersteiner

… die einzigartige Möglichkeit, mit vier großartigen Frauen eine gemeinsame Vision von

… Freundschaft, eine Spielwiese, Lust und

darstellender Kunst und dem, was sie erzäh-

Neugierde, Freude am Experimentieren, ein

len kann, in die Tat umzusetzen! Für mich

stetiges Streben nach Neuem, ein Ort der

bedeutet binnen-I Aufbruch, ein großes Maß

gegenseitigen Motivation, Kraft und Unter-

an künstlerischer Freiheit, Energie und

stützung, die Vision, einem geschätzten Pu-

Freude an der Arbeit, gepaart mit der Hoff-

blikum authentische Geschichten erzählen

nung, einen Teil dieser Leidenschaft an unser

zu dürfen sowie die Vernetzung mit tollen

Publikum weitergeben zu können.

Menschen aus der Kreativwirtschaft.

Katharina Gschnell

Petra Rohregger


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LA POTENZIALITÀ DEL VUOTO


TRENTINO

Agli inizi degli anni 10 del 21° secolo un gruppo di ragazzi si stringe attorno a un’idea: creare delle possibilità lì dove altri vedono solo assenza. Campomarzio è la storia di un collettivo che unisce architettura, urbanistica, riflessione sociale e comunicazione performativa. TESTO ___ Chiara Marsilli  FOTO ___ Jacopo Salvi + Campomarzio

«Il vuoto è altrettanto concreto che i corpi solidi. […] La poesia dell'invisibile, la poesia delle infinite potenzialità imprevedibili, così come la poesia del nulla, nascono da un poeta che non ha dubbi sulla fisicità del mondo.» (a proposito di Lucrezio) Italo Calvino, Lezioni americane. Leggerezza. Diaspora e ritorno

Sono architetti, ingegneri, sociologi. Nati negli scoppiettanti anni Ottanta e cresciuti con il mito dell’alta formazione che avrebbe portato a una carriera sicura. Sono giovani intraprendenti che proprio durante il percorso universitario, scelto con consapevolezza e passione, hanno visto crollare davanti ai loro occhi quelle prospettive professionali alle quali miravano. Quella di Campomarzio è la storia di un gruppo di creativi contemporanei che hanno saputo vedere delle nuove potenzialità in territori da tutti considerati sterili e che invece erano solo incolti. Pietro Ambrosini e Alessandro Busana sono due dei sei che compongono il collettivo. Ci incontriamo in un’afosa via

Belenzani, proprio di fronte alla Galleria Civica di Trento dove hanno appena finito di allestire la mostra “Vicino. Non qui.” dedicata agli artisti trentini che hanno costruito la propria carriera in altri contesti territoriali. Come loro, i Campomarzio prima del 2012, erano sparsi nel mondo: Tokio, Barcellona, Boston, Milano. A differenza di quelli, hanno deciso di tornare. Raccontano: «Ci piace la nostra città e non volevamo arrenderci alla retorica della crisi secondo la quale i giovani devono scappare dall’Italia perché non esiste un’alternativa locale.» Un viaggio controcorrente, segnato anche dalla volontà di restituire ciò che era stato loro dato. «Le nostre famiglie hanno investito nella nostra formazione e ci dispiaceva che questa si perdesse senza ritornare sul territorio che l’aveva generata.» Una scelta di campo precisa, determinata, consapevole, ma anche un po’ folle: in assenza di una strada predeterminata aprirsi alle possibilità che nascono dagli interstizi, senza avere paura di azzardare incroci inaspettati.

Una nuova professione

«La realtà alla quale ci stavamo affacciando, quella che avevamo scelto anni prima intraprendendo il percorso universitario, era completamente cambiata: la crisi aveva scardinato qualsiasi sistema operativo e gli studi di architettura chiudevano uno dopo l’altro. Proprio in questa situazione ci siamo resi conto della nostra opportunità. Avevamo l’occasione di costruire un modo diverso di lavorare, qualcosa che chi aveva uno studio consolidato da dieci anni non era pronto ad affrontare.» Ed ecco che da un apparente vuoto i ragazzi di Campomarzio hanno saputo trarre una lettura innovativa. «Sapevamo fin dall’inizio che il tradizionale lavoro di architetti non avrebbe mai potuto funzionare. Da questa situazione è nata una riflessione ulteriore e diversa: l’obiettivo di incidere sulla realtà aprendoci a tematiche lontane dall’architettura in senso assoluto.» Il tutto è supportato da una buona dose di entusiasmo. «Ci siamo mossi sempre seguendo logiche propositive, mai di contrasto. Il nostro scopo non è batterci


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«Ci piace la nostra città e non volevamo arrenderci alla retorica della crisi secondo la quale i giovani devono scappare dall’Italia perché non esiste un’alternativa locale.»

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contro uno status quo, ma investire tempo e risorse per indagare tematiche che secondo noi stanno emergendo con forza, dall’ambito urbanistico a quello sociale.» Non solo progetti dunque, ma anche installazioni di mostre, nuove proposte riguardanti la mobilità pubblica, indagini sociologiche che vestono i panni di performance artistiche e creano nuove piattaforme di dialogo e riflessione professionale. Una complessa rete di attività apparentemente collaterali che in realtà rappresentano il nucleo fondamentale del pensiero “Campomarzio”. D’altronde, come tengono a precisare, «l’architettura è un atto pratico che esplicita il rapporto uomo-ambiente-società.» L’arte dell’incontro

Nasce così nel 2013 uno dei primi progetti del collettivo, la mostra “Giovani Lavoratori 1974/1988” che rappresenta i volti di cento professionisti trentini attivi nel campo della cultura. Il lavoro si ispira dichiaratamente a “Young Workers


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1978/1983” di Jeff Wall, opera finalizzata al racconto del volto sociale del lavoro e oggi esposta alla Tate Gallery of Modern Art di Londra. «Siamo partiti da una riflessione di matrice sociologica. Se negli anni ‘80 ancora esisteva una coscienza di classe, nel mondo contemporaneo le lavoratrici e i lavoratori non sindacalizzati soffrono il peso di una polverizzazione sociale e culturale devastante. Un’intera generazione non viene riconosciuta come working class e di conseguenza perde ogni istanza di consapevolezza e lotta.» Le date non indicano più, come nel lavoro originale di Wall, gli anni durante i quali sono state scattate le fotografie, ma l’anno di nascita dei cento giovani lavoratori che si sono prestati a farsi immortalare. Il progetto svela, forse anche ai suoi stessi ideatori, una delle linee guida di Campomarzio: il primato dello spazio pubblico come luogo di incontro e interazione sociale. «Nel corso degli anni ogni progetto culturale che abbiamo portato a termine è sempre stato legato ai meeting,

alle conferenze, al desiderio di lasciare una traccia umana di ciò che facevamo. Un modo di agire molto lontano dall’universo digital e social.» Astraendo dall’ambito artistico e spostandosi in una dimensione più pragmaticamente architettonica, gli ideali rimangono gli stessi. «Ciò che continuiamo a fare è interrogarci sulla forma e sull’uso dello spazio pubblico di relazione. Per la Biennale Architettura di Venezia 2014 abbiamo progettato una riflessione sul “piano terra” di Firenze in seguito all’alluvione del 1966, meditando su come la piazza, la strada, la chiesa e il panificio appartengano al medesimo spazio comune in cui le persone interagiscono liberamente. L’informalità e l’assenza di regole eccessivamente rigide è una delle caratteristiche primarie degli spazi pubblici di una città.« Una considerazione che scivola felicemente nella riflessione politica, nel senso più nobile del termine. «L’architettura è un fatto politico primario: la definizione del perimetro all’interno del quale si muove la so-

cietà. L’essere umano, in quanto animale politico, ha bisogno degli edifici e dell’architettura in senso lato come manifestazione dello spirito del tempo.» Le città invisibili

Dall’uomo all’architettura e ritorno. Il vuoto che ha generato la ricerca di Campomarzio è lo stesso vuoto che ora li attrae verso nuove strade professionali. «Basta osservare la periferia di una qualsiasi città italiana per rendersi conto che oggi sono questi i temi su cui è importante lavorare. Spazi che non piacciono, che non funzionano, problemi che se affrontati con una logica di vent’anni fa sembrano irrisolvibili perché gli ambiti ancora vengono considerati divisi: la sociologia, l’urbanistica, la cultura. Oggi è il momento in cui tutte le strade convergono e si mescolano.» Tale consapevolezza deriva dall’esperienza diretta, ma anche dalla capacità di vedere oltre la realtà contingente delle cose. «Bisogna puntare lo sguardo su ciò che al contrario per anni si è tentato di nascon-


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dere: quella linea di demarcazione che separa il centro storico, che ormai in Italia è un’istituzione, e tutto ciò che vi è escluso, considerato un accidente del caso. È importante capire che le città non sono solo il 10% che mettiamo sulle cartoline, ma anche e soprattutto quel 90% di spazi che accolgono le persone che animano e rendono vivi quegli stessi luoghi. Quando qualcuno percepisce di non far pienamente parte di una città, pur vivendoci, è necessario un ripensamento totale in termini fisici e di relazioni sociali. Per lavorare su queste tematiche non si può pensare di chiudersi in una professione unica, che sia la nostra o un’altra.» Le città invisibili sono quelle delle periferie, ma anche dei sobborghi, dei progetti mai realizzati o delle soluzioni abitative generate da uno spirito del tempo che è passato lasciando dietro di sé edifici scarsamente integrati nel tessuto urbano. È per esempio il caso dei complessi residenziali popolari del ‘900 che compongono parte della periferia ovest della città di Bolzano, un caso gros-

somodo unico in tutta Europa: edifici ideati ed innalzati per blocchi, costituiti anche da 400 alloggi, per un totale di 1.500 abitanti ognuno. Una sorta di museo a cielo aperto delle maggiori teorie di ingegneria collettiva della seconda metà del 19° secolo. «Attraverso un progetto di ricerca e ascolto è emerso che le teorie che hanno generato quei complessi non sono risultate efficaci all’atto pratico perché non hanno preso in considerazione l’elemento sociale del rapporto individui/collettività.Abbiamo voluto quindi ragionare pubblicamente e collettivamente sulle necessità profonde della vita sociale di una microcomunità.» Disagio sociale, livello di pericolo percepito, mancanza di affezione al luogo abitativo sono solo alcune delle delicate tematiche affrontate nel corso di molti incontri con gli abitanti dei complessi, durante i quali i Campomarzio hanno indagato il rapporto tra architettura e vita, generando poi momenti di restituzione quali installazioni e momenti di presentazione. Tutto questo ha

preso il nome di “Bolzanism. Racconti dell’abitare a Bolzano / Geschichten über die Wohnkultur in Bozen.”, progetto giunto nel 2018 al secondo anno di vita. Uno strumento multidisciplinare per restituire senso all’abitare e qualità alla vita nello spazio pubblico e sociale.


TRENTINO

INFO ___ Campomarzio, nata come un’associazione culturale a Trento nel 2012 e poi evolutasi a società con sede a Bolzano, sono Pietro Ambrosini, Alessandro Busana, Michele Andreatta, Daniele Cappelletti, Enrico Lunelli, Teresa Pedretti. Sul loro sito si raccontano come “collettivo di architetti che unisce esperienze pratiche e teoriche nei campi dell’architettura, dell’urbanistica, della ricerca e della comunicazione visiva, per produrre progetti e strategie per clienti pubblici e privati.” Fuori dall’ufficio sono persone che ­credono nelle relazioni umane e nella mescolanza dei saperi. Nascono nel 2012, hanno partecipato alla 14° e alla 16° Biennale Internazionale di Architettura di Venezia e sono stati insigniti del premio NIB - New Italian Blood 2014, riservato ai 10 migliori studi di ­architettura emergenti d’Italia. Hanno collaborato con l’Università degli Studi di Trento, l’Università IUAV di Venezia e con il Massachusetts Institute of Technology di Boston. È loro il progetto che darà nuovo volto a Piazza Mostra a Trento, vincitore del primo concorso di progettazione bandito dal Comune capoluogo da trent'anni ad oggi. Campomarzio via Galileo Galilei 2/E 39100 Bolzano Piazza Silvio Pellico 5 38122 Trento www.campomarzio.name


98-99 AUTORINNEN UND AUTOREN Elisa Barison, geboren 1992 in Sterzing, studiert Kunstgeschichte und Publizistik an der Universität Wien. Sie befindet sich im Abschlusssemester des MBA „International Art Business“ an der Hochschule für Kunst und Kultur ICART in Paris und ist 2018 zusammen mit Davide Bevilacqua Kuratorin der Ausstellungsreihe von GAP Glurns Art Point im Atelierhaus des Museion, Bozen.   elisabarison@hotmail.com Michael Brugger, geboren 1998, lebt als Filmemacher und Autor in Sarnthein. 2017 Matura am Sprachengymnasium Bozen, seit 2018 Physikstudium in Innsbruck. Michael ist für den „Digital Video-Fotoclub Sarntal“ als Filmemacher und Kursleiter tätig. 2018 realisiert er einen Dokumentarfilm über das „Südtirol Ultra Skyrace“. Während er für Filmproduktionen wie „Amelie rennt“, „Hinter die Spiagl“ oder „Head Full of Honey“ als Produktions- und Kameraassistent arbeitet, schreibt er für franzmagazine.com, seinen Blog leitandlifestyle.com und diverse andere Print- und Webmedien.   michael.brugger98@gmail.com

Martina Mahlknecht ist 1984 in Brixen geboren. Sie studierte bis 2006 Bühnenbild am Mozarteum Salzburg und Bühnenraum und freie Kunst an der Hochschule für Bildende Künste Hamburg (Diplom 2013). Als Bühnenbildnerin arbeitet sie an Theatern im gesamten deutschen Sprachraum und ist Mitglied in den Künstlerkollektiven POOL und YOVO! YOVO!, mit denen sie an internationalen Kunstausstellungen in Westafrika, den Vereinten Arabischen Emiraten und in Marokko vertreten ist. Sie lebt und arbeitet in Hamburg.   martina.mahlknecht@gmx.net Chiara Marsilli, nata a Trento nel 1989, è laureata in Lettere Moderne (2011) e in Discipline dello Spettacolo dal Vivo (2014) e ha conseguito il master in Performing Arts Management presso l’Accademia della Scala di Milano (2016). Ha vissuto per dieci anni tra Bologna, Parigi e Milano e da sempre porta avanti una doppia attività tra l’ambito dell’informazione e quello dell’organizzazione di eventi. È giornalista per il Corriere del Trentino (Corriere della Sera) e lavora a Rai Radio Uno come autrice e speaker di programmi culturali.   chiara.marsilli22@gmail.com

Martin Santner, geboren 1983 in Meran. Studium der Kultur- und Sozialanthropologie, Philosophie und Politikwissenschaften in Wien und Berlin. Seit 2013 Chefredakteur des Kulturmagazins 39NULL. Er lebt und arbeitet in Berlin.   m.santner@39null.com Mauro Sperandio, nato a Venezia nel 1980, laureato in Scienze Politiche a Padova, meranese di recente adozione, padre felice. Cucina parole per ogni esigenza e palato. Copywriter, storyteller, nongiornalista e curioso di ogni cosa. Vive alla ricerca della parola giusta, che arredi il concetto e solletichi il cervello. Gli piace intervistare persone felici di quel che fanno cercando di imparare da ciò che azzecano.  sperandio@franzmagazine.com Elisabeth Stampfer, geboren 1987 in Bozen, studierte Kunstgeschichte an der Universität Wien (2006–2011). Ihr Weg führte sie von der Geschichte der Kunst zur Kommunikation, und von Wien wieder zurück nach Bozen. Sie war u.a. als Redakteurin für Rai Südtirol Kulturzeit (2016/17) tätig, arbeitet derzeit in der Kommunikation von IDM Südtirol und übernimmt Aufträge als freie Redakteurin und Texterin.   elisabeth@stampfer.com

Claudia Gelati, nata a Mantova nel 1996, attualmente abita a Bolzano dove studia Design alla Libera Università di Bolzano. Aspirante graphic designer ed inguaribile entusiasta, si divide volentieri tra l’amata chitarra – strumento che suona da anni – e l’iMac, fidato compagno di lavoro. Ama raccontare storie: dal 2016 scrive online con/per l’amico franzmagazine.com. Perennemente alla ricerca della nota perfetta, con una passione folle per il caffè, le calze a pois, la carta stampata, i dettagli e… il Südtirol. claudiagelati.cla@gmail.com

Haimo Perkmann, geboren 1972 in Bozen, aufgewachsen in Lana, hat in Wien Philosophie und Sprachwissenschaften studiert und lebt heute als Autor, Übersetzer und Lektor in Meran. Als freischaffender Publizist und Inhaber des Unternehmens Context veröffentlicht er kulturpolitische Beiträge für Zeitschriften, Publikationen und Webportale. Seit 2014 koordiniert und vertreibt er gemeinsam mit Hannes Egger die Zeitschrift „Kulturelemente“ im gesamten deutschen Sprachraum; seine Beiträge sind häufig synoptische Darstellungen und Analysen aktueller zeitgeschichtlicher Fragen.

Pia Tscholl, geboren 1996 in Schlanders, studiert Mathematik, Geographie-und Wirtschaftskunde für das Lehramt und lebt zurzeit irgendwo zwischen Innsbruck und Goldrain. Davor absolvierte sie das Kunstgymnasium in Meran und hat dort, dank einer engagierten Lehrperson, ihre Liebe zum Schreiben entdeckt. Seit Abschluss der Oberschule schrieb sie kurzzeitig für eine Lokalzeitung und hat nun zum zweiten Mal die Ehre, schaffend tätig zu sein. für die Zeitschrift pia.tscholl@live.de

Marianna Kastlunger, geboren 1981 in Bozen, aufgewachsen in St. Vigil in Enneberg. Studierte Englisch und Französisch mit Medienschwerpunkt in Innsbruck und Birmingham (UK) und arbeitete mehrere Jahre lang an einem Institut für Medienanalysen. Es folgten ein Praktikum beim Bozner Raetia Verlag und die Ausbildung an der Tiroler Journalismus Akademie. Sie schreibt für diverse Nord-und Südtiroler Medien und ist seit 2015 selbstständige Geschichtenschreiberin. Sie liebt Natur, Musik und alle Facetten dazwischen.   marianna.kastlunger@hotmail.com

Florian Rabatscher, geboren 1988, stammt aus Tiers und lebt zurzeit in Bozen. Er ist Musikfan und profunder Kenner der Südtiroler Musikszene. Als Sänger ist er Teil der Dream-Punk-Band „Junk Love“, die 2012 gegründet wurde und seitdem regelmäßig durch Europa tourt. 2015 wurde das Album „Stoned“ veröffentlicht und ein neues ist derzeit in Arbeit. Seit Anfang 2018 versucht sich Rabatscher als Schreiber beim Online Kultur­ magazin „franzmagazine“.   flo.rab@hotmail.com

FOTOGRAFINNEN UND FOTOGRAFEN

Thomas Kobler, ist 1984 in Meran geboren. Er arbeitet seit 2013 als Programmverantwortlicher für den OstWest-Club in Meran und kümmert sich um die Kommunikation und Öffentlichkeitsarbeit dieses größten Kulturvereins der Stadt. Außerdem ist er seit über zehn Jahren als Konzertveranstalter in der Passerstadt tätig (Rock The Lahn Festival, kunterbunt GmbH u. a.) und ist Mitautor diverser Publikationen und Kulturzeitschriften. Er hat Politikwissenschaft an der Universität Innsbruck studiert und absolviert seit 2017 ein berufsbegleitendes Studium der Sozialpädagogik an der Universität in Brixen.  info@ostwest.it Christine Kofler, 1984 in Meran geboren. Studium der Vergleichenden Literaturwissenschaften in Innsbruck. Seit dem Jahr 2011 erst in Innsbruck, dann in Meran für verschiedene Agenturen und Magazine als freiberufliche Redakteurin, Texterin und Übersetzerin tätig. Schreibt über Kunst und Literatur, u. a. für „franzmagazine“ und „Kulturelemente“. Diverse Weiterbildungen im Bereich Onlinemarketing.   kofler.christine@hotmail.de

Miriam Rieder, geboren 1977, lebt im Pustertal. Seit dem Abschluss ihres Studiums der integrierten Rechtswissenschaften an den Universitäten von Padua, Innsbruck und Dijon ist sie als freiberufliche Projektkoordinatorin in EU-Förderprogrammen tätig. Ihre Leidenschaft für Sprache und Schreiben hat sie 2012 zum Besuch des Journalisten-Kollegs in Salzburg und Wien bewogen. Von 2011 bis 2013 hat sie die Bezirkszeitung „Puschtra“ redaktionell geleitet. Sie arbeitet heute als Projektmanagerin und freie Redakteurin.   miriam@miriamrieder.com Nadja Röggla, geboren 1991 in Brixen, studierte von 2011 bis 2014 Kommunikationswissenschaften an der Universität Bologna. Zurück in Bozen wirkte sie seit 2014 als Projektmanagerin und Redakteurin bei verschiedenen Initiativen und Kulturprojekten mit wie z.B. bei franzLab. Nach einem Praktikum am Volkstheater Wien (2017) ist sie seit 2018 als Regieassistentin im Theater- und Filmbereich tätig, u. a. bei den Vereinigten Bühnen Bozen und den Rittner Sommerspielen. roeggla.nadja@gmail.com

Lukas Larcher, 1991 in Bozen, lebt in Tramin, wo er neben seiner freischaffenden Tätigkeit seit 2016 dem Schmiedemeister und Bildhauer Robert Condin zur Hand geht. Seit dem Abschluss der Kunstschule "Cademia" in St. Ulrich in Gröden (2011) gestaltet und experimentiert Larcher mit Fotografie, Grafik, Bildender Kunst und Kunsthandwerk. Mit seiner Begabung und Begeisterung für das Handwerk erprobt und interpretiert er verschiedenartigste Techniken und Materialien, zumeist auf autodidaktischem Weg. Dabei entstehen Objekte und Bilder, die den Betrachter durch ihre Machart und Aussage zu fesseln, aber auch zu fordern vermögen. Die vielen verschiedenen Einflüsse und Erfahrungen in seinem Leben schaffen Raum für Neues und Unerforschtes, das abgebildet und entdeckt werden will. lukaslarcher@hotmail.de Florian Oberlechner, 1989 geboren und aufgewachsen in Bruneck, kam früh als Autodidakt zur Fotografie und hat sie seitdem zu seiner Berufung gemacht. Neben der Fotografie im Eventbereich und der kommerziellen Branche, fotografiert er hauptsächlich Menschen und verbindet dieses Genre mit Reisen und diversen Projekten. Das Hauptaugenmerk liegt dabei auf Ethnien, Religionen und Kultur. Beruflich tätig ist Oberlechner weitgehend in Südtirol und dem gesamten deutschsprachigen Raum.   hallo@florianoberlechner.com


Halte dich über die Kulturszene am Laufenden. Eine Auswahl: Online-Veranstaltungskalender Contakt Euregio, Kulturkalender der Europaregion Tirol-Südtirol-Trentino  contakt.europaregion.info Encaleo, u. a. Kulturkalender auf Open Street Map  www.encaleo.com Kultur.bz.it, Südtiroler Kulturkalender  kultur.bz.it Wos geat haint?, Von Partypeople - Für Partypeople!  www.wosgeathaint.it Online-Magazine mit Schwerpunkt Kultur, Jugend Barfuss, Das Südtiroler Onlinemagazin  barfuss.it franzmagazine, More than apples and cows  franzmagazin.com Gana, magazine femenil  ganamagazine.it Salto.bz, Das Nachrichten- und Communityportal für Südtirol  salto.bz Cicero, Magazin für politische Kultur  cicero.de Jetzt - Gesellschaft, Netz, Leben, Lieben, Job & Pop   jetzt.de Krautreporter: Verstehe die Zusammenhänge  krautreporter.de UnderTrenta, piattaforma editoriale per giovani  undertrenta.it Printmedien mit Schwerpunkt Kultur, Jugend Kulturelemente, Zeitschrift für aktuelle Fragen  kulturelemente.wordpress.com 39NULL, Magazin für Gesellschaft und Kultur  39null.com Vissidarte, Kunst und Leben an der Passer  facebook.com/Vissidarte Cognac und Biskotten, Tiroler Literaturmagazin  cobi.at Komplex, Kulturmagazin Innsbruck  facebook.com/komplex.kulturmagazin Quart, Heft für Kultur Tirol  quart.at UND, Heft für Alternativen, Widersprüche und Konkretes  diebaeckerei.at/das-und-heft Fluter, Jugendmagazin der Bundeszentrale für politische Bildung  fluter.de MONOCLE, A briefing on global affairs, business, culture & design  monocle.com Missy Magazine, Feministisches Magazin für junge Frauen  missy-magazine.de NEON, Gesellschaftsmagazin für Menschen zwischen 20 und 35 Jahren  neon.de Printmedien allgemein Alto Adige, Quotidiano  altoadige.gelocal.it/bolzano Corriere dell’Alto Adige / Corriere della Sera  corriere.it/edizioni-locali Die Neue Südtiroler Tageszeitung  tageszeitung.it Dolomiten, Tagblatt der Südtiroler  stol.it FF, Das Südtiroler Wochenmagazin  ff-online.com Zusätzliche Inhalte zu den Artikeln findest du in der digitalen Ausgabe unter www.provinz.bz.it/NUJ auf Facebook unter www.facebook.com/NUJZeitschrift Hast Du Kritik, Anregungen und Tipps oder möchtest Du die kommenden Ausgaben nach Hause geschickt bekommen? Schreibe eine E-Mail an kultur@provinz.bz.it


„Bitte mir den Kopf von links nach rechts sehend zu präparieren.” Irene Hopfgartner Seite 6–7

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