Sport 2016 Südtirol - Alto Adige

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Skilanglauf

„Es war eine narrisch schöne Zeit“ Von Thomas Debelyak

Die Nachricht kam überraschend, keine Zweifel. Doch Skilangläufer Roland Clara sah die Zeit einfach gekommen. Im Sommer 2016 verkündete der damals 34-Jährige das Ende seiner aktiven Langlauf-Karriere. „Irgendwann kommt einfach der Zeitpunkt, an dem man ein neues Kapitel aufschlagen muss“, so Clara, der mit diesem „neuen Kapitel“ explizit einen Lebensabschnitt als Klein-Hotelier meint. „Ich habe gefühlt, dass der richtige Moment gekommen ist“, erklärt der Pusterer in einem Interview unmittelbar nach seinem Karriereende im Augst, „In Reischach habe ich eine Bed & Breakfast-Garni gebaut, die ich nun führe. Zudem blieb als Profisportler kaum Zeit für meine Familie. Immer dann, wenn ich aufgebrochen bin, fragten mich meine beiden Kinder mit Tränen in den Augen, wann ich wieder da sein werde. In der Saison 2015/16 habe ich die Situation ernsthaft überdacht und bin zum Entschluss gekommen, dass ich kein egoistisches Ding durchziehen wollte. Heute bin ich sehr froh über meine Entscheidung.“

Über 200 Weltcuprennen, 11 Podestplätze Mit dem Karriereende von Clara geht ein Teil Südtiroler Langlaufgeschichte verloren. Der einstige Skating-Spezialist gab sein WeltcupDebüt im März 2005 in Lathi. Seitdem heimste er in über 210 Weltcuprennen drei Staffel-Podestplätze und acht Stockerl-Ränge in IndividualRennen ein. Der größte Erfolg des Reischachers war dabei der Aufstieg zum Cermis während der Tour de Ski von 2015, als Clara seinen ersten und einzigen Weltcupsieg erringen konnte. Fünf Mal nahm er an einer WM teil, wobei der mit der italienischen Staffel zweimal auf Rang vier landete und das Podest nur knapp verpasste. Außerdem war er bei zwei Olympischen Spielen vertreten. Ob er mit seinem Karriereverlauf zufrieden ist? „Ja, es war eine narrisch schöne Zeit. Ich habe so viele tolle Momente erlebt, wie beispielsweise den Cermis-Sieg oder auch die WM 2011 in Norwegen, als ich vor über 100.000 Zuschauern Rennen bestritt. Das schönste an meiner Karriere waren aber die Freundschaften, die ich in all den Jahren geknüpft habe.“ Nun beginnt für Roland Clara ein neuer Lebensabschnitt. Eine Rückkehr in den Profisport schließt er aus. „Vielleicht komme ich Mal als Trainer der Kinder zurück. Zurzeit habe ich aber nur meine Familie und meine Garni im Kopf. Ich vergleiche es gerne mit dem Langlaufen: Verlassen die Gäste glücklich meine Pension, so ist das dieselbe Genugtuung wie ein starkes Resultat im Rennen.“

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