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Schwerpunkt

ZWISCHEN HOFFEN UND BANGEN – SYNODALER WEG UND RÖMISCHE STÖRFEUER MIT EINER INSTRUKTION

Kaum ein Tag vergeht, an dem kein banger Blick von Deutschland nach Rom geht, welches neue Verbotsschild dort wohl wieder aufgestellt wird. Beispiele: Pfarreireform im Bistum Trier, Kommunionempfang für konfessionsverschiedene Paare, wechselseitige ökumenische Teilnahme am Abendmahl und an der Eucharistie.

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Derweil setzen viele Bischöfe und Gläubige auf innerkirchliche Veränderungen. Die MHG-Studie zu sexuellem Missbrauch 2018 hat die Felder benannt, die dringend einer Bearbeitung bedürfen: geistliche Macht und Machtkontrolle, Priesterbild, Sexualmoral und Teilhabe der Frauen in der Kirche. Diesen Themenfeldern widmet sich der Synodale Weg, auf dem die Deutsche Bischofskonferenz und das Zentralkomitee der deutschen Katholiken (ZdK) gemeinsam voranschreiten, ungeachtet aller Corona-bedingten Einschränkungen. Doch auch hier Stoppschilder: Papst Franziskus warnte schon im Schreiben vom 29. Juni 2019 vor geistlosem Aktionismus, bei dem nur Strukturen geändert würden, aber die Evangelisierung auf der Strecke bleibe. Auf dieser Linie spielen reaktionäre katholische Kreise die Evangelisierung gegen Kirchenreformen aus. Dies ist aber ein billiges Ablenkungsmanöver, denn gerade die Missstände und Versäumnisse in den vier genannten Bereichen haben den Menschen den Glauben erschwert und die Freude an der unwiderstehlichen Botschaft des Evangeliums vergällt. Deshalb darf man den Vereinfachern nicht auf den Leim gehen: Reform und Evangelisierung gehen Hand in Hand. Die Bischofskongregation und der Päpstliche Rat für Gesetzestexte warnen im Kontext des Papstschreibens von 2019 auch vor nationalen Alleingängen. Viele Themen, wie die Weihe von Frauen, hätten weltkirchlichen Charakter und könnten von den Bistümern eines Landes nicht behandelt werden. Kardinal Rainer Woelki (Köln) und Bischof Rudolf Voderholzer (Regensburg) bedienen willfährig dieses Stereotyp, indem auch sie vor einer deutschen Nationalkirche und theologisch unterkomplexen Alleingängen des deutschen Katholizismus warnen. Sogenannte „ewige Wahrheiten“, wie das Verbot der Weihe von Frauen zu Priestern, könnten nun einmal nicht verändert werden.

Fast gewinnt man bei diesen beiden Bischöfen den Eindruck, 200 Jahre Dogmengeschichte und Dogmen-

hermeneutik seien spurlos an ihnen Für die deutsche Situation ist der vorübergegangen. Die ewige Wahr- Synodale Weg eine letzte Chanheit ist Jesus Christus, der Erlöser ce, die Kirche so zu erneuern, dass selbst. An ihm ist sie verloren alles auszurich- gegangenes ten. Darüber kann „Die katholische Vertrauen zues in der Tat keine Wahrheit ist in einer rück gewinnt. zwei Meinungen weltumspannenden Man mag es geben. Ansonsten aber ist es Kirche polyphon, kirchenrechtlich bedauern, der katholischen vielstimmig.“ dass die StaKirche zu allen tuten des SynZeiten - oft spät odalen Weges und mit Schmerzen - gelungen, sich die Beratungsergebnisse von vornals „Volk Gottes unterwegs“ immer herein in die Sphäre der Unverbindwieder neu an Christus aus- und auf- lichkeit stellen: Kein Diözesanbischof zurichten, sich zu wandeln und dabei ist an diese Beschlüsse gebunden. gewaltige Inkulturationsleistungen Dies hätte anders ausgesehen, wenn zu erbringen. Man denke nur an die man sich - wie in der Würzburger Chinamission der Jesuiten. Mein Kol- Synode (1972-1975) – als Nationallege Michael Seewald hat luzide auf- synode mit rechtlicher Bindekraft gewiesen, dass die katholische Kir- ihrer Entscheidungen aufgestellt che im Laufe der Zeit selbst Dogmen hätte. Gleichwohl ist der begonnegeändert hat. Es ist beileibe nicht so, ne Prozess mit allem Wohlwollen dass die katholische Kirche immer ein monolithischer Block und Hort und theologischer Unterstützung zu begleiten. Die bisherigen Debatten belegen Freimut und verantwortliche Rede von Gott. Vielleicht werden die Änderungsvorschläge zur Sexualmoral für viele enttäuschte Katholiken_innen zu spät kommen. Aber die katholische Kirche kommt damit vielleicht intellektuell im 21. Jahrhundert an.

Vielen noch mit der katholischen Kirche verbundenen katholischen Christ_innen droht der Verlust ihrer örtlichen Heimat, der Pfarrgemeinde. Aufgrund des Priestermangels werden immer größere Einheiten geschaffen, auch im Bistum Münster. Zusammen mit den hauptamtlichen Seelsorger_innen übernehmen Ehrenamtliche Verantwortung für ihre Gemeinden – im Sinne des Prinzips „Gemeinsam Kirche sein.“ Bischof Felix Genn unterstützt solche Ent-

unveränderlicher Glaubenslehren gewesen wäre. Verurteilte Papst Leo XIII. noch Ende des 19. Jahrhunderts die Religionsfreiheit als Teufelswerk, so begrüßten die Väter des II. Vatikanums eben diese Religionsfreiheit als unbedingtes Menschenrecht.

Die katholische Wahrheit ist in einer weltumspannenden Kirche polyphon, vielstimmig. Was in Deutschland geistlich Not tut, das kann sich in Lateinamerika oder Asien ganz anders darstellen. Dortige Fragen können zu anders akzentuierten theologischen und pastoralen Antworten führen.

FOTO: PRIVAT

Zur Person

Prof. Dr. Thomas Schüller, geboren in Köln (1961), Studium der Katholischen Theologie und des Kirchenrechts in Tübingen, Innsbruck, Bonn und Münster. 16 Jahre bis 2009 Leiter der Rechtsabteilung/Kirchliches Recht, Bischöflicher Notar und Persönlicher Referent von Bischof Franz Kamphaus im Bischöflichen Ordinariat Limburg und Kirchenanwalt im Bischöflichen Offizialat Limburg. Nach Lehrtätigkeiten in St. Georgen/Frankfurt am Main, ab 2005 o. Professor für Kirchenrecht an der Philosophisch-Theologischen Hochschule in Vallendar und ab 2/2009 Direktor des Instituts für Kanonisches Recht an der WWU und zugleich Prof. für Kirchenrecht und Kirchliche Rechtsgeschichte an der Katholisch-Theologischen Fakultät der WWU.

wicklungen inzwischen mit allem ment auch nicht schönreden mit dem Nachdruck, und das ist gut so. Ge- beschwichtigenden Hinweis, in den meinden können auch ohne die stän- ersten 40 Nummern sei doch viel dige Präsenz von Priestern existie- von Evangelisierung und vom Enren. Es bleibt dafür Sorge zu tragen, gagement aller Gläubigen die Rede. dass die Eucharistie gefeiert und die Am Ende ist dies Schall und Rauch, Sakramente gespendet werden, aus wenn der Pfarrer rechtlich zum audenen die Kirche lebt. So ist es übri- tokratischen Pfarrherrn hochgejazzt gens in vielen Teilen der Weltkirche. wird, der letztlich alles allein entDie Amazonassynode hat dies nach- scheiden und bestimmen kann. drücklich gezeigt. Franziskus bleibt ein Papst der DopIn diese Konstellation fährt wie der pelbotschaften: Schöne Worte und Blitz aus heiterem Himmel - ohne Gesten bleiben an klerikalen Fijede Rücksprache mit den Bischöfen rewalls hängen. Dahinter schalten der Weltkirche – die Instruktion der und walten allein die Kleriker; GläuKleruskongregation zur Bedeutung bige werden zu bloßen Objekten der Pfarrei und der Pastoral. zur Stellung des Franziskus ist Pfarrers. Allein ein Ankündider Pfarrer habe „Gemeinden können gungspapst. zu entscheiden, auch ohne die Er verspricht Pfarrgemeinde- ständige Präsenz von Reformen, ohräte und Kirchen- Priestern existieren.“ ne sie dann vorstände seien wirklich zu reine Beratungs- wollen und organe, und über- ins Werk zu haupt sollten Laien_innen es sich setzen. Schlaue Jesuiten versunicht anmaßen, priesterliche Aufga- chen, ihren Ordensbruder in ben zu übernehmen. Das ist nicht Weiß beharrlich zu entschuldigen, nur ein Schlag ins Gesicht der vielen indem sie auf seine ignatianische engagierten Gläubigen, ohne die vor Prägung verweisen. Der Papst beOrt schon längst nichts mehr liefe, diene sich der auf den heiligen Igsondern es ist auch eine kirchenpo- natius von Loyola zurückgehenden litische Kampfansage an die refor- Methode der geistlichen Unterscheimorientierten Regionen der katholi- dung. Diese rät dazu, nicht vorschen Kirche. schnell zu handeln – und somit sei der Papst in seiner Zurückhaltung Und der Papst? Wieder lässt Fran- gut beraten. Paradebeispiel: die ziskus seine Kurie gewähren. Er hat Nichtumsetzung des Mehrheitsvodie Instruktion unterschrieben und tums auf der Amazonas-Synode zur sie sich damit zu eigen gemacht. Man Weihe verheirateter Männer (viri sollte sich dieses verheerende Doku- probati) zu Priestern. Diese Argumentation pro Papa verschleiert mehr, als sie erklärt. Sie umgibt den Reformunwillen des Papstes, der diese Reformen kraft seines Amtes als absoluter Wahlmonarch mit unbegrenzter Jurisdiktionsgewalt initiieren könnte, mit einem spirituellen Schleier. Franziskus als geistlicher Exerzitant. Das wird der Fallhöhe von Amt und Person nicht gerecht. Bei anderen Gelegenheiten, wie der Absetzung von Bischöfen, scheut Franziskus sich übrigens keineswegs, von seinen pontifikalen Vollmachten Gebrauch zu machen. Er wolle eine synodale Kirche, sagt er. Durch sein Tun jedoch, vor allem aber durch sein Unterlassen, das der römischen Kurie weitgehend freie Hand gibt, zementiert er eine „klerikale Pastoralmacht“ (Gregor Maria Hoff, Julia Knop und Thomas Söding), die die katholische Kirche theologisch nach rückwärts und intellektuell ins Abseits führt. Aus einer Kirche des Volkes droht eine Sekte von Recht(s)gläubigen zu werden, die als vermeintliche „Kontrastgesellschaft“ (Bischof Voderholzer), abgeschottet von der Welt, der Gegenwart die Stirn zu bieten glaubt – und sich in Wahrheit nur der erneuernden Dynamik der Frohen Botschaft verweigert.

Wäre dies das letzte Wort über die Kirche von heute – sie hätte keine Zukunft. Doch zwischen Bangen und Hoffen bleibt die Zuversicht auf den Heiligen Geist, der uns Trost und Kraft und Beistand ist.

Prof. Dr. Thomas Schüller

„KIRCHE BRAUCHT VERÄNDERUNG“: ZWEI POSITIONEN AUS DER VERBANDLICHEN ARBEIT

1. Was ist deine Motivation, dich in der Kirche zu engagieren?

Ich bin in einer christlich geprägten Familie groß geworden und habe so schon als Kind christliche Werte vermittelt bekommen und erleben dürfen. Die Kirche habe ich als Ort der Gemeinschaft wahrgenommen, da Kirche für mich auch immer in Verbindung mit unserer Kolpingsfamilie stand. Dieses Gefühl der Gemeinschaft, das Gefühl, nicht allein zu sein, möchte ich auch anderen Menschen zugänglich machen und engagiere mich deshalb im Rahmen von Kirche.

2. Was muss sich aus der Sicht junger Menschen in der Kirche ändern?

In meiner Ausbildung zur Religionslehrerin habe ich gelernt, dass das wichtigste am Religionsunterricht der Bezug zwischen dem Alltag der Schüler_innen und dem Thema im Unterricht ist. Die Schüler_innen sollen verstehen, was z. B. das Thema „Gleichnisse“ mit ihrem Leben zu tun hat, obwohl diese schon über 2.000 Jahre alt sind. Ich finde, dass genau das in der Kirche in Angriff genommen werden muss.

FOTO: BRITTA VON LEHMDEN

Zur Person

Theresa Nienaber, 28, arbeite als Lehrerin an einer kirchlichen Oberschule und unterrichtet unter anderem das Fach katholische Religion. Seit ihrer Kindheit ist sie in der Kolpingsfamilie aktiv. In den Jahren 2010-2016 hat Theresa Nienaber den Vorstand der Kolpingjugend Land Oldenburg als Landesleiterin im Vorstand unterstützt. Junge Menschen sollen erkennen können, was die christlichen Inhalte mit ihnen selbst zu tun haben und wie sie ihnen in ihrem Alltag helfen können.

3. Welche Erneuerungen sind für dich besonders wichtig?

Mir ist es wichtig, dass die Kirche sich an die aktuelle Zeit anpasst, sich selbst aber treu bleibt. Gar nichts zu ändern wäre für mich genauso fatal wie Kurzschlusshandlungen. Ich finde, dass die Kirche ihre Basis und deren Bedürfnisse stärker in den Blick nehmen sollte. Diese Bedürfnisse sollten mit den Lehren der Kirche verknüpft werden. Vor allem Kinder und Jugendliche wachsen in der heutigen Zeit meistens mit Entfernung zur Kirche auf, sodass sie diese nicht mehr kennen. Sie müssen die Kirche, das Gebäude, die Gemeinschaft aber auch den Gottesdienst, selbst wieder kennenlernen, um sich selber darin wiederfinden zu können.

4. Wie bewertest du die Leitungsstruktur in der Kirche?

Ich finde besonders die Stellung der Frau in der Kirche bedenkenswert. Bevor ich mich für den Berufsweg des_r Lehrer_in entschieden habe, war ich auch interessiert an einem Beruf innerhalb der Kirche. Doch der Weg für Frauen mit theologischer Ausbildung in der Kirche sieht nur den Beruf der Pastoralreferentin vor, das war mir persönlich zu wenig. Daher habe ich mich für den Beruf der Religionslehrerin entschieden.

5. Inwiefern passen der Alltag von jungen Menschen und die

Lehren der Kirche heute noch zusammen?

Wenn man sich mit den Lehren der Kirche beschäftigt, fällt schnell auf,

1. Was ist deine Motivation, dich in der Kirche zu engagieren?

Ich habe in der Kirche, in meiner Heimatgemeinde aber vor allem in den Jugendverbänden, unglaublich viele schöne und wichtige Erfahrungen gemacht. Durch mein Engagement möchte ich auch anderen solche Erfahrungen ermöglichen und die guten Seiten der Kirche hervorheben. Angesichts der vielen Missstände in unserer Kirche schwingt bei meiner Motivation mittlerweile auch eine ganze Menge Trotz mit.

2. Was muss sich aus der Sicht junger Menschen in der Kirche verändern?

Ich erlebe häufig, dass es junge Menschen gibt, die durch die Kirche nicht mehr angesprochen werden, weil sie so weit weg ist von ihrer Lebensrealität. Immer mehr junge Menschen in meinem Umfeld können die Positionen der Kirche nicht mehr mit ihren moralischen Ansprüchen vereinbaren, beispielweise bei

Leben, auch zum Leben von jungen Menschen, hat. Der wichtigste Aspekt aus meiner Sicht ist die Communio/Gemeinschaft. Die heule schauen nur auf ihren eigenen Vorteil. Die Kirche bietet hier mit dem Gedanken der Communio ein Gegenmodell, mit dem der Mensch längerfristig gesehen mehr erreichen kann als allein.

Theresa Nienaber

tige Zeit ist sehr ichbezogen, viedass es sehr viele Parallelen zum den Themen Macht, Frauen, Sexualmoral. Kirche muss also zeitgemäß werden und darf keine Angst haben, ihre Ansichten und Lehren zu korrigieren, um die Botschaft von Liebe und Hoffnung glaubwürdig in die Welt tragen zu können.

3. Welche Erneuerungen sind für dich besonders wichtig?

Es ist so lange nichts mehr passiert, dass jetzt aus meiner Sicht sehr schnell, sehr viel passieren muss. Im Mittelpunkt stehen für mich konsequente und ehrliche Gleichberechtigung und Gerechtigkeit, ganz im Sinne der Botschaft Jesu. Zum einen mit Blick auf das Verhältnis von Priester_ innen und Laien_innen, es braucht demokratische, transparente und kompetenzorientierte Strukturen. Zum anderen mit Blick auf die Ge-

FOTO: PRIVAT

Zur Person

Lukas Färber, 22 studiert Soziale Arbeit in Münster und stammt ursprünglich aus dem Sauerland. Dort ist er Geistliche Begleitung der KLJB Rahrbachtal. Obwohl er seine verbandlichen Wurzeln bei der Landjugend hat, ist Lukas Färber seit September 2019 Mitglied der KjG Münster und seit kurzem deren Diözesanleitung. Für einige Monate war er im Beratungsteam der Kolpingjugend Münster aktiv. Der Student ist Mitglied der Synodalversammlung (als einer der U30-Vertreter_innen) und Mitglied des Forums zu "Frauen in Diensten und Ämtern in der Kirche.

schlechter. Die Zulassung zu Weiheämtern sollte einzig anhand der Berufung und Kompetenz entschieden werden und nicht nach Geschlecht. Außerdem braucht es Gleichberechtigung mit Blick auf die verschiedenen sexuellen Orientierungen.

4. Wie bewertest du die Leitungsstruktur in der Kirche?

Mangelhaft. Die intransparenten, männerbündischen und diskriminierenden Strukturen unserer Kirche sind nicht vertretbar. Die institutionalisierte Kirche ist aufgebaut wie eine absolutistische Monarchie, ohne jede Rechenschaftspflicht oder anderweitige Kontrolle. Wohin das führen kann hat uns der Miss-

MEDIENTIPPS

Die Veröffentlichung der Instruktion aus Rom hat bei vielen Christ_innen und in der Bevölkerung insgesamt für Überraschung und Kritik gesorgt. Dementsprechend zahlreich waren die Reaktionen in den Medien. Nachfolgend eine Auswahl an Texten und Podcasts zum lesen bzw. weiterhören:

Die vollständige Fassung der

Instruktion der Kongregation für den Klerus ist bei der Deutschen

Bischofskonferenz hinterlegt: http://ourl.de/cf6ed

Die ersten Reaktionen von Verbänden und Laien_innen bündelt der Artikel „Laien wütend über

Vatikan-Papier zur Gemeindeleitung“: http://ourl.de/246b2 brauchsskandal auf schrecklichste Art und Weise gezeigt.

5. Du engagierst dich beim

Synodalen Weg. Welche Aufgaben beinhaltet das?

Ich bin Mitglied der Synodalversammlungen, dort werden die wichtigen Entscheidungen getroffen. Das erfordert einiges an Einarbeitung und Auseinandersetzung mit den verschiedensten Sichtweisen. Darüber hinaus gehören auch Pressearbeit und Besuche in interessierten Pfarrgemeinden, Verbänden und Gremien zu meinen Aufgaben, damit der Synodale Weg ein Weg der Vielen werden kann.

Der Deutschlandfunk kritisiert die Instruktion als „Papier der Hilflosigkeit“: http://ourl.de/f0237

Burkhard Jürgens erläutert in Kirche und Leben „Wie es zur neuen

Vatikan-Instruktion gekommen ist“: http://ourl.de/dc036

Im Blog „Papstgeflüster“ hält das

ZDF die Leser_innen über alle

Neuigkeiten aus dem Vatikan auf dem Laufenden: http://ourl.de/eb463

WDR 5 setzt sich in „Diesseits von Eden“ ebenfalls mit der

Instruktion auseinander. Beiträge in der Audiothek: http://ourl. de/95914 , http://ourl.de/b3e82

6. Inwiefern passen der Alltag von

Jugendlichen und die Lehren der Kirche heute noch zusammen?

An vielen Stellen gibt es da kaum noch eine Verbindung. Selbst sehr gläubige Menschen gestalten ihren Alltag nicht nach den offiziellen Lehren der Kirche. Das gilt vor allem für das Thema der Sexualmoral. Ich glaube trotzdem, dass die Werte der Botschaft Jesu im Leben junger Menschen noch immer eine große Rolle spielen - (Nächsten-)Liebe, Gerechtigkeit, Menschlichkeit. Leider steht die Kirche sich mit ihren Lehren oft selbst im Weg.

Lukas Färber

Medientipps

Im Interview äußert sich Maria Bubenitschek, Leiterin der Abteilung Seelsorge im Bistum Münster: http://ourl.de/361ef Der Spiegel berichtet über den aktuellen Stand im Artikel „Vatikan brüskiert deutsche Laien“: http://ourl.de/cc4fd

„MEHR ORIENTIERUNG AN DER LEBENSWIRKLICHKEIT“

Was junge Menschen konkret von der Kirche erwarten

„Kirche wird bei jungen Leuten belächelt. Da muss Coolness und nen roter Faden her,“ so ein O-Ton aus der Umfrage zu Beginn des Projektes frei.raum.coesfeld für junge Erwachsene in Coesfeld. Im November 2016 wurden Fragebögen an knapp 2.700 katholische Coesfelder_innen zwischen 25 und 35 Jahren verschickt. Davon sind 240 Fragebögen (knapp 9%) vollständig ausgefüllt zurückgekommen – ein guter Schnitt für Umfragen dieser Art. Die Ergebnisse der Umfrage sind seitdem maßgeblich für die Junge Erwachsenen Pastoral der beiden Coesfelder Pfarreien Anna Katharina und St. Lamberti, an die das Projekt frei.raum.coesfeld angebunden ist.

Wünsche, Ideen und Forderungen an die Coesfelder Kirche wurden von den jungen Erwachsenen im mit Blick auf die Liturgie benannt: Die Teilnehmenden wünschen sich Veränderung in der Sprache und der Musik, wie zwei O-Töne aus der Umfrage verdeutlichen: „Die Messe moderner & lockerer gestalten […] besonders die Liedtexte modernisieren.“ Und: „Dass es [der Gottesdienst] den Interessen und der heutigen Zeit angepasst ist. Die Bibel/ religiöse Texte in die heutige Zeit übersetzt werden. Gemeinschaft erlebt werden kann und die Musik dem Alter/der Zeit angepasst ist.“ Generell möchten junge Erwachsene eine andere Atmosphäre bei kirchlichen Veranstaltungen. Diese müssten „begeisternd, beeindruckend, ungezwungen“ sein, damit junge Erwachsene auch eine Woche später noch davon erzählen. Oft ist dies jedoch anders, deshalb wünschen sich die Umfrageteilnehmer_innen ein anderes Erscheinungsbild von dem neuen kirchlichen Projekt frei.raum:

Rahmen der Umfrage hauptsächlich „Man sollte nicht sofort sehen, dass es von Kirche ist. Das würde abschrecken…“.

Vor allem aber vermissen junge Erwachsene eine Orientierung am Hier und Jetzt sowie an der eigenen Lebenswirklichkeit. Die Angebote sollten lebensnah sein, so der meistgenannte Wunsch an das Projekt. Außerdem wünschen sich junge Erwachsene „Kein Leben in der Vergangenheit […]“ und „Moderne Aktivitäten am Puls der Zeit“.

Interessant dabei: Die Umfrageteilnehmer_innen haben eine tendenziell positive Einstellung zur Kirche. Der Aussage „Ich finde es gut, dass es Kirche gibt“ stimmten 52% voll und ganz zu, 39% stimmten eher zu. Gleichzeitig formulieren sie ebenso deutlich den Wunsch nach Veränderung in der Kirche: 56% stimmten voll und ganz zu, 33% stimmten voll zu, dass Kirche sich ändern muss, wenn sie eine Zukunft haben will. Außerdem stimmten 15% voll und ganz zu und 47% voll zu, dass Kirche keine Antworten auf die Fragen hätte, die sie wirklich bewegen.

Die Umfrage an sich wird sehr positiv bewertet. Es wird lobend erwähnt, dass Kirche nach der Meinung und den Wünschen der jungen Erwachsenen fragt. Exemplarisch:

„Auf so etwas habe ich lange gewartet. Leider gerät meine Altersgruppe oft in Vergessenheit. Hier wird endlich mal gefragt, was wir wollen.“ Mittlerweile ist das Projekt der beiden Coesfelder Pfarreien etabliert. Regelmäßig bietet frei.raum.coesfeld unterschiedliche Veranstaltungen und Angebote speziell für junge Erwachsene an. Die Angebote entstehen partizipativ, d.h. aufgrund von Wünschen, Ideen oder Vorschlägen junger Erwachsener. Dabei ist es zwar möglich, sich an der Vorbereitung und Durchführung aktiv zu beteiligen, aber niemand muss mitmachen. frei.raum. coesfeld bietet jungen Erwachsenen die Möglichkeit an kirchlichen Veranstaltungen teilzunehmen und sich inspirieren zu lassen. Das kommt gut an: „In vielen Bereichen des Lebens leistet man was und gibt was und bei frei.raum hat man nicht nur was gegeben, sondern vor allem was bekommen/ mitgenommen (nichts materielles, sondern Worte, Anregungen, Anstoß)“. dran sein kann, wenn es die ‚richti-

FOTO: MICHAELA KIEPE / BISCHÖFLICHE PRESSESTELLE MÜNSTER

gen‘ Angebote gibt.“ Theologisch formuliert hat sich die Kirche das im zweiten Vatikanischen Konzil selbst ins Stammbuch geschrieben. In Gaudium et spes 1 heißt es „Freude und Hoffnung, Trauer und Angst der Menschen von heute, besonders der Armen und Bedrängten aller Art, sind auch Freude und Hoffnung, Trauer und Angst der Jünger Christi.“ In den Coesfelder Gemeinden scheint das Entscheidend bei den Angeboten und Veranstaltungen ist jeweils die kreative Konfrontation des christlichen Glaubens mit den Lebensthemen der jungen Erwachsenen und welche Antworten und Hilfen die Kirche für deren Herausforderungen anbieten kann. Da sollte Kirche (wieder) hin, so zumindest lässt sich wachsenen im Rahmen der Projektevaluierung von frei.raum.coesfeld deuten: „Ich bin beeindruckt, wie nah Kirche an meiner Lebenswelt

in Bezug auf die jungen Erwachsenen durch das Projekt frei.raum. coesfeld ganz gut zu funktionieren, denn im Rahmen der Evaluierung des Projektes stellte eine junge Erwachsene verwundert fest: „Kirche hat für mich doch noch Zukunft.“

Daniel Gewand

Weitere Infos zu frei.raum.coesfeld gibt es auf: https://freiraumcoesfeld.word press.com/

der Kommentar einer jungen Er-

FOTO: JOHANNES HÖRNEMANN

Zur Person

Daniel Gewand ist Pastoralreferent und Verantwortlicher für das Projekt frei.raum.coesfeld für junge Erwachsene. Er ist Autor und Sprecher bei Kirche in 1LIVE. Beruflicher Werdegang : Theologiestudium an der Ruhr-Universität Bochum, ifp Journalistenausbildung, Jahreshospitation beim WDR Hörfunk. Ende des Jahres erscheint im Aschendorff Verlag sein Buch „Gott ist wie Husemann. Geschichten über Gott in 90 Sekunden erzählt“ mit 85 kurzen Geschichten über Gott, Glauben und Kirche.

„DURCH UNSER TUN ÜBERZEUGEN“

Eine Gesprächsrunde mit Geistlichen Leitungen

1. Was ist Ihre Motivation für die

Aufgabe als Geistliche Leitung?

Schlätker: Irgendwann hat mich die frohe Botschaft gepackt und seidem bin ich ehrenamtlich unterwegs. Ich hatte das Glück, in frühester Jugend auf gute Priester zu treffen, die mich auf dem Weg begleitet haben. Kloster: Ich bin durch meine Mutter christlich geprägt worden, Wallfahrt als Selbstverständnis. Daraus ist der Wunsch entstanden, das anderen Menschen weiterzugeben. Damhus: Als Kolpingsfamilie und speziell als Geistliche Leitung können wir den Menschen in den sich ständig ändernden Strukturen eine geistliche Heimat bieten, ihnen im Glauben ein Zuhause geben.

2. Laien in der Kirche: Wo sollten diese Ihrer Meinung nach stehen?

Damhus: Durch die Taufe sind wir zum allgemeinen Priestertum berufen. Die Laien sind diejenigen, die die frohe Botschaft ins Leben tragen. Zum Volk Gottes gehört jeder, Laien und Kleriker, nach meinem Verständnis. Schlätker: In Sachen „Laie“ muss ich Alexandra Recht geben, zwar bezeichnet das Wort im Griechischen ganz schlicht „das Volk“, im religiösen Gebrauch bezeichnet es aber jemanden, der nicht Geistlicher ist; das findet sich konkret auch so im Katechismus der Katholischen Kirche.

3. Zum Synodalen Weg, zur Erneuerung der Kirche: Was ist besonders wichtig?

Damhus: Die Aufarbeitung sämtlicher Missbrauchsfälle, die Gleichberechtigung von Männern und Frauen, ich denke da an die Diakoninnen-Weihe. Geschiedene wiederverheiratete Paare sollten zur Kommunion zugelassen werden. Die

FOTO: STEFANIE HAVERKOCK

Zur Person

Ludger Kloster, 63 Jahre alt, Küster im Ehrenamt, verheiratet, 2 erwachsenen Kinder, fünf Enkel, seit 1972 Mitglied der Kolpingsfamilie Hochmoor, seit 10 Jahren Geistlicher Leiter der Kolpingsfamilie Borken, 13 Jahre als Notfallseelsorger unterwegs, bis vor einem Jahre noch im Diözesanfachausschuss „Kirche mitgestalten“ aktiv, organisiert zahlreiche Aktionen im Ort, auch in Zusammenarbeit mit dem Heimatverein Anerkennung von gleichgeschlechtlichen Partnerschaften mit einer Segnung. Kloster: Von der Ökumene her gesehen wünsche ich mir die gegenseitige Einladung zum Abendmahl bzw. das gemeinsame Abendmahl. Die Taufe wird ja gegenseitig anerkannt, es fehlt der nächste Schritt. Schlätker: Dass wir als Geweihte und nicht Geweihte zu einer gleichberechtigten Zusammenarbeit finden.

4. Wie war Ihre Reaktion auf die

Instruktion des Vatikans vom

Juli 2020?

Damhus: Manches daran irritiert mich, es ist sicher ein Dokument voller Gegensätze. Ich bin gespannt, ob auch die Aussagen, wie in Artikel 98, Auswirkungen auf das pastorale Leben haben. Darin heißt es, dass Laien vom Bischof beauftragt werden können, zur Taufe und zur Eheassistenz. Kloster: Ich habe mich geärgert, aber ich hab mich gefreut, dass unser Bischof an seinen bisherigen Strukturen festhält. Als ich die Stellungnahme von Bischof Genn gelesen habe, war ich positiv überrascht.

5. Wie ist Ihre Einschätzung: Fühlen junge Menschen sich noch aufgehoben in der Kirche?

Damhus: Für die Kolpingjugend ist Diözesanpräses Franz Westerkamp

zuständig. Er könnte da vermutlich aktuellere Antwort geben. Aus meiner Zeit als Pastoralreferentin in der Gemeinde kann ich berichten, dass gerade Kinder sich sehr gut auf biblische Geschichten und die Botschaft Jesu einlassen. Persönlich kam ich schon mal an meine Grenzen, wenn ein Kommunionkind fragte, warum es als Mädchen nicht Pastor werden kann. Eltern und Kinder reagierten mit Unverständnis auf die klassischen Antworten. Für Jugendliche, so ist mein Eindruck, ist die Glaubwürdigkeit zwischen dem, was verkündet wird und dem, wie sie Kirche Zur Person Alexandra Damhus; 51 Jahre alt, Pastoralreferentin des Bistums Münster, seit 2017 Geistliche Leiterin des Kolpingwerks Diözesanverband Münster FOTO: PRIVAT Zur Person Bernhard Schlätker: 65 Jahre alt, Diplom-Finanzwirt, verheiratet, drei erwachsene Töchter, vier Enkel, in der Kirchengemeinde aktiv als Lektor und Kommunionhelfer; seit 1984 im Vorstand der Kolpingsfamilie Legden, dort viele Jahre Vorsitzender; Ausbildung zum Geistlichen Leiter, Ausübung seit 4 Jahren, das beinhaltet auch die Beauftragung zur Durchführung von Wort-Gottes-Feiern, u.a. im Auftrag der Pfarrgemeinde im örtlichen Altenwohnhaus St. Josef. vor Ort und auch in der Öffentlichkeit erleben, ein wichtiger Gradmesser für die Frage des Glaubens. Kloster: Bei gewachsenen Strukturen erlebe ich, dass da der Glaube noch wichtig ist bei den Lebensentscheidungen, zum Beispiel bei der Heirat die kirchliche Trauung. Schlätker: Das hängt von den örtli-

„Die Freude, diese Aufgabe auszufüllen ist weitaus höher, als manche Irritation über die Institution Kirche.“

chen Strukturen ab. Wo ein aktives Gemeindeleben vorhanden ist, fühlen sich Jugendliche aufgehoben und bleiben dabei.

6. Welche Aufgaben kommen zukünftig auf ehrenamtliche

Geistliche Leitungen zu?

Schlätker: Wir werden ja im Verband immer älter. Die Kolpinggeschwister sollten die Kommunion nach Hause gebracht bekommen, vielleicht mit einer Stunde Gespräch. Ich glaube, das wird in Zukunft eine Aufgabe für Geistliche Leitungen sein. Seelsorge und in Zukunft auch das Totengebet. Damhus: Ich finde, da sind wir ganz in der Tradition von Adolph Kolping. Gerade für die älter werdenden Kolpingsfamilien ist das eine Aufgabe, sich um die zu kümmern, die da sind.

FOTO: PRIVAT

Interview: Stefanie Haverkock

Ausbildungskurs für ehrenamtliche geistliche Leiter_innen in den Kolpingsfamilien:

Menschen, die sich in diesem Aufgabenbereich schon engagieren, sind herzlich eingeladen zu den Austauschtreffen zu kommen. Ein neuer Kurs startet voraussichtlich in 2021.

Termine und Infos: https://www.kolpingweiterbildung.de/Themen/ Akademie-Ehrenamt/ Veranstaltungen/Ausbildungfuer-ehrenamtliche-geistlicheLeiter*innen.html

„EINE CHANCE, DIE ES ZU NUTZEN GILT“

Im Mai 2020 hat das Kolpingwerk die Handreichung „Den Synodalen Weg als Chance nutzen“ herausgegeben, um die Kolpingsfamilien zu motivieren, sich mit dem Thema auseinander zu setzen. Die Broschüre soll die Familien unterstützen, die Fragen aus dem Prozess aufzugreifen und miteinander ins Gespräch zu kommen. Die Publikation enthält einen ausführlichen Bericht zur ersten Synodalversammlung, an der rund 250 Personen teilgenommen haben. Der Hintergrund: Im März 2019 haben die deutschen Bischöfe einen Synodalen Weg beschlossen, der von der Deutschen Bischofskonferenz und dem Zentralkomitee der deutschen Katholiken (ZdK) mitgetragen wird. Denn der Ruf nach grundlegenden Strukturveränderungen in der Kirche ist nicht neu und wird immer lauter. Der Synodale Weg soll Reformen anstoßen und zu einer Erneuerung der Kirche führen. Professorin Dr.in Dorothea Sattler ist davon überzeugt, dass „der Synodale Weg die Menschen, die ihn begehen, verwandeln wird.“ Stephan Buttgereit (Generalsekretär des SKM-Bundesverbandes) ist sich sicher, dass der Synodale Weg „ein großes Selbstoffenbarungspotenzial des Systems und der handelnden Personen hat.“ Das Kolpingwerk will sich aktiv daran beteiligen und diesen Weg der Katholischen Kirche auch im Gebet begleiten. Bundessekretär Ulrich Vollmer ist erfreut, dass 34 Mitglie-

der des Verbandes der Synodalversammlung angehören und sieht in der Beteiligung auch einen „persönlichen Gewinn“. Die Kolpingjugend positioniert sich und wünscht sich Kirche als einen Ort „an dem sich jede_r einbringen und beteiligen“ kann. Für Bundesjugendsekretärin Elisabeth Adolf ist wichtig, „dass jetzt auch junge Menschen gefragt und gehört werden, ein Dialog auf Augenhöhe mit ihnen geführt wird“. Die Themen der vier Synodalforen sind: • Macht und Gewaltenteilung in der

Kirche – Gemeinsame Teilnahme und Teilhabe am Sendungsauftrag • Leben in gelingenden Beziehungen – Liebe leben in Sexualität und Partnerschaft • Priesterliche Existenz heute • Frauen in Diensten und Ämtern der Kirche Die Handreichung bietet ausführliche Hintergrundinformationen und Zahlen zur aktuellen Lage der Kirche (Fact Sheets) zu den einzelnen Foren. Außerdem Interviews, Diskussionsfragen, themenbezogene Impulse zur Vertiefung und Material für einen Wortgottesdienst zum Thema „Kostbar bist du in meinen Augen“. Kolpingschwestern und Kolpingbrüder, die der Synodalversammlung angehören, formulieren ihre Wünsche, Hoffnungen und Erwartungen. Die Broschüre ist online verfügbar unter: http://ourl.de/b3158

Stefanie Haverkock

Weitere Informationen im Netz: www.synodalerweg.de

VOM GESELLENVEREIN ZUM KOLPINGWERK: WIE LAIEN VERBANDSARBEIT MITBESTIMMEN

Gesellen- und Arbeitervereine mit katholischem und evangelischem Hintergrund entstanden in der Zeit der Industrialisierung in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts. Sie waren zunächst freie Zusammenschlüsse auf fachlicher und konfessioneller Grundlage mit dem Ziel, „berufliche Fortbildung“ ermöglichen und soziale Unterstützung zu geben. Und Geselligkeit zu pflegen in geordnetem Rahmen. In der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts wurden in Deutschland vielfältige Initiativen der katholischen Kirche in Vereins- oder Verbandsstrukturen überführt. Vereinszwecke der Gesellenvereine waren außer der Trägerschaft von „Hospizen“ als Herbergen meist „Unterhaltung und Fortbildung katholischer Jünglinge durch Vortrag, Gesang, Lesen und gegenseitige Besprechung“. Die Verantwortung ruhte auf mehreren Schultern. Aus der Satzung des katholischen Jünglingsvereins zu Elberfeld von 1847 geht hervor: „Die Leitung desselben hat ein Vorstand, bestehend aus einem Präses, zwei Vorstehern und fünf Assistenten“. Die Vorsteher hatten Ämter im Sinne von Sekretär und Kassierer inne. Dem Präses oblag eine besondere Verantwortung und Aufsicht über das Geschehen im Verein und bei den Versammlungen. Regelungen zu „Anstand, gegen rechthaberisches Räsonieren, überlautes Sprechen oder Zanken“ im Zusammenhang mit Vorträgen wirken aus heutiger Sicht vielleicht befremdlich, wären angesichts der gegenwärtigen Kultur im politischen Miteinander vielleicht heute durchaus sinnvoll.

FOTO: DANIEL FISSENEWERT

Die Verbreitung und der Erfolg der Idee des Gesellenvereins führte nach zahlreichen Neugründungen bereits 1851 zu einem Generalstatut. Bis zur Aufnahme von Frauen im Kolpingwerk sollte es allerdings noch bis 1966 dauern. In einer Schrift von Monsignore Alois Schröder, Bundespräses 1999, wird angemerkt, dass sich im 19. Jahrhundert neben den Gesellenvereinen zeitgleich auch Frauenvereine entwickelten. „Organisiert waren die Frauenvereine nach dem Modell der katholischen Arbeiter- und Gesellenvereine, d.h. eine doppelte Führung von Laienvorsitz und geistlichem Beirat (Präses).“ Die Laien_innen in unserem Kolpingwerk hatten also schon immer eine gleichwertige Rolle in der Verbandsleitung auf allen Ebenen. Einfluss hat das bis heute auf die Zusammensetzungen unserer Vorstände und Leitungsteams, ergänzt durch die Geistlichen Leitungen: „Zusammen mit oder anstelle von den Präsides tragen die geistlichen Leiter_innen Sorge für das spirituelle Leben der Kolpingsfamilien und der einzelnen Mitglieder. Geistliche Leiter_innen sind Begleiter_innen auf allen Lebens- und Glaubenswegen.“ Somit ist die Rolle von Laien im Kolpingwerk schon lange entschieden und bedarf keiner Diskussionen, wie aktuell im kirchlichen Bereich. Adolph Kolping hatte es in seiner Zeit mit der Besetzung von Vorstandsämtern nicht immer einfach. „In den Vorständen der einzelnen Vereine finden sich meistens immer dieselben Namen, und dies rührt nicht etwa daher, dass dieselben Männer sich überall vorzudrängen suchen, sondern weil sich nicht leicht andere finden, die Gleiches zu tun bereits wären,“ schrieb er bereits 1865.

Treu Kolping Harold Ries

„ICH ÄNDERE NICHTS“

Bischof Genn im Interview mit „Kirche + Leben“ zur Instruktion der Kleruskongregation über die Rollen von Priestern und Laien

Münster (pbm/sk). „Ich sehe keinen Anlass, im Bistum Münster etwas zu verändern. Ich muss mich angesichts der Instruktion auch nicht für die Entwicklungen von neuen Leitungsmodellen in unserem Bistum rechtfertigen, weil wir alles dem Kirchenrecht entsprechend gemacht haben. Von daher bin ich ganz gelassen. Ich ändere nichts.“ Das hat der Bischof von Münster, Dr. Felix Genn, jetzt in einem Interview mit der Münsteraner Kirchenzeitung „Kirche + Leben“ betont. In dem Interview äußert sich Bischof Genn zur Instruktion der römischen Kleruskongregation mit dem Titel „Die pastorale Umkehr der Pfarrgemeinde im Dienst an der missionarischen Sendung der Kirche“. Diese war Ende Juli erschienen und hatte zu vielen, vor allem kritischen, Reaktionen geführt. In der Instruktion geht es insbesondere um die Rollen von Priestern und Laien und um die Frage, wer eine Pfarrei leiten kann.

In dem Interview mit „Kirche + Leben“ sagt der Bischof, dass er von der Instruktion „ziemlich überrascht“ worden sei. „Da ist kommunikativ vieles nicht gut gelaufen“, betont er. Vor der Veröffentlichung wäre eine Beratung mit den betroffenen Bistümern und Bischofskonferenzen angebracht gewesen. Er könne verstehen, dass ein solcher römischer Text viele Emotionen auslöse. „Ich persönlich gehe ganz gelassen damit um. Und ich ermutige eindringlich dazu, sich nicht über

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Formulierungen in solchen Texten aufzuregen“, empfiehlt der Bischof. Er werde seinen Impuls zu Kreativität in der Gestaltung der Leitung von Pfarreien und Gemeinden im Bistum Münster nicht zurücknehmen – „im Gegenteil“, betont Bischof Genn und sagt: „Wir werden weiter kreativ verschiedene Wege gehen und mit den pastoralen Herausforderungen, vor denen wir stehen, in einem guten gemeinschaftlichen, dialogischen Stil umgehen.“ Er denke in diesem Zusammenhang insbesondere auch an die Frauen, die sich mit vielen Kompetenzen sehr engagiert in die Kirche einbringen würden.

Wichtig sei es vor dem Hintergrund der römischen Instruktion, zwischen der Leitung einer Pfarrei und der einer Gemeinde zu unterscheiden. Die Leitung der Pfarrei liege immer beim Pfarrer. Zugleich gelte aber: „Dass auch die Leitung einer Pfarrei im Team geschehen muss, ist seit dem Zweiten Vatikanischen Konzil eine unbedingte Selbstverständlichkeit. Das ermöglicht einen anderen Stil. Da geht es nicht um Macht und Herrschaft, sondern um ein gutes Miteinander.“

Bistum Münster

Zum kompletten Interview mit Bischof Genn in „Kirche und Leben“: https://www.kirche-und-leben.de/ artikel/genn-zur-instruktion-wiraendern-nichts-im-bistummuenster