Ost*Berlin

Eine Publikation des Masterstudiengangs Kulturjournalismus an der Universit채t der K체nste Berlin I Berlin Career College

Ost*Berlin Aufbrechen Ein Ostberliner Orchester auf Reisen im westlichen Ausland

Vorankommen Die Lesbenszene Ostberlins und woran sie sich erkannte

Durchblicken Eine Stadt in 26 Buchstaben: Ostberlin von A bis Z

Zur체ckkehren Der Fotograf Robert Paris 체ber seine Jugend in Ostberlin

Editorial*

Mehr OSt*berlin Auf kulturschwarm.de

Liebe Leser*innen, haben Sie sich über das Sternchen im Titel dieses Journals gewundert? Vielleicht kennen Sie das sogenannte Gendersternchen aus feministischen Diskursen, das für Vielfalt, fluide Identitäten und gesellschaftlichen Wandel steht. Der Entscheidung für unser Sternchen geht eine Diskussion über die Schreibweise des Ostteils der Hauptstadt voraus: Sollte es „Ost-Berlin“ geschrieben werden, so wie es im Westen geläufig war? Oder „Ostberlin“, wie es der Duden vorschlägt und im Osten üblich war? Vielleicht in der damals offiziellen Diktion „Berlin, Hauptstadt der DDR“ oder doch „Berlin (Ost)“? Schon an den Diskussionen in unserer Gruppe haben wir gemerkt, dass der politische Diskurs darüber nicht beendet ist. Für unsere Texte trafen wir mehrheitlich Ostberliner*innen, und wählen daher die Ostberliner Schreibweise. Im Titel hingegen setzen wir das Fluidum, das all die Varianten beinhaltet und noch mehr: Ost*Berlin.

Auch die Covergrafik zeigt die Überlappungen von Gegenwart und Vergangenheit, die wir bei unserer Recherche spürten. Zwei extreme Umbrüche erlebte die Stadt Berlin in den vergangenen Jahrzehnten: erst ihre Teilung und dann, als sie wieder eins wurde. Neue Berliner*innen kamen hinzu, alte Berliner*innen zogen weg – freiwillig oder weil ihr Kiez nach der Wende einen Aufwertungsprozess erlebte und sie sich die Wohnung nicht mehr leisten konnten. Auch um solche sozial-topographischen Fragen geht es in diesem Magazin. Zeitzeug*innenberichte, Essays, Portraits, Interviews zeichnen als Schlaglichter ein subjektives Bild unterschiedlicher Lebensrealitäten.

Darüber hinaus wagen wir eine verspielte Annäherung an das heutige Ostberlin, mal in Worten, mal in Bildern.

Worum es in diesem Journal nicht gehen soll: um verallgemeinernde Wahrheiten und Urteile über eine Welt, die die Mehrheit unserer Autor*innen nicht selbst erlebt hat.

Entstanden ist das Magazin im Vorfeld der Ausstellung „Ost-Berlin – Die halbe Hauptstadt“, die das Berliner Stadtmuseum 2019 im Ephraim-Palais zeigen wird.

Fragen gibt es viele zu Ostberlin. Manche beantworten wir, manche die Ausstellung, und andere bleiben offen.

Für diese Offenheit steht auch das Sternchen.

2

INHALT 01

I Au f West re ise : Das BSO al s DDR-Re ise orche st e r 4/ 5

02

I An k omme n: V e rt ragsarbe it e r* inne n in Ost be rl in 6/ 7

03

I Ostwatc hing: Ost be rl in im Fi l m 8/ 9

04

I Matth ias Fre ihof übe r de n Fi l m „Coming Out “

05

I Ostberlin Me mory 12/ 13

06

I ROB ERT PARIS ÜBER se ine Juge nd in Ost be rl in

07

I LESB ISCHSEIN: CODE ODER STEREOTYP?

08

I Sn apsh ot s: e ine Fa hrt mit de r Traml inie 87

1 8/ 19

09

I Spu ren im Labyrint h: Unt e rwe gs in Alt-Tre pt ow

2 0/ 21

10

I Ostberlin ABC

1 0/11

14/ 15

16/ 17

2 2/ 23

3

01

Musik

Auf Westreise

Das BSO auf Tournee in Spanien, 1970er-Jahre FOTo: Konzerthausorchester/Archiv

Nach dem Mauerbau war der Westen für die meisten Ostberliner*innen unerreichbar – nicht aber für das Berliner Sinfonie-Orchester. Das Ensemble war ein staatliches Reiseorchester, das schon zu DDR-Zeiten um den Globus touren durfte. Wie haben sich die Musiker*innen als kulturelle Aushängeschilder gefühlt? Und wie reagierte das Umfeld daheim auf ihren Sonderstatus?

Trep t ow

Spreehafen

Von Simon RaySS

Burghard Hilse

Jürgen Kögel

Fotos: Simon RaySS (3)

Uwe Emmrich

F

rankfurt am Main, 1979. Letzter Stopp auf der BRD-Tournee des Berliner Sinfonie-Orchesters. Nach dem Konzert hat sich eine Gruppe Musiker*innen im Hotelzimmer von Burghard Hilse verabredet. Auf eine kleine Abschlussfeier. Doch einer fehlt: der Hornist. „Was ist denn mit ihm?“, fragt Hilse in die Runde.

Noch heute erinnert er sich an die Blicke seiner Kollegen*innen. „Da sah man in den Gesichtern: Der kommt nicht mehr.“ Der Hornist hat direkt nach dem Konzert die Koffer genommen und ist untergetaucht. Er wollte nicht mehr zurück in die DDR, in die Heimat des Berliner Sinfonie-Orchesters (BSO). „Solche Situationen waren schon sehr emotional“, sagt Burghard Hilse. „Man glaubte, das ist für immer und ewig. An eine Wiedervereinigung war ja überhaupt nicht zu denken zu dieser Zeit.“ Hilse war 40 Jahre im BSO, 25 davon als Solo-Flötist. Seit 2017 ist er im Ruhestand. In seiner Dienstzeit hat er etliche Reisen mit dem Orchester erlebt, in der Regel eine im Herbst und häufig auch noch eine im Frühjahr. Vor allem „in den Westen“. „Zu DDR-Zeiten waren wir so etwas wie Kulturrepräsentanten des Landes. Wie beim Leistungssport“, so beschreibt er es.

Aber wollten die Musiker kulturelle Botschafter*innen des sozialistischen Staates sein? Hatten sie eine Wahl? „In Musikerkreisen spielte der Arbeiter-und-Bauernstaat überhaupt keine Rolle“, sagt Hilse. „Das war ja der Vorteil, wenn man es geschafft hatte, in ein solches Orchester zu kommen: dass man eigentlich vollkommen frei war.“ Etliche nutzten die Westreisen zur Flucht

4

Gegründet wurde das BSO 1952, in Hilses Geburtsjahr. Heute heißt das Ensemble Konzerthausorchester, da auch seine Spielstätte umbenannt worden ist: von Schauspielhaus in Konzerthaus. Bevor die Mauer gefallen ist, hatte das BSO mehr als zwei Jahrzehnte lang die Welt hinter dem Eisernen Vorhang bereist. Diese Tour-

neen haben im Laufe der Zeit zwischen 20 und 30 Kolleg*innen genutzt, um zu fliehen, schätzt Hilse. „Es gab nicht eine Reise, wo nicht einer weggeblieben ist.“ Das gesamte Orchester zählte damals rund 120 Mitglieder.

Hilses erster Ausflug Richtung Westen war eine Spanienreise im Jahr 1978. „Barcelona, Madrid, Granada – das war natürlich der pure Wahnsinn“, erinnert er sich. Aber stand man als DDRBürger*in mitten im „kapitalistischen Ausland“ nicht ständig unter Beobachtung? „Wir konnten machen, was wir wollten. Wir haben auch gemacht, was wir wollten“, erklärt er. „Entscheidend war immer nur, dass man nach dem feststehenden Ablaufplan am Bus war.“ Urlaub waren die Reisen nicht: Im Terminplan gab es nur wenige Lücken, lange Fahrten gehörten zum Alltag. Manchmal ist das Orchester 600 Kilometer Bus gefahren, dann hieß es: ab auf die Bühne, spielen.

Auch Jürgen Kögel, Hilses langjähriger Kollege, erinnert sich an das straffe Programm auf Reisen: „Die Tage waren eng“, sagt er.

Der Cellist, Jahrgang 1937, ist bereits seit 2002 im Ruhestand.

Schon bei der ersten West-Reise des Orchesters war er dabei: 1968 nach Österreich. Danach ging es Schlag auf Schlag: Frankreich, Italien, Spanien, Griechenland, immer wieder Japan. 1981 nach Mexiko, als kulturelle Begleiter*innen des Staatsbesuchs von Erich Honecker. 1988 dann der Höhepunkt: eine achtwöchige Weltumrundung. England, USA, Japan und über die Sowjetunion zurück in die DDR. Während für die meisten Bewohner*innen des sozialistischen Staates das westliche Ausland unerreichbar blieb, lernten die Musiker*innen die Welt kennen. Bei einem solchen Sonderstatus war es nicht verwunderlich, dass ihnen in Ostberlin durchaus auch mit Misstrauen und Neid begegnet wurde. „Man musste sich schon überlegen, wem man davon erzählt“, sagt Kögel. „Im

Familien- und auch im nahen Freundeskreis konnte man das gut, aber so in der Gaststätte anfangen zu erzählen – das hab ich nie gemacht.“ Derartige Privilegien weckten bei manch einem Mitbürger den Verdacht: „Mensch, ihr fahrt da in der Weltgeschichte rum, ihr seid doch alle bei der Stasi.“ Jürgen Kögel erinnert sich noch gut an diesen Satz. Er habe damals entgegnet: „Das kannste vergessen!“ Er sei vielleicht kein Dissident gewesen, sagt er, das nicht. „Aber ich war mit vielem überhaupt nicht einverstanden.“ „Erzähl in der Schule nicht vom Reisen!“

Aus Sicht des DDR-Staates eigentlich ein Irrsinn: Da reist eine Gruppe nicht gerade linientreuer Musiker*innen kreuz und quer durch die Weltgeschichte – und wird dabei nicht mal besonders streng überwacht. In der Heimat war das etwas anderes, wie der Bratscher Uwe Emmrich berichtet: „Überwacht wurden wir immer“, sagt er. „Wenn bei uns mal der West-Onkel angerufen hat, dann hast du sofort gehört:Klack – da waren sie drin.“ Anders als seine beiden Kollegen im Ruhestand ist Emmrich, Jahrgang 1970, aktuelles Orchestermitglied. Seit 1994 zählt er fest zum Ensemble.

Doch mit dem BSO verbunden ist er bereits viel länger: Schon sein Vater war als Bratscher dabei.

Emmrich kann sich noch gut erinnern, wie es sich angefühlt hat, wenn der Vater auf Westreise ging – und wie die Familie in den eigenen vier Wänden Vorsicht walten ließ. „Das war immer so eine Sache, sich zu Hause zu äußern“, berichtet er. „Bestimmte Gespräche haben wir nicht unbedingt im Wohnzimmer geführt. Du wusstest ja nicht, ob du da versteckt irgendwo eine Wanze hattest, nicht nur im Telefon.“ Trotzdem stand für Emmrich früh fest: Er will auch klassischer Musiker werden. Warum eigentlich? „Ich war 19, als die Mauer gefallen

ist. Aber man hat ja auch schon mit 14 gesehen: Du wirst hier immer in diesem Land eingesperrt sein, wenn sich nichts ändert.“ Deswegen sei seine Devise gewesen: Schön fleißig sein, ein gutes Orchester finden, das auch touren darf. „Da hat man drauf hingearbeitet.“ Der Vater durfte reisen, die Familie blieb zu Hause – hat ihn das nicht irritiert? „Das war halt so. Dienstreise. Wenn er weg war, musste ich nicht so viel üben“, sagt Emmrich. Über Mitbringsel „aus dem Westen“ habe er sich als Kind natürlich gefreut, doch auch da sei Vorsicht angesagt gewesen. Die Eltern hätten ihm eingebläut: „Wenn du in der Schule bist, kein Wort über irgendwelche Reisen, über den Westen oder dass dein Vater dir Matchbox-Autos mitgebracht hat. Absolut tabu.“ Auch Flötist Burghard Hilse hat seinen Kindern damals immer etwas mitgebracht. Dennoch blieb für ihn ein zwiespältiges Gefühl zurück: „Ich durfte fahren, meine Frau und Kinder nicht“, erklärt er. „Ich habe die halbe Welt gesehen, bin zurückgekommen, habe Bilder gezeigt und erzählt.“ Alles in dem Wissen: Seinen Angehörigen wird diese Welt vorenthalten bleiben. „Das ist schon sehr einschneidend gewesen“, sagt Hilse.

Seine Familie, sein Freundeskreis, sein Job, seine Verpflichtungen: Einfach abzuhauen auf einer seiner Westreisen sei für ihn nie in Frage gekommen. „Eigentlich war ich immer froh, wenn ich wieder zu Hause war“, sagt er. Auch mit der kapitalistisch geprägten Welt, die ihm auf den Tourneen begegnete, habe er nicht viel anfangen können. „Vieles von dem, was man heute so erlebt, habe ich damals schon dort gesehen“, sagt Hilse. „Wegzubleiben hat mich da einfach nie gereizt.“ Den Autor fasziniert das unfreiwillig Politische eines Musiker*innenlebens in Ostberlin. Sein Vater und auch sein Großvater waren ebenfalls im BSO.

8.56 Uhr Am gegenüberliegenden Ufer ist ein Mensch, ganz in Schwarz gekleidet, ein Fixpunkt im geometrischen Raum des Spreehafens. Er steht auf der Horizontalen eines flachen Hausdaches, ein heller Gegenstand lehnt an seiner Seite, eine Lukenklappe, auf die er eine Hand legt.

Er verlässt die Horizontale, zieht die Klappe der Dachluke über sich zu und verschwindet im würfelförmigen Haus mit Panoramaetage. Parallel verläuft die Achse der Spree, in ihrem Wasser flache Boote. Auf den offenen Oberdecks stehen beigefarbene Plastikstühle in akkuraten Reihen – sechs parallele Vektoren, schräg durch den Koordinatenraum gezogen. Auf der zweiten Achse, den erhöhten Gleisen der Ringbahn, rollen Züge hin und her.

Auf einem Vektor mit grasgrünem Geländer fahren Fahrräder durch den Nullpunkt. Kleine Fixpunkte mit Helmen oder ohne bewegen sich auf der 45-Grad-Schräge durch das System.

Der Asphaltstreifen am Wasser verläuft horizontal unter dem Nullpunkt.

Auf ihm, zwischen den Booten, ein weiterer Fixpunkt: Die Haare des Menschen in blauen Shorts tropfen. Vor ihm liegt ein Surfboard. Er hockt sich hin, faltet es und kniet sich darauf.

Luft entweicht. Das kleingefaltete Board legt er in eine Tasche, rollt sie ein Stück die Horizontale entlang und setzt sie sich dann auf den Rücken. Er steigt über ein dunkelgrünes, mit Rost gesprenkeltes Geländer in den Treptower Park.

Auf der obersten Strebe lässt sich ein Spatz nieder. Ein weiterer Fixpunkt mit grauen Haaren und himmelblauer Hose schaut auf das Wasser der Spree. (mh.)

9.19 Uhr

5

02

Arbeit

Die „Mädels“ aus der Rabensteiner Straße.

Zweite von links vorne: Thu Fandrich Foto: PRIVAT

„Bis heute habe ich noch den Geruch der Wandfarbe in der Nase.

Alles roch neu in der Wohnung. Wir haben uns alle erstmal übergeben. Der lange Flug, die Busfahrt, die Kälte, der Geruch – das war alles zu viel. Wir haben uns ins Bett gelegt und bis zum nächsten Tag geschlafen. Erst dann haben wir erfahren, dass wir in Berlin waren. In Berlin-Ahrensfelde.“

Foto: Seyda Kurt

Foto: privat

Thu Fandrich damals

Ankommen in der Kälte

1989 lebten knapp 60.000 vietnamesische Vertragsarbeiter*innen in der DDR. Für die Mehrheit der Gesellschaft in Ostberlin waren sie unsichtbar. Sie lebten isoliert in Wohnheimen und befolgten strikte Hausordnungen. Doch das schützte sie nicht vor rassistischen Anfeindungen. Drei Zeitzeug*innen berichten.

Von Seyda Kurt

6

„In Kaulsdorf haben Frauen am Fließband abgetrieben“

In Marzahn sitzt Tamara Hentschel in ihrem Büroraum. Bis 1989 hat die heute 64-Jährige als Wohnheimbetreuerin in Ahrensfelde gearbeitet, wo sie Fandrich und die anderen Frauen unterstützm April 1987 landete eines der Flugzeuge, die seit den 1970erte. „Unsere Tätigkeit ging allerdings immer mehr in Richtung Jahren Vertragsarbeiter*innen aus Vietnam in die DDR brachten, Bespitzelung und Überwachung.“ Da habe sie nicht mitmachen am Flughafen Schönefeld. Thu Fandrich, geborene Nguyen Thi wollen. 1993 gründete Hentschel gemeinsam mit ehemaligen Hong, damals 18 Jahre alt, saß darin. Mehr als 8.300 Kilometer Vertragsarbeiter*innen und Dolmetscher*innen den Verein „Reisentfernt, in Hanoi, hatte sie ihre Familie zurückgelassen. Sie wusste trommel“, der sich mit Beratungen und Sprachkursen für vietnanicht, wo sie war und wo es hingehen sollte. Keine*r der Frauen mesische Migrant*innen einsetzt. und Männer wusste, dass sie in Bussen quer durch die DDR trans„In Kaulsdorf haben Frauen am Fließband abgetrieben“, sagt sie. portiert werden sollten, in Städte, von denen sie zuvor nie gehört Eine Schwangerschaft bedeutete für die jungen Vertragsarbeiterinhatten. Mitentscheiden durften sie sowieso nicht. nen: Abtreibung oder Rückführung in ihr Heimatland. „Die Frauen Thu Fandrichs Reise endete zunächst im Vertragsarbeiterwohnhaben untereinander die Versicherungsausweise getauscht, damit sie heim in der Rabensteiner Straße, wie sie in einem Café in zwei, drei, vier Mal im Jahr abtreiben konnten. Man hat versucht, Hellersdorf, wo sie heute wohnt, erzählt: „Wir wurden nach selbst abzutreiben. Heute können sie keine Kinder mehr kriegen.“ stundenlangem Warten in den Bus gesetzt und alles, was Hentschel habe der Heimleitung angeboten, die jungen Frauen über wir sahen, war Schnee. Wir kannten Schnee nicht!“ Immer Verhütung aufzuklären. Erwünscht war das nicht. Man bevorzugte wieder erklingt ihr nachdenkliches Lachen, wenn sie Vorsichtsmaßnahmen anderer Art: Laut Hausordnung mussten erzählt, wie sie und die sieben Frauen, mit denen sie sich alle Bewohnerinnen bis 22 Uhr in ihre Wohnheime eine 3-Zimmer-Wohnung teilen sollte, sich zurückgekehrt sein, männlicher Besuch durfte nicht über einen notdürftig mit Holzbrettern geVertragsarbeiter*innen empfangen werden – selbst nicht von Ehepartnern. bastelten Heimeingang ihren Weg ins Haus Durch die Flucht vieler suchten. Da war das Gefühl, dass das Land Bürger*innen und den Mauerbau benötigte man nicht ganz vorbereitet war auf die vielen, die „Ich habe die Beschimpfungen nie übersetzt“ in der DDR dringend bereits da waren und noch kommen sollten.

Kontakte zu Deutschen gab es nur im Betrieb, in der Arbeitskräfte. So wurden Es war, als ob das Provisorium sie daran erKaufhalle und auf der Post. „Die Vietnamesen haben ab Ende der 1970er-Jahre innern sollte, dass sie nach fünf Jahren zurück nicht schlecht verdient in Ostberlin. Das Problem verstärkt Arbeiter*innen aus mussten. So war es vertraglich vorgesehen. war nur, dass sie das Geld nicht nach Hause schaffen sogenannten sozialistischen Bruderstaaten angeworben, Fandrich nähte für das Bekleidungswerk konnten, weil es keine konvertierbare Währung darunter Kuba, Ungarn, „Fortschritt“ in Lichtenberg Säume, Taschen war“, erklärt Hentschel: „Sie mussten mit ihrem EinMosambik, Angola, Alund Bünde für Herrenanzüge zusammen. Die kommen Waren kaufen, die sie in die Heimat schickgerien und eben Vietnam.

Schichten in der Fabrik dauerten acht Stunden, ten, damit die Familie diese auf dem Schwarzmarkt 1989 lebten rund 94.000 die Schichtarbeit zehrte an ihren Kräften. Die in Geld umwandeln konnte.“ Die Warendecke war in Vertragsarbeiter*innen in der DDR. Die meisten von Frauen, die sich zu zweit oder dritt ein Zimmer teilder DDR jedoch sehr dünn, und wenn sie abgekauft ihnen kamen aus Vietnam. ten, machten sich mal in aller Frühe, mal spät in der war, gab es Spannungen.

Nacht auf zur Arbeit. Wenn sich die eine erschöpft Das war noch lange bevor „Fitschi-Klatschen“ in ins Bett legte, begann die andere zu kochen. Für Marzahn „Volkssport“ wurde, wie es Hentschel nennt.

Fandrich war das besonders strapazierend, denn sie bewohnte ein Der Rassismus sei schon immer da gewesen, doch durch die VerteiDurchgangszimmer zur Küche, hörte jedes gesagte Wort, roch lungsängste nach der Wende eskalierte die Situation. Thu Fandrich alles, was in der Pfanne landete. Nach der Arbeit ging sie zum bestätigt, wie die Beschimpfungen und die körperlichen Angriffe ab Deutschunterricht, drei Monate lang, und später auf eigene Faust Anfang 1989 zunahmen, doch die habe es auch schon vorher gegeben: und Kosten in die Abendschule. Dennoch saßen sie manchmal „Viele haben die Beschimpfungen nicht verstanden, weil sie kein abends zusammen, sie und die anderen „Mädels“ aus der WohDeutsch konnten. Doch ich habe sie verstanden. Ich habe sie nie nung, haben Musik gemacht und gesungen. übersetzt.“ Dass sie das Übersetzen am Ende nicht zu ihrem Beruf gemacht hat, bereut sie bis heute. „Kein Mensch hat damit gerechnet, dass wir „Das Leben war komplett durchgeregelt“ nach den fünf Jahren hier bleiben können.“ Nach der Wende bat sie Ortswechsel, Gegenwart: das vietnamesische Einkaufs- und Kulbeim Arbeitsamt um Hilfe, wollte wissen, wie es mit ihr weitergehen turzentrum „Dong Xuan“ in Lichtenberg. Hier sitzt der 38-jährige solle. Doch sie wurde immer wieder ohne Antworten nach Hause Tuan Nguyen vor einem der Restaurants, zieht an seiner Zigaretgeschickt. 1992 wurde Fandrich schwanger, heiratete einen Deutte und sagt: „Wenn du hier jemanden fragst, der heute 60 Jahre schen, 1993 verließ sie ihren Betrieb. Wie viele versuchte sie sich alt ist, wie das Leben in Ostberlin war, wird er wahrscheinlich später in der Selbstständigkeit, doch die Belastung war zu groß. antworten: Ich war zehn Jahre lang acht bis zehn Stunden täglich Seit 1999 hat Fandrich die deutsche Staatsbürgerschaft. Ist sie nun in der Fabrik, und das war‘s. Das Leben war komplett durchgereeine „Deutsche“ wie alle anderen? Sie sagt, die Blicke würden zeigelt.“ Mit sieben Jahren kam Nguyen im Frühling 1989 als Sohn gen, dass es nicht so ist. Aber als Berlinerin fühle sie sich schon: einer Vertragsarbeiterin nach Ostberlin. Außerhalb der Schule gab „Meine Kunden kennen mich jetzt schon so lange.“ Das sind die es keinen Lebensraum für ihn und die wenigen anderen Kinder, aus dem Blumenladen im Einkaufszentrum „Eastgate“, wo sie heudie im Wohnheim in der Gehrenseestraße in Hohenschönhausen te arbeitet. Einmal im Jahr reisen ihre ehemaligen vietnamesischen lebten – dem größten vietnamesischen Wohnheim der Stadt: zehn Kolleg*innen, die nun in ganz Deutschland verteilt sind, zu einem Wohnblöcke mit jeweils fünf Etagen, mehr als 1.000 Wohnungen Betriebstreffen in Berlin an, das Fandrich organisiert. Manchmal und mehrere zehntausend Menschen. steht sie dann auf der Bühne und singt. So wie damals.

Die meisten Verträge waren nach der Wende ungültig, knapp 80 Prozent der Vertragsarbeiter*innen standen ohne Arbeit auf der Die Autorin wuchs in Köln auf. Bei den Geschichten der Straße. Bis zur Klärung des Aufenthaltes 1997 war Berlin für sie Vertragsarbeiter*innen in Ostberlin musste sie oft an die Erfaheine geteilte Stadt, im Pass stand: „Gewerbe und Erwerbstätigkeit rungen ihrer Großeltern denken, die als Gastarbeiter*innen nach nicht gestattet, außer im Beitrittsgebiet.“ Für den Lebensunterhalt Westdeutschland kamen. verkauften sie importierte Waren von Jeans bis Zigaretten auf dem

I

Thu Fandrich heute

Markt, für den Aufenthaltstitel machten sie sich später selbstständig. Viele von ihnen sind heute Inhaber*innen der Läden im „Dong Xuan Center“. Tuan Nguyen arbeitet hier als Manager.

Adlershof

Marktplatz Dörpfeldstraße 19.45 Uhr Der „Marktimbiss“, ein einstöckiges, eierschalenfarbenes Häuschen, steht in einer der Ecken des Marktplatzes Adlershof.

Die Markise des Imbisses ist fast vollständig ausgefahren, obwohl er keine Sonne mehr abbekommt, sondern nur das Sonnenlicht, das auf das Haus gegenüber fällt, in den Fensterscheiben reflektiert. Links neben der offenen Eingangstür hängt eine beleuchte Speisekarte, die einen großen, fettglänzenden Dönerspieß abbildet.

Drei von vier wartenden Personen füllen den Imbiss – der Vierte muss draußen stehen. Einer ragt aus der Schlange heraus. Alles an seiner Kleidung ist schwarz, einziger Kontrast ist ein pfirsichfarbenes Handtuch, das um seinen Hals liegt und den Kopfhörern als Ablage dient. Er ist so groß und breit, dass die beiden in der Schlange vor ihm fast gänzlich verschwinden.

Es sind kaum Menschen auf der Straße. Hin und wieder zwitschern ein paar Vögel, und die kleinen Geschäfte um den Imbiss herum sind bereits geschlossen. Nur der „Edeka” neben dem Marktplatz ist noch geöffnet. Eine ältere Dame fährt auf einem Hollandrad die Dörpfeldstraße Richtung Köpenick hinunter. Sie trägt ein blau-weißkariertes Blusenkleid und hat einen Strauß weißer Blumen vorne in ihrem Fahrradkorb liegen. Als an ihr ein hellblauer Trabi vorbeifährt, hält sie an und ruft: „Ja, da kiekste ma! Dit hab ick ja lang nich jesehn!“ Es reagiert niemand, sie steht dort ganz allein und schaut dem Trabi nach. Sie grinst und fährt weiter. (cau) 20.15 Uhr

7

03

FIlm

Ostberlin der 1960er-Jahre zu finden. Dabei geraten sie immer wieder mit Vertretern der älteren Generation aneinander.

Was steckt dahinter?

Berlin – Ecke Schönhauser Worum geht’s?

Jugendliche im Sommer 1956 in Ostberlin. Regelmäßig treffen sie sich unter der U-Bahn-Station Schönhauser Allee, hängen rum, tanzen. Dann will einer aus der Gruppe in den Westen fliehen.

Was steckt dahinter?

Der DEFA-Spielfilm von Gerhard Klein, nach einem Drehbuch von Wolfgang Kohlhaase, kam 1957 in die Kinos. Der Verbund der deutschen Kinematheken wählte ihn zu einem der hundert wichtigsten deutschen Filme aller Zeiten. Die BRD verbot den Film in den 1960er-Jahren aufgrund der einseitigen Darstellung einer Notaufnahme für Flüchtlinge in Westberlin.

Wie viel Ostberlin ist drin? Fast sieht der Prenz-

lauer Berg wie heute aus, soll das wirklich schon so lange her sein? Dann wirft einer der Jugendlichen eine Straßenlaterne ein, wütend wird „Hör ma“ gerufen und die Volkspolizei eilt herbei. Die Kamera fängt ein authentisches Ostberlin ein, die Jugendlichen treffen sich im „Pratergarten“ in der Kastanienallee oder tauschen in einer U-BahnStation verbotenerweise Ostgeld gegen Westgeld.

Was bleibt? Der Gedanke, wie es wohl gewesen wäre, in Ostberlin aufzuwachsen.

Jedes Mal, wenn es in der U2 Richtung Pankow heißt: „Nächster Halt: Schönhauser Allee.“ (lg) „Berlin – Ecke Schönhauser“, 1957, 81 Minuten, als DVD erschienen bei Icestorm Entertainment.

Berlin um die Ecke

Worum geht’s? Olaf (Die-

8

ter Mann) und Horst (Kaspar Eichel) versuchen, zwischen Arbeit, Tanzlokal und neuer Liebe ihren Platz im

„Berlin um die Ecke“ wurde 1965 vom Zentralkomitee der SED verboten und noch im Rohschnitt eingelagert.

Die Version des Films, die seit der Wendezeit wieder gezeigt wird, ist Fragment geblieben – manche Übergänge sind holprig, eine Filmmusik fehlt weitgehend.

Wieviel Ostberlin ist drin? Kameramann Peter

Krause findet wunderbar ausgeleuchtete SchwarzWeiß-Bilder für den öffentlichen Raum in Ostberlin: die Hochbahn entlang der Schönhauser Allee, die Straßenflucht der Karl-MarxAllee, die Metallbetriebe in Schöneweide.

Was bleibt? Der ungeschliffene Filmjuwel von Gerhard Klein hat nach 50 Jahren seinen Glanz bewahrt. Das liegt auch an Wolfgang Kohlhaases Dialogen, in denen viel Humor und mindestens genauso viel Herz stecken. (sir) „Berlin um die Ecke“, 1965, 85 Minuten, als DVD erschienen bei Icestorm Entertainment

stehende Altbauten auf der anderen Seite: Der Film spielt in der Nähe des Ostbahnhofs, in der Singerstraße unweit der Straße der Pariser Kommune. Er ist auch ein Dokument des rigorosen Stadtumbaus der 1970er-Jahre.

Was bleibt? Eine starke Frauenrolle, die sich mit einer damals gängigen Lebenssituation auseinandersetzt. Das persönliche Glück wird erdrückt von gesellschaftlichen Konventionen – trotzdem ist dieses Hippie-Märchen erfrischend unterhaltsam. (cau) „Die Legende von Paul und Paula“, 1973, 105 Minuten, als DVD erschienen bei Icestorm Entertainment

Solo Sunny

Worum geht’s? Als Sän-

gerin der „Tornados“ tourt Sunny (Renate Krößner) durch die DDR. In Berlin lebt sie allein und entspricht nicht dem gängigen Frauenbild. Sie lässt sich auf der Bühne nicht beleidigen und fliegt aus der Band. Doch sie lässt ihr engstirniges Umfeld hinter sich und wagt einen Neuanfang.

Was steckt dahinter?

Die Legende von Paul und Paula

Worum geht‘s? Paula (An-

gelica Domröse) und Paul (Winfried Glatzeder) stecken in einer Sackgasse: Sie ist eine alleinerziehende Mutter, er ein Staatsdiener und betrogener Ehemann. Sie treffen aufeinander und es funkt. Ist es die große Liebe oder am Ende doch der harte Boden der Tatsachen, der ihnen das Glück unmöglich macht?

Was steckt dahinter? Heiner Carow zeigt den Alltag einer arbeitenden Frau, die ihr Leben fern von sozialistischen Normen gestaltet. Die poppige Filmmusik stammt von den Puhdys, die damit den endgültigen Durchbruch als Rockband erlebten. Der Film wurde seit 1973 regelmäßig in den Kinos gezeigt.

Wieviel Ostberlin ist drin? Neubauten auf der

einen, kurz vor dem Abriss

„Solo Sunny“ ist der letzte Film des DEFA-Regisseurs Konrad Wolf. Er und Drehbuchautor Wolfgang Kohlhaase porträtieren Sunny als selbstbewusste und gleichzeitig verletzliche Individualistin. Für die Preisverleihung des Silbernen Bären 1980 als beste Darstellerin hätte Krößner fast nicht nach Westberlin einreisen dürfen.

Wieviel Ostberlin ist drin? „Solo Sunny“ spielt

in Prenzlauer Berg. Aus Sunnys Küchenfenster blickt die Kamera direkt auf die S-Bahn-Gleise, im Hintergrund werden Häuser gesprengt. Ihr extravaganter Auftritt wirkt fehlplatziert in der Abriss-Ästhetik der Umgebung.

Was bleibt? Die großartige Musik (GüntherFischer-Quintett, Regine Dobberschütz) trägt die melancholische Stimmung.

Krößner spielt beeindruckend eine eigensinnige

Frau, die es wagt, ihr Leben ihrer Leidenschaft und Kunst zu widmen und an den starren Rollenbildern der (ost)deutschen Gesellschaft in den späten 1970erJahren scheitert. Diese Tragik hallt auch heute noch nach. (mh.)

Solo Sunny, 1980, 104 Minuten, als DVD erschienen bei Icestorm Entertainment

Ost

lustigen Fernsehabend. (lg) Sonnenallee, 1999, 92 Minuten, als DVD erschienen bei Universum Film

watch ing Ostberlin im Film, eine Auswahl

Good Bye, Lenin!

Worum geht’s? Wie lässt man die DDR für die sozialistische Mutter weiterleben, nachdem die Mauer gefallen ist und die Westeinflüsse Ostberlin umkrempeln? Um seine herzkranke Mutter (Katrin Sass) vor Aufregung zu schützen, hält Alexander (Daniel Brühl) an einem Staat fest, den er selbst bekämpfte.

Was steckt dahinter? Mit „Good Bye, Lenin!“ wurde Daniel Brühl international bekannt. Der Film wurde bei der Berlinale 2003 uraufgeführt und gewann neun Deutschen Filmpreise.

2004 wurde er als bester europäischer Film mit dem französischen Filmpreis César ausgezeichnet.

Volkspolizei

Worum geht’s? Die Feiertage des 1. und 8. Mai stehen an. Im Revier 14 in der Brunnenstraße ist man darauf bedacht, jede Abweichung von der Normalität schnellstmöglich aus der Welt zu räumen. Dies können Streitereien zwischen Liebespaaren sein, oder ein Punk mit zerzaustem Haar, der wegen seines Aussehens zurechtgewiesen wird.

Was steckt dahinter? Als Produktion der Staatlichen Filmdokumentation beim Staatlichen Filmarchiv der DDR war „Volkspolizei“ von Thomas Heise nicht für öffentliche Aufführungen vorgesehen. Seine Premiere feierte der Film erst 2001 während der 25. Duisburger Filmwoche und lief dann im Berliner Kino Babylon.

Wieviel Ostberlin ist drin? Neben den Szenen

auf dem Polizeirevier, wo Ostberliner*innen jeglichen Alters und sozialer Herkunft mal als Betroffene, mal als „Täter*innen“ vorgestellt werden, kann man die Beamten bei ihren Streifzügen durch die Brunnenstraße, Invalidenstraße, Ackerstraße, Anklamer Straße, Zionskirchstraße, Swinemünder Straße und über den Arkonaplatz beobachten.

Was bleibt? Wie?! Diese Blümchentapeten gab es auch auf Polizeirevieren?

Davor sitzen bitterernste Beamte in Uniform und erzählen private Geschichten und von ihrem polizeilichen Werdegang. Insgesamt ist „Volkspolizei“ ein Zeitdokument, dessen ruhige Beobachtungen auf dem Revier absurde Bilder einer Gesellschaft offenbaren, in der schon ein falscher Haarschnitt zu einer Rüge

Wie viel Ostberlin ist drin? Ende der 1970er-

der Staatsmacht führen kann. (sk) „Volkspolizei“ in der Sammlung „Material“, 1985, 60 Minuten, als DVD erschienen als Edition Filmmuseum 56

entstehen. Am Ende bleibt nur eine Miniaturansicht mit ein paar Skizzen übrig. Und auch in Daniel Brenners Ehe ist es schon lang nicht mehr harmonisch.

Was steckt dahinter?

Die Architekten

Peter Kahanes im September 1989 gedrehter Film kam erst nach dem Mauerfall 1990 in die Kinos und erreichte damals nur wenige Zuschauer*innen.

Er thematisiert die Kritik am bestehenden System in der Architektur- und Baubranche und die Desillusionierung einer jüngeren Kreativszene, die von den Zeitläuften überholt wird.

erzählt die Geschichte eines Neubauprojekts in der DDR. Daniel Brenner (Kurt Naumann) wird nach langer Durststrecke beauftragt, mehrere Architekten zu finden, um für das Großprojekt eines Neubaugebiets ein soziokulturelles Zentrum zu bauen. Ein Kino, ein vietnamesisches Restaurant und eine Eisdiele sollen

mit politischen und autoritären Strukturen auseinander und reflektiert die Macht des Staats in Bezug auf Menschenrechte zu DDR-Zeiten.

Gedreht wurde der Film u.a. im Ostberliner Stadtteil Marzahn.

Was bleibt? Der Film ist etwas für DDR-Kenner*innen und Architekturfans.

Worum geht’s? Der Film

Wie viel Ostberlin ist drin? Der Film setzt sich

Ohne Hintergrundwissen bleibt den Zuschauer*innen manches unklar. (DMA) „Die Architekten“, 1990, 107 Minuten, als DVD erschienen bei Icestorm Entertainment

Sonnenallee

Worum geht’s? Wie rebelliert man als Jugendlicher, wenn die Volkspolizei jeden deiner Schritte überwacht?

Micha (Alexander Scheer) und seine Freunde wachsen Mitte der 1970er-Jahre in Ostberlin in der Sonnenallee direkt an der Grenze zu Westberlin auf.

Was steckt dahinter?

Der erste Kinofilm von Theaterregisseur Leander Haußmann aus dem Jahr

1999 gewann zwei Deutsche Filmpreise und lockte mehr als 2,6 Millionen Besucher*innen in die Kinos. Alexander Scheer wurde mit der Rolle berühmt, Detlev Buck spielte einen Volkspolizisten.

Wie viel Ostberlin ist drin? Die Sonnenallee war

eine der Straßen, die durch die Mauer geteilt waren.

Das kürzere Ende der Straße lag in Ostberlin. Der in der berühmten „Berliner Straße“ auf dem Filmstudiogelände in Babelsberg gedrehte Film zeigt die Grenzbewachung, die Sozialisation in der Schule und die Sehnsucht vieler Ostberliner, selbst mal zu sehen, was Westberlin ausmacht.

Was bleibt? „Sonnenallee“ wird nie richtig systemkritisch, sondern erzählt locker satirisch eine Ost-Komödie, die keine Klischees auslässt.

Ein Jugendfilm, der sich selbst nicht zu ernst nimmt.

Er taugt sicher nicht für eine tiefere Auseinandersetzung mit der Geschichte der DDR, wohl aber für einen

Jahre macht sich Alexanders Mutter in Berlin für ihr Land stark und singt mit den Pionieren sozialistische Lieder.

Nach dem Mauerfall gibt’s wertlos gewordenes Ostgeld, das auf den Alexanderplatz runterregnet, das per Kran über der Stadt schwebende Lenin-Denkmal und die Jagd nach Spreewaldgurken.

Was bleibt? Macht der Westen alles schlechter?

Die Ostberliner werden konfrontiert mit kapitalistischer Werbung, Billigmöbeln, einem grässlichen Job bei Burger King. „Good Bye, Lenin!“ überzeugt mit Humor und zeigt, teilweise mächtig ostalgisch, dass auch das Loslassen einer sozialistischen Diktatur schwerfällt, wenn es die eigene Heimat betrifft. (lg) „Good Bye, Lenin!“, 2003, 121 Minuten, als DVD erschienen bei Warner Home Video

Sommer vorm Balkon

Worum geht’s? Abends auf dem Balkon treffen sich Katrin (Inka Friedrich) und Nike (Nadja Uhl), beide in ihren Dreißigern, betrinken ihr Leben und teilen Leid und Freude. Eine Verbin-

dung, die durch Veränderungen in beider Leben ins Wanken gerät und sich dann doch als das Wichtigste im Sommer hoch über Berlin herausstellt.

Was steckt dahinter?

Der chronologisch gedrehte Film gibt, leicht verwackelt, fast dokumentarisch, Einblick in Alltag und Leben eines Berliner Kiezes.

Die grandiose Besetzung wird von Schauspiel-Laien ergänzt, die dem Film zu seinem authentischen Ton verhelfen.

Wie viel Ostberlin ist drin? Nikes keckes

Berlinerisch, die Platten der Bürgersteige, die Stammkneipe an der Ecke, die noch nicht totsanierten Häuser des Prenzlauer Berg und die gut akzentuierten deutschen Schlager verorten den Film im Osten der Hauptstadt.

Was bleibt? Drehbuchautor Wolfgang Kohlhaase und Regisseur Andreas Dresen zeigen erschreckend passive Frauenbilder. Es ist eine Qual, den Protagonistinnen dabei zuzusehen, wie sie viel zu lang ihr Schicksal nicht selbst in die Hand nehmen. Kohlhaase versteht es, Komödien zu schreiben, die die Stimmung killen. (mh.) „Sommer vorm Balkon“, 2004/2005, 106 Minuten, als DVD erschienen bei X-Verleih/Warner Bros.

einen Riesenhit. Das Publikum strömte in Scharen ins Kino, sieben Deutsche Filmpreise und ein Oscar als bester fremdsprachiger Film folgten.

Wieviel Ostberlin ist drin? Der Film zeichnet ein

tristes Bild der Stadt in der Mitte der 1980er-Jahre, nur die Wohnung der Abgehörten strahlt Behaglichkeit aus.

Als Drehorte dienten unter anderem die Wedekindstraße und die Karl-Marx-Allee in Friedrichshain sowie die Stasi-Zentrale in Lichtenberg.

Was bleibt? „Das Leben der Anderen“ will einen Thriller in DDR-Dekor erzählen. Doch so authentisch die Ausstattung daherkommt, so behauptet fühlen sich Figuren und Geschichte an.

Da ist es kein Wunder, dass sich an dem Film eine extrem kontroverse Diskussion entzündet hat. Ich finde ihn einfach nur ärgerlich. (sir) „Das Leben der Anderen“, 2006, Spielfilm, 137 Minuten, als DVD erschienen bei Buena Vista Home Entertainment

Weissensee

Worum geht‘s? In vier

Staffeln wird das Leben zweier gegensätzlicher DDR-Familien von den 1980er-Jahren bis in die Nachwendezeit erzählt: Die Kupfers sind ein wichtiges Rad im Stasi-Getriebe, die Hausmanns gehören zum staatskritischen Künstlertum. Als sich der jüngste Sohn der einen (Florian Lukas) in die Tochter der anderen (Hannah Herzsprung) verliebt, geraten ihre Fundamente ins Wanken.

Was steckt dahinter?

Das Leben der Anderen

Worum geht’s? Ein Stasi-Offizier (Ulrich Mühe) hört ein Künstlerpaar ab.

Er entwickelt ungeahnte Sympathien für die beiden und beginnt, belastendes Material in seinen Berichten zurückzuhalten.

Was steckt dahinter?

Florian Henckel von Donnersmarck landete mit seinem Langfilm-Debüt

Idee und Drehbuch stammen von Annette Hess, die dafür 2011 den Preis der Autoren bekam. Regie führte Friedemann Fromm. Die Serie will Freiheit, Sorglosigkeit und Kontrolle in Ostberlin verbinden und einen Teil deutscher Geschichte erlebbar machen.

Wie viel Ostberlin ist drin?„Weissensee“ spielt im

titelgebenden Bezirk, doch getrickst wurde auch: Die Villa von Familie Kupfer steht eigentlich in Potsdam.

Die Swinemünder Brücke dient als Grenzübergang der Bornholmer Straße. Außerdem sind Polizeiwache und Stasi-Zentrale in Lichtenberg zu sehen.

Was bleibt? Das Gefühl, im deutschen Fernsehen endlich eine zeithistorische Serie zu sehen, die großartige Schauspielerei mit einer spannenden Dramaturgie verbindet. Man fiebert mit jeder Figur mit und vergisst, dass sie fiktiv ist. Ob ein realitätsgetreues DDR-Bild vermittelt wird, ist nebensächlich. (cau) „Weissensee“, 20102015, 4 Staffeln mit 6 Episoden, als DVD erschienen bei EuroVideo Medien

Oh Boy

Worum geht’s? Ein Tag im Leben von Niko (Tom Schilling), Endzwanziger, ziellos und rastlos.

Während er sich durch die Hauptstadt treiben lässt, trifft er auf unterschiedliche Menschen, und selten nehmen diese Begegnungen ein gutes Ende. Dabei ist alles, was er will, eine Tasse guter Kaffee.

Was steckt dahinter?

Jan-Ole Gersters in schwarz-weiß gefilmte Tragikomödie war ein großer Erfolg: Sechs Mal wurde sie mit dem Deutschen Filmpreis ausgezeichnet, darunter als bester Spielfilm. „Oh Boy“ war Gersters Abschlussfilm an der Deutschen Film- und Fernsehakademie Berlin.

Wieviel Ostberlin ist drin? Das Portrait einer

Stadt, die zwischen Gentrifizierung und Identitätssuche – mit Englisch sprechenden Kellner*innen und absurd ausdifferenzierten Kaffeevarianten – genauso traumverloren ist wie der Protagonist Niko.

Was bleibt? „Oh Boy“ ist großartig, und eine einminütige Sequenz mit den BerlinBildern aus dem Film gibt es zum Glück auf YouTube – damit man sie sich immer und immer wieder anschauen kann. (sk) „Oh Boy“, 2012, 83 Minuten, als DVD erschienen bei Warner Home Video

9

04

El Dorado Ostberlin

Kino

Mit „Coming Out“ von Heiner Carow wurde 1989 die erste schwule Filmgeschichte der DDR erzählt. 30 Jahre später spricht Hauptdarsteller Matthias Freihof über seine Rolle, über Homosexualität in der DDR und darüber, wie die Filmpremiere doppelt historisch wurde.

Matthias Freihof,

geb. 1961 in Plauen, ist ein deutscher Theaterund Filmschauspieler, Regisseur, Synchronsprecher, Sänger und Entertainer. Nach dem Studium an der Hochschule für Schauspielkunst Ernst Busch in Berlin trat er an verschiedenen Berliner Bühnen auf (MaximGorki-Theater, Berliner Ensemble, Volksbühne).

Seinen Durchbruch erreichte er mit der Hauptrolle in Heiner Carows DEFA-FILM „Coming Out“. Seitdem hat er in Fernsehproduktionen („Die Autobahnpolizei“, „Siska“, „Der Alte“, „SOKO”, „Todesspiel“, „Vera Brühne“, „Weissensee“ u.v.a.) sowie Kinoproduktionen gespielt, u.a. in „Im Zeichen der Liebe“, „ Not a love song“, „Zurück auf Los“, und zuletzt „Weiber! – Schwestern teilen alles“.

Außerdem arbeitet Matthias Freihof als Schauspieldozent und Coach.

In Berichten erzählen schwule Männer allerdings auch über das „unsichtbare Leben“ in Ostberlin – ein Thema, das uns heute immer noch beschäftigt.

10

Ob ein Mensch seine Homosexualität offen lebt, hängt von vielen Faktoren ab und ist natürlich eine sehr private Entscheidung. Natürlich gab oder gibt es damals wie heute Männer, die verheiratet und erpressbar waren. So wurden und werden ungeliebte Konkurrenten ausgeschaltet und Karrieren beendet. Natürlich stand das Thema Homosexualität auch auf der perfiden Instrumentenliste der Stasi. Im Westen war die Repression gegenüber Homosexuellen aber auch staatlich gesteuert. Wie viele Leute sind in Westdeutschland wegen des diskriminierenden Paragraphen 175 denunziert worden und hinter Gitter gekommen.

Privat hatte ich mich schon mit 14 oder 15 Jahren geoutet. In meiner Familie war das kein Problem und im Freundeskreis auch nicht. Aber mir war bewusst, wenn ich diesen Film mache, der „Coming Out“ heißt, dann kann ich nicht selber hinterm Ofen sitzen bleiben. So einen Film zu drehen ist ein Statement. Ich hätte mir nie verziehen, wenn ich mich danach nicht auch öffentlich geoutet hätte.

Konnten Sie Ihre eigenen Erfahrungen bei den Dreharbeiten einbringen?

Die Premiere fand am 9. November 1989 im Kino International statt – was für ein Tag.

Es gibt viele Legenden, der Film sei untergegangen in den Wendewirren, aber das war nicht so. Am Abend des 9. November 1989 gab es im Kino International zwei Premieren des Films hintereinander, weil die Nachfrage so groß war. Dagmar Manzel kam später, von einer Vorstellung am Deutschen Theater. Sie hatte irgendwie beim Verlassen des Theaters gehört, die Mauer sei offen. Darauf meinte ich: „Jaja, und ich bin der Kaiser von China!“ Es wollte von uns keiner richtig wahrhaben.

Ich habe damals viel mit dem Autor und dem Regisseur diskutiert über diverse Situationen im Drehbuch, die ich aus eigenem Erleben anders kannte.

Natürlich wurden in unserer Geschichte Dinge filmisch überhöht. Das ist normal bei einer fiktiven Geschichte. Wir Foto: DEFA-Stiftung/Wolfgang Fritsche haben ja keinen DokumentarMatthias Freihof als Philipp in einer Szene von „Coming Out“ film gedreht. Unser Film wurde aber an Originalschauplätzen gedreht. Die Komparsen kamen alle aus der Szene. Die Solidarität der Ostberliner Community war enorm. Der Film war längst fällig und deswegen war auch die Bereitschaft sich einzubringen sehr groß.

Wann haben Sie es dann richtig begriffen?

Als wir dann nachts um halb eins endlich auf unserer Premierenfeier in der SzeneKneipe „Zum Burgfrieden“ im Prenzlauer Berg ankamen, realisierten wir allmählich, was passiert war. Ein Freund von mir, den wir drei bis vier Wochen vorher tränenreich in den Westen verabschiedet hatten, weil sein Ausreiseantrag endlich genehmigt worden war, stand da plötzlich freudestrahlend vor uns. Ich selber bin erst so um halb vier mit ein paar Leuten zur Bornholmer Brücke gelaufen, um mich selbst davon zu überzeugen, dass die Grenze offen war. Einige sind dann auf der Weddinger Seite der Brücke in den Bus gestiegen und zum Ku’damm gefahren. So viele starke Emotionen an einem einzigen Abend haben mich einfach überfordert.

Sie touren bis heute mit dem Film durch verschiedene Länder. Wird das nicht irgendwann langweilig?

Im Gespräch mit Ringo Rösener, dem Regisseur von „Schwul in der DDR – Männer unter sich“, hörte ich zum ersten Mal die Begriffe „Cruising“ und „Klappen“. Ich dachte, das seien Orte der Prostitution – waren das wirklich Schwulentreffpunkte, so wie sie im Film dargestellt wurden?

Im Film wird ein Angriff auf einen Homosexuellen in einer U-Bahn gezeigt. Wie real war Gewalt gegen Schwule in Ostberlin?

Ende der 1980er gab es mit dem Anwachsen der Neonazi-Szene in der DDR

Wir haben das immer wieder diskutiert, uns dann aber bewusst dagegen entschieden. Zum einen, weil es der erste Film zum Thema Homosexualität im Osten war und zum anderen, weil wir auch den Anspruch eines Aufklärungsfilmes erfüllen mussten. Der Film ist ja nicht „aus dem Ghetto fürs Ghetto gemacht“, wie viele Schwulenfilme davor und danach. Wir wollten bewusst eine Liebesgeschichte erzählen, die jedem die Möglichkeit gibt, sich mit der Geschichte und den Filmfiguren zu identifizieren. Deswegen haben wir das Thema ausgeklammert.

Ostberlin war für Schwule und Lesben natürlich das El Dorado im Osten, da wollten alle hin. Es war DIE große Stadt. Ein ähnlicher Magnet wie Westberlin.

Da war die Anonymität der Großstadt gegeben, und auch die Chance, einen Freundeskreis zu finden. Ressentiments gab und gibt es eher in ländlichen Regionen, im Osten wie im Westen.

Sie spielen in „Coming Out“ den schwulen Lehrer Philipp, der trotz seiner Beziehung zur Arbeitskollegin Tanja (Dagmar Manzel) ein Verhältnis mit Matthias (Dirk Kummer) eingeht. Wie reagierte Ihr Umfeld darauf, dass Sie einen Homosexuellen verkörpern?

Das waren Orte, von denen man wusste, dass Schwule da nachts anzutreffen waren.

Dort hat man rumgestanden, geschaut, „abgecheckt“ und dann ging es auf den Toiletten, „Klappen“, weiter. Man hat gewartet, bis sich einer daneben stellt, der den Erwartungen entsprach, und den hat man dann entweder mit nach Hause genommen oder sich gemeinsam in eine Kabine zurückgezogen. Es gibt den wunderbaren Film von Frank Ripploh, „Taxi zum Klo“, da ist all das zu sehen.

Langversion auf kulturschwarm.de

„Coming Out“ setzt sich allerdings nicht mit AIDS auseinander, was mich angesichts der Präsenz des Themas verwundert. Warum?

Ich als Westkind dachte, dass es schwer gewesen sein muss, unter Stasi-Beobachtung seine Sexualität frei auszuleben. Bei den Recherchen ist mir aufgefallen, dass die Lebensweise doch relativ frei war.

Interview von Danny Mahlig

Bio

vermehrt Übergriffe auf schwule Cruising-Areas. So zum Beispiel im Ostberliner Friedrichshain, wo wir auch eine Nacht-Szene für „Coming Out“ gedreht haben. Es ist häufiger vorgekommen, dass eine Horde Neonazis nachts auf ihren Mopeds in den Park „eingeritten“ ist, um aus Langeweile Schwule zu „verkloppen“. Ab Mitte der 1980er gab es in den Kneipen und Parks auch öfter Razzien durch die Polizei.

Als HIV und AIDS aufkamen, gab es Überlegungen der DDR-Administration, Schwule gezielt zu registrieren und später dann eventuell zu internieren, falls wirklich eine Seuche ausbrechen sollte.

Matthias Freihof:

„So einen Film zu drehen ist ein Statement.“

Foto: Ingo Woesner

Ich hab die Geschichten tatsächlich schon oft erzählt. Letztes Jahr habe ich den Film in St. Petersburg auf dem dortigen schwul-lesbischen Filmfestival präsentiert. Das war auf Grund der „Schwulen-Propaganda-Gesetze“ Putins mehr oder weniger illegal, und ich hatte Personenschutz. Vergangenen Dezember war ich in Georgien.

Im Osten gibt es noch eine Menge zu tun! Die relative Freiheit, die ich in der DDR erlebt habe, war und ist im ehemaligen Ostblock leider eher die Ausnahme. Auf Festivals im Osten wird mir jedes Mal bewusst, wie wichtig es für die dortige LGBTQCommunity ist, dass ich mich da als Künstler und selbstbewusster schwuler Mann zeige, der über den Film und über sich erzählt, um den Leuten Mut zu machen.

Der Interviewer ist in Gelsenkirchen geboren und lebt seit Oktober 2017 in Berlin.

Seitdem hat er auch Ostberlin für sich entdeckt und ist dort auf die Suche nach homosexuellen Geschichten gegangen.

He llersdorf

Hellersdorfer Straße, Eingang Gärten der Welt 14.10 Uhr Bunte Handtücher hängen über den korallenroten Brüstungen der Balkone, die das zwölfstöckige Gebäude an beiden Seiten umsäumen. In fein gebogenen Buchstaben auf weißem Grund stehen in der Mitte des Gebäudes die Wörter: „Rhin Towers“. Hier und da ragt eine Satellitenschüssel über eine der Balkonbrüstungen. Gleich links hinter dem Gebäude ein beinahe identisches.

Nur die Handtücher und Satellitenschüsseln sind anders verteilt.

Eine Fläche aus Kieselsteinen erstreckt sich vor den Hochhäusern. Die Kieselsteine werden von Asphalt abgelöst. Es ist eine graue, unbebaute Fläche von 1000 Quadratmetern, die in unregelmäßigen Abständen von jungen und alten Menschen jeden Alters auf Fahrrädern oder zu Fuß passiert wird. Ihre Haare, je nach Länge und Frisur (manche junge Mädchen tragen sie zu einem Pferdeschwanz gebunden), wehen beim Gehen oder Fahren im Rhythmus der Handtücher. Auch die wilden Gräser und Blumen auf dem Grünstreifen an der Seite – mal mit stacheligen, mal mit glatten Stängeln, mal mit weißen Blüten, mal mit solchen in sattem Violett – wehen mit. Schmale Birken von knapp zwei Metern Höhe leisten ihnen Gesellschaft.

Der Kieselweg führt an dem Grünstreifen vorbei zu einem einstöckigen, weißen Gebäude mit einem geschwungenen Dach. Auf der Fassade steht in schwarzer Schrift: „Kienbergpark“. Gondeln steigen an Drahtseilen hoch in den blauen Himmel. (sk) 14.34 Uhr

11

05

Ost*Berlin

Memory

spiel

Casto

rf

Liebfrauenmilch

niemals vergessen

RSL1

Stasi ndo

Solo

Zala

Sunn

y

Freie Deutsche Jugend

Glanzallee

Dauerbaustelle Weltkriegslazarett

Bear rea

-A No-Go

12

pit

ung AuflĂśs auf .de warm h c s r u lt

Ku

EinstĂźrzende Neubauten

gelSpar t uran resta

13

06

Jugend

„Wir waren einfach wir“ Der Fotograf Robert Paris wächst in der durch die Mauer geteilten Stadt auf. Ein Blick zurück von einem, der Ostberlin in seiner Jugend liebte und dem seine Stadt nach der Wende fremd wurde.

Von Linda Gerner

D Jung,

rebellisch, aber kein Punk Foto: Helga Paris

14

er Ort, den Robert Paris für das Treffen aussucht, hat Geschichte. Hier machte er vor vierzig Jahren sein erstes Foto. Der Georgen-Parochial-Friedhof in der Greifswalder Straße ist an diesem Nachmittag menschenleer. Im benachbarten Volkspark Friedrichshain sind die Wiesen voller Menschen – die Berliner essen Eis, hören Musik, grillen. Der Friedhof schluckt die Geräusche der Stadt. Statt des Quietschens der Tram, der Autos oder des Stimmengewirrs hört man nur Blätter, die vom Wind bewegt werden und vereinzelt Äste, die knarzen, wenn sich Nebelkrähen auf ihnen niederlassen.

Robert Paris fühlt sich hier wohl. Beim Spaziergang über den Friedhof bemerkt er Renovierungen an vielen Gräbern, kniet vor kleinen Zauntüren und freut sich darüber, dass sie sich wieder öffnen lassen. Schön, dass sich um diesen Ort gekümmert wird, findet er. Die Veränderungen auch fotografisch festzuhalten, reizt ihn nicht mehr. Robert Paris, dessen Ostberlin-Fotografien häufig ausgestellt wurden, nutzt seine Kamera heute nur noch privat, Erinnerungen für die Fotokiste. Sein Geld verdient er in einer Firma für Museumstechnik. Das heutige Berlin ist nicht mehr sein Berlin: „Vorher war das meine eigene Stadt und für das, was mich interessiert hat, hat sich sonst niemand interessiert.“

Geld auch, viel Sekt und Essen, war ja fast für umsonst“, sagt Paris.

Robert Paris wird 1962 in Prenzlauer Berg in Ostberlin geboren Wenn Robert Paris von seiner Ostberliner Clique spricht, und wächst dort auf. Als Sohn der Fotografin Helga Paris begeisschwärmt er: „Das war so eine freie Situation. Heute muss man tert ihn Fotografie schon als Kind. Ständig zeigt er seiner Mutter immer sehen, dass man seinen Lebensunterhalt verdient, aufOrte oder Gebäude, die sie für ihn fotografieren soll. Als er 15 passen, dass man nicht irgendwo rausfliegt.“ Wenn er von heute wird, gibt ihm seine Mutter eine Kamera und sagt: „Versuch’s spricht, verzieht er das Gesicht und macht dann eine ausladende selber.“ Von da an zieht Paris mit seiner Kamera durch Ostberlin.

Handbewegung: „Das war alles nicht. Wir konnten in den Tag Ihn faszinieren verlassene Orte: Friedhöfe, Industriebauten, abgereinleben, ohne an irgendwas zu denken. Die Wohnung kostete 26 legene Bahnhöfe. Paris hält das Vergängliche in seiner Stadt fest, Mark Miete.“ Dass er während seiner Jugend auch sieben Mal verohne zu ahnen, dass sie bald wirklich der Vergangenheit angehören haftet wurde, wegen eines systemkritischen Graffitis auch mal drei wird. Architektur begeistert ihn heute wie damals. Für detaillierte Monate lang im Gefängnis in Pankow saß, ist für ihn Orts- und Bauwerkserklärungen unterbricht er im Gekein Widerspruch seines Ostberliner Freiheitsgefühls. spräch auch die spannendste Geschichte.

War eben so, hat man noch ein paar mehr Geschichten Nach seiner Tischlerausbildung geht Robert Paris zu erzählen. bei seiner Mutter in die Lehre und lernt von ihr das Robert Paris schaut, während er spricht, auf den grün Handwerk. Seine erste größere Fotoserie ist das alte leuchtenden Friedhof, sucht nur selten den AugenkonGaswerk in der Dimitroffstraße in Prenzlauer Berg, takt. Ostberlin hat er geliebt und auch seine Jugend dort. heute Danziger Straße. Robert Paris fotografiert es von „Das war eigentlich ein super schönes Leben. Nur dass 1983 bis zum vollständigen Abriss 1986 immer wieder. wir nicht in den Westen rüber durften, das war ein Prob„Menschen wollte ich nicht fotografieren, weil ich das lem. Wir wollten selber sehen, wie‘s ist. Mal gucken und Gefühl hatte, die werden schon von anderen genug dann wiederkommen.“ fotografiert. Aber in meinen Fotos sieht man ja immer Foto: Linda Gerner Robert Paris heute Dinge, die von Menschen gemacht, gebaut, zerstört wurden“, sagt er.

Der Westbesuch trennt Paris besucht mit seiner Kamera seine Lieblingsorte, etwa die RuiDie Sehnsucht treibt Paris um. Die Grenze zu passieren, im Kofne des alten Kaufhauses in der Oranienburger Straße in Friedrichsferraum von Diplomaten, wäre wohl möglich gewesen und wurde hain, er fotografiert die Sprengung, den Verfall, die Einsamkeit. seinen Freunden und ihm häufiger angeboten: „Aber getraut haben Doch nach der Wende verändern sich diese Orte für ihn: „Plötzlich wir uns dann doch nicht“, sagt er. Ungefährlicher war es, jemanwaren da überall welche. Die haben mich rausgeschmissen aus den aus dem Westen zu heiraten und den DDR-Pass zu behalten. meiner Stadt.“ „Das war immer unser Ziel: Im Osten wohnen, aber rüberfahren, Wenn Robert Paris vom Bruch wann man wollte“, sagt Paris. mit seiner Heimatstadt erzählt, Sein erster Besuch im Westen ist klingt er nicht verbittert. Seit dann jedoch nicht der Heirat mit über zwanzig Jahren lebt er mit einer Holländerin, sondern der seiner Frau und seiner Tochter Fotografie geschuldet. Mit einem in Kerala in Indien und kommt Zehn-Tage-Visum auf Einladung einmal im Jahr für mehrere der Berlinischen Galerie darf er Monate nach Berlin, um zu 1988 in Westberlin fotografiearbeiten. Wie stark er noch mit ren. Viele seiner Anträge davor Berlin verbunden ist, hört man waren abgelehnt worden. „Wenn aus jedem seiner Sätze. man sich zwanzig Jahre auf etwas freut und auf einmal ist das da, ist das ganz merkwürdig“, Punk but not Punks sagt Paris über den Moment, als Robert Paris erzählt von seiner ihm klar war: Ja, er kommt tatJugend, dem Aufwachsen in sächlich rüber. Sein Besuch hielt Ostberlin. Seinen Freundeskreis Foto: Robert Paris Ernüchterung bereit: „Ich erinnenennt die Stasi in ihren Akten Robert Paris fotografierte das Vergängliche. Hier die Sprengung re mich an den Schock, dass „eine lose Gruppe anarchistischen des alten Kaufhauses in der Oranienburger Straße, 1982 es genauso ranzige Gebäude in Charakters“, sie selbst nannten Schöneberg oder Kreuzberg gab sich spaßeshalber „der Mob“. wie bei uns im Osten.“ Außerdem merkte er, dass ein Ausflug auf „Wir saßen den ganzen Tag bloß rum, haben Quatsch gemacht, uns die andere Seite der Mauer den Freundeskreis veränderte: „Da ist totgelacht und viel getrunken“, erzählt Paris. Viele seiner Freunde etwas zerbrochen, man saß plötzlich nicht mehr in einem Boot.“ kamen ebenfalls aus Künstlerfamilien: „Weil die Eltern wenig Zeit Das Nicht-Rüberkommen schweißte zusammen, ein Visum für den hatten, haben wir uns selbst sozialisiert.“ Bei dem Wort „Eltern“ Westen trennte. schnaubt Paris und man kann sich vorstellen, wie der schlaksige, Die Sonne steht jetzt tiefer und wirft Schatten auf den großen wasserstoffblonde Ostberliner Jugendliche mit Ringen in beiden OhGrabstein neben der Bank, auf der Paris seit drei Stunden sitzt und ren rebelliert: „Wir hatten schon früh unsere eigenen Wohnungen, ich erzählt. Vom Abend der Grenzöffnung, seinem Job hinterm Tresen bin mit 17 ausgezogen. Wir wollten einfach weg von diesem ganzen in Berliner Bars mit zu viel Alkohol, der Frage nach dem Sinn seiEltern-Zeug, wir wollten für uns selbst verantwortlich sein.“ nes Lebens und schließlich seinem Wegzug aus Berlin nach Indien.

Von festen Zuschreibungen wie etwa „die Punks“ will Robert Ganz hinter sich lassen will er seine Heimatstadt nicht, doch die Paris aber nichts wissen: „Das wird im Nachhinein jetzt immer Reisen fallen ihm mit zunehmendem Alter schwerer: „Klimatisch so dargestellt, als ob es da eine feste Szene gab. Das war nicht so. wie auch seelisch. Die Seele braucht länger, bis sie wieder angeMan war einfach da. Wir waren einfach wir.“ Eben mit gefärbten kommen ist.“ Doch Robert Paris, der mit viel Leidenschaft in der Haaren, Kajal um die Augen und Lederjacken. Mitte der 1980erStimme und seinem starken Berliner Dialekt humorvoll eine AnekJahre beginnt Paris’ Freundeskreis, eigene Klamotten zu nähen und dote nach der anderen aus Berlin, aus seinem Ostberlin erzählt, ist Modenschauen zu inszenieren. Jacken im Michael-Jackson-Stil, an diesem Nachmittag ganz hier.

Taschen, Gürtel. Ihre Mode verkaufen sie auf Wochenmärkten: Wismar, Schwerin, Warnemünde. „In einer halben Stunde warste Die Autorin ist Westkind und lebt seit Anfang 2017 in Berlin. Ihr die Sachen los, hattest 5.000 Mark und die Sache mit dem Geld war Umzug von Kreuzberg nach Friedrichshain machte ihr die frühere erledigt. Das war ideal.“ Angelegt wurde das verdiente Geld in AuTeilung der Stadt erst richtig bewusst. tos: Wolgas, Tatras, und in Motorrädern. „Benzin war ohne Ende da,

Friedrichshai n

Forckenbeckplatz 12.34 Uhr Ein Baufahrzeug schiebt sich am Rand des Platzes hin und her. Sein Motor brummt, Steine poltern, von weiter weg weht das Kreischen einer Säge herüber. Die Vögel in den Bäumen kommen nicht gegen das Getöse an. Einer fliegt zum benachbarten Spielplatz, der von einem steinernen Elefanten dominiert wird.

Aus dem Rüssel der Statue schießt eine Fontäne.

Einige Meter davor, diesseits eines Zauns, lagert ein alter Mann auf einer Bank. Sein hellgraues Haar reicht ihm bis über die Ohren, der Bart ist struppig. Neben ihm parkt ein Anhänger. Der Mann richtet sich auf, um zwei Asiatinnen zu beobachten, die zwischen ihm und dem Zaun ein Stativ aufbauen. Die größere der beiden hantiert mit einer Kompaktkamera, die kleinere nimmt Aufstellung am Zaun.

Als der Elefant hinter ihr wieder Wasser spritzt, eilt die Größere zu ihrer Begleiterin. Der Mann steht auf, verschränkt die Arme hinterm Rücken und schlendert zur Kamera. Er blickt durchs Objektiv, woraufhin die größere der Frauen ihm mit einem Wink zu verstehen gibt, dass er sich zu ihnen gesellen soll. Nun stehen alle drei am Zaun und lächeln in die Kamera. Sie trennen sich, indem die Frauen der einen Seite des Platzes entgegengehen, der Mann synchron zur anderen Seite losläuft.

Mit fünf leeren Bierflaschen kehrt er zurück. Er legt sie in den Anhänger und macht sich wieder lang auf der Bank.

Die Bauarbeiten sind verstummt, der alte Mann schließt die Augen. (sir) 13.34 Uhr

15

07

Szene

(K)eine Frage des Aussehens

Friedrichshai n

Erich-Steinfurth-Straße

Das „Venezia“

Schönhauser Allee, Ecke Gleimstraße, ein beliebter Lesbentreffpunkt in den1980ern

FOTOMontage: Robert- Havemann Gesellschaft/ Pea Lehmann/RHG_ Fo_GZ_1634; Cl audia Auerbach

Ostberlin in den 1980er-Jahren: Lesbische Frauen demonstrieren gegen diskriminierende Stereotypen und für gleichgeschlechtliche Liebe. Gleichzeitig finden sie sich auf einem Lesbentreff zusammen und sind irritiert über das Erscheinen femininer Frauen. Wo entsteht Intoleranz, wann beginnt Akzeptanz? Ein Blick auf damals und heute.

Von Claudia Auerbach „Meine damalige Lebensgefährtin kam in Prenzlauer Berg als Einzige, die einen Rock trug, in die Lesbengruppe. Erst dachten alle, sie sei eine ‚Hete‘, die sich ausprobieren will. Da habe ich das erste Mal darüber nachgedacht, warum wir Lesben unsere Weiblichkeit verstecken, obwohl wir uns eigentlich von eben dieser angezogen fühlen? Das ist schon ein Widerspruch in sich … “

P

16

renzlauer Berg, 1982. Unter den Dächern der evangelischen Kirche bildet sich die erste öffentliche lesbische Frauengruppe Ostberlins, die „Lesben in der Kirche“. Die heute 56-jährige Samirah Kenawi hat die ersten Emanzipationsbewegungen der Frauen in der DDR miterlebt und hält diese in ihrer Dokumentation „Frauengruppen in der DDR der 80er Jahre“ fest.

Gemeinsam treffen sich Lesben und Schwule in Arbeitskreisen wie in den Gemeinderäumen der Gethsemanekirche und diskutieren vor allem über zwei Dinge: Identitätsprobleme und die NichtAkzeptanz in der heterosexuellen Gesellschaft. Im Anschluss an die gemeinsamen Sitzungen finden sich einige der Frauen im Café „Venezia“ zusammen, einer der beliebten Lesbentreffs in den 1980er-Jahren. Aus einer Gruppe, die sich treffen und Gleichgesinnte kennenlernen will, wird eine politische Gruppierung, die über homosexuelle Lebensweisen debattiert und für das Sichtbarwerden einer anderen Form der Liebe kämpft: „Wir haben zum Beispiel versucht, uns Sticker zu machen, mit dem doppelten Frauenzeichen als Lesbenzeichen oder einer Doppelaxt. Das waren so unsere Symbole. Oder natürlich hat man versucht, sich männlich zu kleiden. Aber das war alles eher bedingt nutzbar. Etwas wirklich Nützliches wie Kontaktanzeigen schalten ging in der Praxis nicht“, erzählt Kenawi.

Sich maskulin zu kleiden und einen kürzeren Haarschnitt zu haben, wird zum Erkennungsmerkmal der Bewegung.

Foto: Robert-Havemann-Gesellschaft/Bettina Dziggel/RHG_Fo_GZ_0396

Die Friedenswerkstatt vor der Erlöserkirche, 1985

Codes, die benötigt werden, wenn die Mundpropaganda nicht funktioniert und Flyer für gemeinsame Treffen keine Chance auf Veröffentlichung haben.

Lesbische Erkennungsmerkmale waren notwendig

„Damals, als ich noch lange Haare hatte und ich das erste Mal in Berlin in der ‚Busche‘ war, da dachte ich auch: ‚Oh, die sehen hier aber alle ein bisschen anders aus.‘ Und wenn ich mich dann unterhalten und erzählt habe, dass ich Frauen liebe, kam immer ein: ‚Wat, du? Das sieht man dir gar nicht an.‘ Das Klischee ist es schon, burschikos auszusehen.“ Es ist 1988, als die damals 17-jährige Andrea Rüdiger das erste Mal auf eine Frauenparty in Ostberlin geht. Konflikte wegen ihrer Homosexualität kennt sie kaum und zudem nur mit ihrer Familie.

Von den politischen Debatten bekommt sie wenig mit und verzichtet auf ein Versteckspiel, wie es zu jener Zeit üblich ist:

„Mir ging es gut. Die Einzige, die anfangs Probleme mit meiner Liebe zu Frauen hatte, war meine Schwester. Das legte sich aber schnell. Doch an einen Satz einer Freundin kann ich mich gut erinnern. Sie war damals Polizistin und meinte, wenn sie die Chance hätte, nochmal geboren zu werden, dann würde sie sich das Heterosein wünschen. Für sie hieß es jeden Tag, vorsichtig zu sein. Immer am Verstecken mit ihrer Freundin. Denn sie hat ihren Job sehr gemocht und wäre sie aufgeflogen, hätte sie alles verloren. Na ja, zum Glück fiel ihr etwas härterer Look als Polizistin nicht auf.“ Der burschikose Look als Erkennungsmerkmal, um zu signalisieren, lesbisch zu sein: notwendiges Erkennungsmerkmal oder Stereotyp? Eine eher maskulin wirkende Frau kann ebenso oberflächlich als lesbisch gedeutet werden, wie die feminine Frau selbstverständlich als hetero betrachtet wird. Dabei macht es keinen Unterschied, ob sich eine Frau extra maskulin kleidet, um von lesbischen Frauen erkannt zu werden, oder einfach nur den Stil mag und hetero ist. Heute nicht und damals nicht. Sie wird abgestempelt, von der heteronormativen Gesellschaft ebenso wie von der lesbischen.

Gestern notwendig, heute stereotyp

„Wenn ich auf eine Lesbenparty gehe, werde ich direkt an der Tür gefragt, ob ich wisse, was hier für ein Event sei. Von den Frauen dort werde ich nicht wirklich wahrgenommen, bis sie sehen, wie ich meine Freundin küsse. Mir wurde gesagt, dass ich einfach zu feminin und hetero aussehe. Deshalb komme ich entweder als heterosexuelle Begleitung einer Lesbe in Frage oder als sexuell Unschlüssige, die sich ausprobieren will. Ein Teil der Berliner Community bin ich nicht.“ Geht Sarah Pelemis auf eine Frauenparty, wartet jedes Mal eine kleine Herausforderung auf sie. Denn die 27-Jährige liebt ihren roten Lippenstift, Kleider und ihre High Heels. Ein Widerspruch: Codes, die in den 1970er- und 1980er-Jahren als Erkennungsmerkmale notwendig waren, sind es heute nicht mehr. Für lesbische

Frauen gibt es neben etlichen Internetangeboten diverse Partys und Treffs, die medial kommuniziert werden. Doch die feminine Frau wird in diesen Kreisen immer noch nicht vollständig anerkannt.

Schon Samirah Kenawi stellte sich in den 1980er-Jahren die Frage, warum die lesbischen Frauen ihre Weiblichkeit verstecken. Die Annahme, dass queere Frauen sich auf eine bestimmte Art und Weise präsentieren müssen, stelle eine ganze Reihe Menschen in den Schatten, die Kleider und rosa Getränke lieben, auch innerhalb der LGBTQ-Gemeinschaft. Die vielleicht ungewollte aber präsente Intoleranz in den eigenen Reihen ist das Tabu der queeren Szene. Die Definition der Liebe zu einem anderen Menschen wird ihr über das Äußere zugeschrieben.

Zurück in die 1980er-Jahre

„Wir haben damals in unserer Frauengruppe viel über den Begriff Homosexualität als solchen diskutiert, weil es darum ging, zu sagen, dass es eine andere Form der Liebe ist. Solche Sprüche haben wir dann auch propagiert, aber diese einseitige Ausrichtung auf Sexualität schien uns immer zu wenig. Heute wird intern gar nicht mehr über Liebe, sondern vielmehr über sexuelle Vorlieben gesprochen. Bei uns ging es um Diskussionen, ob man als homosexuelles Paar gemeinsam eine Wohnung beziehen kann. Heute ist so etwas kein Thema mehr. Es ist alles sexuell, provokant und deshalb ist es problematisch“, sagt Kenawi.

Wie viel weiter wäre die lesbische Gemeinschaft, wenn es die Form der Intoleranz, das Nutzen bestimmter, am Äußeren orientierter Stereotypen nicht gäbe? Vielleicht kann die Gesellschaft die andere Form der Liebe erst akzeptieren, weniger intolerant sein, wenn sie sich wieder auf die Anfänge der Bewegung in den 1980er-Jahren besinnt. Als unter anderem die Ostberliner*innen dafür kämpften, dass es um die Liebe zwischen zwei Menschen geht und nicht um ihre sexuellen Vorlieben – oder ihr Aussehen.

Mit einem Blick hinter die Fassade beginnt das wahre Kennenlernen, das äußerlich nicht zu bestimmen und schon gar nicht selbstverständlich ist.

Die Autorin lebt seit Sommer 2017 in Berlin, in Prenzlauer Berg.

Das Thema der Lesben in Ostberlin schuf bei ihr Verständnis dafür, wie viel Geschichte sich in ihrem Viertel verbirgt und welche wichtige Rolle die lesbischen Frauen der DDR für die Emanzipationsbewegungen in Deutschland spielten.

9.51 Uhr Der Antikmarkt am Ostbahnhof ist an diesem Montagvormittag gut besucht. Bei Sonnenschein laufen die Menschen an den Ständen vorbei, bleiben stehen bei bunten oder kristallenen Gläsern, bei Rahmen, mal mit und mal ohne Bild, kleinen Hunden und Katzen aus Porzellan oder kramen in Kisten mit allerlei gemischtem Zeug. ORIGINAL. Das ist das am häufigsten vorkommende Wort an den Ständen.

Original DDR-Briefe und Briefmarken, Original Berliner Currywurst, Original DDR-Plaste. In Form von Osterhasen, Pfeifen, Seepferdchen und Vampirzähnen. Die kleinen Kisten mit buntem Spielzeug werden umrahmt von DDR-Autokennzeichen und Schildern mit der Aufschrift „Achtung!

Staatsgrenze. Passieren verboten.“ Tourist*innen machen Fotos, kaufen Postkarten und posieren mit alten Volkspolizeimützen. „Schau mal, so eine hatten wir früher auch.

Weißt du noch?“ Zwei ältere Frauen stehen eingehakt vor einem Stand mit Krügen, Buttergefäßen und Vasen. Sie halten gebührenden Abstand zum Tisch und beugen sich etwas mit den Oberkörpern vor. „Für n‘ Zwanni haste wieder eene“, sagt der Verkäufer und streckt den Frauen eine kleine braune Kaffeemühle mit Drehkurbel entgegen.

Verlegen lachen die beiden und schütteln den Kopf: „Nein, nein. Wir schauen nur mal. Brauchen tun wir die nicht“, sagt die mit der grünen Strickjacke. „Heute nicht mehr“, ergänzt die zweite Frau und schaut, als würde sie trotzdem gerne danach greifen. (lg) 10.10 Uhr

17

TRAM

or

d ns

f

h

Linie 87

Ra

Licht an, Türen auf.

Richtung: Woltersdorf

Woltersdorfer Straßenbahn Tarifgebiet C

Die Tramfahrerin im hellblauen Hemd, die in ihrer kleinen Kabine Schokoladenstücke isst, während sie die sich von der S-Bahn-Station nähernden Menschen im Rückspiegel beobachtet.

Die Frau mit dem knallroten Regenschirm, die ganz in die Lektüre ihres Buches vertieft in die Straßenbahn einsteigt und beim barschen „Tach“ der Tramfahrerin erschrickt.

SNAP Shots

ße

ra

t ns

e

um

Bl

Der Stock, der aussteigt, ein Mann dazu: tötterich und unsicher, mit einer Stimme, die basslastig über den Regen murmelt.

Die Blumenstraße, die ohne Blumen ist, ohne Menschen, ohne Tiere, nächste Haltestelle: Krankenhaus.

us

a nh

e

nk

a Kr

Die Oma mit ihrem Rollator, die vor dem Krankenhaus einem Pfleger auf seinem Heimweg lachend zuruft: „Hör mal, kannst du mich nicht mitnehmen?“

m

en

ch

Ei

L

t es

th

oe

G

Drei Fahnen mit der Aufschrift „Autofit“, die sich auf dem Gelände der Werkstatt Rauer mit dem Regen prügeln.

np

Regentropfen, die dem warmen Asphalt den Geruch längst vergangener Sommertage entlocken.

Halme, die sich zur Seite biegen, wenn die Autos vorbeischnellen, und dann in erzwungener Position verharren.

an

lm

ä

Th

Der glatzköpfige Hüne, der ein kleines, zartes Mädchen mit einem grünen Sommerhut aus dem AWOKinderparadies heraus- und über den Parkplatz zu seinem weißen Mittelklassewagen trägt.

Das öffentliche Bücherregal an der Ecke Rüdersdorfer, dessen Bücher allesamt aus der Epoche der pastellfarbenen Hardcoverbücher stammen, bis auf den Band „Unter Glatzen.

Begegnungen mit Skinheads“w.

e

r

e rf

Sc

e

us

e hl

do

rs

te ol W

Die Pizzeria „Venezia“, deren rotes Namensschild in Wellenform zum Platzhalter für unerfüllte mediterrane Sehnsüchte wird.

Das braune Holzfloß mit einer Gruppe sich sonnender Erwachsener und Kinder, das dabei ist anzulegen, ein Funkeln auf dem Wasser hinterlässt und die Schwäne am Steg vertreibt.

Die rothaarige Dame, die zielsicher zum weißen Metallsitz in der linken Ecke der Haltestelle schreitet, während den braunen Sitz in der rechten Ecke die Ameisen bevölkern.

Ein kleiner blonder Junge, der sein Eis fallen lässt, während er auf der blauen Schleusenbrücke die noch wartenden Boote im Trog beobachtet, die auf den Falkensee fahren wollen.

tz

er

lin

r Be

a Pl

Die blondierte Autofahrerin, die dank ihres Handys am Ohr den Hilfeschrei des Radlers, den sie beinahe überfährt, erfolgreich ignoriert.

18

Der fast ganz schwarz gekleidete, etwas deplaziert wirkende junge Mann mit dem Handy in der Hand, der, mit zwei Zetteln herumfuchtelnd, von Patienten beobachtet wird.

aß

r st

n

he

c er

ße

ra

m da

z

t la

n

ne

a as

e

aß

r st

F

Der Werbeaufsteller, der direkt vor der Fleischerei den Fahrradservice der Gebrüder Wurstler anpreist.

Der Herr mit dem Vokuhila, der ernsten Gesichtes in die Bäckerei strebt, ein möglichst helles Brot bestellt und von der Verkäuferin die Antwort erhält: „Für mich sehen die alle gleich aus.“

19

09

Stadt

Spuren im Labyrinth Alt-Treptow ist ein oft vergessener Berliner Kiez. Dreißig Jahre nach dem Mauerfall sind die Spuren der Teilung hier nicht so offensichtlich wie in anderen Bezirken. Und doch gibt es sie. Um ihnen nachzugehen, muss man sich Sozialstrukturen, Architektur und Stadtplanung anschauen. Auch im ruhigen Treptow schreibt die Aufwertungs- und Bauindustrie Stadtteilgeschichte. Und die ehemalige Mauer hat einen Gastauftritt.

Kienberg 16.11 Uhr Auf weißen fragilen Beinen steht er da, mitten auf dem Kienberg in Marzahn – der „Wolkenhain“. Der Himmel über Marzahn und Hellersdorf und das Gewölbe des Gebäudes werden eins.

Kern dieses architektonischen Kunstwerks ist eine wolkenförmige Aussichtsplattform mit dreieckigen Lichtflächen.

Auf der Mitte der Treppe stechen mehrere kleinere schwarze Gestalten hervor, die sich mit winzigen Schritten in geringem Tempo nach oben bewegen. Gestalten, die wirken, als wären sie Teil einer Ameisenstraße, die einen Sandberg hinaufklettert. Eine Person bleibt stehen. Sie beugt sich für einen Moment nach vorne und steigt nach wenigen Sekunden weiter. Mit raschem Tempo schafft es die kleine schwarze Gestalt, die Ameisenstraße wieder einzuholen. Kurz bevor die Treppenlandschaft endet, kapselt sich eine andere schwarze Gestalt aus der Menge ab und gleitet mit rascher Geschwindigkeit die Stufen hinunter. Alle anderen verschwinden im oberen Teil des Wolkenhains.

Stille Zeit, keine Dynamik. Am Rande der Grashalme, im Gegensatz zum Wolkenhain ganz nah wirkend, quert eine Person mit ihrem Hund den Weg, beobachtet das Gebäude nur kurz, der Hund schnuppert an den Gräsern. Nach einigen Sekunden bewegen Person und Hund sich in gemäßigtem Tempo vom Platz fort. Beide werden immer kleiner und kleiner, bis sie im Nichts verschwinden. (DMA) 17.03 Uhr

Von Marie Hecht

B Foto: Isaumir Nascimento

Lohmühlenstraße 36, 2018

Foto: Stiftung Berliner Mauer, Hans-Joachim Grimm [F-21058]

Lohmühlenstraße 36, 1986

ouchéstraße, Alt-Treptow: Zwei Reihen Pflastersteine in Gedenken an die Berliner Mauer verschwinden unter einer frisch gestrichenen weißen Hauswand, tauchen in der nächsten Querstraße unter einem Baugerüst wieder auf und verlaufen sich dann im Gras des kleinen Stadtparks am Ende der Heidelberger Straße. Wo noch vor dreißig Jahren die Mauer das Ende der Welt verhieß, stehen heute die Baugerüste großer Berliner Immobilienfirmen. Der Ostberliner Bezirk, etwas abseits der großen Gentrifizierungszentren, befindet sich im Wandel. Das hat auch Christoph Schiebe bemerkt: „Wo Prenzlauer Berg schon längst am Ende der Aufwertungsspirale angekommen ist, startet Treptow gerade erst durch“, sagt er. Der Stadtplaner und Soziologe hat sich in den vergangenen Jahren intensiv mit diesem Kiez beschäftigt. Bis 2017 leitete er ein Forschungsprojekt zu sozialen Grenzziehungen entlang der Berliner Mauer. „Geteilt. Vereinigt.

Verdrängt?“ ist der Titel der Studie.

Die Elsenstraße in Neukölln, ehemaliger Berliner Westen, und die Bouchéstraße in Alt-Treptow, ehemaliges Ostberlin, waren eines der drei Kiez-Paare, die die jungen Forscher*innen rund um Christoph Schiebe untersuchten. Sie kamen zu dem Ergebnis, dass man, „wenn man sich alle Parameter ansieht, merkt, dass der jeweilige Kiez dem Nachbarkiez auf der gleichen Seite ähnlicher ist als der Nachbarschaft jenseits der Mauer. Es gibt in der Sozialstruktur immer noch dieses Ost-West-Ding“, so Schiebe.

Auch physische Brüche im Stadtbild seien auffällig: „Manchmal merkt man: Hier ist etwas komisch, hier stimmt irgendetwas nicht“, beschreibt er die Auffälligkeiten, die sich durch die Teilung der Stadt in Ost und West erklären lassen. „In Treptow zum Beispiel hat man eingesprengte Kleingartenkolonien und fragt sich, warum steht das hier noch, obwohl der Wohnungsmarkt angestrengt ist?“ Auch die Wagenburg in bester Lage direkt am Kanal sei ein Wunder für einen Kiez in Berlins Innenstadt. Es seien diese Kleinigkeiten, die ihn besonders faszinieren. „An der Pflege der Grünflächen merkt man, obwohl es wie ein zusammengehöriger Park scheint, dass es unterschiedliche Eigentümer gibt, weil der Rasen nur bis zu einer bestimmten Kante gemäht ist und dahinter nicht mehr. Am Verlauf eines Weges parallel zu den Häusern sieht man, dass der Zuschnitt der Grundstücke nicht genau passt und deshalb vermutlich vorher da ein Mauerstreifen war“, schildert er seine Beobachtungen.

Geteilt und wieder vereint

20

Die Bouchéstraße ist eine von jungen Linden gesäumte Straße in dem ruhigen Wohngebiet. Hier verlief vor dreißig Jahren die schmalste Stelle des Grenzstreifens. Die eine Häuserreihe, die Straße und die Bürgersteige auf beiden Seiten gehörten zum Osten, die gegenüberliegende Häuserreihe samt Vorgärten zum Westen

der Stadt. Zahlreiche Fluchtversuche über die Mauer hinweg und unter der Mauer hindurch sind Teil der Straßengeschichte. Auf dem Mauerstreifen Bouché-, Ecke Harzer Straße stand ein Wachturm. Heute baut die Immobiliengruppe Archigon hier eine neue Wohnanlage mit über 250 Eigentumswohnungen. Eingelassen in den fein gepflasterten Bürgersteig gegenüber findet man einen gelb markierten Stahlstreifen. Seit einiger Zeit fehlt aufgrund der Bauarbeiten die Gedenktafel zur Geschichte der Teilung. „Das war das Erschreckendste, wie viele Erinnerungsorte der Mauer seit der Wiedervereinigung überbaut wurden und wie viel öffentlicher Raum hergegeben wurde für neuen Wohnungsbau“, erläutert Schiebe. Diese Stelle ist kein Einzelfall in Alt-Treptow.

Im Gegensatz zu der museal aufbereiteten Gedenkpolitik in der Bernauer Straße gebe es in Treptow auffallend wenig Erinnerungskultur.

Die Stadtteile Neukölln und Treptow waren bis 1945 in regem Austausch. Die Lohmühlenbrücke über dem Landwehrkanal ist ein steinernes Zeugnis dieser Zeiten. Auch hier verläuft der Erinnerungsstreifen Berliner Mauer. Fahrräder, Autos, Eltern mit Kinderwagen überqueren die Lohmühlenstraße, laufen achtlos über die ehemalige Grenze. Eine Trinkhalle auf dem Platz führte bis 1961 die Welten zusammen. Dann wurden mit dem Mauerbau die Grenzen der Stadtteile zu unüberwindbaren Staatsgrenzen. Seit 1989 wachsen die Stadtteile langsam wieder zusammen. Auch, weil der Bau der Mauer architektonisch keinen großen Einschnitt bedeutete. „Historisch bedingt kam es in Alt-Treptow entlang der Mauer selten zu einem Abriss“, erklärt Schiebe. „Man hat die relativ engen Straßen, so wie sie bestanden, einmal längs geteilt.“ Nach der Wiedervereinigung habe man die Mauer dann abgeräumt. Heute steht die Straße wieder in ihrer historischen Form da. „Das heißt, der räumliche Zusammenhang war immer da“, so der Stadtplaner. Die soziostrukturellen Unterschiede seien in diesen Gebieten vergleichsweise gering. Doch es gibt sie.

Einer der auffälligsten Faktoren ist der unterschiedliche Migrationshintergrund der Menschen im Ost- und Westteil der Stadt. In Alt-Treptow ist der Anteil von Menschen mit Einwanderungsgeschichte aus der Türkei geringer als in Neukölln. Man findet hingegen mehr Menschen mit Migrationshintergrund aus den sogenannten EU15-Staaten, also den älteren EU-Mitgliedsstaaten, besonders aus skandinavischen Ländern. Dieses Phänomen kann auf die Aufwertungsprozesse von sanierungsbedürftigen Altbaugebieten nach der Wiedervereinigung zurückgeführt werden. Im Westen kam es nach 1945 vermehrt zu Sanierungen der alten Baubestände und in den 1960er-Jahren zu Neubebauungen, während im Osten die alten Gebäude aus der Gründerzeit oft unsaniert bestehen blieben und sich seit der Wende großer Beliebtheit erfreuen.

So auch in Alt-Treptow.

Marza hn

Man spreche oft von Angleichungsprozessen, eine irrtümliche Bezeichnung, findet Schiebe: „Wenn man dieses Wort hört, klingt das immer so sozialromantisch. Denen, die nichts haben, wird etwas gegeben, und dann geht es allen gut. Das ist eben nicht der Fall“, stellt er fest. „Es gibt über Berlin verteilt und speziell auch entlang der Berliner Mauer, weil es dort besonders viele bauliche Möglichkeiten nach dem Mauerfall gab, eine Welle an neuen Leuten, die die soziale Situation verändern. Das führt aber nicht zur Verbesserung für all jene, die da schon sind“, erklärt der Stadtplaner. So steige in den Ostquartieren das Durchschnittseinkommen, aber gleichzeitig nehme die Arbeitslosigkeit nicht signifikant ab. „Das sind Indikatoren dafür, dass es zu einem Zuzug von einkommensstarken Gruppen gekommen ist“, meint Schiebe.

Der Kiez mutet dörflich an. Wenn man in Alt-Treptow unterwegs ist, hört man die Leute berlinern. In der Karl-Kunger-Straße, der einzigen richtigen Geschäftsstraße des Kiezes, gibt es noch den seit fünfzig Jahren ansässigen Fleischer. Aber auch hier hat sich die Struktur der Läden und Lokale verändert. Seit rund zehn Jahren gibt es eine große Biomarktfiliale und einen Vintage-Laden. Eine Handvoll hipper Cafés und Kneipen haben sich auch angesiedelt.

Alt-Treptow, kleines Labyrinth

Die Berliner Mauer hat ihr Erbe hinterlassen als physische Barriere, „die Großräume teilt, Stadtteile, Ortsteile oder Kieze und die dafür sorgt, dass unterschiedliche Atmosphären in den Räumen entstehen“, erklärt Schiebe aus stadtplanerischer Sicht. Auch andere physische Barrieren können einen städtischen Raum einfassen: Kanäle, Zugstrecken, Tunnel, Parks ... Alt-Treptow ist voll davon. Ein von Barrieren eingefasster Raum, ein inselartiges Labyrinth. Man weiß nie, wo man gerade ist, die Orientierung fällt schwer und der Anschluss an die öffentlichen Verkehrsmittel ist umständlich. Der Kiez liegt mitten in Berlin und doch fühlt er sich an wie ein Randbezirk der Großstadt.

Im geteilten Berlin muss er noch abgelegener gewirkt haben.

Barrieren können eine gemeinsame Identität fördern oder zur Abgrenzung von Gruppen beitragen. „Wir haben uns während der Forschung auch kritisch damit auseinandergesetzt, ob die Kategorien Ost und West, Wessi und Ossi heute noch in gleicher Weise wie in den Neunzigern sinnvoll sind und man diese Schubladen noch nutzen sollte und muss“, denkt Schiebe laut. Eine Antwort hätten sie nicht gefunden. Aber für alle in der Gruppe sei klar gewesen, „dass die Mauer zwar im Alltag keine übergeordnete Rolle spielt, im Unterbewusstsein oder in der Stadtgestalt aber schon.“ Die Autorin lebt erst seit Kurzem in Berlin. Gentrifizierungsprozesse erlebte sie bereits in ihrer vorherigen Heimat Leipzig. Ihren neuen Kiez, Alt-Treptow, hat sie durch die Recherchen für diesen Artikel kennen und sehr lieben gelernt.

Täglich überqueren Passant*innen den Mauerstreifen.

Hier: Lohmühlenstraße, Ecke Harzer Straße Foto: Isaumir Nascimento

21

10

ABC

A

ltbau, Neubau, Altneubau

Mit Spitzdach, ohne Dach, Plattenbau, Flachdach! Was denn nun? Ein Altbau ist durch das Baujahr definiert: auf jeden Fall vor 1920.

In der DDR kam ab Anfang der 1960er-Jahre der Neubau hinzu, der heute gemeinhin als Platte bekannt ist – den Begriff kannte man in der DDR nicht. Wenig bekannt ist die Mischung von beidem, die in der Zwischenzeit Konjunktur hatte: Der Altneubau bezeichnet ein meist viergeschossiges, in traditioneller Stein-auf-Stein-Bauweise errichtetes Gebäude.

B

ruch

Es ist der Abend des 9. Novembers 1989, als Ostberlins SED-Chef Günter Schabowski die neuen Reiseregelungen bekannt gibt.

Demzufolge können Privatreisen ins Ausland ohne besondere Voraussetzungen und Verwandtschaftsverhältnisse beantragt werden und kurzfristig erfolgen. Die Menschen strömen an die Grenzübergangsstellen und passieren. Auf Zusammenbruch folgt Wiedersehen.

C

hausseestraße

Bei Westkindern bekam die Chausseestraße nur beim abendlichen „Monopoly“Spielen Aufmerksamkeit. Sie gehörte zu den hellblauen Spielfeldern, die kaum Miete einbrachten und die daher niemand haben wollte.

Im Berliner Osten gehört sie nicht zu den unscheinbaren Straßen der Stadt, und das liegt auch an Wolf Biermann. Sein zweites Album entstand mit einem aus dem Westen geschmuggelten Grundig-Tonbandgerät und Sennheiser-Mikrofon in seiner eigenen Wohnung und bekam demzufolge den Titel „Chausseestraße 131“. Samt Coverbild der sympathisch verwohnten Intellektuellenbude.

D

atsche

22

Links: die Schienen des Regionalverkehrs. Rechts: die S-Bahn. Dazwischen: das „Paradies“ – also zumindest eine Lichtenberger Kleingartenanlage, die sich so nennt.

Der eigene „Jarten“ mit Datsche, ostdeutsch für Laube, ist nach wie vor entscheidend fürs Lebensgefühl vieler Ostberliner*innen. TreptowKöpenick kommt sogar auf 148 Kleingartenanlagen – absoluter Datschenrekord in Berlin!

E

laste

„Elaste und Plaste aus Schkopau“. So warb die DDR für ihre volkseigene Kunststoffproduktion. Die Knappheit von Naturstoffen wie Baumwolle glich sie mit einer massiven Produktion von Synthetikfasern aus.

PRÄSENT 20, WOLPRYLA, MALIMO und natürlich DEDERON gehören zu den bekanntesten Kunststoffen.

20 Prozent des Kleiderbedarfs wurden allerdings zu Hause gefertigt, mit improvisierten Materialien wie Erdbeerfolie oder Gewürzen und kreativen Schnitten.

In Ostberlin gab es in den 1980er-Jahren alternative Modenschauen in Hinterhöfen. Mode wurde hier zum Ausdruck von Non-Konformität und Systemkritik.

F

musste eingetragen werden.

Stasi-Mitarbeiter*innen war das Hausbuch auf Verlangen vorzulegen. Aus den anfänglich 15 Seiten wurden in den letzten Jahren vor der Wende 64. Und stellen Sie sich vor, wie viele es heute wären, in Zeiten von Airbnb und Co!

I

nterhotel

Die Interhotels der DDR brachten vor allem eines: Devisen, Devisen, Devisen.

Bevorzugt durch Gäste aus dem nichtsozialistischen Ausland. Die Hotels waren eine Welt gehobener Klasse, aber auch gehobener Überwachung durch die Stasi.

In Berlin wurde 1987 das „Grandhotel“ eröffnet, eines der größten Interhotels der DDR.

J

ottweedee

ernsehturm

„Big Brother is watching you“ – na ja, vielmehr beobachten wir ihn: der „Fernseh- und UKW-Turm der Deutschen Post“, von etlichen Altberliner*innen „Telespargel“ genannt und heute fälschlicherweise bekannt als „Alex“. Der Turm wurde von 1965 bis 1969 gebaut und ist mit 368 Metern das höchste Gebäude Deutschlands. Er ist da, läuft nicht weg und dennoch werden die Finger jener, die an ihm vorbeikommen, unweigerlich zum Auslöser der Kamera zucken, um ihn das etwa 368.

Mal festzuhalten.

G

renzübergang

Es ist Winter in Berlin. Winter im Jahr 1989 auf einem Foto von Harald Hauswald.

Menschen machen sich mit Hammer und Meißel auf den Weg zur Mauer. Sie haben keine Jacken an, aber warm wird ihnen schon bald, denn jetzt heißt es zuhauen.

Ein, zwei Mal, der Beton beginnt zu bröckeln. Jetzt muss man sich sputen, um noch ein Stück als Andenken mitnehmen zu können. Mild lächelnd beobachtet ein junger Grenzsoldat das Treiben.

Seine Hand steckt locker in der Hosentasche, entgegen der Dienstvorschrift – aber welche Regeln gelten gerade noch?

H

ausbuch

Ab September 1951 musste in jedem Wohnhaus der DDR ein Hausbuch geführt werden.

Erfasst wurden darin nicht nur die Mieter*innen, samt Beruf, Personalausweisnummer und der genauen Lage der Wohnung. Auch Besuch

Wat kiekst’n so, ey? Weeßte nich’, wat dit hier heißt oder wie? „Jwd“ is’ kurz für janz weit draußen, ordentlich inne Pampa, weeßte? Wenn man ma’ wieder raus muss ausse Stadt, nach „Schweineöde“ zum Beispiel, dann is’ dit rüschtüsch jottweedee.

K

omplexannahmestelle

Warum nicht einfach mal die Komplexitäten des Lebens abgeben? Die DDR hatte wahrhaftig eine Komplexannahmestelle! Leider war sie nur für die Reparatur von Elektrogeräten, Schuhen und die chemische Reinigung der Kleidung zuständig. Schade!

Eine weniger komplexe Welt wäre auch damals schon allzu schön gewesen.

L

iedermacher*innen

„Du, laß dich nicht verbrauchen, / gebrauche deine Zeit. / Du kannst nicht untertauchen, / du brauchst uns und wir brauchen / grad deine Heiterkeit.“ Wolf Biermann, „Ermutigung“. Der Liedermacher bekam 1965 ein Auftrittsund Publikationsverbot in der DDR und wurde 1976 ausgebürgert.

M

ajakowskiring

Vom Park des Schlosses Schönhausen sind es ein paar Schritte zum Straßenoval, das 1950 nach dem sowjetischen Dichter Wladimir Wladimirowitsch Majakowski benannt worden ist. Zu DDR-Zeiten war der Ring ein geschlossenes Wohnviertel für die Machtelite. Überall Polizei und Kameras.

Und heute? In den Villen und modernen Holzund-Glaskästen haben Steuerberater*innen und Rechtsanwält*innen ihre Büros, neben einem polnischen Forschungsinstitut und der Botschaft der Republik Sambia. Dazwischen: jede Menge Kameras.

N

ina Hagen

Ein bisschen anders sein.

Schrill, polarisierend und fein. / Eingrenzungen durch Gesellschaft und Politik?

Für Dich nicht, hier gewinnt die Musik. / Nina? Nein, eigentlich heißt Du Catharina. / Geboren am 11. März 1955 im Ostberliner Bezirk Friedrichshain, / die Tochter von Eva-Maria und Hans Oliva-Hagen solltest Du sein. / Von Tag eins ein Kind der Dramaturgie, / deine Leidenschaft für Kulturelles blieb und wurde nie zur Allergie. / Inspiriert wurdest Du von großen Dichtern und Denkern, / doch sicherlich keinen kapitalistischen Bänkern. / Nein, es sind Männer wie Heinrich Böll und Bertolt Brecht, / für die einen nicht, aber für Dich zu Recht. / Wieso der Griff zu den Drogen, wenn es nicht lief nach Deiner Nase? / LSD zur Befreiung aus einer düsteren Phase? / Dem Tod entkamst Du hier nur knapp, / doch glücklicherweise machtest Du nicht schlapp. / Von hieran sagtest Du den Drogen Aufnimmerwiedersehen. / Aber nicht nur den Drogen, auch eine Ehe wolltest Du ab jetzt umgehen. / Enthaltsam leben, nach Scheidung und Beziehungsproblemen. / Sind Schmerz durch die Liebe und die Ehe für Dich der Tod? / Denn Du fragtest: Wieso weiterleben, wenn man durch die Liebe sieht nur rot…

O

stberlinerin

Ein ganz bestimmter Typ Frau, halb Elfe, halb Amazone, schön und elegant, frech und selbstbewusst. Man kennt sie aus DEFA-Filmen, aus „Sibylle“-Fotografien, in der Straßenbahn sieht man sie heute noch. Wie bieder erschienen die West-Frauen dagegen. Denk dir die Straßen und Plätze dazu – alles Bühnen für ihre Auftritte.

Ein Traum von Moderne, der Sehnsucht weckt nach dem Selbstbewusstsein dieser Frauen.

P

unks und Pioniere

„Seid bereit! – Immer bereit!“ trifft auf „No Future“.

Die einen waren gegen den Staat, die anderen ein

Sinnbild des DDR-Sozialismus. Aus früheren Pionieren wurden später Punks, die Haare gefärbt und aufgestellt und der Pionierskluft – weißes Hemd mit rotem Halstuch – abgedankt. Abhängen am Kulturpark Plänterwald oder Ferienlager an der Ostsee. Wer machte wohl was?

Q

uietschen der Straßenbahn

Es ist nicht zu überhören, besonders bei trockenem Wetter: das Quietschen der Straßenbahn. Es entsteht, sobald sich eine Tram in die Kurve legt und die Räder auf den Schienen entlangschleifen.

BVG und Senat haben das so ostberlintypische Geräusch seit geraumer Zeit auf dem Kieker. Jetzt macht ihm eine neue Schmiertechnik tatsächlich den Garaus. Der handliche Name der Vorrichtung: Laufflächenkonditionierung.

R

iesenrad

Im Plänterwald riecht es nach Bärlauch. Die Sonne scheint durch das Blätterdach, die Vögel trällern und das Wasser der Spree schlägt von Weitem dumpf ans Ufer. Zwischen dem Grün der Bäume scheinen rostrote Stahlstreben hervor, blaue Gondeln mit gewellten Dächern: das stillgelegte Riesenrad des ehemaligen Kulturparks der DDR. Wie weit durfte das Auge blicken?

1970, 1980, 1990?

S

EZ

Ein Wasserfall! Mitten in Ostberlin! Im Sport- und Erholungszentrum, kurz SEZ, in Friedrichshain, das 1981 nach Plänen eines schwedischen Architekt*innenteams gebaut wurde, gab es einen.

Und darüber hinaus: eine Saunalandschaft, Bäder und abermals Bäder, Sport- und Veranstaltungshallen und sogar Sonnenbänke. Diese seien jedoch problematisch gewesen, erwähnt Wikipedia ausdrücklich, da es auf ihnen „auch häufiger zu einvernehmlichen sexuellen Kontakten kam.“

überbrücken mussten, übten diesen ungewöhnlichen Beruf aus. Der wird bekanntermaßen solange gebraucht, wie es Menschen gibt – in Ost und West.

U

. N. V. E. U.

In den 1990er-Jahren gab es in vielen Kneipen und Büros Zettel an der Wand, auf denen stand: вер даз лезен канн, изт кеин доофер весси! Menschen, die nie Russisch in der Schule hatten, blieben außen vor. Ähnlich ist es mit dem Akronym U.N.V.E.U. Nur verbirgt sich dahinter keine Beleidigung, wie im Fall des auf kyrillisch geschriebenen deutschen Satzes, sondern ein Zuhause, auch Wohnzimmer genannt, und in ihm eine Mannschaft, die mehr können muss als Fußball spielen, der 1. FC Union Berlin. Bei jedem Heimspiel in der Alten Försterei wird das Rätsel aufgelöst: UND NIEMALS VERGESSEN, EISERN UNION.

V

orsicht

Romantische Versteckspiele fanden auf den Dächern der Gründerzeithäuser von Prenzlauer Berg oder Friedrichshain statt. Hier haben sich Paare getroffen, um ungestört zärtlich zu sein oder Sex zu haben, den Blick über die Stadt zu genießen oder den Nachbar*innen in den halligen Innenhöfen beim Streiten und Singen zu lauschen. Aber Vorsicht! Marode Dächer konnten auch mal zu einem Sturz in die Dachböden führen.Vorbei die Romantik …

W

estbesuch

„Da hab‘ ick zu meinem Anwalt Herr Möller jesagt: Ick will doch jar nich janz weg. Da steh‘ ick doch drüben jenauso vor der Mauer, wie ick hier vor der Mauer steh‘. Aber ick bin doch hier zu Hause, ick will doch nur mal gucken.“ Robert Paris, Ostberliner Fotograf.

X

enophobie

Gab es auch in der DDR. Trotz „antifaschistischen Schutzwalls“.

Y

stader Straße

Das einzig Besondere an der Ystader Straße ist das Ypsilon.

Z

ahlbox

Die Zahlbox war ein mechanisches Gerät für den Erwerb eines Fahrscheins in öffentlichen Verkehrsmitteln Ostberlins und ersetzte in den 1960erJahren die Schaffner*innen.

Die Kosten für die Entlohnung des Zählpersonals war viel höher als die Einnahmen in der Box selbst. Passagier*innen konnten den Apparat mit Hosenknöpfen betrügen, die im Einkauf teurer waren als die zwanzig Pfennig die für eine Fahrt bezahlt werden mussten.

Anzeige

MuseuM eph raiM-pal ais

Ost-Berlin Die halbe hauptstaDt 11.05. – 9.11.2019

T

otengräber

Der Beruf, der im Mittelalter noch als verachtenswert galt, war in Ostberlin weit verbreitet. Dahinter steckte weniger eine Begeisterung für das Schaufeln von Ruhestätten, sondern die Not: Wer in der DDR keinen Beruf hatte, galt als „asozial“. Jene, die nicht als solche gelten wollten, aber auch politische Aussteiger und Personen, die die Zeit bis zu ihrer Ausreise in den Westen

#ostberlin

www.ost.berlin 23

Impressum Dieses Magazin zum Thema Ostberlin ist im Sommersemester 2018 im Projektseminar Printjournalismus des Masterstudiengangs Kulturjournalismus entstanden.

Redaktion Claudia Auerbach (cau), Linda Gerner (lg), Marie Hecht (mh.), Seyda Kurt (sk), Danny Mahlig (DMA), Simon Rayß (sir) Verantwortlich Christina Tilmann (Mentorin Printjournalismus), Annett Gröschner (Gastprofessorin Kulturjournalismus), Carsten Großeholz (Studiengangsleiter, V.i.S.d.P.) Grafikdesign/Layout Heike Fischer, www.jungundschön.com Bildnachweise Cover/Rückseite: Unter Verwendung von Fotografien von Isaumir Nascimento und Stiftung Berliner Mauer, Foto: Hans-Joachim Grimm [F-21058]; S. 8/9: Buena Vista Home Entertainment, Euro Video Medien, Icestorm Entertainment (6), Universum Film, Warner Home Video (3); S. 12/13: Claudia Auerbach, Linda Gerner, Annett Gröschner; S. 18/19: Linda Gerner; S. 22/23: Linda Gerner Anschrift Universität der Künste Berlin, Berlin Career College, Masterstudiengang Kulturjournalismus, Bundesallee 1-12, 10719 Berlin kulturjournalismus@udk-berlin.de udk-berlin.de/kulturjournalismus kulturschwarm.de

Das Magazin ist Teil einer Kooperation mit der Stiftung Stadtmuseum Berlin und dem Zentrum für Zeithistorische Forschung Potsdam, anlässlich der Ausstellung „Ost-Berlin – Die halbe Hauptstadt“ im Ephraim-Palais (11. Mai bis 9. November 2019).

Mit freundlicher Unterstützung der Lotto-Stiftung Berlin