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HISTORIE

Nach 1945 prägte das Haus dann für dreieinhalb Jahrzehnte als „schönste Ruine Deutschlands“ den Platz am Bockenheimer Tor. Was an beweglicher Habe erhalten geblieben war, verschwand bis 1950, der Not der Nachkriegszeit geschuldet. 1953 dann erlaubte der Magistrat Schrotthändlern, aus der Ruine „wertlose Eisenteile herauszubrechen“. Etwa 400 Tonnen Metall, Schrott wie Stahlträger oder Versorgungsleitungen, aber auch schmückende Teile aus Gusseisen und Bronze sowie Lampen und Geländer fielen diesem Erlass zum Opfer. Um dieselbe Zeit begann sich jedoch auch massi­ ver Widerstand gegen einen möglichen Abriss zu organisieren: zu­ nächst mit der von dem Chirurgen und CDU­Stadtverordneten Max Flesch­Thebesius ins Leben gerufenen Aktion „Rettet das Opern­ haus“, ab 1964 dann mit der „Aktionsgemeinschaft Alte Oper“, ge­ gründet von dem langjährigen Präsidenten der Frankfurter Indus­ trie­ und Handelskammer, Fritz Dietz.

Als das Opernhaus am 20. Oktober 1880 feierlich eröffnet wurde, war sogar Kaiser Wilhelm I. unter den Ehrengästen. Zusammen mit Intendant Emil Claar die Freitreppe (ungefähr an der Stelle des heu­ tigen Infocounters im Erdgeschoss; beim Wiederaufbau eliminiert) emporsteigend, sprach er einen Satz, auf den „richtige“ Frankfurter noch heute stolz sind: „Das könnte ich mir in Berlin nicht leisten!“ Bis zu seiner endgültigen Zerstörung durch Spreng­ und Brandbomben in der Nacht vom 22. auf den 23. März 1944 erlebte das Frankfurter Opernhaus acht Intendanten, zahlreiche Erstaufführungen und nam h afte Solisten. Hier wurden die neuesten Opern von Richard Wagner gespielt; Namen wie Bizet, Leoncavallo, Puccini, Mascagni, Smetana, Pfitzner, Richard Strauss und Engelbert Humperdinck standen auf dem Programm.

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OBEN Das Opernhaus nach seiner Zerstörung im Zweiten Weltkrieg (Luftaufnahme) MITTE Entwurf für die Gestaltung des Haupttreppenhauses von Richard Lucae UNTEN Die prunkvolle Frei treppe im Eingangsbereich des Opernhauses

Ein tiefer Graben trennte die, die sich im Sinne der Giebel­Inschrift „Dem Wahren Schoenen Guten“ (nach Goethes Epilog zu Schillers „Glocke“) für den Wiederaufbau der Oper einsetzten, von jenen, die „das Ding“ am liebsten in die Luft gesprengt hätten. Auch wenn „ Dynamit­Rudi“ Arndt, SPD­Oberbürgermeister der Jahre 1971–77, später betonte, er habe sich mit diesem Ausspruch 1965 für einen ihm billiger scheinenden Neubau nach alten Plänen einsetzen wol­ len, blieb der Nimbus des Kultur­Zerstörers an ihm haften. Nichts­ destotrotz gab die Stadtverordnetenversammlung 1976 grünes Licht für den Wiederaufbau des Opernhauses. An Goethes 232. Ge­ burtstag, dem 28. August 1981, wurde es als „Alte Oper Frankfurt Konzert­ und Kongresszentrum“ – passend zu den auf ca. 190 Millio­ nen Mark gestiegenen Kosten für Sanierung, Ausbau, Tiefgarage und Opernplatz­Gestaltung mit Mahlers „Sinfonie der Tausend“ – in sein zweites Leben entlassen. Seit diesem denkwürdigen Datum lädt die Alte Oper zu Sinfonie­ oder Kammerkonzerten, Lieder­ oder Klavierabenden, zu Jazz­, Rock­ oder Pop­Konzerten ein. Zum breiten Spektrum der Veran­ staltungen gehören neben Kongressen und Empfängen auch en suite­Gastspiele mit Tanz und Musical sowie Kinderprogramme.

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