Komplett-Magazin zwischen Volme und Lister Frühling 2018

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Die Arbeit basiere auf dem Netzwerk Eltern, Frühförderung, Kita, Ärzte, beschreibt die Leiterin die Grundpfeiler. „Wichtig ist, dass die Eltern mitziehen.“ Das war der Fall bei einem Zweijährigen, der „massiv auffällig“ war. Offenbar nahm er nichts wahr. Eltern und Erzieherinnen befürchteten, er sei autistisch oder geistig behindert. Sarah Bauermeister: „In der Frühförderung entwickelte er sich so toll, dass er dann die Regelschule besuchte. Er ist super fit und wird sein Abi machen.“ Auch die Eltern eines anderen Jungen „haben alles gegeben“. Ihr Sohn war nach der Geburt reanimiert worden. Eltern und Arzt hatten große Sorgen, eine Behinderung würde zurückbleiben. Der Kleine kam zur Frühförderstelle. Er sei jetzt auf dem Gymnasium und ein erfolgreicher Sportler. Ja, der Eindruck täusche nicht, die Frühförderstelle betreue überwiegend Jungen, berichtet die Leiterin.

In der Regel kommen die Kinder einmal pro Woche. Die Therapie unterteilt sich in einen motorischen und einen kognitiven Teil. Die Kinder klettern, spielen mit der Eisenbahn, matschen, malen und fahren sogar in der Mülltonne durch Räume und Flure. Das sind nur einige Beispiele. Es macht den Kleinen Spaß. Es stärkt ihre Stärken und es stärkt ihr Selbstbewusstsein. Dazu wird künftig auch Labradorhündin Manuka beitragen. Manuka ist noch in der Ausbildung. „Sie ist ganz wichtig für die emotionale Entwicklung“, sagt Heilpädagogin Anna Göpel. Ihre Kolleginnen meinen: „Das Tier bringt die Kinder runter. Wilde werden zu Lämmchen.“ In der Zweigstelle Kierspe leisten alle ganze Arbeit. Die Fachfrauen betreuen zurzeit 60 bis 70 Kinder. „Wir vollbringen keine Wunder“, meinen sie. Wichtig für den Erfolg sei die enge Zusammenarbeit von Kitas, Kinderärzten und Therapeuten. „Die Eltern merken, alle ziehen an einem Strang.“

INFO Frühförderstelle Lebenshilfe Lüdenscheid e.V. Wehberger Straße 4 B, 58507 Lüdenscheid Tel.: (02351) 66 80 190 | lebenshilfe-luedenscheid.de

Zweigstelle Kierspe Friedrich-Ebert-Straße 275, 58566 Kierspe Telefon: (02359) 69 51

Alle mögen Lounis Lounis (21 Monate) sitzt in seinem Stühlchen und freut sich über die Nudeln mit Fleischsauce, die ihm seine Mutter Tanja (39 Jahre) füttert. Gemeinsam wohnen die beiden mit Vater Orhan (41 Jahre) und Schwesterchen Leyla (6 Jahre) in einer gemütlichen Wohnung. Lounis hat das Down-Syndrom. Einen Gen-Defekt, von dem die Eltern erst in der 31. Schwangerschaftswoche erfahren haben. „Es hat uns erst mal den Boden unter den Füßen weggerissen“, berichtet Tanja. „Damit rechnet keiner, wobei wir auch keinerlei Pränatal-Diagnostik im Vorfeld gemacht haben. Meine Mama hat dann mit mir zusammen geweint. Doch für mich war immer klar: Ich nehme dieses Kind, so wie es kommt.“ Bereut habe sie diese Entscheidung in keiner Minute. Ein Leben ohne diesen Sonnenschein könne sie sich gar nicht mehr vorstellen. „Uns war wichtig, dass direkt möglichst viele davon erfahren. Wir wollten kein Gerede hinter unserem Rücken.“ Im Vergleich zu anderen hat die Familie aus Werdohl bisher keine schlechten Erfahrungen machen oder sich negative Kommentare anhören müssen.

Im Gegenteil: „Lounis war von Anfang an überall willkommen. Alle mögen ihn.“ Anders ist es auch nur schwer vorstellbar, strahlt der kleine Junge doch sehr viel Lebensfreude aus. Musik, Fußball spielen und der Hund „Booma“ seiner Tante haben es ihm dabei besonders angetan. Gemeinsam mit seiner großen Schwester tobt er begeistert durch

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