Hamburger Klönschnack - Juli '12

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38 Amtsgericht_kloen 21.06.12 10:50 Seite 38

BEMERKENSWERTES

Ursula Stegmann, Richterin im Amtsgericht Blankenese, zeigt sich stets als geduldig zuhörende und nachfragende Vorsitzende

Aus dem Amtsgericht

Szenen einer Ehe

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Klönschnack 7 · 2012

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ben noch lärmt die Klasse 9 d aus dem Gymnasium Blankenese auf dem Gerichtsflur lautstark. Wenig später, als die Staatsanwältin die Anklage gegen Igbo Abaeze* vorträgt, ist es im Saal mucksmäuschenstill. Der 31-jährige aus Nigeria stammende Angeklagte soll seine Ehefrau geschlagen und getreten haben. Von dem mutmaßlichen Opfer alarmierte Polizeibeamte soll der Angeklagte ebenfalls attackiert haben. Während die Anklagevertreterin die Vorwürfe kurz und prägnant verliest, lässt sich der Angklagte mit seiner Darstellung viel Zeit. Er erzählt weitschweifend von der gemeinsamen Zeit mit seiner Ehefrau in Schweden, ihren angeblichen großen Schulden und Briefen von der Schufa. „Ich musste erkennen, dass sie mich betrogen hat“, übersetzt die Dolmetscherin aus dem Englischen. Die Schüler im Gerichtssaal hören gebannt, wie der sorgfältig mit weißem Hemd und flottem Pullunder erschienene Angeklagte dann erzählt, wie er seine Fau daran hindern wollte, sich selbst mit einem Messer zu ritzen. Ein selbstverletzendes Verhalten, das viele Ursachen haben kann. Hat sich die inzwischen getrennt lebende Ehefrau tatsächlich selbst mit einem Messer traktiert? Wollte sie ihr Ehemann dadaran hindern? Der Angeklagte erzählt von seiner „stark blutenden“ Frau, die er aus dem Badezimmer geholt habe. „Dabei hat sie mich geschlagen“. Gern hätte das Gericht das mutmaßliche Opfer zu den unterschiedlichen Darstellungen gehört. Doch die Ehefrau des Angeklagten war nicht ins Amtsgericht gekommen. Zwar stützen drei Polizeibeamte die Anklagepunkte, doch ob Igbo Abaeze seine Frau wirklich geschlagen und getreten hat, kann nicht zweifelsfrei gesagt werden. Fest steht hingegen, dass sich der Nigerianer gegen die Polizeibeamten heftig gewehrt hat als die ihm Handfesseln anlegen und aus der Wohnung weisen wollten. „Wir haben Pfefferspray eingesetzt und ihn zu fünft zu Boden gebracht, denn er hat sich extrem gewehrt“, so ein Beamter. Das sei alles ein Missverständnis gewesen, sagt hingegen der Angeklagte zu den Vorwürfen seitens der Polizeibeamten. „Es war nicht meine Absicht, mit den Polizisten zu kämpfen.“ Aus der Klasse 9 haben sich inzwischen die ersten Schüler aus dem Saal verabschiedet. „Wir müssen nur bis zum Schulschluss bleiben“, tuschelt eine Schülerin, die das Verfahren gespannt verfolgt, erklärend. Ein Ergebnis gibt es an diesem Tag auch nach längerer Diskussion zwischen Richterin, Staatsanwältin und Verteidiger nicht. Ohne das mutmaßliche Opfer gehört zu haben, sieht sich die außerordentlich geduldige Richterin nicht in der Lage, ein Urteil zu sprechen. *Name geändert


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