Kloenschnack - Juni 2014

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Klönschnack 6 · 2014

GESELLSCHAFT

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Doch genau hier sieht Schulze das zweite mit jeder das Thema auf seine Art verste- gung an den Schulen, damit sie sich unterProblem: „Diejenigen, die auf politischer hen kann. Zudem braucht Timo Zeit, um einander stützen können und es keine BeEbene die Entscheidungen treffen, sind sel- sich an die neue Schule zu gewöhnen und sonderheit mehr ist, ein Kind mit Behindeber keine Betroffenen. Für sie haben die Freundschaften zu knüpfen. In der Pubertät rung in der Klasse zu haben. Das Leben ist Entscheidungen, die beschlossen werden ist das noch problematischer. Die Kinder bunt und das sollte sich auch in der Schule müssen, demnach nicht die gleiche Wich- entwickeln sich auseinander und bilden abzeichnen dürfen.“ tigkeit, wie für jemanden, den all dies Grüppchen. Gerade hat Timo mehr Freun- Um dieses Ziel zu erreichen, muss allerdirekt betrifft.“ dings noch einiges getan So wird der Prozess nicht werden. ehrgeizig und zielgerichBei den Gesprächen ist tet genug vorangetrieben. mir eines ganz besonders Deutschland hat also noch bewusst geworden: Es viel Arbeit vor sich, um gibt Projekte, Organisadas große Ziel der Inklusitionen und Hilfsangebote on zu erfüllen. Bis dahin für Menschen mit Behinwird Schulze weiterhin derungen. Das Thema Menschen mit BehindeInklusion rückt immer rungen beraten. „Denn“, mehr in den Fokus der so sagt sie, „erst wenn BeÖffentlichkeit und wird hinderung keiner Erkläbesprochen, aber wo sich rung mehr bedarf und die wirklich etwas ändern Beratungsstelle überflüsmuss, ist in den Köpfen sig ist, wird Inklusion der Menschen. Inklusion wirklich gelebt.“ ist nichts, das sich durch Intensiv diskutiert wird Gabriele Schlüter, stellv. Schulleiterin der Bugenhagen-Schule und Inklusionsexpertin, Schüler Timo Reden von ganz alleine das Thema Inklusion an beim „Heldenlauf“ erledigt. Inklusion muss den Schulen. So auch an gelebt werden, jeden de, die wie er Trisomie 21 haben. „Sie ver- Tag, zu jeder Zeit, an jedem Ort. Andersarder Bugenhagen-Schule am Hessepark. Hier besuchen Schüler mit und ohne Behin- stehen sich untereinander einfach besser.“ tigkeit sollte normal sein. derung gemeinsam den Unterricht. Unter Das ist auch in Ordnung, stellt die stellverihnen ist Timo. Regelmäßig bekommt der tretende Schulleiterin und Inklusionsexper- www.hypo-hunde.eu Neuntklässler Unterstützung bei Aufgaben, tin der Bugenhagen-Schule Gabriele Schlü- www.autonomleben.de www.kidshamburg.de die ihm im Unterricht etwas schwer fallen. ter fest. www.bugenhagenschule-blankenese.de Timo wurde mit dem Down-Syndrom gebo- „Inklusion bedeutet nicht, dass alle immer Autorin: Johanna Kotsch ren. Wenn er gefragt wird, ob er denn alles zusammen machen müssen. Es ist einglücklich an seiner Schule ist, antwortet er fach der gleichberechtigte Austausch verartig: „Ja, die Schule macht mir großen schiedener Interessen.“ Die verschiedenen Fakten Spaß. Vor allen Dingen der Unterricht bei Gruppen dürfen sich also auch gesondert treffen, aber es muss stets die Möglichkeit den netten Lehrern.“ Am Jahresende 2011 lebten in Seine Mutter, Cornelia Hampel, entschied zum aktiven Austausch geben. Deutschland 7,3 Millionen schwerbesich dafür, ihn auf eine integrative Schule Das Konzept spiegelt sich in der Unterhinderte Menschen. Dies entspricht zu schicken, weil er schon im8,9 Prozent der Gesamtbevölkerung. mer ein Teil der Gesellschaft Als schwerbehindert gelten PersoWo sich wirklich etwas ändern sein wollte. Die abgesicherte nen, denen vom Versorgungsamt ein muss, ist in den Köpfen der Welt der speziell für behinderte Grad der Behinderung von 50 ProMenschen. Inklusion lässt sich Kinder eingerichteten Förderzent oder mehr zugesprochen wurnicht durch Reden erledigen. schulen war in Timos Fall einde. Ihnen wird ein gültiger Ausweis fach nicht das Richtige: „Er ausgehändigt, welcher die Schwerrichtsmethode der Schule wieder. Nach wuchs am echten Leben.“ behinderung bestätigt. Nach Timos Geburt gründete sie gemein- Möglichkeit bearbeiten alle Kinder dasselbe 83 Prozent aller Behinderungen wursam mit einigen Eltern „Kids Hamburg e.V. Thema, jeder nach seinen Möglichkeiten. den durch eine Krankheit verursacht, Kontakt und Informationszentrum Down- Das bedeutet, Schüler mit besonderen Be4 Prozent waren angeboren und nur Syndrom“, um anderen Angehörigen und gabungen werden genauso speziell geföretwa 2 Prozent konnten auf einen Betroffenen eine Plattform zu bieten. Es dert wie diejenigen, die in manchen BereiUnfall oder eine Berufskrankheit zugeht jedoch nicht nur darum, sich unterein- chen Lernschwierigkeiten haben. Damit rückgeführt werden. ander zu vernetzen, sondern auch um In- das auch funktionieren kann, ist in jeder 29 Prozent, und damit mehr als ein teressensvertretung, Öffentlichkeitsarbeit Stunde ein Lehrer und ein Sozialpädagoge Viertel aller Schwerbehinderten und Bewusstseinsbildung, denn was den anwesend, der ein Auge auf die Kinder mit Menschen, sind 75 Jahre oder älter. Menschen fremd ist, meiden sie lieber. Das speziellen Bedürfnissen hat. Prinzip der Inklusionsschule gefällt Hampel Schlüter stellt fest: „Um Inklusion zu erQuelle: Website des Statistischen Bundesamtes, sehr, auch wenn es in der Praxis an man- möglichen, benötigt man engagiertes Lehrwww.destatis.de chen Stellen noch Verbesserungen bedarf. personal, eine gute materielle Ausstattung, Der altbekannte Frontalunterricht sollte ih- Verständnis und Aufklärung der Bevölkerer Meinung nach überarbeitet werden, da- rung und mehr Kinder mit Beeinträchti-


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