Hamburger Klönschnack - Juli '10

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HAUSBESUCH

Im Treppenviertel schmiegt sich das Eduard Bargheer-Haus an den Hang – bewohnt von ...

... Dirk Justus und Peter Silze, Nachlassverwalter

Leben mit Eduard Bargheer Eduard Bargheer gilt als einer der bedeutendsten Aquarellisten Deutschlands. Seinen Nachlass betreuen Peter Silze und Dirk Justus. Eine mühevolle Aufgabe, aber reich an Entdeckungen. as hier“, hebt Dirk Justus an und schwenkt einen Zeitungsartikel, „ist die Erfüllung der Pläne, die wir schon 1979 gefasst hatten!“ „Wir“, das sind Dirk Justus und Peter Silze, Nachlassverwalter des Erbes von Eduard Bargheer. „Neues Kunst-Museum für den Jenischpark“ lautet die Überschrift des Artikels, den Silze kopiert und mit Textmarker exzerpiert hat. 1979 war das Todesjahr Eduard Bargheers, der vor allem für seine Aquarelle bekannt ist. Justus und Silze, die in einem Haus im Treppenviertel in unmittelbarer Nachbarschaft des alten Künstlers lebten, waren zunächst Zaungäste. Man traf sich an der Bushaltestelle und war nie um Gesprächsstoff verlegen. „Kunst war für uns immer ein Hobby“, erklärt Silze. Er selbst aquarelliert; Justus malte in den 70er-Jahren in Öl und brachte Bilder auf die Staffelei, die auch Bargheer gefielen. Justus lächelt entschuldigend und schiebt nach: „Eines war die Kehrwiderspitze. Die hat er natürlich auch gemalt. Die hat jeder gemalt.“ Es dauerte nicht lange, da waren Silze und Justus eng mit Bargheer befreundet. Der Künstler besuchte das Duo nun täglich zum

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Abendessen. Nach dem Dessert stiegen sie gewöhnlich zusammen die lange Treppe zum Bargheer-Haus hinauf. Bargheer servierte Wein oder Prosecco, bevor Silze und Justus in Bildertruhen stöberten und „ein wenig Ordnung schafften“, wie sich Justus erinnert: „Ein alter Künstler ist kein Buchhalter – Bargheer schon gar nicht. Er hatte überhaupt kein Interesse an systematischen Erfassungen.“ Bargheer schien damals jedoch zu ahnen, dass kommende Generationem mit seinem künstlerischem Chaos nicht glücklich sein würden. Er setzte seine Freunde als Nachlassverwalter ein und vertraute auf ihr Gewissenhaftigkeit, ihren Enthusiasmus. Nach dem Tod des Künstlers, machten sich Justus und Silze sofort an die Arbeit. Mehrere Jahre dauerte das Sichten der Bilder, bis heute dauert die Aufbereitung des Nachlasses an. Die beiden gaben ihr eigenes Haus auf und zogen ins Eduard Bargheer-Haus, um jegliche Ablenkung zu eliminieren. Tag für Tag editieren sie seitdem Briefe, erstellen Echtheitsgutachten für Dritte, pflegen die Bildersammlung, kaufen hinzu, leihen aus. Sie organisieren Ausstellungen und öffnen das Haus nach Voranmeldung für Besucher.

Vom Erfolg des neuen Museums sind Justus und Silze überzeugt. Das Interesse an dem Maler wächst. Die Ausstellungen der letzten Jahre haben den Beweis durch hohe Besucherzahlen erbracht – und immer wieder Erstaunen über das in weiten Teilen unbekannte Werk hervorgerufen. Justus und Silze sind sich einig: „Viele halten Bargheer für einen reinen Regionalkünstler, aber das stimmt nicht. Er ist das Bindeglied zwischen Moderne und Postmoderne, ein Mittler zwischen den Zeiten.“ www.eduard-bargheer.de Autor: tim.holzhaeuser@kloenschnack.de

ZUR PERSON Dirk Justus und Peter Silze, sind kunstsinnige Feingeister, geraten aber nicht in Aufregung, wenn es um nackte Zahlen und Strategien geht. Die beiden haben das Handwerkszeug „anständiger“ Laufbahnen mit ins Künstlerhaus gebracht. Peter Silze leitete die Filiale der Dresdner Bank in Blankenese und begrüßte Eduard Bargheer dort auch als Kunden. Dirk Justus sorgte im Marketing von Unilever für effizienten Absatz.


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