KLIPP April/Mai 2019

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HINTERGRUND

10 Jahre im Spitalbett verb

„Wenn ich zurückdenke ...

… nach meiner Entlassung“

Die unglaubliche Lebensgeschichte von Felix Fida E

s heißt immer wieder, die unglaublichsten Geschichten schreibt das Leben. Und das stimmt. Zuhause in Judendorf-Straßengel erzählt Felix Fida über sein Schicksal. Der gelernte Fotograf feierte am 2. Mai seinen 80er und schildert in seinem Buch – „es ist das erste und letzte“ –, wie er zehn lange Jahre ununterbrochen im selben Bett, angegurtet, mit Gewichten gestreckt oder in einem Gipskorsett verbracht hat. Ohne ein einziges Mal aufstehen zu dürfen!

ein lediges Kind, die Leute haben Bankert dazu gesagt“, schildert er. Von einem Monat auf den anderen tat dem kleinen Felix plötzlich alles weh, konnte sich kaum bewegen und wurde faul. „Ich hab‘ dann meine Watschn gekriegt, wie es früher üblich war. Irgendwann sind sie dann doch drauf gekommen, dass ich Knochentuberkulose habe.“ eli ida ka nach Wien auf die Baumgartner Höhe. „Das war links vom Steinhof, ich hab‘ dort noch Lungentuberkulose dazu bekommen. Die einzige Medikation, die es gegeben hat, war Licht, Luft und Sonne.“ Penicillin als Medikament wurde erst Jahre später eingesetzt.

denselben Polstern, angeschnallt, mit einem Gewicht an den Beinen gelegen – und durfte nie aufstehen. Ein bis zwei Wochen war ich sogar an einer Kinnschleuder aufgehängt – ein absolutes Martyrium! Das taten sie nur einem Mädchen und mir an. Sie stellten die Matratze an die Wand und h ngten ich it der Kinnschleuder an einen Haken. Mein ganzes Gewicht musste die Halswirbelsäule tragen. Keine Fußstütze zur Erleichterung, nichts zum Anhalten. Tag und Nacht. Vergegenwärtigen Sie sich, so zu essen und zu trinken, zu schlafen und auf den Topf zu gehen (bildlich gemeint)!“

Als Dreijähriger landete er mit der Diagnose Knochentuberkulose in der Pflegeanstalt Wien a teinhof. Man schrieb das Jahr 1942. Erst zehn Jahre später durfte er es wieder verlassen. Mit neun Jahren schoben die Schwestern Felix, abgemagert auf 20 kg, zum ersten Mal ins Sterbezimmer. Am 2. Mai feierte er eben seinen 80. Geburtstag, verbunden mit der Vorstellung seines Buchs „Der Felix, der Fida und ich“

ch hab an eine Weihnachtstag als einer der ersten Testpatienten in Österreich eine Spritze in den Hintern bekommen. Das war Streptomycin.“ Knochentuberkulose weicht die Knochen auf und diese verknöchern mit der Zeit. „Bei ir ist bis auf zwei, drei Wirbel die Wirbels ule steif und daher habe ich auch meinen Buckel“, verweist der 1,58 Meter große 80-Jährige auf die Folgen.

Besuchszeit war einmal im Monat von 13 bis 15 Uhr. Nur selten aber bekam Felix Fida Besuch. Seine Großeltern kamen ganz selten – auch seine Mutter.

ch bin a and i Waldviertel geboren, war ein fröhliches Kind und unter der Obhut von Oma und pa. Meine Mutter hat in Wien als Hausmädchen gearbeitet. Ich war

Es fällt einem schwer, Felix Fidas Leidens- und Lebensgeschichte als wahr zu nehmen – doch er kann diese mit Fotos dokumentieren. „Ich bin zehn Jahre im selben Bett, auf

Freude machte ihm die Schule i pital. Wir haben zwei ehrer gehabt, die wir geliebt haben. Sie

„Ich habe gern gelernt.“ haben uns gut unterrichtet – jeden von uns nach seinen Möglichkeiten. Und ich habe begeistert gelernt. Weil ich habe a nichts Anderes tun können als schreiben, malen und eben lernen.“

Phasen der Qual „Monatelang habe ich ein und dasselbe Gipskorsett getragen. Mit Nadeln habe ich versucht, das Jucken der Haut wegzubekommen, weil sich da schon kleine Würmer eingenistet hatten. Ich spüre das fast heute noch. Aber es hat niemand helfen können. Auch nicht die Schwestern, die mich ja gemocht haben, aber es gab einfach kein Mittel dagegen.“

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