Informationen Projekte Rio Negro 2010

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Indigenen-Bewegung

und Prozess der Demarkierung am Mittleren/Unteren Rio Negro „ Wenn es keine Anerkennung und Demarkierung unserer Territorien gibt, wird unsere Geschichte nur noch in den Büchern stehen, und allein dort. Aber unsere Kinder und Enkel werden nicht die Fische von den Zeichnungen oder den Worten essen können.“ Clarindo Chagas, Tariano

S

eit 1998 kämpft die Indigenen-Bewegung am Mittleren/Unteren Rio Negro mit Unterstützung der FOIRN um die Anerkennung ihrer Territorien, die sie in traditioneller Form bewohnen und bewirtschaften. Implizit hat die Bundesregierung die Existenz von Indigenen-Gemeinden in den Munizipien Santa Isabel und Barcelos anerkannt, indem sie den DSEI-RN (spezieller Gesundheitsdistrikt für Indigene am Rio Negro) auf Grundlage einer von der FOIRN und den Basisvereinen ASIBA und ACIMRN durchgeführten anthropologischen Erhebung, auf die Region des Mittleren Rio Negro ausgedehnt hat. Zu Beginn des Jahres 2007 bildete die FUNAI zwei Technische Gruppen (GT) für die Identifizierung von IndigenenTerritorien in dieser Region. Aufgrund der mangelhaften technischen und theoretischen Ergebnisse der eingesetzten Techniker-Arbeitsgruppen konnte das offizielle Identifizierungsverfahren bislang nicht abgeschlossen werden. So fehlten z.B. kartographierte geographische Grenzen der vorgeschlagenen Territorien, auch die Darstellung der Lebens- und Nutzungsweisen der indigenen Völker war inkonsistent.

Für die Indigenen Völker hängt die Kontinuität und Aktualisierung ihrer Lebensweise von der Garantie ihrer Siedlungs- und Nutzrechte ab. Viele der Alternativen des Umweltschutzes und der territorialen Ordnung sichern weder die Indigenen-Rechte noch respektieren sie die Geschichte ihrer Vorfahren. In den Gemeinden und Munizipalsitzen der Region leben Indigenen-Gruppen und FlussbewohnerInnen ohne definierte geographische Grenzen zusammen. Die wiederkehrenden Verzögerungen und Unterbrechungen der offiziellen Identifizierungsverfahren haben zu einer Intensivierung der Konflikte geführt, die sich auf den Zugang zu den natürlichen Ressourcen beziehen, insbesondere zu den Gewässern.

Schon während der Abhaltung des 1. Seminars für territoriale Ordnung in Barcelos wurde deutlich, dass die Verzögerung des Identifizierungsprozesses bei den BewohnerInnen der Gemeinden Ängste und Unsicherheiten auslöst. Das Warten auf die Demarkierung dauert nun schon elf Jahre: Acht Jahre der Forderungen seitens der lokalen Indigenen-Bewegung und noch einmal drei weitere Jahre Arbeit der technischen Gruppen für die Identifizierung. Und nun wird die Sorge um den Schutz ihres Lebensraumes durch das verstärkte Eindringen von Fischerei- und Tourismusunternehmen und der daraus folgenden Verringerung der verfügbaren Ressourcen immer größer. Es gibt weniger Fische, weniger Jagdwild und mehr Arbeit, wie es die Teilnehmenden ausdrückten. Betroffene schildern ein erhöhtes Aufkommen an „GefrierSchiffen“ (Schiffe mit Kühlgeräten für kommerzielle Zwecke des Fischfangs), eine Zunahme von Touristen-Schiffen und -Veranstaltern der Sportfischerei, illegale Holzextraktion (in dieser Region eine Neuheit) und die kontinuierliche Ausbeutung von Kies.

„ Das, was die Leute wollen und was sie dringend benötigen, ist ein Dokument, irgendetwas, das ihnen hilft, die ausbeuterischen Aktivitäten zu kontrollieren. So wie die Lage jetzt ist, können wir nicht länger bleiben.“ Olanildo

aus der Gemeinde Acuacú, am Rio Padauiri

In dem Maße, in dem sich die IndigenenBewegung besser organisiert, um eine gewisse Kontrolle über die Nutzung ihrer traditionellen Siedlungsgebiete auszuüben, positionieren sich die Gegner (HändlerInnen, Unternehmen zur Ausbeutung natürlicher Ressourcen, Fischerei-Tourismus, aber auch Teile der öffentlichen Munizipal-Verwaltung) immer


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