Kitzbüheler Anzeiger KW 30 2016

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26 Kultur & Szene

Ausgabe 30

Michaela Reith erzählt von den Anfängen, Schwierigkeiten und Erfolgen des Sommertheaters

„Theater haben wir zuhause genug“ „Ihr macht Theater? Theater haben wir zuhause genug!“ – diesen Satz hörte Sommertheater-Initiatorin Michaela Reith zur Genüge. Vor 15 Jahren gründete sie mit ihrem Mann, dem Schauspieler Leopold Dallinger, das Sommertheater Kitzbühel.

Wie kam es vor 15 Jahren zu der Idee, ein Sommertheater in Kitzbühel zu gründen? Ich habe aufgrund meiner in Kitzbühel lebenden Großmutter schon immer sehr viel Zeit hier verbracht. Kitzbühel hat im Grunde alles, was eine Weltstadt braucht – außer ein Theater. Mein Mann Leopold, der Schauspieler ist, und ich haben uns damals gefragt, ob in Kitzbühel Theater niemanden interessiert oder ob sich nur bisher keiner die Arbeit angetan hat, ein Theater aufzubauen. Wir haben dann schnell gemerkt, dass es Interesse gibt, nur der Aufwand, Kultur in der Sportstadt Kitzbühel zu machen, war größer als gedacht. Inwiefern war der Aufwand größer? Ich habe oft zu hören bekommen: ‚Ihr macht Theater? - Theater haben wir schon genug daheim!‘. Im Gegensatz zum Osten Österreichs, wo das Theater ein fixer Bestandteil ist, mussten wir hier erst einmal beweisen, was Theater leisten kann. Theater kann dem Leben Sinn geben, Neues in uns wecken, Zufriedenheit entstehen lassen, Diskussionen auslösen, Menschen Emotionen entlocken und Individualität sowie ein liebevolles Miteinander fördern. Aber ohne die Unterstützung von Einheimischen, wie Graf Max Lamberg, wo wir auf Schloss Kaps das erste Mal spielen durften, dem damaligen TVB-Obmann Michael Horn, dem damaligen Bürgermeister Horst Wendling und vielen anderen hätten wir es nicht

geschafft.

dass wir dort spielen dürfen.

Und nun 15 Jahre später, ist die Liebe der Kitzbüheler zum Theater erwacht? Ja, ich denke schon. Wir sind mittlerweile eine richtige Sommertheaterfamilie geworden. Diese Besucherfamilie wächst stetig – wir sind eine Großfamilie! Jeder, der einmal bei uns im Theater war, kommt immer wieder, weil wir mehr bieten als nur zwei Stunden Unterhaltung. Theater gibt jedem etwas mit. Die Menschen kommen immer anders aus der Vorstellung raus, als sie rein gegangen sind.

Was war das beliebteste Stück beim Publikum in den letzten 15 Jahren? Die Top 5-Stücke in absteigender Reihenfolge waren: 2012 ‚Gut gegen Nordwind‘, 2007 ‚Honigmond‘, 2013 ‚Alle sieben Wellen‘, 2015 ‚Die Wunderübung‘ und 2014 ‚Die Wahrheit‘.

Ein Problem war viele Jahre lang auch, die passende Spielstätte zu finden. Ist das Sommertheater mit der Bühne im K3 nun endgültig in Kitzbühel angekommen? Viele Jahre waren wir wirklich fast so etwas wie eine Wanderbühne. Wir hatten in 15 Jahren sieben verschiedene Spielstätten. Nie zu wissen, wo man im nächsten Jahr spielen kann, war schwer. Mit dem K3 haben wir jetzt endlich ein Zuhause gefunden, wo man uns liebevoll aufnimmt und unterstützt. Es ist ein idealer Aufführungsort. Wir freuen uns sehr darüber,

Und was war Ihr liebstes Stück? Mein Lieblingsstück ist ‚Kunst‘ von Yasmina Reza. Wenn ich könnte, würde ich diese großartige, tiefsinnige Komödie alle fünf Jahre spielen. Anhand welcher Kriterien werden die Stücke für das Sommertheater ausgesucht? Wir suchen die Stücke im Familienverband aus. In erster Linie müssen sie für uns umsetzbar sein. Wir brauchen ein einfaches Bühnenbild und haben kein endloses Budget für Schauspieler. Um ein passendes Stück zu finden, lesen mein Mann und ich unzählige Skripte und schauen uns Aufführungen an. Wenn es ein Stück in die engere Auswahl schafft, dann holen wir auch noch einmal die Meinung meines Vaters ein, denn er spiegelt die Generation wider, die am meisten ins Theater geht. Wie Sie se-

hen, ist das ein langer Prozess. Wir sind jetzt schon wieder auf der Suche nach einem Stück für das nächste Jahr. Die Auswahl wird immer schwieriger, weil wir das Vorjahrs-Stück toppen wollen. Wir machen uns selber sehr viel Druck, aber der Erfolg gibt uns Recht. Auf was dürfen sich die Theaterbesucher denn in diesem Jahr freuen? Ganz ehrlich, ich glaube, dass, wenn wir dieses Interview nächstes Jahr führen würden, das diesjährige Stück ,Das Abschiedsdinner‘ die Top 5 anführen würde. Es ist eine unglaublich witzige und intelligente Komödie. Es wird sich jeder angesprochen fühlen, denn es geht um das große Thema Freundschaft. Die Zuschauer werden viel zu lachen haben. Wie lange wird es das Sommertheater noch geben? Mein Plan wäre es, mindestens 15 Jahre noch Theater in Kitzbühel zu machen, dann ist unsere Tochter Marie Lou 26 Jahre alt. Auch sie liebt das Theater. Im Moment will Marie zwar Springreiterin werden, aber wenn die Liebe zum Theater noch ein wenig größer wird, dann ist auch die Nachfolge gesichert. Johanna Monitzer

„Die Stücke werden im Familienverband ausgesucht“, erklärt Sommertheater Initiatorin Michaela Reith. Im Bild mit Vater Karl Heinz, Tochter Marie Lou und ihrem Ehemann, dem Schauspieler Leopold Dallinger. Das diesjährige Stück „Das Abschiedsdinner“ feiert am 28. Juli Premiere. Foto: Markus Mitterer


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