KiZ-ePaper 24/2014

Page 28

28 Kultur FÜR SIE GELESEN Erwin Kräutler Seit Papst Franziskus im Amt ist, ist die Kirche Amazoniens vom Rand der öffentlichen Aufmerksamkeit in die Mitte gerückt. Hier existiert Kirche auf die Art, wie sie sich jene 40 Bischöfe gegen Ende des Konzils vorgestellt haben, die sich im sogenannten „Katakombenpakt“ selbst verpflichtet haben, einfach unter den Menschen leben. In seinem Buch „Mein Leben für Amazonien“ charakterisiert Bischof Erwin Kräutler diese „franziskanische“ Kirche, die

mit „mütterlicher Liebe“ ihren Kindern nicht nur durch Briefe und Erklärungen begegnet, sondern die zärlich ist mit ihnen in „fühlbarer Gegenwart“. Die Lebensgeschichte Erwin Kräutlers für sich ist schon interessant, in diesem Buch begegnen einem aber auch die Charakterzüge eines neuen Erscheinungsbildes von Kirche. Sie erwartet weniger Respekt für sich, sondern begegnet selbst den Menschen respektvoll. Der Einsatz für die durch den Belo-MonteStaudamm bedrängten indigenen Menschen ist ein Beispiel, an dem es besonders spürbar wird. Kräutler benennt auch Konsequenzen. Eine Dezentralisierung der kirchlichen Entscheidungskompetenzen ist ein Gebot der Stunde, betont er. M. F Erwin Kräutler. Mein Leben für Amazonien, Tyrolia Verlag, Innsbruck 2014, 232 Seiten, € 22,95.

12. Juni 2014

KirchenZeitung Diözese Linz

Film: „Und in der Mitte, da sind wir“ ist ein überzeugendes Porträt des Ortes Ebensee

„Was soll man auf einem KZ-Friedhof?“ Für seinen Film hat Sebastian Brameshuber ein Jahr lang drei Jugendliche in Ebensee begleitet. Anlass war die Störaktion bei einer KZ-Gedenkfeier. MARKUS VORAUER

Es gibt zwei Einstellungen in Sebastian Brameshubers neuem Film „Und in der Mitte, da sind wir“, die in ihrer strengen Kadrierung – in der Auswahl des Bildausschnitts – die Haltung des Filmemachers jeweils in ein aussagekräftiges Bild fassen. Da ist einerseits dieses dunkle Loch, das wie ein Abgrund wirkt. Und dann jene Sicht durch eine Unterführung, die nur einen eingeschränkten Blick auf das Seeufer ermöglicht. Sie ist mal menschenleer, dann ist sie wieder Treffpunkt für die porträtierten Jugendlichen, die diesen Nicht-Ort als Rückzugsgebiet betrachten. Makabre Performance. Das vom üppig wuchernden Gestrüpp eingerahmte Loch ist der Eingang zum Stollen des KZ-Außenlagers Ebensee. Die Ereignisse, die sich 2009 dort abspielten, waren der Anlass für Brameshuber, den Film zu drehen. Mehrere Jugendliche störten eine Gedenkfeier im Stollen mit Softguns und Naziparolen und marschierten mit Sturmmasken. Der Vorfall verstärkte das ohnehin schon negative Image von Ebensee. Brameshuber, der in Gmunden geboren wurde, arbeitet dabei auch seine eigene Haltung zu Ebensee ab. Es hat als Arbeiterstadt einen schlechten Ruf im monarchistisch verklärten Bad Ischl. Über das Porträt dreier Jugendlicher, die der Regisseur über ein Jahr lang begleitete, versucht er einen Einblick in die Befindlichkeiten des Ortes zu bekommen.

Unterführung in Ebensee, ein Rückzugsgebiet für die Jugendlichen, die der Film porträtiert. FILMLADEN GMBH

Die Sorgen junger Menschen. Andreas (16) hat eine beängstigende Leidenschaft für Waffen, gleichzeitig ist er ein passionierter Gitarrist und träumt von einem Musikstudium. Ramona (15) muss eine Lehrstelle finden, weiß allerdings nicht, was sie interessiert. Ihre Verunsicherung äußert sich in kleinen Rebellionen gegen ihre Eltern, die in einem Haus auf dem Fundament des ehemaligen KZs wohnen. Michaels (15) Unsicherheit manifestiert sich in einem fantasielosen Musikgeschmack, später wird Michael zum Punk. Stets präsent ist das schwarze Loch im Berg, das wie ein Mahnmal an die Ereignisse im Zweiten Weltkrieg und an die Störaktion erinnert. Die Eltern versuchen sie als Lausbubenstreich abzutun. Die Jugendlichen wiederum haben andere Sorgen: Schularbeiten, Arbeitsamt, Kirtag sind wichtiger als eine Gedenkfeier im ehemaligen Konzentrationslager. Ramona bringt es überspitzt auf den Punkt: „Was soll man auf einem KZ-Friedhof?“ Porträt eines Ortes. Mit der Kamera bleibt Brameshuber auf Distanz. Seine Fragen, die aus dem Off widerhallen, stellt er aber mit Nachdruck. Das führt zu Situationen, die ausgesprochen authentisch wirken. So ist aus dem Film ein überzeugendes Porträt eines Ortes entstanden, der mit seinem Schicksal hadert, der aber für eine allgemeine Haltung steht: „In Ebensee tritt lediglich zutage, was anderswo aufgrund mangelnder Anlassfälle unter dem Teppich bleibt.“ Dieser Aussage des Regisseurs ist nichts hinzuzufügen.  Langversion: www.kirchenzeitung.at/kultur  Film ab 13. Juni im Moviemento Linz, Einführung und Diskussion am Freitag, 27. Juni, 21 Uhr.


Issuu converts static files into: digital portfolios, online yearbooks, online catalogs, digital photo albums and more. Sign up and create your flipbook.