kinki magazin - #33

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Interview kinki magazin: Wie geht’s dir, Karla? Karla Knie: Ganz gut eigentlich. Ein bisschen Magenschmerzen habe ich. Ich habe nicht so gut gegessen. Was gab’s denn? Alles! Es wundert mich sehr, dass ihr überhaupt Interviews gebt. Das passt doch irgendwie überhaupt nicht in euer Konzept, oder? Wieso? Wir reden doch, wir haben doch Münder! Das stimmt schon, aber es macht die ganze lustige Verwirrung, die ihr aufbaut, kaputt. (Lacht) Ist Verwirrung nicht ein etwas komisches Konzept? Das mit dem Konzept würde ich jedenfalls gerne mal so dahingestellt lassen. Wieso? Wie würdest du es denn bezeichnen? Ich hab’s noch nie irgendwie benannt. Aber wie nennst du denn das, was ihr da macht, wenn dich jemand danach fragt? Musik? Ich sag dann halt einfach ‹Ich fahr mit HGichT nach Berlin›, oder so. Und alle wissen Bescheid … Das kann ich mir vorstellen, ihr habt ja mittlerweile eine ziemliche Berühmtheit erlangt. Ja, also nicht auf dem Niveau von John F. Kennedy oder so, aber schon ein bisschen. Was ist denn euer Erfolgsrezept? Warum denkst du, dass sich all diese Leute eure komischen YouTube-Filmchen anschauen und lauthals ‹Hartz Four› singen? Das weiss ich auch nicht so genau. Ich kann dir nur sagen, warum ich mir die angucke: Weil ich die Leute darin kenne und es witzig finde, was die da tun. Ich mag aber nicht für andere sprechen. Das tun schon zu viele. Wie komponiert ihr denn eure Songs? Wir sitzen beisammen und sammeln Ideen, Sachen, die man sich halt den ganzen Tag so überlegt. Wir machen genau dasselbe wie du oder jeder andere auch. Wir bündeln unsere Gedanken danach einfach. Wobei, so ein Gedanke, der muss ja auch nicht für alle verständlich sein. Oder es ist jetzt verständlich und dafür später Quatsch … Ich will nicht immer alles so begrenzen und einschränken, das macht doch alles immer viel komplizierter und anstrengender, als es ist. Aber das Gegenteil ist auch extrem anstrengend, finde ich. Das tut mir leid! (Lacht) Nein, ich erlaube dir einfach, die Dinge ohne Grenzen anzusehen und dir deine eigenen Gedanken dazu zu machen. Wie sieht denn euer Publikum aus? Sind das Performancefans und Kuratoren oder eher eine

Horde Flatrate-Säufer? Das müsste ich die mal fragen! Werde ich nächstes Mal machen. Ist allerdings schwierig, weil’s halt immer so laut ist. Aber ich verspreche dir, ich frage nach und mache eine kleine Studie. Wir sind ja schliesslich sehr interessiert. Nicht nur an uns, sondern auch an allen anderen. Seid ihr das? Es sieht ja eher so aus, als bliebe trotz Publikumskontakt euer Mikrokosmos erhalten. Die Leute stehen zwar betroffen da, haben aber nicht wirklich Lust mitzumachen. Aber warum denn, Rainer? Erklär mir das mal! Wenn ich irgendwo hingehe, dann mag ich ja wahrscheinlich die Leute, die dort auftreten und mache mit. Und dann freue ich mich doch zum Beispiel auch, wenn die mich umarmen. Ich denke, die Leute wollen unterhalten werden, nicht berührt. Das ist doch total traurig! Klar möchte ich auch nicht immer von fremden Leuten angefasst werden, in der U-Bahn zum Beispiel, aber dort mag ich ja auch die Leute nicht. Aber wenn ich zum HGichT-Konzert gehe, dann mag ich das ja wahrscheinlich. Euch wird immer wieder ein reger Drogenkonsum vorgehalten. Stört euch das? Ja, das ist traurig. Wenn man nicht bedenkt, dass man seine Fantasie und Kreativität schweifen lassen kann, auch ohne Drogen zu konsumieren.

‹Ich würde sagen, wir sind nicht unbedingt Hippies. Obwohl … ein kleines bisschen vielleicht.› Aber hast du vielleicht ein besonders leckeres Spacecake-Rezept auf Lager? Spacecake? Nein, leider nicht. Aber Scharmein macht total leckeren Yogi-Tee. Ihr seid aber schon ziemlich auf diesem Hippie-Trip, was? Ihr sitzt gerne im Kreis, benehmt euch wie eine Sekte, trinkt Yogi-Tee … (Lacht) Naja, Yogi-Tee ist halt einfach leckerer als Kräutertee. Aber lass mich mal überlegen: Doktor Diamond hat ziemlich lange Haare … … Maike trägt Rastazöpfe … Ja, und dann kommt noch die ganze Umarmerei dazu und dieser Liebesgedanke … Ich würde sagen, wir sind nicht unbedingt Hippies. Obwohl … ein kleines bisschen vielleicht. Ein paar von euch sind ja an der Kunsthochschule? Ja, das ist ja kein Geheimnis, dass einige von uns kunstaffin sind. Scharmein zum Beispiel malt ja wirklich die tollsten Bilder, Maike auch …

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… die malt auf der Bühne immer Pimmel, wenn mich nicht alles täuscht, oder? Ja, die sind doch prima! Aber Scharmein malt keine Pimmel, sondern andere Sachen, richtig tolle Sachen! Und DJ Kacke malt auch. Wovon lebt ihr denn? Abgesehen von HGichT? Also die Maike ist Imkerin. Ein toller Beruf. Und irgendwie auch voll süss. Doktor Diamond macht Horoskope, davon kann man gut leben. Und ich – da ich ja gerne rede und auch schreibe – versuche mir gerade als Verfasserin von Schicksalsgeschichten ein Standbein zu schaffen. Schicksalsgeschichten? Naja, wenn du dir so eine Zeitschrift kaufst, wo vorne ein Adliger drauf ist, blätterst du einfach über die Sektion rüber, in der es um Hämorrhoiden und solche Dinge geht, dann kommst du in den Bereich der Schicksalsgeschichten aus dem wahren Leben. Zum Beispiel ‹Mein Mann hat mich für einen Astronauten sitzen gelassen, dann habe ich aber zum Glück meine wahre Liebe in meinem Nachbarn gefunden, der gerade aus China zurückgekehrt ist und die Grippe hat.› Die fangen immer ganz traurig an, haben aber ein schönes Ende. Wovon handelt denn dein neustes Werk? Ich bin noch nicht fertig. Aber natürlich geht’s um Liebe und Beziehung. Und dann passiert was ganz schlimmes, Unfall, Krankheit, Verlust oder so, danach wendet sich dann alles zum Guten. Ich dachte mir, ich kann die Schicksalsgeschichten vielleicht als Sprungbrett nutzen, irgendwann schreibe ich dann Drehbücher für den Sonntagabendfilm beim ZDF. Ich schreibe heute noch weiter daran. Obwohl, erst gehe ich wahrscheinlich mal zum Arzt wegen dieser Bauchschmerzen. Hast du eigentlich nicht das Gefühl, dass jeder Interviewer nur darauf aus ist, euch irgendwie zu entlarven oder aus der Rolle zu werfen? Euch als normal zu entlarven? Nö, Interesse zu haben ist besser als das Gegenteil. Aber oft werden schon dieselben Fragen gestellt, das stimmt. Ich fürchte mich aber öfter davor, dass die Leute das Gefühl haben, dass ich ihnen ihre Zeit rauben will, oder mir einen Spass aus den Antworten mache. Aber ich meine das wirklich nur gut. Wir meinen es ja prinzipiell alle nur gut, ist mir wichtig, dass du das auch so siehst, Rainer. Weitere Info zur Band sowie Tourdaten und natürlich zahlreiche Videos findest du unter hgicht.de, das Interview in voller Länge auf kinkimag.com/magazines.


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