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«Alle Kinder sind Theologen»
Einen wichtigen Part bei der Vermittlung von Glauben und Spiritualität an die Kinder haben Eltern und Grosseltern. Doch wie lässt sich heute Glaube im Familienalltag leben? «Wichtig ist, die Kinder ernst zu nehmen», sagt Gabriela Hutter Dubler, Religionspädagogin in der Pfarrei Rotmonten.
«Ich werde immer wieder mal von Eltern gefragt: Wie kann ich mein Kind religiös erziehen?», erzählt Gabriela Hutter. «Die Frage müsste aber eigentlich anders gestellt werden: Anstatt religiös zu erziehen, geht es darum, mit Kindern den Glauben zu leben.» Als ihre drei eigenen Kinder klein waren, habe sie ihnen den Glauben als etwas Alltägliches mitgegeben: «Bei uns waren gewisse Rituale selbstverständlich, wie zum Beispiel, sich vor dem Essen kurz die Hände zu reichen.»
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Kinder aktivieren
Für Gabriela Hutter bietet das Kirchenjahr viele Anknüpfungspunkte, um den Glauben zum Thema zu machen: Beim Thema Fastenzeit legt Gabriela Hutter Wert darauf, nicht den Fokus auf das Verzichten zu richten, sondern auf die Frage der Lebensgestaltung: «Wie lebe ich mein Leben?» Dazu gehört für sie auch, mit Kindern über das Teilen und die Solidarität nachzudenken: «Meine Schülerinnen und Schüler im Religionsunterricht basteln etwas, das wir dann verkaufen, um Geld für die Fastenaktion zu sammeln.» Es sei für Kinder sehr prägend, wenn sie selber aktiv werden können: basteln, zeichnen, sich mit Gesten ausdrücken oder bei einem Ritual eine aktive Rolle übernehmen. «Eine Möglichkeit ist auch, dass die Kinder einen Brief schreiben. So erfahren sie konkret, dass sie selber etwas bewegen können.»
Gemeinsam Antworten suchen
Während ihres Studiums am Religionspädagogischen Institut (RPI) in Luzern, das sie diesen Frühling abgeschlossen hat, konnte Gabriela Hutter ihre eigenen Erfahrungen als Mutter nochmals neu reflektieren: «Mir ist noch mehr bewusst geworden, dass wir oft zu sehr von unserer Erwachsenenperspektive her denken. Dabei sind die Kinder kleine Theologen. Es wäre eine grosse Chance, ihnen mehr zuzuhören, die Welt mit ihren Augen zu sehen und mit ihnen zu theologisieren», hält sie fest. «Wir Erwachsene sind die Geburtshelfer. Wir dürfen darauf vertrauen, dass der Glaube bereits in den Kindern angelegt ist. Es ist unsere Aufgabe, ihnen dabei zu helfen, mit Wörtern, Bildern oder Gesten auszudrücken, was in ihnen ist.» Dabei gebe es nur eine Regel: «Nichts ist falsch.» Aber was, wenn mich die Kinder plötzlich mit einer komplexen Frage konfrontieren? «Ich muss kein Lexikon sein», hält Gabriela Hutter fest und schmunzelt, «viel wichtiger als die eigentliche Antwort ist es, die Kinder an der Hand zu nehmen: Wir suchen jetzt gemeinsam eine Antwort auf diese Frage.»
Staunen lernen
Dazu könne auch gehören, mal eine Kirche zu besuchen und sich auf den Raum einzulassen: «Aber ganz ungehemmt – die Kinder sollen erfahren, dass auch in der Kirche gelacht und herumgesprungen werden darf.» Auch draussen in der Natur gebe es viele Anknüpfungspunkte: «Wenn Eltern oder Grosseltern mit Kindern staunen lernen über die Schönheiten der Schöpfungen und ihnen einen achtsamen Umgang damit vermitteln, ist das schon eine religiöse Erziehung.» Gerade jetzt im Sommer kann man mit Kindern mit offenen Augen und Ohren draussen in der Natur unterwegs sein, die Schönheit der Schöpfung bewusst wahrnehmen und sich gegenseitig darauf aufmerksam machen.
Brücken zum Elternhaus
Im Religionsunterricht legt Gabriela Hutter Wert darauf, Brücken zum Elternhaus zu bauen: «Ich gebe auch mal den Kindern den Auftrag: Fragt zu Hause euer Mami oder euren Papi – wie sehen sie das? Wie gehen sie damit um?» Gleichzeitig können auch die Eltern vom Unterricht profitieren, indem sie einfach mal nachfragen: Was habt ihr gemacht? Welches Thema wird behandelt? In der Pfarrei Rotmonten gehören zu den regelmässigen Angeboten für die Zielgruppe Eltern mit kleinen Kindern die Feiern mit den Kleinen, Kindergottesdienste, die Vorbereitung auf die Taufe, und die Kirchenmusikerin Maja Bösch bietet Singprojekte mit Kindern an. «Auch hier kann Glaube miteinander gelebt werden. Und es verbindet die verschiedenen Generationen im Gottesdienst.» Gabriela Hutter sieht Potenzial für mehr. «Wegen Corona lag dieser Bereich in letzter Zeit etwas brach. Wir planen, das künftig wieder auszubauen. Ich kann mir vorstellen, dass Nachfrage nach weiteren Angeboten besteht.» Sie nennt ein konkretes Beispiel aus dem vergangenen Jahr: «Wir haben im Unterricht das Thema Versöhnung behandelt und haben geplant, parallel etwas für Eltern anzubieten. Leider ist das wegen der Coronamassnahmen nicht zustande gekommen.» (ssi)
Gabriela Hutter Dubler ist Religionspädagogin in der Pfarrei Rotmonten.