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Seine Stärken wieder finden
Celal, 39, aus der Türkei, spielt Saz, ein Zupfinstrument: «Meine Kraft schöpfe ich durch den Glauben und die Hoffnung, dass das, was gut ist, auch kommen wird.»
Gerade in persönlichen Krisen sind innere Kraftquellen wichtig. Wie sie über Schwierigkeiten und Hindernisse hinweghelfen können, zeigen Bernhard Brack und Tabea Landolt vom Sozialdienst der Katholischen Kirche im Lebensraum St.Gallen mit ihrem neuen Projekt «Kraftquellen» auf.
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Vor eingeschaltenem Fernseher einschlafen als Kraftquelle: Diese Antwort hat Bernhard Brack von den Sozialdiensten der Katholischen Kirche Lebensraum St.Gallen am meisten überrascht. Zusammen mit Praktikantin Tabea Landolt sammelt er seit Februar die Kraftquellen seiner Klientinnen und Klienten. Sich auf die eigenen Kraftquellen zu konzentrieren, soll den Blick öffnen für die eigenen Ressourcen und die Fähigkeit, Schwierigkeiten und Hindernisse zu überwinden. «Viele Klientinnen und Klienten sind so auf ihr Problem konzentriert, dass sie vergessen, dass sie ähnliche Situationen bereits einmal überwunden haben», sagt er. Die Frage nach den persönlichen Kraftquellen überrasche daher viele und setze oftmals einen Prozess in Gang. «Ich schöpfe meine Kraft aus schönen Momenten, wie man sie auch in Filmszenen zu sehen bekommt. Wenn die Sonne scheint und ein Kind glücklich umherrennt. Solche Momente tun den Menschen gut, besonders mir», sagte den beiden etwa eine 23-jährige, arbeitssuchende Frau aus Russland. Eine 67-jährige Frau aus der Schweiz antwortete: «Mein Hund und mein verstorbener Mann im Himmel geben mir Kraft. Mit meinem Mann spreche ich jeden Abend. Daneben bete ich auch noch zu Gott.»
Wer die Frage nach der persönlichen Kraftquelle gestellt bekomme, denke meistens etwas länger darüber nach, sagt Bernhard Brack. «Und häufig entschuldigen sie sich dann dafür, dass sie als Erstes nicht Gott, die Kirche oder den Pfarrer nennen. Aber sich darauf festzulegen, wäre ja nicht Sinn und Zweck der Sache.» In einem ersten Schritt des Projekts wollen Brack und Landolt die Kraftquellen nun in die Öffentlichkeit bringen und so den Diskurs über den ressourcen- statt problemorientierten Ansatz anstossen. «Meine Vision ist, dass wir in einem zweiten Schritt beispielsweise mit dem Sozialamt zusammenarbeiten und dass die Frage nach den Kraftquellen Teil eines jeden Beratungsgesprächs werden könnte», sagt Brack.

«Ich schöpfe meine Kraft aus den netten Kunden bei der Arbeit. Mit denen kann man sich unterhalten und über wichtige Dinge sprechen. Ebenfalls schöpfe ich Kraft aus meinen beiden Katzen.» Gabriela aus der Schweiz, 57, Haushaltshelferin
Das Projekt zeichnet sich laut Brack dadurch aus, dass es sich bei den Kraftquellen nicht um spektakuläre Orte in der Natur handelt. Im Gegenteil: Sie stehen häufig weder im Zeichen von Religion, Natur oder Leistung, sondern sind im Innersten eines Menschen verankert. Besonders berührt habe sie daher folgende Aussage einer 34-jährigen Frau aus dem Kongo, sagt Tabea Landolt: «Meine Kraft schöpfe ich aus den Gesprächen mit meinen Geschwistern und meiner Mutter, welche im Kongo leben. Ich gebe ihnen von meinem Mut und ich versuche, für sie stark zu sein. Dies gelingt mir durch Gott.» Dass es eine Kraftquelle sein könne, anderen Menschen Mut zu geben, habe sie sehr fasziniert. (nar)

«Was mir viel Kraft gibt ist das Lachen. Es kommt von Herzen und beruhigt mich innerlich. Wenn man eine Blockade in sich hat und dann von Herzen lacht, dann öffnen sich wieder neue Perspektiven.» Renate aus der Schweiz, 60, Working Poor, mit Hund Franjo