
3 minute read
«Eine grosse Chance für das Kind»
Wie können Eltern und Grosseltern Kindern Religiöses mitgeben, um es widerstandsfähig zu machen? Foto: pixabay.com
«Kinder haben ein Recht auf religiöse Bildung», sagt Helga Kohler-Spiegel, Professorin für Psychologie und Religionspädagogik an der Pädagogischen Hochschule Vorarlberg. An einem Vortrag am 9.September in St.Gallen gibt sie Eltern Tipps und zeigt, welche Chancen in der religiösen Bildung sowohl für das Kind als auch für die ganze Familie stecken.
Advertisement
Warum sind wir auf der Welt? Woher kommen wir? Und was passiert nach dem Tod? Kinderfragen haben es manchmal in sich. Oft hat man als Mutter oder Vater noch selber keine endgültige Antwort darauf gefunden und tut sich schwer mit Antworten. «Das macht überhaupt nichts», sagt Helga Kohler-Spiegel, «wenn die Kinder solche Fragen stellen, geht es nicht um richtig oder falsch. Das Kind erwartet in der Regel keine Sachantworten. Viel wichtiger ist es, sich für das Kind Zeit zu nehmen und mit ihm gemeinsam über die Frage nachzudenken.»
Kinderbücher
Für Sach-Antworten und die Vermittlung von religiösem Wissen seien dann die «Profis» im Religionsunterricht oder in der Erstkommunionsvorbereitung da. «Es gibt heute viele Kinderbücher, die Eltern und Grosseltern helfen, mit Kindern ins Gespräch zu kommen und über das Leben, die Werte und Gott nachzudenken», weiss Helga Kohler-Spiegel. Bei ihrem Referat wird sie einige geeignete Beispiele präsentieren. «Wir wollen an diesem Abend zeigen, welche Möglichkeiten Eltern und Grosseltern haben, ihrem Kind Religiöses so mitzugeben, dass es die Kinder stärkt und widerstandsfähig macht.»
Gemeinsame Rituale
Kinder, die zuhause und im Religionsunterricht Spiritualität kennenlernen, haben es laut der Vorarlberger Lehrerbildnerin später leichter, da sie bei ihrer Entscheidung für oder gegen Religion auf eigene Erfahrungen zurückgreifen. Das ermögliche eine selbstständige Entscheidung. «Die religiöse Bildung ist eine grosse Chance für das Kind und essentiell für die Persönlichkeitsentwicklung – die spirituelle Komponente gehört zum Menschsein einfach dazu», sagt Helga Kohler-Spiegel. Die Erfahrung, in ein grosses Ganzes eingebettet zu sein, trage auch zu einer besseren Resilienz bei, das zeigen verschiedene Studien. Idealerweise werde Kindern Spiritualität möglichst alltagsnah vermittelt – beispielsweise mit Ritualen, die dem Tag einen Rahmen geben. «Das kann auch etwas ganz Einfaches sein: Zum Beispiel, dass man sich am Morgen bewusst gemeinsam überlegt, worauf man sich an diesem Tag freut, oder man macht dem Kind, bevor es in die Schule geht, ein kleines Kreuz auf die Stirn. Abends schaut man mit dem Kind auf das Erlebte zurück, manchmal stolz, manchmal nachdenklich.»
Offener Umgang
In manchen Familien sorgt die Präsenz von Spiritualität, Gebeten oder religiösen Ritualen für Konflikte, da sie den Grosseltern sehr am Herzen liegen, die Eltern damit aber gar nichts anfangen können. «Wichtig ist ein offener Umgang», sagt Helga Kohler-Spiegel, «wenn der Oma der Glaube sehr wichtig ist, kann sie dem Kind das – nach Rücksprache mit den Eltern – auch so vermitteln. Das ist ja in allen Bereichen des Lebens so: Jeder gibt dem Kind das weiter, das einem etwas bedeutet – das ist bei jedem etwas Anderes: Mama vermittelt dem Kind die Freude an der Natur, Opa die Freude an Gesellschaftsspielen und Oma erzählt Geschichten aus der Bibel. Das Kind kann durchaus mit dieser Vielfalt umgehen, es erlebt sie nicht als Widerspruch, sondern als Bereicherung.» Die Fragen der Kinder seien auch eine Chance für uns Erwachsene: «Sie laden uns ein, über Dinge nachzudenken, über die wir uns vielleicht schon lange keine Gedanken mehr gemacht haben.» (ssi)
Warum Kinder religiöse Bildung brauchen
Ökumenischer Informationsanlass für Eltern
Mittwoch, 9. September, 19.30 Uhr
Evang. Kirchgemeindehaus Rotmonten, Berghaldenplatz 4, St.Gallen
Helga Kohler-Spiegel ist Professorin für Psychologie und Religionspädagogik an der Pädagogischen Hochschule Vorarlberg in Feldkirch/Vorarlberg, als Psychotherapeutin in eigener Praxis tätig und hat mehrere Bücher veröffentlicht. Zuvor war sie Leiterin des Amts für Katechese und Religionspädagogik des Bistums St.Gallen.