Gynäkologisches Tumorzentrum
Tumor in der Schwangerschaft Vorfreude mit bitterem Beigeschmack Tumorerkrankungen in der Schwangerschaft sind selten und stellen immer eine besondere Herausforderung dar. Der folgende Fallbericht stellt dar, wie eine solche problematische Situation interdisziplinär zum Wohl von Mutter und Kind angegangen werden kann. AUTOREN Prof. Dr. med. Martin Heubner, Direktor Departement Frauen und Kinder und Chefarzt Gynäkologie; Dr. med. Rüdiger Mascus, Leitender Arzt, Leiter Blasen- und Beckenbodenzentrum; Dr. med. Kirsten Steinauer, Leitende Ärztin Radio-Onkologie Standort KSB; Prof. Dr. med. Rahel Kubik, Direktorin Departement Medizinische Dienste und Chefärztin Radiologie; Dr. med. Clemens Caspar, Chefarzt Onkologie/Hämatologie, Leiter Tumorzentrum; Prof. Dr. med. Leonhard Schäffer Chefarzt für Geburtshilfe und Pränataldiagnostik
Eine 39jährige Schwangere wurde mit einem
burtlichkeit mit hoher Morbidität für das Kind
suspekten zytologischen Abstrich zugewiesen.
resultiert.
Die Patientin erwartete ihr erstes Kind, sie be-
wurde daher die Durchführung einer neoadju-
fand sich in der 24. Schwangerschaftswoche,
vanten Chemotherapie in der Schwangerschaft
der bisherige Schwangerschaftsverlauf war
vor einer geplanten primären Radiochemo-
völlig unauffällig gewesen. Bei der Frauenärztin
therapie nach der Geburt empfohlen. Die Pa-
war routinemässig ein Abstrich erfolgt, es war
tientin willigte nach ausführlicher Aufklärung in
der Verdacht auf eine hochgradige Dysplasie,
dieses Vorgehen ein und erhielt 3 Zyklen einer
einer Vorstufe des Gebärmutterhalskrebses,
Chemotherapie mit Paclitaxel und Cisplatin in
gestellt worden.
3-wöchentlichem Abstand unter engmaschiger
Im
interdisziplinären
Tumorboard
Kontrolle der Schwangerschaft. Nach 3 MonaIn der Dysplasiesprechstunde der Gynäkologie
ten erfolgte in der 38. Schwangerschaftswoche
des KSB wurde eine Kolposkopie durchgeführt,
die Entbindung per Kaiserschnitt, intraoperativ
bei der sich hoch suspekte Veränderungen des
erfolgte die gleichzeitige Entnahme von para-
Muttermundes bestätigten. Es wurden mehrere
aortalen Lymphknoten zu Stagingzwecken vor
Biopsien entnommen, in denen sich leider nicht
geplanter Radiochemotherapie.
nur eine hochgradige Dysplasie, sondern auch ein invasives Plattenepithelkarzinom der Zervix uteri bestätigte.
In der 38. Schwangerschaftswoche einen gesunden Knaben geboren
Karzinom mit einer Grössenausdehnung bis zu 4,5cm
Es kam ein gesunder Knabe mit einem Kindsge-
Es wurde ein MRI veranlasst, in welchem sich
Operation verlassen. In einem von 7 entnom-
das Karzinom mit einer Grössenausdehnung bis
menen paraaortalen Lymphknoten wurde eine
zu 4,5cm mit Verdacht auf beginnende Para-
Metastase des Zervixkarzinoms beschrieben.
wicht von 2.600g auf die Welt. Die Mutter konnte mit ihrem Kind das Spital am 6. Tag nach der
metrieninfiltration darstellte. Der Handlungsbe-
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darf hinsichtlich einer onkologischen Behand-
Vier Wochen nach der Geburt erfolgte die Ein-
lung war eklatant. Die Therapie der Wahl, eine
leitung einer primären Radiochemotherapie des
kombinierte Radiochemotherapie, war unter
kleinen Beckens sowie der Paraaortalregion
Erhalt der Schwangerschaft nicht möglich. Eine
über eine Gesamtdauer von fünf Wochen. Die
Beendigung der Schwangerschaft zu diesem
Bestrahlung wurde im Kubus des KSB am Li-
Zeitpunkt hätte in einer erheblichen Frühge-
nearbeschleuniger mit komplexen Bestrahlungs-