Kaenguru März 2018

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GESUNDHEIT

WAS ZAHLT DIE GESETZLICHE KRANKENVERSICHERUNG? Die gesetzliche Krankenkasse kommt bei schwerwiegenderen Fehlstellungen des Kiefers oder der Zähne für eine grundlegende kieferorthopädische Behandlung auf. Der Arzt muss den Schweregrad anhand von fünf Indikationsgruppen feststellen. Die Kasse übernimmt ab dem dritten Grad 80 Prozent der Kosten für Kinder bis zum 18. Lebensjahr. Beim zweiten Kind 90 Prozent. Der Eigenanteil wird bei erfolgreicher Behandlung am Ende zurückgezahlt. In der Regel beginnt die Behandlung mit neun oder zehn Jahren, nur in Ausnahmefällen wird sie auch schon am Milchzahngebiss bezahlt. Logopädie fällt in Deutschland unter die Heilmittelverordnung. Sieht der behandelnde Arzt die Notwendigkeit einer Therapie, übernehmen die gesetzlichen Krankenkassen die Kosten für die Behandlung. „Bei Patienten bis zum 18. Lebensjahr kommen die gesetzlichen Krankenkassen komplett für die Behandlungskosten auf. Patienten ab dem 18. Lebensjahr haben einen Eigenanteil von 10 Prozent pro Behandlung zu tragen“, erklärt Logopädin Anita Kittel.

Dauer der Therapie Die myofunktionelle Therapie umfasst zwischen zwanzig und dreißig Terminen. Die ersten Erfolge sind aber häufig viel schneller sichtbar. „Wir machen zu Beginn einer Therapie Videos und Fotos vom Kind, damit wir später vergleichen können“, erzählt Kittel. „Bei einem unserer Patienten war immer die Mutter dabei, aber in der achten Stunde kam der Vater mit.“ Kittel fragte ihn, ob er eine Veränderung an seinem Kind bemerkt hätte. Als der Vater verneint, zeigte sie ihm die Fotos vom Beginn. „Er war ganz baff“, lacht Kittel. „Das Wichtigste nach erfolgreicher Therapie sind die Auffrischungsstunden“, weiß Kittel, seit sie selbst eine Studie bei vierzig

behandelten Patienten durchgeführt hat. Zum Ende der Therapie schluckten alle Teilnehmer zu 80 Prozent richtig. Bei einer Nachuntersuchung zwölf Wochen später waren es nur noch 67 Prozent. „Wir haben uns dann noch dreimal im Abstand von etwa zwölf Wochen gesehen und das Training aufgefrischt. Nach einem Jahr haben alle Patienten wieder zu 80 Prozent richtig geschluckt.“ Seither legt die Logopädin größten Wert auf die Nachsorge. „Deshalb sollten die Eltern ihren Kindern nach der letzten Therapiestunde nicht sagen: So jetzt ist es geschafft.“ Denn bei der Schluckstörung handelt es sich um eine jahrelang falsch einprogrammierte Verhaltensweise. Und genauso muss sich das neue Verhalten über lange Zeit einprägen, um sich wirklich zu festigen. Auch im weiteren Verlauf der kieferorthopädischen Behandlung sind Auffrischungen beim Logopäden zielführend. „Wenn die Patienten eine neue Spange bekommen, ändern sich die Verhältnisse im Mund und damit auch die Zungenfunktion“, sagt Kittel. Oft sind es nur ein paar Tipps, die die Kinder wieder auf die richtige Spur bringen. Allerdings wissen das viele nicht und daher ist es nicht überall gängige Praxis. Umso wichtiger ist es, dass alle beteiligten Heilberufe im Gespräch bleiben und die Behandlung miteinander abstimmen.

Den richtigen Arzt finden Eine kieferorthopädische Behandlung ist langwierig und nicht günstig. Umso wichtiger ist das Vertrauensverhältnis zwischen Arzt, Eltern und Patienten. Stiftung Warentest empfiehlt, beim Erstgespräch nach der genauen Diagnose, dem Ablauf der Behandlung und den verschiedenen Verfahren zu fragen. Wichtig ist auch, die medizinische Notwendigkeit abzuklären und auf mögliche Probleme während der Behandlung und die Kosten zu sprechen zu kommen. Ein guter Arzt wird Ihre Fragen geduldig, offen und kompetent beantworten. Holen Sie sich eine Zweitmeinung ein, wenn sie unsicher sind. Ebenso wichtig für den Behandlungserfolg ist es natürlich, dass die kleinen Patienten sich wohlfühlen. Ist die Praxis kindgerecht eingerichtet? Geht der Arzt einfühlsam mit Ihrem Kind um? Beim Bundesverband für Kinderzahnärzte (kinderzahnaerzte.de) finden Sie Praxen in Ihrer Nähe, die zum Teil auch kieferorthopädisch arbeiten.

© iStock/powershot

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