3 2010

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INTERVIEW

Ein neues System der kollektiven Sicherheit Der Direktor des Departements der Bankenregulierung und -aufsicht der Zentralbank Russlands, Alexej Simanowskij, unterbreitet im Gespräch mit Sergej Choroschew seine privaten Ansichten eines Bankexperten über aktuelle Tendenzen im Bankgeschäft, Perspektiven des russischen Rubels und den Vorschlag, einen „Feuerwehrfonds“ für das russische Bankensystem einzurichten.

Herr Simanowskij, wie beurteilen Sie die Schaffung der drei neuen europäischen Finanzmarktaufsichtsbehörden? Das ist ein rein europäisches Thema. Die EU hat eine für sie zufriedenstellende Lösung gefunden. Wichtig ist, dass die Europäer damit zufrieden sind, wie die neuen Finanzaufsichtsbehörden funktionieren. Und wir werden ihre Erfahrungen aufmerksam studieren und die positive Erfahrung aufgreifen – und mögliche Fehler nicht wiederholen. Trotzdem hat man das Gefühl, das nur die klassischen Risiken (Adressenausfallrisiko, Liquiditäts-, Preis- und Zinsänderungsrisiken) in einer konventionellen Struktur betrachtet werden. In Russland sieht man auch die Gefahr, dass das Eigenkapital künstlich aufgebläht beziehungsweise die Bank „ausgehöhlt“ wird. Wie wird man in westlichen Ländern mit solchen Risiken umgehen? Müssten Stresstests nicht auch Risiken außerhalb der EU und des Euroraumes umfassen, zum Beispiel Krisen eines oder mehrerer Schwellenländer? Es gibt in Russland, wie auch in allen anderen Ländern, in der Tat mitunter allzu „kreative“ Eigentümer und Top-Manager. Aber nicht diese „Geschäftsleute“ machen das Wetter. Außerdem sind wir hier höchst wachsam und bemühen uns im Rahgeb. am 6. September 1955 in Moskau, ist Doktor der Wirtschaftswissenschaften und trägt den Titel „Verdienter

men der Vervollkommnung der Regulierung und der Aufsicht, solche Bedingungen zu schaffen, die die Risiken minimieren. Was die Einschätzung der Situation außerhalb der Eurozone betrifft, so bewerten dort nach meinem Dafürhalten alle Banken, die im Ausland Kunden haben, die Länderrisiken. Diesen Risiken wird eine erhöhte Bedeutung in jenen Situationen beigemessen, in denen das Volumen der Operationen mit den Nicht-Residenten ziemlich hoch ist. Dabei werden Koeffizienten verwendet, die die Risikoschwellen anheben je nach dem, aus welchem Land die Nicht-Residenten stammen. In der Vergangenheit hatten russische Investoren immer wieder Probleme, wenn sie versuchten, eine Vollbanklizenz zu erhalten. Dies lag wohl am Kapitalnachweis und der Eignerqualifikation. Ich sehe hier keine Probleme. Wenn es sich um russische Residenten handelt, achten wir sehr aufmerksam auf die Qualität des Kapitals bei der Gründung der Bank und auf ihre folgende Tätigkeit. Es ist kein Geheimnis, dass früher, zu Zeiten des Gründerbooms, einige Banken „Luft“ investierten, also ohne Kapital gegründet wurden. Eine außerordentlich große Bedeutung hat die Reputation der Eigentümer, und die Bank Russlands geht von der Notwendigkeit von Gesetzesverbesserungen aus, die es uns erlauben, das Reputationsrisiko zu bewerten. Unsere Anforderungen werden auf diesem Gebiet weiter steigen. Bei Anträgen bekannter Nicht-Residenten mit offen gelegten Kapitalquellen waren bislang noch keine Probleme bei der Ausgabe von Banklizenzen aufgetaucht.

Ökonom der Russischen Föderation“. Seit 1992 arbeitet Simanowskij in der Zentralbank Russlands: 1992–1996 als Stellvertreter des Vorgesetzten der Hauptverwaltung der ZB der Stadt Moskau, 1996–2001 als Direktor des Departements der prudentiellen Bankenaufsicht der ZB, seit 2002 als Direktor des Departements der Bankenregulierung und Alexej Simanowskij

-aufsicht. Mitglied des Direktorenrates der Zentralbank Russlands. Simanowskij ist verheiratet und hat vier Kinder.

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Sehen Sie die Möglichkeiten durch eine verbesserte Zusammenarbeit mit westeuropäischen Aufsichtsbehörden, das Standing Russlands zu steigern? Ich kann keine Schwierigkeiten erkennen, weder mit den europäischen Aufsichtsbehörden noch mit denen anderer Länder. Die Zusammenarbeit mit den europäischen Behör-


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