JP Grätzelbericht 2013

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J P I M MO B I L I E N P R Ä S E N T I E R T

AUSGABE 2 / H E R B S T 2013

VOM S ON N W E NDV IERT EL BIS Z U R AU HOF S T R A S SE

Der Grätzel Bericht 10

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fi Spannendste Baustelle Wiens fi Gastronomischer Streifzug fi Neuer Stadtteil fi Der neue Hauptbahnhof

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fi Pulsierendes Margareten fi Einblicke in die Kreativszene fi Architekturjuwel fi Tirol in Wien

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fi Kulinarik und Handwerk fi Gute Nachbarschaft fi Forschen und Gedenken fi Barockes Juwel

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fi Ruhe und grüne Oasen fi Dorfcharakter fi Lainzer Tiergarten fi Alt-Wiener Charme

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EINLEITUNG

Impressionen aus dem Wohlf체hlgr채tzel

Wandel findet Stadt


EINLEITUNG

Jugendstil im Fünften ­Der Rüdigerhof

Am Anfang war der Film

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ien verändert sich. Täglich ziehen Menschen in die Stadt, neue Geschäfte mit frischen Ideen eröffnen, andere schließen ihre Rollläden für immer.

Selbst in den ältesten Wiener Grätzeln finden sich immer wieder neue Gesichter und noch nie dagewesene Facetten. Grund genug, ihnen regelmäßig einen Besuch abzustatten. Vergangenes Jahr führte der Weg in einige klassische Grätzel, etwa in das Elisabethviertel nach Wieden oder zum traditionsreichen Backsteinbau des Arsenals, aber auch in neue, aufstrebende Gegenden, die sich rund um den renovierten Westbahnhof, den Yppenmarkt und den Hauptbahnhof entwickeln. Gerade am Hauptbahnhof zeigen sich stetiger Wandel und Innovation besonders gut. Jeden Tag gibt es etwas Neues zu bestaunen, wenn Kräne schwere Stahlträger durch die

Lüfte hieven oder den spiegelnden Fassaden der neuen­ Wohnblöcke der letzte Schliff verliehen wird. Beim zweiten Besuch im Sommer dieses Jahres ist kaum ein Stein auf dem anderen geblieben. Dieses beeindruckende Beispiel für das Entstehen eines völlig neuen Grätzels rund um die Sonnwendgasse begleitet die Leser daher als Brückenschlag zwischen Vergangenheit und Zukunft auch in dieser Ausgabe. Erneuerung muss aber nicht mit Baggern und Kränen geschehen, manchmal passiert sie auch in liebevoller Handarbeit. In der Servitengasse im Alsergrund beispielsweise, wo sich nach und nach immer mehr Restaurants und Geschäfte angesiedelt haben, die Tradition und Handwerk mit modernen Konzepten verknüpfen. Oder es geht zuerst langsam und dann ganz schnell. Da entdecken etwa ein, zwei Filmschaffende und Werber das Grätzel rund um die Rüdigergasse für sich – und plötzlich zieht es immer mehr Kreative nach Margareten­

mit seinen kleinen Gässchen und seiner filmge­rechten Atmosphäre.­­ Anziehungspunkt sind aber auch die ­Menschen, die gute Nachbarschaft, die sich über Jahre hin­weg entwickelt. Entlang der Hietzinger Auhof­straße

Erneuerung muss nicht mit Baggern und Kränen geschehen. ist zwischen Kinderspielplätzen, grünen Oasen und dem täglichen Treffpunkt bei der Bäckerei längst ein gewisses dörfliches Wir-Gefühl herangewachsen. Die Wiener Grätzel stehen selten still, darum lohnen sich Inne­halten und ein genauer Blick umso mehr.

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Hinter dem neuen Hauptbahnhof liegt eine der grĂśĂ&#x;ten und spannendsten Baustellen Wiens.


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Stadt im Umbruch Wo heute noch der Baustellenlärm regiert, entsteht mit dem Sonnwendviertel rund um den neuen Hauptbahnhof eines der ambitioniertesten Stadtentwicklungsprojekte Wiens. 13.000 Menschen sollen in Zukunft hier wohnen, 150.000 Passagiere täglich transportiert werden. In der Sonnwendgasse haben sich schon jetzt einige Restaurants und Hotels in Pole Position gebracht.

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in Presslufthammer rattert in der Ferne, ein gelber LKW schiebt zurück. Die Hälfte der schmalen Sonnwendgasse ist durch Baustellengitter abgesperrt, Staub liegt in der Luft. Kräne schwenken über den Köpfen der Fußgänger, neben den großen Betonrohbauten der zukünftigen Konzernzentralen lassen sich vor allem die ersten Wohnkomplexe schon in ­ihrer endgültigen Form erahnen:

Hinter dem neuen Hauptbahnhof liegt eine der größten und spannendsten Baustellen Wiens. Von Lärm und Staub merkt man im RINGSMUTH allerdings gar nichts. Kellner polieren Gläser, zupfen Tisch­ decken zurecht und tragen Teller in den gemütlichen Gastgarten – das Mittagsgeschäft läuft. Vor fünf Jahren hat René Ringsmuth an der Ecke Sonnwendgasse und Johannitergasse sein Restaurant eröffnet. Eigentlich wollte er den elterlichen Gasthausbetrieb übernehmen, doch dieser musste dem neuen Hauptbahnhof weichen. Hier aufgewachsen wollte der Küchenchef dennoch in seinem Grätzel bleiben und fand rasch

ein altes Weinhaus, das er nach seinen Vorstellungen renovierte und gestaltete. „Es steckt sehr viel Spaß, Fleiß und Liebe im Betrieb“, sagt Herr Ringsmuth. Fünf Jahre lang hat er im STEIRERECK gelernt, dann sammelte er Erfahrungen bei einer der größten C ­ atering-Firmen Österreichs. Das ­Catering ist auch heute das zweite­Standbein des Restaurantbesitzers. ­Seine Küche beschreibt Herr Ringsmuth als „Wiener Klassiker, neu interpretiert“ – besonderen Wert legt er auf ungewöhnliche Zutaten und e ­ inen innovativen Einschlag. Das bedeutet dann etwa Oktopussulz mit Paprika und mariniertem Chicorée oder gefüllte Landhuhnbrust mit Zitronennudeln und Chilifäden neben Klassikern wie Gulasch und Wiener Schnitzel. Und obwohl noch vor fünf Jahren viele Bekannte mit einem Kopfschütteln und „du bist ja wahnsinnig“ auf seine Restaurant­ pläne in der Sonnwendgasse reagierten, geht das Konzept auf. „Es war natürlich kein Zufall, dass wir hier eröffnet ­haben“, gesteht der Küchenchef. Denn während das RINGSMUTH momentan vor allem auf ein gewisses Stammpublikum zählen kann, hofft der Küchenchef zur Erweiterung der Laufkundschaft

vor allem auf den neuen Bahnhof, die Wohnungen­und Geschäftslokale, die hier in den nächsten Jahren entstehen werden. „Diese Hoffnung ist sehr groß. Momentan bewegt sich hier auch sehr viel und ich glaube fest daran, dass es funktioniert.“

„Wir sehen das Grätzel gar nicht so sehr als Anbau an etwas Bestehendes, sondern als komplett neuen Stadtteil.“ René Ringsmuth ist nicht der Einzige in der Sonnwendgasse, der an die bevorstehende Veränderung glaubt. Auch das Hotel ZEITGEIST und das dazugehörige Restaurant PERGOLA haben inmitten von Staub und Baustellenlärm ihre Türen bereits seit März geöffnet. „Die ­Location ist ein großer Pluspunkt“, sagt der Marketingchef Marco Riederer.

Er erwartet, dass auch die Konkurrenz nach und nach in die umliegenden Häuser einziehen wird. Mit dem frühen Öffnungstermin wollte er sich einen kleinen Wettbewerbsvorteil schaffen. Noch schreckt zwar die große Baustelle einige Gäste ab, sobald jedoch der Hauptbahnhof seinen vollen Betrieb aufgenommen hat, sollen alle 254 Zimmer gut gefüllt sein. „Da erwarten wir uns schon einen riesigen Push.“

Im Zeitgeist setzt man, ganz dem Namen entsprechend, auf modernes Design, ohne die Gäste dabei zu überladen. Deshalb wurde etwa bewusst roher Beton eingesetzt. „Jeder Gast soll seinen individuellen Freiraum haben“, erklärt Riederer. Im Erdgeschoss können die Gäste an einem Drink nippen, im zweiten Stock befindet sich das Restaurant. Auch die Anrainer will man mit diesem Konzept überzeugen. „Das Sonnwendviertel ist ein aufstrebender Stadtteil mit viel Potenzial“, schildert Riederer die Standortwahl. „Wir sehen das Grätzel gar nicht so sehr als Anbau an etwas Bestehendes, sondern als komplett neuen Stadtteil.“ Die Repräsentanten

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des „alten“ Favoriten finden sich auf der anderen Straßenseite: Das massig-­ monumentale Umspannwerk wurde 1929 bis 1931 erbaut und erinnert mit

Lokale: Alles an einem Fleck.“ Ein bisschen problematisch ist es nur mit dem Putzen: „Die Fenster sind so dreckig, da kommt man gar nicht nach.“

seinen Kuben und Zylindern ein w ­ enig an eine riesige Maschine. Daneben steht der Blickfang der alten Sonnwendgasse: die Hauptfeuerwache Favoriten. Der Backsteinbau mit seinen weißen Akzenten fällt zwischen den sonst durchwegs eher in grau gehaltenen Gebäuden ­sofort ins Auge. 1909 wurde er als erste Hauptfeuerwache der Berufsfeuerwehr Wien auf dem Gelände des ehemaligen Gaswerks errichtet. Während unseres Besuchs treffen wir im Hof auf Feuerwehrleute, die ihre Pause genießen. Dort befinden sich auch die Parkplätze der Löschfahrzeuge. Plötzlich durchbrechen Sirenen und eine Durchsage die Stille und das Geplauder: In der S-Bahnstation­ Rennweg sind mehrere Personen in einem Lift eingeschlossen. Binnen weniger Minuten ist ein Einsatzfahrzeug auf dem Weg. Vor der Hauptfeuerwache verfolgt eine Frau mit Hund die Szenerie bis das ­Sirenengeheul kaum mehr wahrnehmbar ist. „Ich bin sehr froh, hier zu wohnen“, sagt sie. Vor allem die gute Verkehrsanbindung ist für sie ein großer Pluspunkt. Den Lärm der Großbaustelle nimmt sie gelassen. „Da muss man durch. Wenn es fertig ist, wird es dafür toll. Geschäfte, Supermärkte und

Bewegt man sich vom neuen Hauptbahnhof die Sonnwendgasse entlang, bewegt man sich auch zwischen zwei Welten. Die eine Seite ist dominiert von Betonrohbauten, die allmählich zu fertigen Wohnkomplexen werden. Glas und Stahl dominieren die modernen Fassaden, fast jede Wohnung hat einen kleinen Balkon. Auf der anderen Straßen­ seite reihen sich Gemeindebauten aus den Jahren nach dem Zweiten Weltkrieg aneinander. Viele Wohnhäuser wurden in den Kriegsjahren zerstört und in den 60er- und 70er-Jahren wieder aufgebaut. Darunter etwa der ErnstKirchweger-Hof, der an den einstigen kommunistischen Widerstandskämpfer erinnert, der 1965 von einem Rechtsextremisten niedergeschlagen und tödlich verletzt wurde. An Ernst Kirchweger erinnert auch das nur wenige Meter entfernte Ernst-Kirchweger-Haus Ecke Gudrunstraße und Wielandgasse, das seit mehr als zwanzig Jahren ein Zentrum der autonomen Szene von Wien ist. Es bietet vielen verschiedenen Gruppierungen und Sozialprojekten Quartier, darunter eine ­ Siebdruckwerkstatt,

„Autonomes“ Fahrrad

ein ­Computer-Lab und die Deserteursund Flüchtlingsberatung. Schon weit vor dem neuen Schwung, den das Riesenprojekt Hauptbahnhof in die Sonnwendgasse brachte, war die ­ Pizzeria CASA FRASCATI da. Zehn Jahre gibt es sie hier schon, das Geschäft läuft gut. „Alle Leute hier sind freundlich und sehr nett“, sagt Zusteller Ali Demircan, der mit dem Pizzabäcker vor dem Lokal an der Hausmauer lehnt und sich eine Zigarette anzündet.

Das ErnstKirchweger-Haus bietet ­vielen verschiedenen Gruppierungen­ und Sozialpro­jekten ­Quartier. Er und sein Kollege beobachten das Wachsen der neuen Wohnsiedlung auf der gegenüberliegenden Straßenseite jeden Tag. „Da kommen wirklich viele neue Wohnungen“, bestätigt der Zu­ steller. „Und wahrscheinlich auch viele­

Sonniger Einblick Restaurant P E R G O L A

neue Lokale.“ Vor Konkurrenz fürchten sich die beiden dennoch nicht. „So ist das Leben“, schmunzelt Ali Demircan, zuckt mit den Schultern und eilt auf die Straße um einem verirrten japanischen Touristenpärchen in einem Auto die richtige Richtung zu weisen. „Diese Baustelle ist schon eine wilde Geschichte“, konstatiert dagegen ein Anrainer, der gerade mit Hund Jessie in der kleinen begrünten Zone am Ende der Sonnwendgasse unterwegs ist. Vor allem Staub und Dreck stören den gelernten Tapezierer, „auch wenn ich mir schon vorstellen kann, dass das alles mal sehr schön wird.“ Derzeit sticht hier allerdings tatsächlich ein riesiger Erdhügel am meisten ins Auge, später soll hier eine Parkanlage entstehen. „Das würde mich freuen und den Hund auch“, erklärt der Favoritner.

Bis wirklich alles fertig ist, heißt es jedoch noch ein bisschen Geduld haben. Das eine oder andere Zuckerl versüßt die Wartezeit allerdings schon jetzt: „Mehr Aufschwung, mehr Leute und eine bessere Infrastruktur, das glaube ich auf jeden Fall. Es wird ja auch einen­ Park und eine Schule geben“, sagt ein junger Mann mit einer Sporttasche in der Hand. Seit zwei Jahren wohnt er im Grätzel Sonnwendgasse. „Für mich ist das Wichtigste aber schon da, endlich gibt es hier ein Fitnesscenter zum ­Trainieren“, freut er sich.


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Geplantes Wohnen STADTENTWICKLUNGSPROJEKT SONNWENDVIERTEL

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och vor wenigen Jahren war es das Frachtbahnhofgelände des Wiener Südbahnhofs, jetzt ist es eines der ­größ­­ten Stadtentwicklungsprojekte Wiens. In ­­den kommenden Jahren sollen auf dem ­34 Hektar großen Areal nicht nur ein Schulcampus und eine Parkanlage, sondern auch 5.000 neue Wohnungen für etwa 13.000 Menschen entstehen. 550.000 Quadratmeter sind für das Geschäfts- und Bürogebiet vorgesehen. Seinen Namen hat das neue Sonnwendviertel von der angrenzenden Sonnwendgasse, die im 19. Jahrhundert nach den hier gefeierten Sommersonnenwenden benannt wurde. Bei der Planung haben sich die Stadt­ architekten an der Gründerzeitarchitektur Wiens orientiert, das Wohngebiet ist daher eher kleinparzellig aufgeteilt. ­­­Die

Wohnhäuser sollen rund um den noch nicht angelegten Helmut-Zilk-Park in die Höhe wachsen, schon jetzt kann man anhand der beinahe fertigen Wohnungen die moderne Stahl-Glas-Optik erkennen. Östlich des geplanten, acht Hektar großen Parks ist dagegen noch Baustellen­ gebiet, Erdhaufen und Bagger zeugen ­­­von der Bauaktivität. Bis 2016 will man hier weitere Wohnungen errichten. Geplant ist für den neuen Stadtteil auch die nötige Infrastruktur: ­ Neben Geschäften sollen u. a. Kindergärten, ­ Ärzte und Apotheken in den Erd­ ge­ schoßzonen für das nötige Grätzel­­­­­flair sorgen. Ein Wege- und Radnetz führt Fußgänger und Radfahrer durch d ­as Viertel, aber auch Autofahrer werden mit oberirdischen Quartiersgaragen­

versorgt.­ ­­An öffentlicher Anbindung mangelt es dank neuem Hauptbahnhof nicht: U1 und Schnellbahn sind in ­wenigen Minuten zu Fuß erreichbar. Das Sonnwendviertel ist zudem Experimentierfläche für stadt- und raumplanerische Gestaltungsmittel: So sind auch Gemeinschaftsräume und -flächen, Mieterbeete und Nachbarschaftsgärten geplant. Einzelne Wohnblöcke warten mit Extras wie Wellnessund Schwimmbereichen, Heimkinos oder Fahrradwerkstätten auf. Die ersten Wohnungen sollen schon Ende 2013 bzw. Anfang 2014 bezogen werden. Momentan rechnet die Stadt mit einer Fertigstellung des gesamten Sonnwendviertels im Jahr 2019 – dann kann Wien sein neues Grätzel begrüßen.

Zug um Zug DER NEUE HAUPTBAHNHOF

Blick in die Zukunft

„M

omentan sind wir hier nur provisorisch“, sagt Aline Trinkl und reicht einem ihrer Kunden ein Päckchen Zigaretten und einen Fahrschein. Die Trafik ist eines der wenigen Geschäfte, das schon im Übergangsbau des neuen Hauptbahnhofs Platz gefunden hat. „Das ist alles noch im Werden“, erklärt sie. „Jeden Tag tut sich etwas Neues.“ Aber trotz des noch eingeschränkten Betriebs und des Provisoriums, wuselt es im Bahnhofsgebäude zwischen Südtiroler Platz und Sonnwendgasse. Menschen mit Rucksäcken und Koffern bahnen sich ihren Weg, Radfahrer ketten ihre Räder an einen der Ständer vor dem Bahnhofgelände.­

Seit Dezember des vergangenen Jahres halten hier erstmals Züge, der Vollbetrieb mit allen zwölf Gleisen soll 2015 aufgenommen werden. Mit 150.000 Passagieren pro Tag rechnen die Österreichischen Bundesbahnen – das wäre ein rund dreimal so hohes Verkehrsaufkommen wie es der Flughafen Schwechat­ hat. Das liegt vor allem daran, dass der Hauptbahnhof nicht als Kopf-, sondern als Durchgangsbahnhof geplant ist, der drei trans­ europäische Bahnkorridore miteinan­der verbindet. Um den derzeit vorhandenen Höhenunterschied zwischen Ost- und Südstrecke auszugleichen, wird es etwa eine Million K ­ ubikmeter

­rdmaterial brauchen. Gut, dass für E Bahnhofshalle, Verbindung zwischen Straßenverkehr und Zügen und anderen Bauvorhaben zum Teil tief in die Erde ge­­graben wird. Auch wenn noch an allen Ecken gehämmert und betoniert wird, die „Landmark“ des neuen Bahnhofs – das beeindruckende Rautendach – ist bereits fertig und von weitem sichtbar. Es ist sowohl mit einer Fotovoltaik-Anlage zur Stromerzeugung als auch einem Hitzeschild für den Brandfall ausgestattet. 5.700 Tonnen Stahl wurden hier verarbeitet, etwa zwei Drittel des Pariser Eifelturms. 15.000 Schrauben pro Raute zählt die ÖBB. In den nächsten zwei Jahren soll der Bahnhof endgültig zur BAHNHOF CITY heranwachsen – dafür sorgen nicht nur die vielen neuen Wohnungen, sondern auch ein Einkaufszentrum mit rund hundert Geschäften. Auch einige Konzerne haben den neuen Hauptbahnhof als verkehrsgünstigen Sitz ihrer Zentralen erkoren. Schon jetzt hat das Österreich­ ische Finanzamt seine in rot-schwarz

gehaltene ­Bundesfinanzakademie in der Sonnwendgasse, daneben werden auch die ÖBB selbst sowie die Erste Bank einziehen. Am höchsten wird die ÖBB-Zentrale über die Dächer hinausragen. 23 Geschoße und damit 88 Meter soll der Konzernturm hoch werden, noch steht aber nur der Betonrohbau. Die ersten der insgesamt 1.700 Mitarbeiter sollen schon nächsten Sommer einziehen, von der ÖBB nicht benötigter Raum geht an eine Polizeistation, ein Diagnosezentrum und an diverse soziale Dienste. Es soll schließlich für alles gesorgt sein, was es im neuen Grätzel braucht. Das zweite Mammutprojekt ist der Campus der Erste Bank. Mit 2016 wird der große Bau beinahe sämtliche bisherigen Verwaltungsstandorte der Bank ersetzen. Verkehrsgünstige Lage und einheitliche Arbeitsbedingungen für alle waren die ausschlaggebenden Argumente. Inklusive Büro- und Wohngebiet beträgt das Areal der neu errichteten BAHNHOF CITY 109 Hektar – in etwa die Größe von Wien Josefstadt und damit tatsächlich ein eigener kleiner Bezirk.

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Ein Grätzel erwacht


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Ein Herz für Margareten

Auf den ersten Blick ist das Grätzel zwischen Rüdigergasse und Wehrgasse klassisches Wiener Wohngebiet. Doch an allen Ecken und Enden regt es sich: Vor allem die Kreativen haben das Margaretener Viertel und seine Schönheiten für sich entdeckt.

E

s tut sich was in Wien Margareten. Jahrelang befand sich die Gegend zwischen Kettenbrückengasse und Pilgramgasse im Dornröschenschlaf, seit einigen Jahren regt es sich an allen Ecken und Enden. Spaziert man die Rechte Wienzeile entlang, merkt man es schon: Während sich auf der Pilgramgasse vor allem die Gastronomie entwickelt, ist das Grätzel zwischen Rüdigergasse und Wehrgasse eher für Überraschungen gut. Nähert man sich dem imposanten JugendstilBau des RÜDIGERHOFS , winkt einem von der anderen Straßenseite ein Taucher zu. Hier betreibt Denis o Flynn seinen Tauchladen REGDOC . „Die Gegend ist perfekt“, sagt er. „Ich mache nie Werbung, weil ohnehin jeder bei mir vorbeifährt oder -geht.“ Der Rest ist Mundpropaganda. Mit dem Atlan-

Es tut sich was in Margareten. tik vor der Haustüre in Irland geboren, taucht Denis o Flynn, seit seinem 17. Lebenjahr. Seine Leidenschaft führte den gelernten Schiffsmechaniker nach Israel und Ägypten, die Liebe schließlich nach Wien. Denn in Ägypten lernte er eine Wienerin kennen und folgte ihr bis nach Margareten, wo er ­heute nicht nur sein Geschäft betreibt, ­sondern auch wohnt. Früher reparierte

­­ Flynn­nur Ausrüstungen, seit zwei o Jahren hat er auch einen kleinen Verkaufsraum, in dem sich Anzüge, Sauerstoffflaschen und Tauch-Memorabilia stapeln. Besonders stolz ist der Ire auf einen Tauchhelm aus dem Jahr 1945. „Das Geschäft ist klein, aber perfekt, und ich kenne jeden in der Gegend“, sagt er. „Ich bin sehr glücklich hier.“ Gleich gegenüber in der Hamburger Straße versteckt sich seit fast 25 Jahren das Lokal CELESTE hinter einer mehr als unauffälligen Alutüre.

Beschilderung gibt es keine, dafür jede Menge Jazz, Improvisation oder Freestyle: Hier spielt beinahe jeden Abend ein anderer Geheimtipp. Auch für private Veranstaltungen kann man sowohl den Kellerraum als auch den größeren Raum mit kleiner Bühne mieten. Der in Richtung Wienfluss angelegte Garten ist vor allem im Sommer ein perfekter Abendausklang. Fernab der dicht befahrenen Hamburger Straße wird die Rüdigergasse­zur klassischen Wohnstraße:­Wenig Verkehr, kaum Geschäfte. An mehreren Ecken wird derzeit saniert. Einen Flecken grün gibt es aber auch: Schul­kinder turnen an dem Klettergerüst des WILLY FRANK PARKS , eine Mutter mit Kinderwagen sitzt auf einer der Bänke. Lebhafter wird es an der Ecke zur Schönbrunner Straße. Hier liegt seit mehr als zwei Jahrzehnten­ein Kultlokal der Wiener­

Szene: Das MOTTO von Bernhard Schlacher ist inzwischen nicht nur für sein schrilles Ambiente zwischen Bar und Restaurant, sondern auch für seine Expansionspolitik bekannt. Neben dem Ableger am Donaukanal betreibt das Motto auch DIE HALLE im Museumsquartier sowie das KUNSTHALLENCAFÉ am Karlsplatz. Aber nicht nur Bernhard Schlacher hat dieses Grätzel für seine Spitzen­ gastronomie entdeckt: Nur eine Straße weiter hat Simon Xie Hong in seinem Restaurant ON die chinesische Küche neu interpretiert. „No Glückskeks“ ist dabei nur ein Teil seines Erfolgsrezepts, das sich inzwischen ebenfalls in zwei Dependancen fortgesetzt hat. Schon die Blumendekoration in der Wehrgasse ist unkonventionell: Die Pflanzen dürfen hier zum Teil in alten Dosen chinesischer Lebensmittel ihre Wurzeln schlagen.

Ungewöhnlich ist auch das Konzept von Philipp Cibulkas WerkStadt, wo Möbel nach Maß in Handarbeit produziert werden. Vom Schrank bis zum Sessel, hier wird alles nach den Bedürfnissen des Benutzers ausgerichtet. Das Design ergibt sich aus dem Nutzen, ohne dass dabei die ästhetische Komponente in den Hintergrund tritt. Ein Tisch muss einfach aussehen, als hätte er immer schon an diesem Platz gestanden, ist Cibulka­überzeugt. E ­in

Stückchen weiter ist es vorbei mit Ruhe und Gelassenheit. Auf dem Margaretenplatz pulsiert das Leben, viele Restaurants haben hier ihre Schanigärten aufgestellt, an einem Obststand feilscht ein Vater mit seinem kleinen Sohn und dem Obsthändler um den Marillenkauf. Der Autoverkehr rauscht, ein Bus fährt vorbei. Einmal abgebogen in die Schloßgasse, ist davon nichts mehr zu hören. In dem klei-

Auf dem Margaretenplatz pulsiert das Leben. nen Gässchen, das vor allem von den diversen Restaurants des SCHLOSSQUADRATS dominiert wird, hat es sich die ­Kreativund Werberszene des Grätzels gemütlich gemacht. Einen ruhigen begrünten Innenhof samt Sitzgelegenheit teilen sich etwa die Designagentur QARANTE, die Non-Profit Entwickler proNPO­ so­ wie gleich zwei Proponenten des­ wachsenden Filmgrätzels: WEST4MEDIA produziert aufwändige Fernsehformate, gleich nebenan kümmert sich Stephan Silwester von SLYTV um die Postproduktion. Es tut sich also was in Margareten – denn gleich mehrere Prinzen arbeiten daran, dass dieses Dornröschen endlich ganz erwacht.

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Überraschende Ecken M A RG A R E T E N E R A RC H I T E K T U R J U W E L E N

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r ist bereits von weitem kaum zu übersehen: Die goldenen Balkongitter des RÜDIGERHOFS blitzen in der Sonne, die blauen Schnörkel der Fassade und des Daches ziehen den Blick auf sich. Nicht nur am Naschmarkt, auch am Ende der Rüdigergasse hat der Jugendstil seine Spuren hinterlassen. Vor allem die Fassade des schmalen Wohnhauses mit ihren unterschiedlichen Putzstrukturen und Dekoren – etwa in Wellenform – ist Blickfang. 1902 wurde das Jugendstil-Gebäude errichtet, es steht unter Denkmalschutz. Passende goldene Buchstaben laden ins CAFE RÜDIGERHOF ein, das beinahe so alt ist wie das Gebäude selbst: 1903 eröffnet, zählt das urige Wiener Café bereits über 100 Jahre. Hier wird Zeitung gelesen, getratscht und Backgammon gespielt, aber vor allem auch Kaffee

getrunken und ab den Abendstunden das eine oder andere Achterl genossen. Hauptsächlich zieht es Stammkunden hierher, Künstler und Denker treffen sich gerne im Café mit Blick auf den Wienfluss. Die Einrichtung stammt aus den 1950er- und 60er-Jahren – viel

Denkmalschutz vom Feinsten

Das JugendstilGebäude wurde 1902 errichtet. wurde seither nicht verändert. Manche kommen aber vor allem wegen des Gastgartens, der „selbst im heißesten Sommer erträglich ist“, wie einer der Stammkunden erzählt. Auf drei treppenförmig angelegten Ebenen sind Tische platziert, alte Ahornbäume spenden Schatten. Lichterketten mit bunten

Glühbirnen sind durch den Garten gespannt. Die Schanigarten-Sperrstunde gilt hier nicht - manchmal hat es eben Vorteile, keine direkten Nachbarn zu haben. „Leider ist es schon lange kein Geheimtipp mehr“, seufzt ein Gast hinter seinem Bier. „Wir sind entdeckt worden“, sagt auch Elke Ingram. Sie steht in der Zeinl­ hofergasse – der kleinen Parallelsackgasse zwischen Rüdiger- und Wehrgasse. Mit „wir“ meint die ältere Dame vor allem die Gasse selbst. Denn biegt man in die Zeinlhofergasse ein, wähnt man sich in einer anderen Welt. Ein komplettes Gründerzeitensemble von zehn Zinshäusern ist hier erhalten: Weiße Stuckfassaden und Giebeldächer werden von malerischen schmiedeeisernen

„Wir sind entdeckt worden.“ Zäunen umgeben, schwere Holztüren und alte Briefkästen runden das Gesamtbild ab. In den Vorgärten blühen die Rosenbüsche, auf den verschnörkelten Eckbalkons stehen kleine Tischchen, aus einem der Fenster hört man Klavierspiel. Ein Mann schraubt an seiner alten Vespa,­sonst sind hier vor allem Fahrräder an die schwarzen Zäune gekettet. Der Schatten kommt von den

Kastanienbäumen, ganz am Ende der Gasse gibt es sogar noch einen Maulbeerbaum. „Margareten war früher Maulbeerland“, erzählt Frau Ingram. Denn man habe hier kostbare Seidenraupen gezüchtet. Elke Ingram lebt in einer Gasse voller Geschichte: In einem der Häuser habe im Keller sogar eine jüdische Familie den Zweiten Weltkrieg überlebt, berichtet sie. 1976 zog Frau Ingram hier ein, in eine „Lehrergasse“, wie sie selbst sagt. „Es war eine sehr angenehm verschlafene Gegend. Heute sind wir sehr bekannt und beliebt. Eigentlich ein Wunder, dass es so lange gedauert hat.“ Das ganze Ensemble steht unter Denkmalschutz, nur der kleine Bogen über dem Fußgängerdurchgang zur Schönbrunner Straße musste weichen. Man könnte fast meinen, die Makler haben recht, wenn sie hier mit der schönsten Wohnstraße Wiens werben. „Es ist angenehm, hier zu wohnen“, sagt Frau Ingram und winkt einer jungen Frau über die Straße hinweg zu. Nur die Kleinbetriebe gehen ihr ein wenig ab, nach und nach habe in den letzten Jahren die Pferdefleischerei, der Greißler und das Bürsten-, Kamm- und Schwammgeschäft zugesperrt. „So beliebt zu sein, ist eben auch ein bisschen schwierig“, seufzt sie. Dennoch: Die Wohnung in der Zeinlhofergasse aufzugeben, kommt auf keinen Fall in Frage.


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Film ab! D I E K R E AT I V S Z E N E B L Ü H T

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ie Stative stapeln sich im Vorraum, die Kameras sind hinten untergebracht, dazwischen rollenweise Kabel und übereinander getürmte Scheinwerfer: DIGIRENTAL verleiht alles, was man für einen Filmdreh eben so braucht. Vom Equipment-Koffer bis zum Richtmikrofon kann man hier alles bekommen. Vor allem Studenten und Werbeproduktionen nutzen das

Service in der Rüdigergasse, wie der Verleiher erzählt. Der Verleih ist aber nur die Vorhut – denn es scheint, als hätte ein Teil der österreichischen Filmszene in Wien Margareten ein neues Zuhause gefunden. Nur ein paar Schritte weiter hat sich die Filmproduktionsfirma MEDIENGESELLSCHAFT eingemietet, überquert man die Schönbrunner Straße stößt man auf das FILMQUARTIER . Hier

Tirol im Kleinformat UM DIE FAVORITENSTRASSE

wird nicht nur produziert und ausgestattet, sondern auch selbst gedreht. 33 verschiedene Filmlocations auf über 3.000 Quadratmetern Fläche stehen zur

auch um eines der schönsten und ältesten Kinos Wiens – perfekt für die eine oder andere Premiere. Auch Regisseurin Nina Kusturica hat es zusammen mit

Auswahl, auch der grüne Innenhof des Backsteingebäudes diente schon häufig als Kulisse für Werbespots oder Serien. Im hauseigenen Fundus kann man in über 30.000 Requisiten stöbern, erzählt Peter Siegl, der das Filmquartier betreut. Und nicht nur im Fundus: Neben jeder Menge Straßenschildern finden sich im Innenhof etwa ein ausrangierter Mini­ van, eine blaue britische Telefonzelle und zwei Zwergziegen – die sind allerdings echt. „Ich musste mich sogar als Landwirt registrieren lassen“, schmunzelt Siegl. Sollten die Requisiten nicht ausreichen, kann auch Jürgen Luttenberger vom ebenfalls im Hof angesiedelten Eventausstatter FAIRLEIH aushelfen – etwa mit jeder Menge Gartenmöbel oder einem lebensgroßen Karussellpferd. Dreißig Jahre lang wird im Filmquartier bereits gedreht, vor allem in den letzten Jahren sind viele Kreative und­­ Werber in die Gegend nachgezogen, erzählt Siegl. „Es hat sich wirklich entwickelt.“ Das Grätzel ist begehrt: Hat Siegl eines seiner Büros zu vermieten, reicht meist ein Zettel auf den Grünpflanzen vor dem Hoftor. „Länger als ein paar Wochen hat es noch nie gedauert.“ Mit dem FILMCASINO in der Margaretenstraße scharen sich die Filmschaffenden

ihrer Kollegin Eva Testor nach Margareten verschlagen: In der kleinen Hofgasse, gleich zwischen Margaretenstraße und Schloßgasse, haben sie ihre Produktionsfirma MOBILEFILM gegründet. Aus einem Lager – „ohne Boden, ohne Heizung“ – wurde das kreative Domizil­ geschaffen, erzählt Nina Kusturica. ­ ­„Dabei war uns vor allem die Freiheit wichtig, alles selbst einrichten zu können.“ Die Lage sei genau richtig: In einer ruhigen kleinen Gasse, aber doch mit einer perfekten Anbindung und mitten in der Stadt und ihrem City-Life. „Es hat fast etwas Ländliches hier, es ist so ruhig“,­ meint die Regisseurin. Alles ist sehr vertraut, man kennt sich untereinander. Unlängst sei ihr Rad gestohlen worden, berichtet die Regisseurin. „Da war ich zuerst ganz verwundert, wie so etwas hier möglich ist.“ Viele Gebäude in der Hofgasse stehen unter Denkmalschutz, das bedeutet auch, dass nicht mehr höher gebaut werden darf. „Und das ist toll für das Licht.“ Daneben schätzt Nina Kusturica die offene, kreative Atmo­sphäre des Grätzels: „Alles ist sehr frei und ohne Zwang, hier kann jeder sein wie er ist.“ Dass sich immer mehr Kreative von dieser Stimmung an­ ge­ zogen fühlen, wundert sie nicht. „Es ist einfach ein filmischer Bezirk.“

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irol liegt in Margareten. Zumindest wenn es nach Wolfgang­Pröhl geht. Die Idee zum M ­INIATUR TIROLERLAND kam ihm in ­einem Schlauchboot nahe der Pazifik­­ küste auf dem Weg nach San Francisco,­nur wenige­Schritte von der Rüdigergasse­entfernt hat er jetzt den passenden Ort gefunden. Seit eineinhalb Jahren wächst hier in der Franzensgasse hinter verschlossenen Türen auf 300 Quadratmetern eine Tiroler Fantasielandschaft heran. Neben verschneiten Bergen, Wäldern und grünen Wiesen wird auch eine kleine Stadt entstehen. 26 Kilometer Kabel sind schon verlegt, 60 Züge und etwa 100 Autos werden die Gleise und Straßen in Zukunft bevölkern. Für sein Projekt hat Herr Pröhl ein fixes Team von zehn bis zwölf Hobbybastlern um sich ge­schart, immer wieder helfen auch andere Begeisterte ein bisschen mit. „Das basiert alles auf Freiwilligkeit, wir sind immer auf der Suche nach Interessierten“, erklärt der Ideengeber. Jede Woche wird gebastelt und geschraubt, werden Bäume oder Gänse­ blümchen lackiert und die Elektronik der Autos eingerichtet. Denn hinter der Tiroler Landschaft steht auch ein EDV-System, das das Leben in Stadt und

Land überwacht. Die Autos bekommen etwa Auffahrsensoren, die rechtzeitig bremsen, wenn sie sich einem anderen Fahrzeug nähern, im Tunnel gehen ihre Lichter an. „Unfälle gibt es nur gewollte“,­erzählt Wolfgang Pröhl. Und das etwa alle zwanzig Minuten, wenn mitten in den Bergen ein Gewitter wütet, ein Baum auf die Straße kippt und die Feuerwehr ausrücken muss. Oder wenn sich ein P ­araglider mit seinem Schirm in einer Baumkrone verheddert. Die Modellbau-Anlage – von Bergwerk bis Dorfzentrum – füllt drei große Räume. In Handarbeit wird an jedem Detail gearbeitet, Paletten fertig lackierter Bäume warten auf ihren Einsatz, in kleinen Schubladen werden Pferde, Boote oder Grabsteine zwischengelagert. Vor allem die Hauptstadt hat schon Form angenommen, zu sehen gibt es viel: Auf jedem Platz tummeln sich Menschen, im Kino läuft tatsächlich ein Film und am Eislaufplatz drehen Wintersportler,­ Kinder und Verliebte ihre Runden. In einem Jahr will Herr Pröhl endlich eröffnen und sowohl Modellbau-Fans als auch Touristen in der Franzensgasse begrüßen. Noch gibt es aber einiges zu tun: „Mir hat Modellbau schon als Kind gut gefallen, aber mir war immer klar: Entweder groß oder gar nicht.“

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SERVITENGASSE / SERVITENVIERTEL

Zwischen Kulinarik und Handwerk Unter den Wipfeln der Linden und den barocken Türmen der Servitenkirche hat sich in den letzten Jahren ein reiches Angebot an individuellen Geschäften und kulinarischen Genüssen aufgetan. Egal ob Schokolade oder Häkelnadel: Hier zählt Handwerk noch.

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lötzlich ist es still. Betritt man die schmale Servitengasse über den Jörg-Mauthe-Platz, wo der D-Wagen klingelt und die Autos ununterbrochen vorbeiströmen, ist es die Ruhe an diesem Ort, die als erstes überrascht. Bäume säumen die Gasse, es duftet­nach Lindenblüten.

Auf Parkbänken haben es sich Mütter mit Kinderwägen gemütlich gemacht und tratschen, aber auch Studenten und Geschäftsleute nutzen ihre Mittagsoder Kaffeepausen, um unter einem der großen Schatten­ spender einmal durchzuatmen. Zwei ältere Männer diskutieren das ­politische Geschehen. Die Atmosphäre ist beinahe dörflich – Nachbarn grüßen sich über die Straße hinweg, vor einem Geschäft sitzt eine junge Frau

Greifen Sie zu!

auf einem Hocker mitten am Gehsteig und telefoniert. Auch die Restaurantund Café­besitzer haben den Wert ihrer Wohnstraße bereits erkannt: Beinahe vor jedem Lokal finden sich zumindest ein, zwei Tische, die meisten betreiben einen kleinen Schanigarten. Eng aneinander gereiht stehen gleich am torähnlichen Beginn der Servitengasse die Tische des Lokals DIE SERVIETTE , des edlen PORZELLAN und des Ristorante SCALA , wo man der einhelligen Meinung der P ­ assanten zufolge die beste Pizza des Bezirks, wenn nicht Wiens bekommt. Ihren Namen trägt die Servitengasse nach dem italienischen Servitenorden, dessen Mitglieder sich im 17. Jahrhundert auch in Österreich niederließen. Zunächst bezogen die Brüder des Bettelordens nur ein Haus mit dem dazugehörigen Stadl, nach der kaiserlichen Erlaubnis kauften sie ein Haus


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einen vorbeikommenden Hund und plaudert kurz mit dessen Besitzerin. Denn hier leben die meisten Geschäfte und Lokale von der Stammkundschaft, das merken auch jene schnell, die ihre Zelte erst vor kurzem­aufgeschlagen ­haben. Das CAFFE A CASA zum Beispiel, das seit 2010 die Bewohner mit frisch gebrühten Kaffeespezialitäten versorgt. Hier gibt es Arabica-Bohnen aus aller­ Welt von Brasilien über Costa Rica bis nach Indonesien sowohl zu kaufen als auch jeweils eine ausgewählte Mischung frisch gemahlen und zubereitet. Denn sogar die Mühle wird hier auf die Kaffee­sorte abgestimmt. Als nahezu einzige Dekoration dient in dem modern eingerichteten Lokal eine große Röstmaschine. „Der Kaffee steht bei uns im Vordergrund, sonst gibt es hier eigentlich nichts. Für hartnäckige Verweigerer ab und zu einen Tee“, schmunzelt der Barista. Ab acht Uhr morgens läuft die Kaffeeversorgung und die Stammkundschaft dankt es: Zum Beispiel mit einem spontan vorbeigebrachten Eis für den Kaffeeverantwortlichen.

Kontemplation und Ruhe

dazu und begannen mit der ­Errichtung des Servitenklosters. Ein bisschen klösterliche Ruhe und meditative Stimmung ist auch heute noch geblieben: Nur selten wird die fast ländlich wirkende Idylle durch ein zufahrendes Auto gestört, spielende Kinder und Mütter mit Kinderwägen sind daher keine­Seltenheit. Der ideale Ort für MÄDCHEN UND BUBEN. Hier wird Kinderspielzeug fernab von Barbie und Co. verkauft. „Wir haben klein angefangen und nach und nach ausgebaut“, erzählt Melinda-Christine Schuller. Inzwischen kommen treue Stammkunden aus ganz Wien und teils sogar aus Niederösterreich, um die Schätze des inzwischen gar nicht mehr so kleinen Ladens zu bestaunen. Holzspielzeug gibt es hier in allen Varianten, Plüschgiraffen, bunte­ Stoffwürfel, Mobiles, Kräne und auch

Alle kennen sich, „eben ein richtiges Grätzel“. die kleine Maulwurf-Handpuppe, Frau Schullers Liebling. Eben alles, was das Kinderherz begehrt. „Wir haben nicht die klassische Produktpalette, sondern viele Sachen, die man woanders nicht

bekommt“, erklärt die Geschäftsfrau das Konzept. Die Servitengasse beschreibt sie als „ein kleines Dorf“. Alle kennen sich, „eben ein richtiges Grätzel.“ Hier macht schlendern Spaß, die Fassaden der um die Jahrhundertwende erbauten Häuser laden ein, den Blick auch mal nach oben zu wenden.

Aber auch die Schaufenster der zahlreichen Gassenlokale sollte man nicht aus den Augen lassen. Denn in den letzten Jahren hat sich die Servitengasse zu einem Geheimtipp für Kulinarik und Handwerk entwickelt, gerne auch in Kombination. Hinter jedem Geschäft und jedem Restaurant hier stecken Begeisterung und Herzblut. So etwa im Blumengeschäft EBOSCO – BLUMEN WECKEN SINNE , das an schönen Tagen auch den Gehsteig zum Schaufenster umfunktioniert. Eine Schwarze Susanne blüht neben aufwändigen Gestecken, große Tonvasen stehen neben großen roten Blüten. Ein einfacher Blumenladen möchte man nicht sein, Pflanzen begreift man nicht als Ware, sondern als Teil der Natur. Prompt huscht eine der Verkäuferinnen aus dem Geschäft, zupft ein Blättchen zurecht, grüßt kurz über die Straße,­­ tätschelt

Damit die Kunden den Kaffee auch in der Sonne genießen können, gibt es auch den einen ­­oder anderen Sessel vor der Türe des Lokals. Denn hier wird Straße als öffentlicher Raum verstanden und auch ausgiebig genutzt.

Auch ein paar Häuser weiter hat man sich ganz der individuellen Kulinarik verschrieben: Im CURRY ME HOME kann man in der ungeahnten Gewürzvielfalt der Welt schwelgen. Vermutlich einer der wenigen Orte in Wien, an dem man Tasmanischen Bergpfeffer, Muskatblüten oder Bengalischen Langschwanzpfeffer kaufen kann. Ergänzt wird das Sortiment von ausgesuchten Ölen und Essigen. Wer jetzt schon Hunger­ hat, ist in dem jungen Mittagslokal SUPPENWIRTSCHAFT gut aufgehoben.

Die Philosophie von Frische, Saisonalität und Regionalität in Kombination mit Geschwindigkeit zieht vor allem junges, studentisches Publikum an. Hinter einer unauffälligen Glastüre mit Glocke hat die Schmuckdesignerin CARLA SCHNEIDER ihr Geschäft eingerichtet. Normalerweise sitzt sie im Hinterraum, wo sich gleichzeitig ihr Atelier befindet, und arbeitet an ihren neuesten Werken. Seit elf Jahren betreut sie hier ihre Stammkunden. Auf der anderen Straßenseite wird ebenfalls der Lust am Handwerk gefrönt. Hier geht man allerdings nicht mit Draht und edlen Steinen, sondern mit Nadel und Faden ans Werk. Im VERSTRICKT & ZUGENÄHT hat man den aktuellen Trend zu Handarbeit erkannt und bietet ein breites Sortiment an Wolle, Knöpfen, Bändern, Garn und Reißverschlüssen an. Von stricken zuhause und hinter verschlossenen Türen

Der Charme der Servitengasse

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will man hier jedoch nichts wissen. Es soll gemeinsam gestickt, gehäkelt und gestrickt, aber auch Kaffee getrunken, gefachsimpelt und getratscht werden. Vorbildung braucht es keine, vom blutigen Handarbeitsanfänger bis hin zum professionellen Schaldesigner ist jeder willkommen. „Es ist einfach eine sehr angenehme Gegend“, sagt Schmuck­ designerin Carla Schneider. „Man kennt sich zumindest vom Sehen, nach einigen Jahren grüßt man sich dann auch regelmäßig“, erzählt sie. Treffen könnte man sich etwa in der KONDITOREI von Ingrid Bürger. Die Konditorei mit ihrem kleinen Caféhausbereich und dem Schanigarten zählt längst zu den Institutionen der Servitengasse. Hier wird Kaffee getrunken und Kuchen gegessen, ein Zeitungsleser wartet lieber hier auf seinen Zug, als am Franz-Josephs-Bahnhof. Antje Zauner hat sich an diesem heißen Tag ein Eis gegönnt. Sie lebt seit 15 Jahren in dem Grätzel. „Ich bin wahnsinnig gerne hier“, erzählt sie zwischen Löffeln und Zeitungblättern. Sie schätzt vor allem die Ruhe, die gute Ausstrahlung und den Lindenbaumduft der Straße. „Und das, obwohl man in fünf Minuten in der Stadt ist.“ Entwickelt habe sich die Servitengasse in den letzten Jahren nur zum Besseren: „Es ist noch schöner hier geworden. Ich bin dankbar, dass ich hier wohnen darf.“ Gleich gegenüber wartet eine weitere Institution auf

Die Wiederentdeckung der Kindheit

„Hier gibt es kein Gegeneinander, sondern nur ein Miteinander“ hungrige Spaziergänger: Der legendärlauschige Gastgarten mit Blick auf die Servitenkirche. Früher gehörte er zum Servitenstüberl, wo Erhard Eisenbock über 25 Jahre lang Wiener Spezialitäten servierte. Inzwischen ist das Lokal zum SERVITENWIRT ge­ worden, die Wiener Küche und der Schani­ garten sind jedoch geblieben. Gegenüber in der LA PASTERIA wird der Schanigarten gerade frisch gedeckt, die Gartenmöbel kurz abgespritzt, ein Gartenschlauch zieht sich deshalb von der Küche durch das gesamte Lokal. Küchenchef Xerxes Panzenböck hat trotzdem kurz Zeit für einen Kaffee. Seit elf Jahren betreut er die Pasteria kulinarisch, vor drei Monaten hat er das gesamte Restaurant übernommen. Jetzt hat sich einiges geändert: Statt klassischem Handel setzt Herr Panzenböck heute auf Nachverfolgbarkeit seiner Produkte, die er oft auch aus ungewöhnlichen Ecken zusammenträgt. „Wir wollen kein reiner Handels­umschlagsplatz mehr sein, ­ sondern mehr Philosophie und Ideologie in das Essen bringen“, erklärt er. Zum Sortiment gehört jetzt keine hausgemachte Pasta mehr,

sondern vielmehr Taleggio, Büffelmozzarella oder Prosciutto aus Österreich. „Bei uns gibt es Produkte aus Österreich, die nach italienischer Rezeptur zubereitet wurden“, schildert der Küchenchef sein Konzept. Bio ist es immer dort, wo es Sinn macht. Seine Ravioli füllt er etwa mit Blutwurst und Apfel oder

„Es ist einfach eine gute Nachbarschaft.“

­ äucherforelle, der ­Balsamico kommt R aus der Wachau, der Prosecco überhaupt in einer speziellen Eigen­abfüllung. „Der italienische Gedanke der Leichtigkeit ist natürlich geblieben“, schmunzelt der Küchenchef. Durch seinen Schwenk hat er einige Stammkunden verloren, jedoch umso mehr gewonnen. Herr Panzenböck schätzt seine Stammkundschaft auf 80 bis 90 Prozent seiner Kunden. „Es ist hier alles sehr authentisch“, sagt der ­ Restaurantbesitzer über das Grätzel, „es gibt eigentlich keine Ketten.“­

­atsächlich: Bis auf einen Bäcker und T einen Lebensmittelnahversorger sind sämtliche Geschäfte und Lokale in der Servitengasse unabhängige Individual­ betriebe, oft Familienunternehmen. „Jeder hat sich Gedanken gemacht, was seine Stärken sind. Hier gibt es kein Gegeneinander, sondern nur ein Miteinander“. Egal wen man in der Servitengasse fragt, die Antwort ist hier fast immer dieselbe, die auch Herr Panzenböck hat: „Es ist einfach eine gute Nachbarschaft.“


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„Es ist hier alles sehr authentisch.“

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Forschen und Gedenken JÜDISCHE BEZIRKSGESCHICHTE

Niemals vergessen

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da Köllner, Erich Neubauer, das Ehepaar Emil und Melanie Goldschmidt: 462 Schlüssel, lose am Boden verstreut und mit Namensanhängern versehen, symbolisieren das Gedenken an die jüdischen Bewohner der Servitengasse, die Opfer des Nationalsozialismus wurden. Vor dem „Anschluss“ Österreichs an das Deutsche Reich und der Machtübernahme der Nationalsozialisten war der Alsergrund

„Die Opfer sollen niemals vergessen werden.“ neben der Leopoldstadt der Wiener Bezirk mit der höchsten Anzahl jüdischer Bewohner. Neben der Synagoge in der Müllnergasse, hatten hier auch mehrere Bethäuser sowie das jüdische Altenheim und der – heute noch erhaltene – Friedhof in der Seegasse ihren Platz. Alleine

BAROCKES JUWEL

in der Servitengasse waren 61 Geschäfte auf jüdische Besitzer gemeldet, zwölf Häuser gehörten jüdischen Familien. Das Forschungsprojekt „Servitengasse 1938“ begab sich 2008 auf die Spuren der Vertriebenen und Ermordeten, denn mehr als die Hälfte der Bewohner der Servitengasse waren vor dem Zweiten Weltkrieg jüdischer Herkunft. In Zusammenarbeit mit den Bewohnern der Gasse, einzelnen Überlebenden sowie Historikern wurde den Fragen nach ihrem Leben, ihrem Beruf sowie ihrer Geschichte nachgegangen. Die Ergebnisse setzte die Künstlerin Julia Schulz in den „Schlüsseln gegen das Vergessen“ um. Auch in der Servitengasse Nummer 6 erinnert eine schlichte Gedenkplatte an das Schicksal der Bewohner dieses typischen Rossauer Mietshauses. 27 Menschen wurden hier deportiert, vertrieben oder ermordet: „Eine Hausgemeinschaft wurde auseinander gerissen. Die Opfer sollen niemals vergessen werden.“

Die Servitenkirche S

chlendert man die Servitengasse entlang, erblickt man schon von weitem ihr Herzstück: Die Türme der Servitenkirche Maria Verkündigung ragen über die Dächer der umliegenden Häuser. Der barocke Bau thront inmitten eines lauschigen, reichlich begrünten Platzes. Kinder spielen hier Fangen, zwei ältere Damen haben sich für einen Nachmittagstratsch im Schatten der Bäume niedergelassen. Eine Bank weiter sitzt eine junge Mutter mit ihrem Baby auf dem Arm. Schon im 17. Jahrhundert erhielt der italienische Servitenorden von Kaiser Ferdinand III. die Erlaubnis, hier ein Kloster zu errichten. Wurde zunächst nur eine hölzerne Notkirche geweiht, folgte am 11. November 1651 die Grundsteinlegung für den steinernen Prachtbau, der zum Vorbild für viele weitere berühmte Barockkirchen Österreichs – wie etwa die Karlskirche in Favoriten – ­werden sollte. Im Jahr 1677 waren die Bauarbeiten und die Innenausstattung abgeschlossen, nach und nach wurden auch die beiden Kirchtürme sowie die Peregrini-Kapelle ergänzt. Heute ist Maria Verkündigung die Kirche der Pfarre Rossau, hier finden nicht nur die regulären Messen, sondern jeden Sonntag auch ein Pfarr-Café statt. Auch Barockinteressierte und Touristen zieht der Bau an: Neben der barocken Architektur selbst

ist vor allem die Pietà (etwa aus dem Jahr 1470) auf dem Schmerzensaltar die größte Sehenswürdigkeit. Unter diesem befindet sich auch das Grab des Fürsten Octavio Piccolomini, Gegenspieler von General Wallenstein im Dreißigjährigen Krieg, einer der prominentesten Unter-

Der steinerne Bau diente als Vorbild für weitere Barockkirchen Österreichs. stützer des Kirchenbaus. Sein Wappen findet sich nicht nur am Altar, sondern auch über dem Eingang der Kirche wieder. Der Zusammenhalt innerhalb der Pfarre ist groß. Gemeinsam stemmte man nicht nur die Kosten der Außenrenovierung, auch für die derzeit noch laufende Sanierung der Inneneinrichtung wird fleißig gespendet. Jeden Monat wird die gesammelte Summe und der Fortschritt der Arbeiten – derzeit in der Peregrini-Kapelle – auf dem kircheneigenen Mitteilungsbrett angeschlagen. Das angrenzende Servitenkloster wird ebenfalls gerade umgebaut: Hier sollen ab 2014 unbegleitete minderjährige Flüchtlinge ein neues Zuhause finden.


SERVITENGASSE / SERVITENVIERTEL

Schokolade macht glücklich DIE SCHOKOLADENMANUFAKTUR XOCOLAT

Süße Handarbeit

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arillenknödel, Powidltascherl, Kir Royal oder Salzkaramell – es gibt kaum eine Praline, die man in der XOCOLAT Schokoladenmanufaktur nicht findet. 65 verschiedene Sorten gibt es hier, dabei setzt das Familienunternehmen auf Handwerk bis ins kleinste Detail: „Bei uns wird alles selbst erzeugt“, sagt Franz Weiss, der heute die Produktion­ überwacht. Gerade laufen die ersten Mousse au Chocolat-Pralinen vom Band, Herr Weiss justiert noch schnell die Geschwindigkeit des kleinen Fließbandes. Heute erhalten die Pralinen ihren Überzug aus dunkler Schokolade und Bitterschokoladestreuseln. Seit zehn Jahren gibt es XOCOLAT , seit drei Jahren betreiben seine Tochter und der Schwieger­ sohn auch die Manufaktur mit kleinem angeschlossenen Verkaufsraum in der Servitengasse. Irgendwann hatten

sie dann auch den Papa zum Einstieg überredet – seitdem steuert Herr Weiss sein Schokoladen-Know-how und seine Technikfertigkeiten bei. Mit maschineller Unterstützung werden die hohlen Schokoladekörper in Handarbeit gefüllt, mit Schokolade verschlossen und schließlich überzogen und dekoriert. „Das wahre Geheimnis der Schokoladeherstellung liegt in der Temperatur“, verrät Herr Weiss, der eigentlich Maschinen- und Fertigungstechniker ist, aber seit 20 Jahren in der Schokoladen­ industrie arbeitet. Wird die Schokolade erhitzt, bilden sich Kristalle. Davon dürfen nur die guten überbleiben, das sorgt dann im kühlen Zustand für den besonderen Schokoladenglanz. „Erst da entscheidet sich, ob wir gut gearbeitet haben.“ Darauf haben vor allem die Stammkunden einen wachsamen Blick, die hier in der Servitengasse die

deutliche­Mehrheit ausmachen. „Die wissen sofort, wenn es einmal anders schmeckt. Deshalb sind wir immer unserer Qualität verpflichtet“, erzählt der Schokoladenexperte. Durch die großen Schaufenster kann man auch von der Straße direkt in die Manufaktur schauen. Herr Weiss schätzt den dörflichen Charakter der Gegend. „Jeden Tag freue ich mich, hierher zu kommen“, sagt er. Denn hier kennt man nicht nur die Kunden, auch die Geschäftsleute untereinander haben sich kennen und schätzen gelernt. Herr Weiss erinnert sich gerne an den Einzug in das Geschäftslokal. Als eine der gelieferten Maschinen nicht durch die Vordertüre passte, gab es sofort Nachbarschaftshilfe von gegenüber: Gemeinsam bugsierte man den Schokoladenmischer schließlich mit einem geborgten Gabelstapler durch die Hintertüre.

ist aber nicht nur für seine Pralinen bekannt, auch die Schoko­lade­ zigarren – mit Whiskey, Rum oder Nou­gat – sind eine Spezialität der Manu­ faktur. In der kleinen Schokolade­ boutique gibt es außerdem allerlei bunt dekorierte Tafeln mit eingelassenen­Erdbeeren, Streuseln oder Nüssen. „Unser erstes Gebot heißt: keine Chemi­kalien“, sagt Franz Weiss. In die Xocolat-Produkte­ dürfen nur natürliche Rohstoffe, Konservierungsmittel gibt es hier keine. Die Zutaten kommen so weit wie möglich von heimischen Produzenten: Der Grau­­mohn stammt aus dem Waldviertel, der Schnaps wird ebenfalls in Österreich gebrannt. Die Ideen für neue Produkte – etwa­­­ die witzigen Schokoladen-Higheels, die nach Geschmack mit Pralinen gefüllt werden können – werden im Team erarbeitet. Momentan wird gerade eine Sommer­ kreation getestet, zitronig soll es werden. XOCOLAT

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Gr端ner

Wohnen


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Rund drei Kilometer lang, schlängelt sich die Auhofstraße quer durch Hietzing. Egal, ob im Villen- und Botschaftsteil im unteren Abschnitt oder im dörflichen Leben der oberen Auhofstraße – die Bewohner schätzen vor allem die Ruhe und das viele Grün.

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n das Klirren von Kaffeelöffeln auf Untertassen mischt sich Kinderlachen, es riecht nach Sommer und frisch Gebackenem. Die BÄCKEREI SCHWARZ ist Zentrum und Treffpunkt auf der Auhofstraße. Hier ist immer etwas los, im Schatten der Bäume des Gastgartens wird gefrühstückt, geplaudert und gelacht. Häufig bleiben die Hietzinger nach ihrem Einkauf auch noch kurz unter den gelben Sonnenschirmen vor der Bäckerei stehen, um Neuigkeiten auszutauschen. „Entschuldigen Sie, hab ich mich jetzt vorgedrängt?“, möchte eine ältere Dame wissen. Verkäuferin Martina­ schüttelt den Kopf. Seit zwölf Jahren arbeitet sie hier, ihre Stammkunden kennt sie alle per Namen, Lieblingsgetränk und häufigstem Einkauf. „Unsere Kunden wünschen sich den persönlichen Kontakt, darauf legen sie viel Wert und deshalb kommen sie zu uns“, erklärt die Verkäuferin, während sie zwei Semmeln in das typisch-gelbe Papiersackerl füllt. Die Bäckerei SCHWARZ ist ein Familien­ betrieb, die Stammfiliale auf der Au­ -hofstraße gibt es seit über 100 Jahren.

Viele Kunden kommen nur für ein, zwei Semmeln oder einen Liter Milch und natürlich für einen Plausch. Gertraud Maurer übernahm das Geschäft als 18-Jährige von ihrem frühzeitig verstorbenen Vater, inzwischen sind auch ihre Kinder in leitender Funktion in den Betrieb integriert. Geöffnet ist eigentlich immer – nur an den zwei Weihnachtsfeiertagen bleibt der Ofen kalt. „Und selbst da beschweren sich

die Kunden“, schmunzelt Frau Martina.­ „Denn sie wissen: Der SCHWARZ ist immer für mich da.“ Deshalb geht das Geschäft auch am Sonntag am besten – viele Kunden kommen nur für ein, zwei Semmeln oder einen Liter Milch und natürlich für einen Plausch. Dabei gibt es hier auch das Notwendigste an Lebensmitteln, Eis, Schokoschirmchen und sogar Hochzeitstorten. „Grüß Gott, Frau Maria“, ruft die Verkäuferin kurz in Richtung Türe. Früher war hier sogar noch die Backstube im Keller, erzählt sie, vor sieben Jahren wurde der Platz dann aber zu klein, die Backstube zog um. „Bei uns ist es nicht so 0815, nicht so anonym“, erklärt sie das Erfolgsrezept der über 100-jährigen Geschichte. Die Bäckerei weiß, was sie an ihren Stammkunden hat. Deshalb engagiert man sich im Grätzel, in den Sommerferien gibt es eine Kinderbackstube und auch am Grätzelfest wird zusammen gebacken. Im Schanigarten hat es sich R ­ enate Klimes gemütlich gemacht: Seit zwanzig Jahren lebt sie im 13. Bezirk, seit 10 Jahren direkt in der Auhofstraße. „Ich fühle mich wirklich wohl hier, das macht vor allem der dörfliche Charakter. Wenn man auf die Straße geht, kennt und grüßt man sich“, erzählt sie. Und dennoch ist die Anbindung gut, in fünfzehn Minuten ist man dank ­U-Bahn­­mitten in der Stadt. „Man schaut ins Grüne, hat die ländliche Ruhe, aber nicht die Nachteile. Diese Mischung schätze ich sehr“, sagt Frau Klimes. Andere kommen vor allem wegen der Gesellschaft in den Gastgarten der Bäckerei. Am Nebentisch hat sich eine Runde älterer Herren eingefunden, einer hat seinen Enkel mitgebracht. „Wir sind seit 30 Jahren hier und sehr zufrieden. Am liebsten plaudern wir unter diesen Bäumen“, deutet der Großvater nach oben. „Wichtig ist einfach die Gemeinschaft.“

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Spielplatz, Bepflanzung, Apotheke:­Tatsächlich erinnert der Platz rund um die BÄCKEREI SCHWARZ ein wenig an ein Dorfzentrum. Gleich gegenüber dem

zu übersehendes Geschäft eingerichtet. Seit 250 Jahren wird das Handwerk des Uhrmachers in der Familie Hüttler gepflegt, seit 1963 leitet Gerhard Hüttler

Fachschule für wirtschaftliche Berufe alle Schulstufen beherbergt. Einige Meter weiter gründeten die Salvatorianerinnen 1930 hier das St. Josef Kranken­

Gastgarten turnt eine Kindergartengruppe auf den Geräten des Streckerparks. Bunte Kreidezeichnungen zieren den betonierten Gehweg. Ruth Brandstätter schiebt ihren Kinderwagen. „Der 13. ist sehr grün und auch sehr ruhig, ideal für Kinder“, sagt sie und reicht noch ein Keks hinunter. „Wir wollten damals mit den Kindern einfach nicht mehr in der Stadt wohnen.“ Hier in der Gegend gibt es hauptsächlich Familien und ältere Leute. Für das viele Grün nimmt Frau Brandstätter daher auch gerne die geringe Lokaldichte und das „manchmal ein bisschen altmodische“ Flair in Kauf.

den Familienbetrieb im 13. Bezirk. Werbung muss Herr Hüttler keine machen, denn die Kunden kommen von selbst zu ihm und seinem Sohn – vor allem alte und seltene Uhren werden zur auf­­­wändigen Reparatur gerne hierher­ gebracht.

haus. Im Laufe der Jahre wurde es um eine spitals­ eigene Kapelle erweitert, seit 2004 ist hier ein ganzes Gesundheitszentrum untergebracht. Betreut wird das Spital dennoch immer noch von den Schwestern selbst; in hellblauer Kutte fegt eine von ihnen den Innenhof.

Spaziert man die Aufhofstraße stadtauswärts entlang, ist die ländliche Ruhe noch deutlicher spürbar. Rosenbüsche in Vorgärten und schmiedeeiserne Balkone und Fenstergitter prägen das Straßenbild, grüne Hecken schirmen neugierige Blicke ab. Die Vögel zwitschern. Vorbei am vergleichsweise modernen Käthe Leichter-Hof aus den 1980er-­ Jahren, erblickt man rasch das bescheidene Kloster des Oblatenordens, der sich ebenfalls in dieser ruhigen Wohnstraße angesiedelt hat. An jener Stelle, wo die Auhofstraße den Hietzinger Kai trifft, hat sich die Uhrmacher-Familie HÜTTLER ein kleines, beinahe leicht

Peter Zorzi. Um seine Großmutter bei der Führung ihrer 1925 gegründeten Bäckerei zu unterstützen, ist er nach Wien gekommen. Von seinen Eltern übernahm er schließlich die TIROLER ALM . Seitdem küm­mert­er sich um sein Grätzel, weist zu flotte Skateboarder zurecht und organisiert Rätselrallyes. Die Gemeinschaft in der Auhofstraße ist ihm wichtig, das bestätigt auch die Herrenrunde am Stammtisch gerne. Immer schon hat Herr Zorzi zugepackt, wenn Not am Mann oder auch der Braut war:

„Wir kämpfen dafür, dass der Dorf­charakter der Gegend ­erhalten bleibt.“

… und die Vögel zwitschern dazu.

Schon von weitem sieht man dagegen den Konvent der Dominikanerinnen – auf einer kleinen Anhöhe errichtet, überragen die Kapelle und der Ziegelbau der Schule die meist nur ein- oder zweigeschoßigen Gebäude der Straße. Ein großer Park umgibt die Anlage, die vom Kindergarten bis zur

Müde Spaziergänger – immerhin ist die Auhofstraße insgesamt rund drei Kilometer lang – können an dieser Stelle in die TIROLER ALM einkehren. Seit fünfzig Jahren wird hier Tiroler Tradition hochgehalten. „Wir kämpfen dafür, dass der Dorfcharakter der Gegend erhalten bleibt“, erklärt Besitzer

Als vor einigen Jahren­eine Hochzeitsgesellschaft in seiner Alm strandete, organisierte er nicht nur ein Hotelzimmer, sondern improvisierte auch eine Sänfte für die Braut, damit diese standesgemäß dorthin gebracht werden konnte. Der ­Tiroler erzählt sichtlich gerne von seinen Erlebnissen. Und von diesen hat er viele – im Herbst wird das 50-Jahr-Jubiläum der TIROLER ALM begangen. „Jetzt muss ich aber wirklich kochen“, verabschiedet sich der Hausherr schließlich. Denn die hungrigen Gäste kommen bald – die ­T IROLER ALM ist eines der letzten Lokale, bevor die Auhofstraße noch ein bisschen ruhiger und grüner wird und schließlich im Lainzer Tiergarten endet.


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Umgeben von der Natur

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Die Natur vor der Haustüre DER LAINZER TIERGARTEN

Landleben in der Stadt

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er Vorgarten der Hietzinger hat 2.450 Hektar; teilen müssen sie ihn bloß mit ein paar Wildschweinen und dem einen oder

Dank wurde Schlucker sogar der Titel Waldamts Baumeister verliehen. Die Hermesvilla die Kaiser Franz-Joseph für Elisabeth errichten ließ, lohnt ebenso

anderen Radfahrer. Durch das Nikolaitor gelangt man von der Aufhofstraße nach wenigen Metern direkt in eines der größten Naturschutzgebiete Wiens – den Lainzer Tiergarten. Mitten auf der Wiese hat sich eine Familie zum Picknick niedergelassen, ein kleines Mädchen schaukelt. Sportler kommen hier auf ihre Kosten – Lauf- und Radwege sind extra ausgeschildert. Langweilig wird es aber auch beim Lustwandeln im Grünen nicht, denn zu sehen und zu hören gibt es allerhand. Etwa das Zirpen der Grillen, die Spuren der rund 900 hier lebenden Wildschweine, die sich auf der Suche nach Wurzeln und Insekten durch das Unterholz wühlen, oder die kleine Nikolaikapelle, eines der ältesten erhaltenen sakralen Gebäude­ Wiens. Zu entdecken gibt es noch mehr Historisches: Unter anderem die Geschichte des „Armen Schluckers“. Im 18. Jahrhundert soll der Baumeister Philipp­ Schlucker die rund 22 Kilometer lange Mauer, die den Tiergarten auch heute­ noch umgibt, errichtet haben. Im Gegensatz zur Konkurrenz verlangte er dafür nur ein Sechstel des Preises – die Bevölkerung rechnete mit einem Bankrott und taufte ihn den „armen Schlucker“. Nach fünf Jahren war der Bau jedoch zur vollsten Zufriedenheit des Kaiserhauses abgeschlossen, zum

einen Besuch wie der Aussichtsturm auf der ­ Hubertuswarte. Aber nicht immer war der Lainzer Tiergarten frei für alle zugänglich. Zu Zeiten der Monarchie diente er als kaiserliches Jagdgebiet, erst 1919 wurde er geöffnet. Als Naturschutzgebiet ist der Tiergarten auch Teil des Biosphärenparks Wienerwald – deshalb wird hier besonderes Augenmerk auf die Naturschönheiten des Gebiets gelegt. Am Wald- und Naturlehrpfad

Erst 1919 wurde der Garten für die Allgemeinheit ­geöffnet. können Kinder spielerisch ihre Umwelt kennen lernen, der Planetenweg führt durch ein maßstabsgetreu verkleinertes Sonnensystem. Auch die Tierwelt abseits der stadtbekannten Wildschweine ist durchaus beachtlich: So wurden hier unter anderem dreizehn verschiedene Fledermausarten beobachtet, neben Damhirschen und Rehen leben auch Mufflons hier. Um diese Vielfalt zu entdecken, braucht es vor allem eines: viel Zeit.


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Pallottihaus, das von der katholischen Pallottiner-Gemeinschaft betrieben wird.­ Auffällig sind vor allem die Fassade, auf der ein großes Relief des Pfingstwun-

Altwiener Köstlichkeiten

ders zu sehen ist, sowie der vorge­lagerte, ­offene Glockenstuhl. Je näher man dem Hietzinger Bezirkszentrum kommt, desto mehr ­ tut sich auf der Auhofstraße: Mütter mit Kinderwagen und ältere Damen mit Einkaufstaschen sind unterwegs, im Gastgarten des italienischen Restaurants­­ LA GRAPPA tummelt es sich. Und auch der Garten des Altwiener ­C AFÉ ­D OMMAYER ist voll besetzt, Ober Ivo schwirrt von Tisch zu Tisch, um Bestellungen aufzunehmen, Getränke zu servieren und Teller abzuräumen. Als „graue Eminenz“ des DOMMAYER und immer gut gelaunter Alleinunterhalter ist er inzwischen grätzelweit bekannt. „Wenn ich in Pension gehe, schreibe ich

„Es ist wie ein kleines Dorf, hier weiß jeder über jeden Bescheid.“

Alt-Wiener Charme DIE UNTERE AUHOFSTRASSE

V

or dem ERNST

FRISEURGESCHÄFT PETER

NEUMANN

zündet sich gerade eine junge Friseurin eine Zigarette an. Ruhig sei es hier, die Kundschaft besteht hauptsächlich aus älteren Leuten und weiteren Stammkunden, berichtet sie. „Es ist wie ein kleines Dorf, hier weiß jeder über jeden Bescheid.“ Zehn Jahre­ arbeitet sie bereits hier, „anders“ fällt ihr zur Beschreibung noch ein. Anders wird die Auhofstraße hier tatsächlich – im unteren Bereich verwandelt sie sich in eine baumgesäumter Allee. Pastellfarben und Stuckfassaden, Balkönchen und grüne Fensterläden, liebevoll gestutzte Hecken und die eine oder andere Kamera, die den Vorbeigehenden­

kritisch beäugt. Denn die untere ­Auhofstraße beherbergt nicht nur einige der hübschesten Wiener Vorortvillen, sondern auch mehrere Botschaften und Konsulate. Das Geburtshaus des bekannten und beliebten Schauspielers Hans Moser ist heute die Botschaft der ­Republik Aserbaidschan. Die Residenz des deutschen Botschafters versteckt sich hinter einer JahrhundertwendeFassade und einem schmiedeeisernen Zaun. Abgerundet wird das Bild einer kleinen Villa durch eine hölzerne Veranda und einen parkähnlichen Garten, in den eine Freitreppe führt. Nur wenige Schritte weiter – auf der gegenüberliegenden Straßenseite – ist die Konsularabteilung der polnischen

Botschaft eingezogen. Zwischen verzierten Knusperhäuschen und mächtigen burgähnlichen Villen gibt es immer wieder einige architektonische Schönheiten des ausgehenden 19. Jahrhunderts zu bewundern – etwa die Villa Braunschweig, die, in Schönbrunner Gelb gehalten, auf den ersten Blick vor allem durch die grünen Fensterläden auffällt. Oder die Villa Mayer, die durch den Säulenvorbau und die Balkonbalustraden besticht. Viel hat sich seit der Errichtung der Villen um die Jahrhundertwende nicht getan, nur die eine oder andere Hollywood-Schaukel im Vorgarten stört das Eintauchen in eine vergangene Zeit. Weiter in Richtung Hietzing stößt man schließlich auf das

ein Buch“, sagt er. Geschichten gebe es genug – etwa jene, als er eigen­händig einen Taschenräuber zur Strecke brachte. Nur wenige Meter vor dem Café riss ein Mann einer­Stammkundin die Tasche weg und flüchtete – Ivo ­zögerte nicht lange und nahm die Verfolgung auf. Sogar als der Räuber die ­Tasche bereits weggeworfen hatte, gab er nicht auf. Die alte Dame dankte es ihm, denn in der Handtasche befanden sich mehrere tausend Euro. „Hier hilft einer dem anderen“, lacht der Kellner. Schon 1787 stand hier – so will es zumindest die hauseigene Historie­– ein Caféhaus, das von Ausflüglern als Jausenstation genutzt wurde. 1823 wurde es von ­ Ferdinand Dommayer übernommen und nach und nach zum bekannten Casino ausgebaut. Heute bildet das DOMMAYER zusammen mit dem Traditionslokal PLACHUTTA und seinen Rindfleisch-Spezialitäten das kulinarische Zentrum Alt-Hietzings. Auch drinnen erkennt man das klassische Altwiener Caféhaus auf Anhieb: Rote Samtpölster, Marmortische und große Luster. An einem der Tische sitzt Erich Patak – seit 42 Jahren kommt er ins Dommayer, „vor allem weil ich hier jede Menge Zeitungen lesen kann.“ In den letzten Jahren sei das Stammpublikum ein bisschen weniger geworden, dafür kommen mehr Touristen, beobachtet er. „Küss die Hand, die Dame“, ist hier tatsächlich noch Pflicht, wie der Chef Andreas Wild erklärt. „Die meisten Leute kennen wir mit Namen und Titel.“ Dass Johann Strauss persönlich in dem Konzertcafé gespielt habe, ist allerdings nur ein hartnäckiges ­Gerücht.

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JP IMMOBILIEN

Das Grätzel macht den Wert M

itten im Fünften, wo sich Spitzenköche und Kreative die Hand geben, nur einen Katzensprung entfernt vom Naschmarkt, liegt die Rüdiger­ gasse als Ruhepol inmitten eines bunten, aufstrebenden Grätzels. Hier verbinden sich l­ebendiger Flair, eine perfekte Anbindung an den öffentlichen Verkehr mit der ruhigen Gelassenheit einer Alt-Wiener Straße. Mittendrin auf Nummer 20, zwischen Kettenbrückengasse und Pilgramgasse gelegen, zeigt ein Neubau, wie heutiges Wohnen in Wien ausschauen kann. Die helle, klare Struktur der Zwei- bis Vier-Zimmer-Wohnungen, edles Design und viel Licht bilden die ­architektonische Entsprechung zum Flair des Grätzels. Ein paar Schritte vom Haus entfernt, lädt das traditionelle Altwiener CAFÉ RÜDIGERHOF zu Melange­ und Apfel­strudel. Die kulinarische Versorgung in nächster Nähe garantiert eine Reihe von Restaurants und Cafés, wie etwa auch die Szenelokale MOTTO und ON . Einen entspannten Abend daheim kann man auf der eigenen Terrasse ­genießen. Dank zahlreicher Garagenplätze entfällt auch die lästige Parkplatzsuche – mehr Zeit, Wien Margareten zu entdecken und zu genießen. Mehr erfahren Sie unter W W W. J P I . AT oder durch einen Anruf bei Martin Müller unter 01 596 60 20

Helle, klare Strukturen passend zum Flair des Grätzels – mitten im Fünften.

Der JP-Hauptsitz in der Lehargasse: Hier berät man Sie gerne

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