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R eise n & L ebe n s a r t

Ingrid Domann, Jens Opitz und Stefan Reul in voller Aktion: Erst wird gemeinsam geschnippelt und ­gekocht, dann zusammen genossen.

www.wiener-Kochsalon.de Dabei darf man den 57jährigen Österreicher durchaus zur Oberklasse des Gourmetgewerbes zählen. Seine erste Karrierestation in der Gastronomie als Leiter einer WienerwaldAutobahnraststätte deutete allerdings noch nicht auf lukullische Höhenflüge hin. Die starteten erst, als er zunächst in Wiener Neustadt und dann 1982 in Wien im 15. Bezirk ein Restaurant mit einer vegetarischen Speisekarte eröffnete. Es machte ihn zum Vorreiter und zum Star der Wiener Gastroszene. Gourmetführer bekränzten ihn mit Hauben und Sternen. Kritiker überhäuften ihn mit Lob. Irgendwann kam auch das erste Kochbuch. K o c hen verbindet

 Wiener Kochsalon Max-Brauer-Allee 215 22769 Hamburg Tel. (040) 68 98 85 92 www.wienerKochsalon.de

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Ein Restaurant, das seinen Namen und seine Handschrift trägt, gibt es in der Nähe des Stephansdoms auch heute noch. Aber dort schwingen seine beiden Söhne den Kochlöffel. Er selbst, den die Liebe von der Donau an die Elbe gezogen hat, kümmert sich vor allem um seinen Wiener Kochsalon, den es in Wien wie auch in Hamburg gibt. Mit Menschen statt für Menschen kochen will er und dabei sein Wissen und seine Intuition über die verborgenen Verbindungen zwischen Essen, Gesellschaft und Gesundheit anwenden. Eine lange Doppelreihe von Tischen ist der Mittelpunkt des ehemaligen Ladenlokals an der Max-BrauerAllee. Für jeden Teilnehmer ist ein Arbeitsplatz vorbereitet: ein großes Schneidebrett, darauf sorgfältig drapiert eine Kochschürze, ein scharfes

Kochmesser, Küchenmesser, Schäler. In der Mitte liegen Paprika, Zwiebeln, Kohl, Kräuter und andere Zutaten. Vorweg gibt es einen rasch zubereiteten köstlichen Imbiss aus Buchweizen, Radieschen, geräuchertem und geröstetem Tofu mit einem Klacks Möhrensenf. Und dann geht es los. Im Zweierteam startet das gemeinsa­ me Schnippeln und Schneiden. Ausgelost werden sie mit Spielkarten. Es gibt Ziegen, Affen und Schweinchen. Die Ziegen bereiten das Huhn in Knoblauch mit Ingwersud zu, die Affen dreierlei Paprika mit Birnen und Äpfeln mit Rotbarsch und die Schweinchen den Kokoswirsing mit den Kalbfleischstreifen. Nein, kompliziert sind die Rezepte, die Wrenkh jedem der Teams in die Hand drückt, wirklich nicht: Zutaten, die man um die Ecke kaufen kann, Gerätschaften, die es in jeder normalen Küche gibt, keine Zubereitung, die nach dem mit allen Wassern gewaschenen Hobbykoch verlangen würde. Nach genauen Mengenangaben sucht man vergebens. Kochen ist Kreativität, und die funktioniert nicht nach Rezept. „Es kommt nicht so sehr auf den Inhalt an. Hauptsache, es wird gekocht“, lautet Wrenkhs Credo. „Selbst-

gekochtes Essen verbindet stärker als fertig gekauftes. Gemeinsam gekochtes und gemeinsam verzehrtes Essen verbindet am stärksten.“ Deshalb ist für ihn der Esstisch das wichtigste Möbelstück im Haus. G ut geht ganz einfa c h

Kochen und Essen dienen nicht nur Kalorienaufnahme und Lebenserhalt, sie haben elementare soziale Funktionen. Essen und Trinken halten Leib und Seele zusammen, aber auch Familie und Gesellschaft. So gesehen verheißt der Trend zu Fast Food und Tiefkühlpizza neben den negativen Folgen für Gesundheit und Körperumfang auch in dieser Hinsicht nichts Gutes. In Sachen Kochen und Essen ist Christian Wrenkh Überzeugungstäter. Nicht nur, dass er selbst überzeugt ist, er legt es auch darauf an, andere zu überzeugen. Davon zum Beispiel, dass gutes Essen die Grundlage für Wohlbefinden und Gesundheit ist, wobei „gut“ sich sowohl auf die Qualität der Zutaten bezieht wie auch auf die Zubereitung einschließlich dem, was man dabei emotional hineinsteckt. „Der Wert einer Speise ist heute definiert durch die Zuneigung, mit der sie gemacht wird, und die Zeit, die man sich


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