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„Tempolimit? Im Ernst, lasst uns doch dieses Kulturgut!“

Es ist nicht übertrieben: Das Auto hat den Deutschen ein Gefühl der Freiheit, den Fortschritt und Wohlstand gebracht. Jetzt droht dem Verbrenner das Aus, unzählige Mobilitäts-Apps streiten sich um einen Platz auf unseren Displays, und die Autoindustrie kämpft um ihre Zukunft. Wir haben uns gefragt: Was wird nun aus der Deutschen liebstem Kind? Ein Streitgespräch zwischen einem Autoliebhaber und einem, der autonomes Fahren liebt

Gespräch: Susanne Lang Fotos: Ekaterina Ananina

THOMAS SENN , 58, hat vor 40 Jahren seinen ersten Autotest geschrieben und ist seit vier Jahren Chefredakteur des Magazins „Walter“ für automobilen Lifestyle. Zuvor war der Journalist und Fotograf als Creative Director in der Werbebranche tätig, u. a. für „AutoBild“ und die „Welt“. Er glaubt fest daran, dass sich das Gute von allein durchsetzen wird, und seine Tochter (Carrera) und sein Hund (Isetta) heißen nicht zufällig so, wie sie heißen.

DR. STEFAN CARSTEN , 50, berät als Zukunfts-, Stadt- und Mobilitätsforscher Konzerne und Organisationen aus verschiedensten Branchen. Studiert hat er in Berlin Geografie, später war er wissenschaft­ licher Berater bei Daimler. Seit 2014 entwickelt er freiberuflich Konzepte für die urbanen Gesellschaften der Zukunft, er sitzt in diversen Beiräten und spricht und schreibt gern über seine Vorstellungen der Mobilität von morgen.

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Herr Senn, welches Auto fahren Sie zurzeit?

Thomas Senn: Meine Frau und ich haben uns einen 91er Volvo 240 gekauft, mit 45 000 Kilometern auf dem Tacho. Der wird mich definitiv überleben, dieses Auto ist für die Ewigkeit. Das ist Nachhaltigkeit. Als Dienstwagen fahre ich einen 2001er Su­ baru Impreza WRX, blau mit goldenen Felgen. Der geht schon in Richtung Prollkarre, aber ich kann ja nicht bei den Autoliebhabern mit einem Golf vorfahren, da sind die enttäuscht.

Herr Carsten, wie sieht es bei Ihnen aus?

Stefan Carsten: Ich fahre tatsächlich ein Auto, aber es gehört mir nicht. Wir haben seit zwei Monaten einen Campingbus von Roadsurfer abonniert. Den probieren wir für ein Jahr aus.

Senn: Bis vor Kurzem hatte ich als Dienstwagen auch einen Campingbus! Er war mein rollendes Büro. Meine Termine, ob nun Events oder Treffen mit Autoliebhabern, sind meist nur mit dem Auto erreichbar. Liegt ja auch nahe, wer viele, teure, einzigartige Autos besitzt, braucht Platz und zieht die Abgeschiedenheit vor. Den Bus habe ich gleichzeitig als Hotel genutzt. Leider ist mir aber jemand reingefahren, da musste er weg.

Herr Carsten, benutzen Sie den Bus auch als Büro?

Carsten: Nein, bei mir ergibt das keinen Sinn. Wir sind vor zwei Monaten an den Berliner Stadtrand gezogen – nach 30 Jahren im Zentrum. Mit dem Auto in die Innenstadt zu fahren, ist nur Stress, und man braucht viel länger als mit der S-Bahn. Für meine Termine in anderen Städten nutze ich die Bahn. Aber einmal die Woche fahre ich mit dem Bus zum Golfspielen. Er ist eher ein Tool für die Freizeit.

Senn: Ich hätte den Bus gerne ersetzt, aber die sind so unfassbar teuer geworden! Als nächstes kommt ein Wohnwagen, der ist noch viel cooler. Wird eh ein großes Thema, weil große E-Camper aufgrund des Gewichts nicht funktionieren.

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„Als Dienstwagen fahre ich einen 2001er Subaru Impreza WRX , blau mit goldenen Felgen. Das geht schon in Richtung Prollkarre.“ THOMAS SENN

„Für mich sind Autos absolute Gebrauchs­ gegenstände. Sie werden bei mir auch nicht gereinigt oder poliert, die sind immer dreckig.“ DR. STEFAN CARSTEN

Der kommt sicher gut, hinten am Subaru mit den goldenen Felgen!

Senn: Unsere Autos haben beide eine Anhängerkupplung, da habe ich schon vorgesorgt.

Sie scheinen beide einen eher pragmatischen Zugang zum Auto zu haben. Es ist keine Liebe?

Senn: Ich hatte in meinem Leben schon über hundert gebrauchte Autos. Von daher würde ich eher sagen, dass ich mich für fast jedes Auto begeistern kann, aber dann kommt eben auch wieder das nächste. Mein Herz hänge ich nicht längerfristig dran. Außer natürlich an unseren Volvo, der wird bleiben, wie eine Tochter.

Carsten: Für mich sind Autos absolute Gebrauchsgegenstände.

Sie werden bei mir auch nicht gereinigt oder poliert, die sind immer dreckig. Aber sie gehören in meiner Familie zur Mobilität noch dazu. Ich bin in einer Kleinstadt aufgewachsen, mit 18 habe ich den Führerschein gemacht, es folgte die ganz normale Autobiografie, ich hatte also zügig einen Käfer – das war toll. Bis er mir dann mitten auf der Straße abgebrannt ist. Heute habe ich keine Bindung mehr zu Autos. Sie sollen verfügbar sein und funktionieren, wenn ich eines brauche. Meistens nutze ich den ÖPNV, auf der letzten Meile dann einen Scooter oder mein Faltrad, das ich oft mitnehme. Und wenn es nicht anders geht, nehme ich einen Miet wagen. Ich lebe M obilität, die ich ja auch predige, und habe sehr viel Freude damit!

Erleben wir in Deutschland gerade den Abschied vom Auto als Statussymbol? Wird es künftig nur noch ein Tool im Mobilitätsmix sein?

Carsten: Für bestimmte Gruppen ist es immer noch wichtig, ein Auto zu zeigen und damit sich auch selbst zu symbolisieren. Aber das Auto stellt längst nicht mehr das gesamtgesellschaftliche Statussymbol dar wie noch vor 20 Jahren. Vor allem die junge Genera­ t ion und die Städter fordern einen fle­x iblen Zugang zur Mobilität. Schon einen Leasingvertrag empfinden viele als zu 103

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einengend. Sie schließen maximal ein Abo ab oder nutzen CarSharing, das war’s.

Senn: Ich stimme zu, dass andere Statussymbole dazugekommen sind, zum Beispiel das Smartphone oder generell der Lifestyle. Was den Stellenwert des Autos angeht, muss ich aber widersprechen.

Was Sie beschrieben haben, gilt in Teilen vielleicht in Großstädten, nicht aber auf dem Land. Neulich war ich auf einem Dorffest, da wurden die Boliden wie eh und je mit Stolz präsentiert.

Carsten: Meine Erfahrung ist eine andere: Die junge Generation auf dem Land sagt in Befragungen genau das Gleiche wie in Städten: Sie wünschen sich ein anderes Mobilitätsangebot – das es leider noch nicht gibt. Aber das wird sich ändern. Über autonomes Fahren wird sich das Angebot auf dem Land weiterentwickeln. In Reallaboren werden schon heute Ridepooling-Modelle getestet, die das Auto stark unter Druck setzen werden.

Was ist das?

Carsten: Es ist ein öffentliches Angebot, man ruft ein Fahrzeug – Großraumtaxi oder Bus – das vielleicht zehn Minuten später an der dafür eingerichteten Haltestelle ist. In drei bis fünf Jahren werden die meisten davon autonom fahren. Das spart 50 bis 60 Prozent der Kosten. Und es ist viel sicherer, denn der Mensch kann leider nicht Auto fahren, er verursacht 94 Prozent aller Unfälle. Die Technologie und die Regulation für autonomes Fahren gibt es, die ersten Anbieter sind in Deutschland schon auf dem Markt.

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Senn: Also da muss ich staunen, autonomes Fahren auf dem Land werden wir hier am Tisch ganz sicher nicht mehr erleben. In unserem Tiny House auf dem Dorf, zwischen Hamburg und Bremen, brauchen wir schon verschiedene Handyverträge, um die Funk­ löcher zu schließen. Wie soll autonomes Fahren funktionieren, solange wir nicht mal Internet und Mobilfunk hinkriegen?

Carsten: Autonom bedeutet erst mal, dass das Auto für sich selbstständig fährt. Dafür benötigt man keine Internetverbindung. Sie ist relevant für das Routing und die Karten, aber die kann das Auto auch herunterladen. Als Sicherheitssystem ist eine Internetverbindung hilfreich, aber ein Auto kann auch problemlos 20, 50 oder 100 Kilometer ohne sie fahren.

Senn: Aber ich muss die Fahrzeuge aus dem Ridepooling doch rufen können? Wie soll das im Funkloch gehen? Also ich bin sehr vorsichtig mit solchen Themen. Die Menschen auf dem Land hängen ja auch an ihren Autos, weil sie auf sie angewiesen sind.

Nun zwingt uns der Klimawandel, auch bei der Mobilität umzudenken. Was würden Sie, Herr Carsten, den Menschen sagen, die auf ihr Auto angewiesen sind und es verständlicherweise auch beängstigend finden, wenn man ihnen vorschreibt, sie müssten sich umorientieren?

Carsten: Heute schreiben wir den Menschen vor, ein Auto nutzen zu müssen, weil es keine Alternative gibt. In Zukunft fahren diese Autos dann elektrisch. Batterien sind besser und nachhaltiger als alle anderen Technologien. Die neue Natrium-Ionen-Batterie fährt 1000 Kilometer, man lädt sie in fünf bis zehn Minuten auf. Damit ist auch die deutsche Reichweitenangst kein Thema mehr. Leider gibt es in Deutschland keinen Akteur mehr, der diese Fahrzeuge bauen kann. Die Automobilindustrie hat diverse Managementfehler gemacht. Nun stirbt die Zulieferindustrie, daraus resultiert ein massives soziales Problem. Ich arbeite mit Herstellern zusammen, die nur noch für zwei Jahre volle Auftragsbücher haben. Sie erhalten Fördergelder vom Bund, um überhaupt noch eine Zukunft generieren zu können. Denn klar ist ja: Ab 2035 darf kein fossiles Auto mehr verkauft werden. Faktisch wird dies deutlich früher der Fall sein.

Senn: Beim Thema Elektroauto muss man ganz vorsichtig sein. Die Herstellung wird bei der Klimarechnung oft vergessen. Aktuell muss man je nach Größe mit einer Batterie 100 000 Kilometer fahren, bevor sie eine bessere Umweltbilanz hat als ein Verbrenner. Mag sein, dass sich das mit neuen Batterien ändert. Aber der Preis bleibt ein Problem. Diese Autos können sich nur sehr wenige Menschen leisten. Mein bester Freund hat seit 40 Jahren einen renommierten Autohandel in Kassel. Bei 4900 Euro liegt dort der durchschnittliche Preis eines Gebrauchtwagens, den Käufer zahlen können. Autos in Deutschland sind im Schnitt zehn Jahre alt, ein Neuwagen ist für viele nicht drin. Wie lange ein Auto gefahren wird, ist bei der Nachhaltigkeitsbilanz entscheidend. Und für E-Autos gibt es überhaupt keinen Gebrauchtwagenmarkt. Niemand will sich die Gewährleistung für eine Batterie ans Bein binden. Und: Ob es beim 105

„Also da muss ich staunen, autonomes Fahren auf dem Land werden wir hier am Tisch sicher nicht mehr erleben. Wie soll autonomes Fahren funktionieren, solange wir nicht mal Internet und Mobilfunk hinkriegen?“ THOMAS SENN

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Verbrenner-Aus wirklich bleibt, das werden wir sehen. Bis dahin wird noch dreimal gewählt, auch in Europa.

Carsten: Die Kosten sind überhaupt kein Problem. Tesla hat die Preise schon jetzt um 33 Prozent gesenkt. Die Batterie wird immer günstiger herzustellen, die Autos werden immer einfacher zu fertigen sein. Automobilität wird in Zukunft insgesamt günstiger werden, und die Krankenschwester, die von der FDP gerne als Argument anführt wird, wird dann endlich ein günstiges Auto vor der Tür stehen haben und vor allem ein umfassendes Mobilitätsangebot. Niemand, außer der Politik, spricht von einem generellen Verbot des Autos! Aber die Bedürfnisse der Menschen haben sich vollkommen verändert.

In vielen europäischen Städten dürfen Autos nicht mehr in die Innenstädte fahren. Werden sie aus den Städten ganz verschwinden?

Carsten: Autos gehören zum städtischen Raum, das wird auch so bleiben. Was aber passiert, sogar in China und den USA, ist eine Umwidmung des öffentlichen Raumes. Wo früher drei Spuren einer Straße für Autos reserviert waren, ist es mittlerweile nur noch eine.

Die anderen sind für den ÖPNV und für Fahrräder. Das geschieht nicht nur aus ökologischen Gründen, sondern die Standortkriterien verändern sich massiv.

Die Lebensqualität von Städten muss gewahrt werden, um wieder wirtschaftliches Wachstum und Wohlstand generieren zu können.

In der Bundesrepublik war das Auto das Symbol für Wohlstand und wirtschaftlichen Erfolg. Steht es mittlerweile für den Niedergang?

Senn: Da würde ich zustimmen. Wir vernichten gerade unsere Autoindustrie. Plötzlich gibt es eine Vielzahl von Anbietern auf dem Markt, die billige und qualitativ schlechte Autos zusammenkleben können. Viele deutsche Hersteller können auf diesem niedrigen Niveau nicht konkurrieren. Nicht alle können alternativ den Weg vom Daimler einschlagen, der sich nur noch auf das Luxussegment konzentrieren will. Das Auto wird aber nicht das Weltklima retten. Die mit Abstand größten CO2-Emittenten sind immer noch die Energiebranche und die Industrie. Und nebenbei bemerkt: Es wird ja kein Verbrenner weniger. Der fährt dann nur in einem anderen Land.

Carsten: Ich sehe das Auto im Moment auch als das Symbol für den Niedergang. Es ist nicht mehr der Wohlstandstreiber, die Mobilität wird vielschichtiger. Bei der Ursache stimme ich Herrn Senn aber nicht zu. Niemand vernichtet die Autoindustrie, das hat sie schon selbst zu verantworten. Alle Vorstände, die ich bera106

„Der Verkehrssektor ist der einzige Sektor in Europa, der seit 1990 immer mehr CO₂ emittiert. Das geht mir extrem gegen den Strich.“ DR. STEFAN CARSTEN

ten habe, haben immer nur gelacht, wenn es um das Thema Elektromobilität ging. Sie werde nie kommen, hieß es dann, g e n a u s o we ni g w ie die Hybridtechnologie.

Wenn ich heute einen Verbrenner mit einem E-Auto vergleiche, muss ich sagen: Es ist nicht nur umweltfreundlicher, sondern auch schöner und bietet mehr Fahrspaß.

Mehr Fahrspaß, inwiefern?

Carsten: Ja, es ist die Beschleunigung, wenn du zum Beispiel an der Ampel stehst. Deswegen sagen rund 90 Prozent der Menschen, die zum ersten Mal ein E-Auto gefahren sind: Nie wieder einen alten, rückständigen Verbrenner!

Senn: Da bin ich absolut dabei. Die Beschleunigung ist sensationell. Eine Sache aber fehlt bei den Elektroautos, wenn wir von der Lust am Fahren sprechen. Das Geile an Autos war nie die Leistung, sondern immer der Sound.

Carsten: Wirklich? Krass.

Senn: Neulich habe ich meine Mutter im Subaru mitgenommen, als ich den Motor angelassen habe, sagte sie: „Wow, klingt das schön!“ Meine Mutter! Sie ist über 80. Die meisten können ein Auto mit vielen PS ja gar nicht ausfahren, aber darum geht es auch nicht.

Sie haben diesen Motor, der dieses absolut geile Geräusch macht.

Genau das lieben auch die Fans im Motorsport. Wenn da ein Elektroauto startet, fliegen ihm Steine hinterher. Da bist du früh aufgestanden, stundenlang angereist, hast gefroren, bist womöglich noch nass geworden, und dann macht irgendwas „pfffft“.

Carsten: Da würde mich jetzt interessieren, was Sie vom Sound­ engineering bei Elektroautos halten?

Senn: Ich hoffe, dass das mal kommt! Was es zurzeit gibt, ist ja nix.

Lasst die Dinger doch mal richtig Alarm schlagen, lasst sie nach was klingen, und man hat die Hälfte der Leute schon davon überzeugt.

Wenn Geschwindigkeit und Beschleunigung nicht entscheidend sind, warum hängen wir in Deutschland dann so am Tempolimit?

Senn: Ja, wir können natürlich alles abschaffen und alles verbieten! Im Ernst, lasst uns doch dieses Kulturgut. In Deutschland wurde das Auto erfunden, die deutsche Automobilindustrie steht für Qualitätsfahrzeuge, das hat sie weltweit berühmt gemacht. Wer schnelle Autos baut, muss sie auch schnell fahren lassen dürfen.

Das ist ein Alleinstellungsmerkmal.

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SUSANNE LANG, 47, leidet immer noch, wenn sie daran zurückdenkt, wie ihr Vater sie mit dem geerbten, knallorangenen Opel Kadett ihres Opas von der Schule abgeholt hat. Auto ihres Herzens war ein roter Porsche 911, den sie in der Toskana einmal testfahren durfte. Heute freut sie sich über jede neue Mobilitäts-App auf ihrem Handy.

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„Ja, wir können natürlich alles abschaffen und alles verbieten. Lasst uns doch dieses Kulturgut. Die deutsche Automobilindustrie steht für Qualitätsfahrzeuge, das hat sie berühmt gemacht.

Wer schnelle Autos baut, muss sie auch schnell fahren lassen dürfen.“ THOMAS SENN

Ein Argument dafür ist, dass es CO2 einspart.

Senn: Also da muss man aber auch die Dimension beachten.

Global gesehen spart ein Tempolimit in Deutschland vielleicht eine 0,00000-irgendwas-Stelle hinter dem Komma an CO2Emissionen ein.

Carsten: Das ist nicht ganz richtig, man kann schon sehr, sehr viel CO2 einsparen. Außerdem macht es den Verkehr sicherer. In Frankreich oder in Österreich fährt man mit 120 oder 130 sehr entspannt.

Senn: Das darf doch jeder auch hier so machen. Ich fahre auch 120 auf der Autobahn. Aber schneller muss doch nicht verboten werden! Ich weiß nicht, warum Deutsche immer entweder die Welt erobern oder die Welt retten müssen. Dem Weltklima ist es egal, ob wir hier 130 fahren oder nicht.

Carsten: Der Verkehrssektor ist der einzige Sektor in Europa, der seit 1990 immer mehr CO2 emittiert. Aber es scheint so, als ob diese Industrie glaubt, sie könne machen, was sie will. Das geht mir extrem gegen den Strich. Und jetzt sorgt sie dafür, dass Arbeits­ plätze abgebaut werden müssen, weil sie ihre Hausaufgaben nicht gemacht hat. Dafür mischt sie sich in politische Debatten ein, was den Klimawandel anbelangt. Das ist nicht richtig und nicht fair, vor allem den jungen Generationen gegenüber. Meine Kinder, die sind elf und 14, auch für die kämpfe ich, dass das anders gehandhabt wird in diesem Land.

Senn: Das ist Ihr gutes Recht. Ich bin der Meinung, dass wir uns keinen Gefallen tun, wenn wir unsere Autoindustrie dazu zwingen, keine Verbrenner mehr zu bauen, wenn sie das am besten kann.

Sie kann gute Getriebe und gute Motoren bauen. Das hat uns reich und berühmt gemacht. Und weite Teile der Welt werden ja weiter Verbrenner fahren, nur leider nicht mehr unsere.

Wir sitzen hier an einer alten Tankstelle, im Stockwerk unter uns kann man Porsches, Lamborghini und Maserati bewundern, ab und zu bekommen wir röhrende Motoren zu hören. Ein schöner Ort? Carsten: Ich fühle mich hier wie in einem Museum, das natürlich absolut seine Legitimität hat. Aber ich habe keinen Herzschlag, wenn ich hier durchgehe.

Senn: Doch, den habe ich schon. Bei einigen Autos bin ich stehengeblieben – beim Fiat Ritmo, 120 TC Abarth zum Beispiel, ein absoluter Killer aus meiner Jugend, den kannte man nur aus Autozeitschriften. Eigentlich muss ich ihn sofort mitnehmen.

Carsten: Ich rufe mir lieber ein FreeNow-Taxi.

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