Das Tagebuch eins Verrückten

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Ich merke wie ich in eine Depression rein rutsche und helfe mir selbst dabei sogar, denn ich habe nichts anderes verdient! Ich bin schlecht! Armer Josef! Irgendwann laufe ich zu meinem Nachbarn, der mit weit geöffneten Augen vor meinem Laptop sitzt und mich zwar bemerkt als ich mich neben ihm abstelle, doch das scheint ihm egal zu sein. Und mir ist es recht! Armer kleiner Josef. Ich blicke Maddy an und frage: „Hast du schon einmal etwas getan, wofür du dich richtig geschämt hast?“ Matrix-Lover schielt mich von der Seite an und sagt: „Mach ich ständig, doch der Trick ist, das Gewissen auszuschalten.“ „Geht das?“ „Ja. Denk einfach nicht mehr dran.“ In Gedanken packe ich Josef und versuche ihn aus meinem Kopf zu schieben, doch er wehrt sich und will nicht gehen. „Geht nicht.“, sage ich. „Bei mir funktioniert es. Dann machst du was falsch.“ Glaube ich nicht. Ich denke, dass das wofür sich Maddy schämt, noch lange nicht so schlimm ist wie das, was ich dem kleinen Josef angetan habe. Aber ich lasse das Thema ruhen. Zumindest Maddy gegenüber.

„Hey, deine Festplatte...“,, sagt mein Nachbar und ich bin froh über diese Ablenkung. „Kann ich da ein paar Daten von dir...ähm...löschen?“ „Ähm...nö.“ „Okay, da ich wusste das du das sagen würdest, habe dir eine externe Platte mitgebracht, da passt noch was drauf.“ „Wie wär´s wenn du deinen Scheiss einfach löschst?“ „Mein Scheiss? Das ist wertvoll.“ „Dann nimm´s mit.“ „Bald, bald Kumpel.“ Ich bin zu fertig um mich aufzuregen, ich sitze da und starre auf den Bildschirm meines Computers. Was Maddy macht ist mir plötzlich egal. Irgendwann stehe ich auf, suche in der Küche nach einem kleinen Feigling der noch von der Party übrig geblieben ist und als ich ihn gefunden habe, kippe ich ihn fast runter. Doch ich fühle mich noch immer schlecht. Und plötzlich weiß ich auch wieso: Weil ich trinke! Josef hat kein Wasser! Aber ich habe Wasser! Ich kann trinken! Er nicht! Also darf ich auch nichts Flüssiges zu mir nehmen! So einfach ist das! Plötzlich fühle ich mich gut und bin erleichtert. Es ist, als wäre ich auf einmal von all meinen Sünden freigesprochen worden. Ich gehe wieder zu Maddy


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