Das Tagebuch eins Verrückten

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plötzlich in jene Frau, die sie war, bevor sie mitbekam das ich ihr Nachfolger werden würde. Ihr Gesicht wird ernst und ich bekomme Angst. Die Berta auch, doch der Unterschied zwischen uns beiden ist, dass sie es sagt. „Warum sie schauen so böse? Schöner Tag heute, net wahr? Wissen sie, so viel Probleme es geben auf der Welt und wir alle gesund. Warum nicht freuen darüber?“ Berta strahlt eine so ungeheure, positive Energie aus, die auch die Fischer weich klopft. Wir schauen uns an und wissen nicht was wir sagen sollen. Für einen Moment tritt beklommene Stille ein. Nach ein paar Sekunden der Ruhe frage ich: „Woher kommen Sie.“ „Ich geboren in Moskau. Aber nix schön. Viele Ratten. Dann ich umgezogen nach anders hin und schon schöner da. Da ich auch kennen lernte meine Mann. Vor ein paar Jahren ich erfahre von Martin und ich bekomme mit, dass er ist meine Bruder.“ „Herr Weser, meinen sie, oder?“, will ich wissen. Berta nickt. „Genau, richtisch. Komische Geschichte, sie müssen wissen. Unserer Vater damals Soldat von Russland gewesen und hat gekämpft gegen Deutschland. Dann Deutschland ihn hat gefangen und gerade als sie wollten ihn

erhängen, Freund Amerikaner kam und hat befreit meinen Vater. Vati nix mehr wollte nach Hause und gebleiben in Deutschland. Er nix fand Deutschland so schlimm wie gesagt von Russland und fand deutsche Frau. Später er bekommt noch einmal Vater und gab Sohn Namen Martin.“ Ich finde die Geschichte sehr interessant und wundere mich darüber, dass Herr Weser noch nie etwas von einer Schwester erzählt hat. „Vati starb vor sechs Jahren und sagte davor Martin, dass ich bin da. Seine Schwester. Martin hat gesucht mich und fand mich. Er extra reise nach Russland. Lieber Bruder, sehr lieber Bruder.“ „Und seither leben sie in Deutschland?“, fragt die Fischer und ich sehe auf dem Notizblock vor ihr das Wörtchen „Aufenthaltsgenehmigung?“. „Nee, nee.“, meint Berta und winkt in die Luft. „Ich und Familie habe besucht Martin jedes Jahr. Dann mein Mann habe gefunden Arbeitsplatz hier in schöne Deutschland und wir kommen her. Näher an Martin und Mann habe Job. Alles supi. Und wunderschön hier..“ Plötzlich blickt Berta auf den Boden und das Wörtchen „Wunderschön“ kaufe ich ihr nicht mehr ab. „Sie müssen wissen, meine Mann Emil gestorben vor ein paar Monaten. Meine liebe Mann. Seitdem Deutschland nix mehr soooo schön


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