JURAcon Jahrbuch 2011

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Unternehmensanwälte und Deutsche Rentenversicherung

aber auf jeden Fall eine qualifizierte Stellenbeschreibung des Arbeitgebers vorliegen. Diese darf sich nicht auf Allgemeinplätze beziehen oder das Merkblatt abschreiben. Nur das Abstellen auf Stellenanzeigen, Stellenausschreibungen, Organigramme, schlagwortartige Bezeichnungen der Tätigkeit etc. ist hier nicht ausreichend. Hier muss gerade der Berufsanfänger Sorgfalt aufwenden oder sich beraten lassen. Zudem muss die DRV die heutigen Umstände des Wirtschaftslebens anerkennen, wie auch die Richter des LSG Hessen feststellen. So gibt es etwa keine Alleinentscheidung im Unternehmen mehr, die Mitentscheidung ist die Regel. So hat es auch das SG Köln (Urteil vom 5.7.2010 – S 23 R 125/09 – nicht rechtskräftig) gesehen, das das Merkmal „Rechtsentscheidung“ bei einem jungen Anwalt in einer Opern-GmbH bejahte, der für das Arbeits- und Künstlerrecht zuständig war und dem Geschäftsführer Verträge etc. nur noch zur Unterschrift vorlegte. Dies reiche aus, meinten die Richter. Anwalt: vielfältiges Berufsbild Hinzuweisen ist noch darauf, dass für eine anwaltliche Tätigkeit bei einem nichtanwaltlichen Arbeitgeber im Hinblick auf den Gleichbehandlungsgrundsatz des Art. 3 GG keine höheren Anforderungen an den Rechtsanwalt gestellt werden dürfen als an einen Rechtsanwalt, der als Angestellter in einer Rechtsanwaltskanzlei arbeitet.

Die nahezu stereotype Formulierung in Bescheiden, „dass ein Sachbearbeiter immer weisungsgebunden und damit nicht anwaltlich tätig ist”, ist so nicht richtig.

Es spricht auch nicht gegen die anwaltliche Tätigkeit, wenn ein junger Rechtsanwalt zunächst einmal in eine bestimmte Tarifgruppe eingestuft wird. Gerade in der Industrie oder in Versicherungen sind diese Gehälter oft höher als in kleinen, nicht tarifgebundenen Unternehmen oder als die Anfangsgehälter in Kanzleien. Eine Rolle spielt hier auch, dass viele Versicherungen verpflichtet sind, Berufsanfänger – unabhängig von ihrer inhaltlichen Tätigkeit – tarifvertraglich zu bezahlen. Zudem wird oft das Gehalt verhandelt und dann eine Einstufung in ein Tarifgehalt vorgenommen. Auch die Arbeitgeberverbände der Versicherungen gehen davon aus, dass die tarifvertragliche Einstufung der Unternehmensanwälte diese nicht zu „Sachbearbeitern“ macht, besonders wenn sie in die Tarifgruppen VI und höher des Manteltarifvertrags eingruppiert worden sind. Deutliche Worte hat hier das SG Düsseldorf (Urteil vom 2.11.2010 – S 52 R 230/09 – nicht rechtskräftig) gefunden, das ein Gehalt des Anwalts über dem R-1-Richtergehalt nicht mehr als Sachbearbeitergehalt ansah. Auch muss der Anwalt nicht immer in der Rechtsabteilung angesiedelt sein. Eine als „Assistenz“ beschriebene Tätigkeit, angesiedelt bei der Unternehmensführung, kann sehr wohl „anwaltlich“ sein, etwa wenn es um das Vertragsmanagement mit hohen juristischen Ansprüchen geht. Die Abwicklung von Großschäden in einer Versicherung, etwa wenn es um die Haftung von Ärzten geht, ist nicht mit einer untergeordneten Sachbearbeitertätigkeit eines leichten Verkehrsunfalls zu vergleichen. Die nahezu stereotype ­Formulierung

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