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Freitag, 17. April 2009 - Nr. 8
Englische Fräulein
Langjährige Tradition geht zu Ende Schwestern der Congregatio Jesu legen Führung des Maria-Ward-Heimes nieder
foto mb Mit Ende des Schuljahres 2008/09 verlassen die Schwestern der Congregatio Jesu aufgrund des Schwesternmangels nach 275-jährigem Wirken ihren Ansitz am Sandplatz. Damit geht eine langjährige Tradition unwiderruflich zu Ende.
Seit dem fernen Jahr 1723, in dem die Englischen Fräulein am Sandplatz in Meran ihre Niederlassung gründeten, widmeten sich die Schwestern der Bildung und Erziehung von Mädchen – ganz nach dem Vorbild der Stifterin Maria Ward. Abertausende junge Mädchen erhielten hier eine gründliche Schulbildung und/oder eine Unterkunft. Bis zum Zweiten Weltkrieg wurden im Haus die damals üblichen Schulen geführt: Volks-, Haushalts- und Bürgerschule. Während des Krieges stellten die Schwestern die Lehrtätigkeit ein. 1945 begann für die Englischen Fräulein eine neu Ära. Vizeschulamtsleiter Josef Ferrari organisierte das deutsche Schulwesen neu und er-
öffnete in Meran die Lehrerbildungsanstalt (LBA), deren Klassenräume vorerst im Mädchenheim am Sandplatz untergebracht waren. Ende der sechziger Jahre übersiedelte die LBA in die Galileistraße. Das Heim am Sandplatz wurde weitergeführt. In den folgenden Jahren fanden darin ausschließlich Schülerinnen der Lehrerbildungsanstalt einen Heimplatz. Seit den siebziger Jahren wohnen Schülerinnen verschiedener Schulen bei den Schwestern am Sandplatz. Heute sind unter den Heimbewohnerinnen - bis auf eine - alle Meraner Oberschulen vertreten. Das wird auch in Zukunft so bleiben, aber mit Ende des laufenden Schuljahres legen die Schwestern die Führung des Heimes nieder. Diese wird ab Herbst der Kolpingverein übernehmen. Meran und ganz Südtirol sind den Schwestern am Sandplatz, die über Jahrhunderte hinweg großartige Erziehungs- und Bildungsarbeit geleistet haben, zu großem Dank verpflichtet. mb
Wiedersehenstreffen ehemaliger Heimschülerinnen Am 28. März waren alle Schülerinnen, die in der Zeit nach dem Zweiten Weltkrieg bis zum Schuljahr 1982/83 im Maria-WardHeim (ehemals Englische Fräulein) am Sandplatz gewohnt hatten, zu einem Wiedersehenstreffen eingeladen. Die Heimleiterin, Sr. Monika Larcher, begrüßte mehr als 200 Frauen, die aus allen Teilen Südtirols gekommen waren. Im Innenhof des ehrwürdigen Gebäudes herrschte Ausnahmezustand, als die Geladenen nach und nach eintrafen und ihre ehemaligen Mitschülerinnen wiedersahen. Manche hatten sich über Jahrzehnte nicht gesehen. Adele Fischböck Steiner war an diesem denkwürdigen Tag der älteste Gast. Sie wohnte im fernen Jahr 1946/47 bei den Englischen Fräulein am Sandplatz und hatte den weiten Weg von Rasen im Pustertal nach Meran nicht gescheut, um in sehr alten Erinnerungen zu wühlen.
Nach einer gemeinsamen Messe in der Herz-Jesu-Kirche und einer PowerPoint-Präsentation mit Fotos aus vergangener Zeit, wurde im Speise- und im Studiersaal sowie in den Zimmern über alte Zeiten gefachsimpelt. Immer wieder hörte man „Wisst ihr noch….?“ Nach einem gemeinsamen Mittagessen und vielen interessanten Gesprächen wurden alle mit einem kleinen Präsent verabschiedet. Die Erinnerungen hatten für ein paar Stunden von allen Besitz ergriffen und alle vergessen lassen, dass draußen vor foto mb dem großen Tor das Le-
ben in den vergangenen Jahrzehnten für jede Heimschülerin von damals auf ganz unterschiedliche Art und Weise weitergegangen war. mb
45 Jahre Erziehungsarbeit Monika Larcher, Schwester der Congregatio Jesu und Heimleiterin im Maria-WardHeim, wurde 1939 in Grasstein, Gemeinde Franzensfeste, geboren und auf den Namen Maria getauft. Die Volksschule besuchte sie in Mittewald, die Lateinmittelschule in Meran, wobei sie bei den Englischen Fräulein wohnte. 1958 trat sie in den Orden ein, erhielt den Namen Monika und lebte bis 1982 im damaligen Provinzhaus in Brixen. Ab 1961 leistete sie dort Erziehungsdienst, unterbrochen vom zweijährigen Besuch einer Erzieherschule in Österreich. Im Herbst 1982 übersiedelte sie in das Maria-Ward-Heim am
Sandplatz und übernahm zwei Jahre späfoto mb ter die Leitung desselben. Damals lebten ungefähr 30 Schwestern im Meraner Kloster, heute sind sie noch zu dritt. Sr. Monika, am 21. März wurden Sie von der Arbeitsgemeinschaft Südtiroler Heime für 45 Jahre Erziehungsarbeit geehrt. Hat sie diese Ehrung gefreut? Ja, sie hat mich sehr gefreut. Es ist eine Anerkennung - auch von Seiten der Landesverwaltung, die die Heime bestmöglich zu unterstützen versucht - für viele Jahre Einsatz für die Jugendlichen. Zu diesem Anlass ermutigte auch Bischof Karl Golser die Erziehenden „BrückenHeimschülerinnen 2009 bauer für die Zukunft“ zu sein. die verschiedenen Meraner Oberschulen, nur Wer lebt und arbeitet heute unter Ihrer Fühvon der Handelsoberschule wohnt keine Schürung im Maria-Ward-Heim? lerin bei uns. 2 Erzieherinnen und 6 AngestellHier leben zurzeit 90 Mädchen. Diese besuchen