IPPNW aktiv
Einmal hin und weg sein Wie IPPNW-Programme Leben auf den Kopf stellen
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n zwanzig Jahren wirst du dich mehr über Dinge ärgern, die du nicht getan hast, als über die, die du getan hast. Also, wirf die Leinen und segle fort aus deinem sicheren Hafen. Fange den Wind in deinen Segeln. Forsche. Träume. Entdecke. (Mark Twain)
f&e oder famulieren & engagieren ist ein Austauschprogramm der deutschen IPPNW in Verbindung mit lokalen Kooperationspartnern in u. a. Indien, Nepal, den USA, auf dem Balkan, Israel und Palästina, in der Türkei und in Japan. Ziel und Zweck ist es, Medizinstudierenden die Möglichkeit zu geben, durch einen Monat Famulatur Einblicke in andere Gesundheitssysteme zu gewinnen. Einmonatige Praktika in einer NGO oder ähnlichen sozialen Organisation ermöglichen darüber hinaus Einblicke in gesellschaftliche Zusammenhänge und Problematiken. Eingebunden ist das Programm in eine betreute Vor- und Nachbereitung.
Besonders kennzeichnend ist der rege Austausch zwischen den Verreisenden und den schon Verreisten aus dem vorherigen Jahrgang.
Mit f&e in Israel
stark von der Geschichte des jüdischen Volkes im 20. Jahrhunderts beeinflusst wurden. Dank der Übersetzungen ins Englische durch Dr. Daphna Shefet, der Leiterin der Gerontopsychiatrie und Verantwortliche vor Ort für das f&e-Programm, konnte ich den meisten Gesprächen relativ gut folgen. Ergänzt wurde meine Famulatur durch Hospitationen in verschiedenen Einrichtungen, wie einem Tageszentrum für HolocaustÜberlebende oder einer psychiatrischen Ambulanz für Flüchtlinge. So konnte ich mich neben der Geschichte des jüdischen Volkes auch mit den aktuellen Problemen und Herausforderungen der israelischen
Nachdem ich vor drei Jahren zum ersten Mal Israel bereist hatte, wusste ich dieses Mal grob, worauf ich mich einzustellen hatte. Vor meiner ersten Reise waren Jerusalem und Tel Aviv noch ferne, kaum reale Orte gewesen, die nach Bibel und Jahrtausende alter Geschichte oder nach Nahostkonflikt und ein bisschen Gefahr klangen. Nach meiner ersten Reise waren diese Namen mit Bildern und Erfahrungen angereichert. Dennoch war meine jetzige Israel-Erfahrung, ermöglicht durch das f&e-Programm der IPPNW, ganz anders und voller neuer Eindrücke. So konnte ich das Leben in Israel diesmal viel mehr von der alltäglichen Seite kennenlernen als dies bei einer normalen Reise der Fall ist. In Shalvata, dem psychiatrischen Krankenhaus in einem Vorort von Tel Aviv, in dem ich meine Famulatur gemacht habe, habe ich viel über die heutige israelische Gesellschaft gelernt, besonders durch die Lebensgeschichten der älteren Patienten, die meist
Klingt zu gut um wahr zu sein? Ist es auch. Denn egal, was dir erzählt wird: Nichts geht über die Erfahrung, dort gewesen zu sein. Vielleicht dort, hinter einer acht Meter hohen Betonmauer, an der du jeden Tag vorbeilaufen wirst auf dem Weg zur Klinik, wo du
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Menschen sehen wirst, die an Krankheiten leiden, die du in Deutschland wahrscheinlich nie zu Gesicht bekommen wirst. Oder dort, wo Menschen dir ein Festmahl auftischen, während du genau weißt, dass du als armer Studierender mehr Geld im Monat für den Kaffee in der Mensa ausgeben wirst als die ganze Familie zusammen verdient. Oder dort, wo du in der Menschenmenge deine Schuhe verlierst und dir eine alte Dame sie dir lächelnd hinterherträgt, während um euch die Massen unbeirrt in ihrem Weg weiterströmen. Um ehrlich zu sein: Mir ging es nicht gut, als ich zurückkam, mit diesem Koffer voller Erfahrungen und Erinnerungen – und nicht so ganz wusste, wie er in mein kleines deutsches Leben passen sollte, so voll war er. Aber ich würde diese Reise mit f&e um nichts in der Welt missen wollen. Los die Leinen, Antonia (Weltenbummlerin, f&e-Veteranin und Redaktionsmitglied)
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Gesellschaft beschäftigen, die Israel als ein Land voller Widersprüche zeigen. Ich wurde mit sehr viel Gastfreundschaft empfangen, immer wieder eingeladen, sei es zu einem jüdischen Shabbatdinner oder dem muslimischen Opferfest, sodass ich Einblicke in die Lebenswelten ganz unterschiedlicher Familien bekommen konnte. Für die Herzlichkeit und all die neuen Erfahrungen bin ich sehr dankbar und blicke auf eine ereignisreiche Zeit zurück, die mich noch lange beschäftigen wird. Ricarda Münch 6. Semester Humanmedizin, Berlin