Intro #228

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SONNY KNIGHT AND THE LAKES LOOPTROOP ROCKERS »I’M STILL HERE« »NAKED SWEDES« SECRET STASH / CARGO

JAK ARTA / GROOVE ATTACK

LEGENDE / R’N’B / ZEITLOS Ein kleines Stückchen Soul-Geschichte offenbart Sonny Knight hier, fast 50 Jahre nach der Veröffentlichung seiner Debütsingle. 1965 nahm er mit gerade 17 Jahren seine erste 7“ auf, sang danach in Minnesota bei der Funkband Haze und arbeitete dann für sehr lange Zeit als LKW-Fahrer. Ohne sein Wissen war die Single »Tears On My Pillow / Rain Dance« da in R’n’B-Kreisen längst zum Sammlerstück geworden. Doch es brauchte den Gründer des Secret-Stash-Labels und Drummer Eric Foss, um aus dem Trucker Knight wieder den SoulSänger zu machen, der nun mit The Lakers und unendlicher Verzögerung sein Debütalbum vorlegt. Retro­spektiv im allerfeinsten Sinne swingt Knight sich mit ekstatisch einnehmendem Gesang durch klassische Grundübungen aus den Bereichen des Memphis- und ­Northern-Soul, klassischen R’n’B und tiefschwarzen Funk. Ein Bass als bebender Teppich, die Gitarre ein schneidendes Rhythmus­instrument, die Bläser­sätze wie Schubser auf die Tanzfläche, der Lautstärkepegel stetig im roten Bereich – mehr kann man als unbekannte Soul-Legende ja wohl kaum richtig machen. Klaas Tigchelaar

SENDUNG / BEWUSST / RAP Kool Savas, seines Zeichens Kollege der schwedischen HipHop-Gruppe Loop­ troop Rockers, hielt einem imaginären MC-Gegner vor einiger Zeit mal vor, er würde neben dem König persönlich scheiße aussehen »wie der Rapper von Looptroop«. Der heißt Promoe, hat verfilzte Haare, einen langen Bart und tatsächlich etwas zu sagen. Das reichte bei Kool Savas und vielen anderen Rappern schon aus, um die Looptroop Rockers bis heute per se als MC-Kollektiv mit Weltverbesserer-Qualitäten und einer Schwäche für Müsli abzutun. Wobei, eigentlich stimmt das ja sogar. Die Gegner von Promoe, Supreme, Embee und Cosmic heißen nicht Prince Kay One oder Eko Fresh, sondern EU und Waffenlobby. Und weil das Quartett nach der komplett auf Schwedisch eingerappten Platte »Mitt ­Hjärta Är En Bomb« im letzten Jahr für »Naked ­Swedes« nun wieder auf Englisch umgeschaltet hat, ­versteht man auch was davon! Klar, dass das dem 08/15-HipHop-Hörer und -Macher ein bisschen zu anstrengend erscheinen mag. Der Rest bekommt hier aber eine musikalische und sendungsbewusste HipHop-Platte par excellence. Jan Wehn

LAWRENCE »A DAY IN THE LIFE«

MACHINEDRUM »VAPOR CITY ARCHIVES«

MULE MUSIQ / ROUGH TR ADE / VÖ 21.11.14

DISKRETION / KLARHEIT / AMBIENT Peter Kersten, Mitbegründer des Hamburger House-Labels Dial, meldet sich mit einem erstaunlich ­zurückgenommenen Album auf Mule Musiq zurück. Wo andere Künstler ihre elektronischen Kompositionen derzeit gerne mit multiplen Pitch-Shift-Exzessen, mehrfach gefalteten Origami-Rhythmen und plakativer Klang­gestaltung in Szene setzen, herrscht bei L ­ awrence eine befreiende Klarheit. Keine Gimmicks, keine zeitgeistigen Ornamente – dafür umso mehr Liebe zum Detail und molllastige Harmoniefiguren. Die Bassdrum ist hier ohnehin auffällig abwesend, Kersten spannt viel lieber kontemplative Klangräume auf. Kurz: »A Day In The Life« ist ein Ambient-Werk der klassischen Machart. Das mutet mit Blick auf Kerstens bisheriges Schaffen zunächst einmal ungewöhnlich an, ist es aber im Grunde gar nicht, denn die Idee von Ambient war selbst den clublastigeren Produktionen des Hamburgers stets inhärent. Mit »A Day In The Life« wird diese Idee eben nur ein Stück weit konkreter. Philip Fassing

NINJA TUNE / ROUGH TR ADE

SCHLAFLOS / SEHNSUCHT / CITY Nach fiebrigen Architekturträumen hat der Wahlkreuzberger Travis Steward beschlossen, ­seine illusorische Traumstadt zu vertonen. Mit »Vapor City Archives« setzt er nun e­ inen Schlusspunkt hinter sein einjähriges »­Vapor City«-Projekt. Der verkappte ­Romantiker verwebt, vertrackt, verdreht dabei Jungle-Rhythmen mit fragmentierten und ­geloopten Vocal-Samples. Fast klingt es, als wären Four Tet und Burial auf einem MDMARausch und würden nicht merken, dass sie ihre Tracks versehentlich in doppelter Geschwindigkeit abfeuern. Ein Genre, das man kurzerhand als Juke’n’Bass bezeichnen könnte. Die Vocal-Samples Stewards sind immer noch die distanziertesten und einsamsten und kommen aus einem unendlich langen Tunnel, wie in »Safed« oder »Hard 2 Be«. Doch Tracks wie »Boxoff« sprechen eine deutlichere, eine massivere Sprache. Schrilles Pfeifen weit im Hintergrund wird durch Synthesizer abgelöst, die wie auf nassem Boden fluoreszieren. Bässe schrau-


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