Intro #157

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Musik

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MANHATTAN

tenz, dann war sie schon immer genauso spannend und relevant wie Artschool-Visionen. Und dann kann man sich ihr auch nicht entziehen. Im Schlimmen sieht man das am Medienspektakel um abgleitende Künstler wie Pete Doherty und Amy Winehouse; wobei dabei das wirklich Wichtige, die aus dem dringlichen, kompromisslosen Lebensstil resultierende Kunst – bei beiden genannten schlichtweg großartige –, ja außer Acht gelassen wird. Insofern: Nicht unbedingt gesünder, aber irgendwie stimmiger im vermittelten Bild wird es, wenn Künstler und Rezipienten das Milieu teilen. So wie eben Gun Club in einer Zeit am Rand des Abgrunds tänzelten, als dies weltweit eine gewisse Szene tat, als mit Indie noch was anderes als nur die Musik gemeint war. Denn dann geht es vor allem um die Artefakte und nicht um Starmania. Aber genug des Exkurses. Und des Einklagens von zugeschriebenen Erwartungen, zumal es – zugegebenermaßen – viel angenehmer ist, mit den beiden Sons & Daughters in Brooklyn bei Soja-Lattes über ihre Musik zu sprechen, statt in einem abgefuckten Backstageraum, während sie sich einen Druck setzen. Konzentrieren wir uns auf den musikalischen Link: Adele sieht den gemeinsamen Nenner vor allem in der mit Jeffrey Lee Pierce geteilten Debbie-Harry-Obsession. Bei Gun Club führte diese ja zu einer Kollaboration. Und wenn man Adeles Gesicht bei letzterem Satz sieht, dann steht da in großen Buchstaben der Traum, auch mal gemeinsam mit der Blondie-Sängerin auf der Bühne zu stehen.

»This Gift« hat ein anderer Prominenter produziert: Suede-Gitarrist Bernard Butler. Erscheinen wird es auf Domino. Musikalisch hat sich aber einiges getan. Die Songs scheinen teilweise sehr hell, für die Verhältnisse der Band. Interessanterweise geht dieser Hang zum Aufreißen der Songs, zum abholenderen Gestus, einher mit einer viel spontaneren Aufnahme. Und man muss attestieren: Experiment gelungen. Man fühlt sich sofort angekommen, wenn die Band den Opener »The Bell« ansetzt, den ewigen Klang der Glocken hymnisiert. Oder wenn »Gilt Complex«, der Hit des Albums, beschwingt aggressiv alle Ohren der Welt einfordert, sich bereit zeigt, uns alle in Stücke zu reißen mit seinen schneidenden Gitarren, wenn wir uns nicht hingeben wollen. Im Kontrast finden sich auch auf »This Gift« wieder diese Balladen der Hoffnung, vorgetragen mit Ratschlägen, denen man anmerkt, dass sich die Vortragenden selbst nicht ganz sicher sind, und die sie – nicht zuletzt in Zeiten neoliberalistischer Kampfansagen aus der Politik und Wirtschaft – genau deswegen so ehrlich und sympathisch wirken lassen; und wenn das jetzt relativ authentisch anmutet, dann soll es auch so sein.

Domino Bereits der Vorgänger »The Repulsion Box« erscheint auf dem Glasgower Label. S: Bevor wir bei Domino unterschrieben haben, dem besten Label der Welt, waren wir schon Fans von Bands wie Smog, die in Europa dort veröffentlichen. Das Besondere bei Domino ist, dass sich die Bands dort untereinander beeinflussen. Jeder übernimmt was von jedem. Laurence Bell, der Chef von Domino, ist einer dieser exzentrischen Plattenfirmentypen, der hat so viel Leidenschaft für Musik und kümmert sich um die Bands, sodass sich alle wohlfühlen.


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