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HEUTE

ihren Insassen zwar sowohl Beschäftigung als auch psychologische Beratung in Gruppen- oder Einzelgesprächen an, man hat jedoch nicht das Gefühl, dass sich irgendjemand ernsthaft um sie kümmert. Wenn man einen solchen Film gesehen hat, kommt einem der Jugendstrafvollzug wie ein zynisches System vor, in dem man entweder untergeht oder sich auf Kosten anderer durchschlägt. Podknast – Wie es wirklich ist Da ist es leicht nachzuvollziehen, dass sich einige JVAs mittlerweile bemühen, diesem negativen Ruf offensiv entgegenzuwirken. Die Website »Podknast – Wie es wirklich ist« (www.podknast.de) zum Beispiel gewährt Einblicke in den Jugendvollzug in NRW. Neben der berüchtigten JVA Siegburg ist auch die JVA Herford mit verschiedenen Rap-Videoclips und einem verfilmten Gedicht vertreten. Vor und hinter der Kamera: Sträflinge. Die Raps sind Teil eines Musicals, das in der JVA Herford aufgeführt wurde. Die Texte geben die Gefühlswelt junger Inhaftierter ziemlich überzeugend wieder. Raps von Sträflingen sind im HipHop nichts Besonderes. Die Tatsache, dass die damit verbundenen Musikvideos von der Gefängnisleitung ausdrücklich gefördert werden, ist allerdings erwähnenswert. Und dass es nach wenigen Telefonaten möglich ist, einige der am Projekt Beteiligten vor Ort treffen zu können, wohl auch. Die JVA Herford ist die größte der fünf Jugendstrafanstalten in NRW und bietet Platz für 355 Gefangene. Die Anstalt ist ein typisches Beispiel für klassische Gefängnisarchitektur: ein kreuzförmig angelegter Bau aus roten Ziegelsteinen, der von einer hohen Mauer umgeben ist. Das Gefängnis soll auch nach außen hin verdeutlichen, dass dessen Insassen dort sicher untergebracht sind, sprich: dass sie nicht abhauen können. Nachvollziehbar, wenn die Anstalt so zentral im Ort liegt wie in Herford. Für Besucher gibt es einen eigenen Eingang. Nachdem wir Personalausweis und Mobiltelefon beim Pförtner abgegeben haben, werden wir von einer freundlichen jungen Frau empfangen. Sie führt uns durch einen Metalldetektor und ein Schleusensystem, bei dem sich die nächste Tür erst öffnet, wenn sich die vorherige geschlossen hat. Auffällig ist der überdimensionale Schlüssel, den sie dazu benötigt. Nach einigen langen Fluren erreichen wir einen Bereich, der wie der Mittelpunkt der Anstalt wirkt. Wir befinden uns auf dem sogenannten »Spiegel«. Der Spiegel ist eine Art überdachter Innenhof, der von Balustraden flankiert wird. Diese führen zu den einzelnen Zellentrakten. Zwischen den insgesamt zwei Stockwerken und dem Erdgeschoss ist ein grobmaschiges Netz gespannt. Es ist kein Mensch zu sehen. In diesem Moment wirkt der Hof eher wie der Bestandteil eines Museums. Kurze Zeit später werden sich hier viele Häftlinge aufhalten. Die haben gerade noch Hofgang, wie ich wenig später beim Blick durch ein vergittertes Fenster sehen kann. Der schneebedeckte Hof im Außenbereich ist voller Jugendlicher. Alle tragen dunkelgrüne Kapuzenanoraks. Anstaltskleidung. Ein paar spielen auf einem Minifeld Fußball. Aber die meisten drehen in kleinen Grüppchen routinemäßig ihre Runden. Eigentlich ein schönes Bild, wären die Beteiligten freiwillig hier. Es gibt schwarze Schafe Die schweren Zellentüren, die die Flure der folgenden Trakte säumen, zeigen, dass sie das nicht sind. Neben jeder Tür hängt ein Schild, auf dem sowohl der Name des jeweiligen


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