LIFESTYLE
AUSGABE 38 | JULI 2016
Müller-Spreers damalige „Platoon“ segelte der internationalen Elite meist hinterher statt voraus. „Die Verpflichtung von Schümann war eine meiner größten Fehlentscheidungen“, sagt Müller-Spreer heute. Schümann sei gewiss einer der besten Segler der Welt, aber als Teamchef nicht wirklich zu gebrauchen. Bereits ein Jahr nach seinem Debut in der als „Formel-1 der Meere“ hochgepriesenen Regatta-Serie strich der Deutsche wieder die Segel. Vier Jahre später stieg auch Hauptsponsor Audi aus. Der Medcup war erledigt. Und die TP52 Yachten gerieten in Vergessenheit. So sah es jedenfalls aus.
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PANZERKREUZER UNTER SEGELN Millionenschwere Unternehmer wie der Deutsche Harm Müller-Spreer gehen vom 14. bis 18. Juli bei der TP-52 Weltmeisterschaft vor Puerto Portals an den Start
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ines kann man von Harm Müller-Spreer sicherlich zu recht behaupten: der Mann weiß sich in Szene zu setzen. Das wird spätestens beim Anblick seiner „Platoon“ klar, mit der der deutsche ImmobilienTycoon vom kommenden 14. bis 18. Juli an der TP-52 Weltmeisterschaft vor Puerto Portals teilnimmt. Die vor zwei Jahren in Dubai vom Stapel gelaufene Kohlefaser-Yacht glänzt dank eines aufwendigen Airbrush-Designs im martialischen PanzerkreuzerOutfit. Motto: auffälliger geht nicht. Dabei hat Müller-Spreer so viel Aufmerksamkeit eigentlich gar nicht nötig. Neben dem Container-Magnaten Udo Schütz zählt der millionenschwere Unternehmer aus Hamburg seit vielen Jah-
ren bereits zu den größten und vielleicht fanatischsten deutschen Mäzen im internationalen Segelsport. Bereits 2007 investierte er ein Vermögen in die Teilnahme bei der
Photo©Martinez Studio
ersten TP-52-Regatta-Serie, den „Audi Medcup“. Unter der Devise „Geld spielt keine Rolle“ holte er damals die Créme-de-la-Créme des deutschen Segelsports an Bord,
wie unter anderen den mehrfachen Olympia-Sieger und America’s Cup-Winner Jochen Schümann. Doch der erhoffte Erfolg blieb trotz der renommierten Spitzen-Crew aus.
Es geht auch ohne große Sponsoren
Doch vor zwei Jahren wurde die Klasse unter dem Namen „52 Super Series“ still und heimlich wieder zum Leben erweckt. Hinter der beachtlichen Flotte von über einem Dutzend Hightech-Yachten, die zwischen Mai und Oktober an insgesamt fünf Regatten (Tuscany, Sardinien, Puerto Portals, Menorca und Cascais) teilnehmen, stecken schwervermögende Segel-Enthusiasten wie der schwedische Skype-Erfinder Niklas Zennström, der US-amerikanische Präsident des internationalen Netzwerk-Unternehmens „Amway“, der russische Oligarch und GazpromAktionär Vladimir Liubomirov oder der französische Recycling-König Jean-Luc Petihuguenin. Um sich nicht mehr von der Geldlaune irgendwelcher Hauptsponsoren aus Industrie und Wirtschaft wie einst beim Medcup abhängig zu machen, griffen sie dieses Mal selbst ins Portemonnaie. Ihr Ziel: in den kommenden drei Jahren eine Regatta-Serie auf höchstem technischen und sportlichen Niveau zu etablieren. Auch Harm Müller-Spreer ist seit diesem Jahr wieder mit dabei. Mit neuem Boot und einer rundum erneuerten Profi-Crew. Statt Schümann steht er nun selbst am Ruder seiner spektakulären „Pla-
toon“. Eine Aufgabe, der er durchaus gewachsen scheint, angesichts der Tatsache, dass Müller-Spreer in den 1970erund 80er Jahren zu talentiersten deutschen Seglern Deutschlands zählte, und unter anderem in der DrachenKlasse gleich mehrere Europaund Weltmeistertitel einheimste. Jetzt, mit 54 Jahren, will er in der Champions League des Segelsports ganz vorne mitmischen. „Die TP-52 Serie ist das aktuelle Maß aller Dinge. Hier segeln nur die Besten der Besten. Keine andere Einrumpf-Klasse ist so anspruchsvoll. Für mich entscheidend ist jedoch, dass die Yachten aufgrund der neuen Einheitsregeln alle die gleiche Chancen haben. Entscheidend ist hier also ausschließlich, wie geschickt die Crew sich anstellt und nicht, wer das dickste Bankkonto hat“. Darüber, wie viel Geld er selbst in die Neuauflage der TP-52 Serie bereits investiert hat, schweigt der Deutsche sich geflissentlich aus. „Billig ist es nicht“, räumt er ein. Aber so sei das eben wenn man einem extravaganten Hobby nachgehe. Rund acht Wochen im Jahr nehme er sich für diese Freizeitbeschäftigung Zeit. „Davor und danach muss ich Geld verdienen. Von nix kommt nix“, so Müller-Spreer. Nach der Regatta vor Puerto Portals wird die TP-52 Flotte noch bei der Weltmeisterschaft vom 14. bis 18. September an den Start gehen.
Die Rennyachten kosten rund 2 Millionen Euro
Saisonabschluss feiert die „52 Super Series“ Mitte Oktober vor der portugiesischen Hafenstadt Cascais. Für Harm Müller-Spreer und seine „Platoon“ ist danach noch nicht Schluss. „Wir überlegen, im Winter an den TP-52 Regatten in den USA teilzunehmen“, so der Deutsche. Dort erfreut sich die Klasse ebenfalls wachsender Beliebtheit. Weltweit wurden allein im vergangen Jahr rund 40 neue TP-52 Yachten gebaut. Die Kosten betragen zwischen 1,5 und 2 Millionen Euro pro Stück. Andreas John