Was, schon wieder ein StadtJubiläum? — So oder ähnlich wird sich mancher Mitbürger fragen, wenn er die Überschrift dieses Artikels liest. Und in der Tat, Innsbruck hat auch heuer wieder allen Grund, sich auf seine Geschichte zu besinnen und sich vor allem jene vitale Entwicklung in Erinnerung zu Von SR Dr. Franz-Heinz Hye bringen, die unserer Stadt in den ersten 100 Jahren nach der Gründung der Altstadt beschieden war. Wurde im Jahre 1180 der ursprüngliche Markt am linken Innufer durch die Erwerbung des heutigen Altstadtgrundes über die Innbrücke herüber vergrößert und damit der Anstoß zur Stadtwerdung von Innsbruck (zwischen 1187 und 1204) gegeben, so wuchs diese junge Stadt schon nach wenigen Jahrzehnten über ihre engen Grenzen hinaus, d. h. am wirtschaftlichen Lebensnerv der Stadt, an der Brennerstraße, bildete sich schon bald nach der Anlage der mit Ringmauer und Graben befestigten Altstadt eine südliche Vorstadt, die heutige MariaTheresien-Str aße. Als sich diese Vorstadtsiedlung
zu entwickeln begann, unterstand ihr Gebiet noch dem Hofmarkgericht des Stiftes Wilten, dessen Grenze gegen Innsbruck bzw. gegen den Stadtgerichtsbezirk damals noch entlang der Linie Marktgraben—Burggraben—Rennweg—Herrengasse verlief. In ihrer Siedlungsstruktur und Lage tendierte diese Vorstadtsiedlung naturgemäß mehr zur Stadt als zur Dorfgemeinde Wilten, was auch in der Bezeichnung dieser Siedlung als „Neustadt" („nova civitas") zum Ausdruck kam. Zudem lag es auch im Interesse der Stadt, diese Vorstadt angegliedert zu erhalten. Die über diese Frage sicherlich geführten Verhandlungen zwischen dem damaligen landesfürstlichen Stadtherrn von Innsbruck, Graf Meinhard II. von Tirol-Görz, und dem Stift Wilten endeten daher offenbar zur beiderseitigen Zufriedenheit in einem am 5. Juni 1281 abgeschlossenen Vertrag, kraft dessen das Stift vor nunmehr genau 700 Jahren gegen eine bedeutende Weinzollbefreiung dem Landesfürsten und damit seiner Stadt Innsbruck die volle Gerichtsgewalt in der Innsbrucker Neustadt („omnem iudiciariam potestatem . . . in nova civitate in
Insprvkk") übertragen hat. Diese Urkunde, deren Original noch heute im Wiltener Stiftsarchiv verwahrt und bei der Jubiläumsausstellung im Schalterraum der Sparkasse gezeigt wird, stellt somit eines der ältesten Beispiele für die Vergrößerung eines Gerichtsbezirkes
1881
dar, und einen solchen bildete das Stadtgebiet von Innsbruck bis 1849. Die Südgrenze der Innsbrucker Neustadt von 1281 lag allerdings noch nicht bei der heutigen Triumphpforte, sondern beim Alten Landhaus. Der südlich davon liegende, etwas engere Teil der Maria-Theresien-Straße, wie die Neustadt seit 1873 heißt, kam erst später zur Stadt und wird erstmals in der Stadtordnung von ca. 1440 als Teil des städtischen Burgfriedens betrachtet.
VOR HUNDERT JAHREN
16. Mai: Am gestrigen Abend brach in der Innsbrucker Spinnfabrik Herrburger und Rhomberg ein Großbrand aus, der trotz des raschen Eisatzes der Feuerwehr das Fabriksgebäude bis auf die Grundmauern zerstörte. Nur Waren und Wolle aus den untersten Räumlichkeiten konnten vor den Flammen gerettet werden. Das Fabriksgebäude ist bei mehreren Assecuranz-Gesellschaften versichert. 18. Mai: Im Schloß Ambras werden gegenwärtig verschiedene Restaurierungs- und Adaptierungsumbauten vorgenommen, letztere hauptsächlich, um die von Laxenburg (Niederösterreich) dahin überbrachten Kunstgegenstände geeignet unterbringen zu können. Es befindet sich daher dort alles in einem Zustande, bei dem man mit Recht sagen kann, daß gegenwärtig im Schloß nichts zu sehen ist. 21. Mai: „Künftigen Montag, den 23. Mai, um 2 Uhr nachmittags beginnt die öffentliche unentgeltliche Impfung in der Wohnung des Stadtarztes Dr. Glatz (Maria-Theresien-Straße Nr. 13, Lindner-Haus, zweiten Stock) und wird jeden nächstfolgenden Montag zur gleichen Stunde dort fortgesetzt."
21. Mai: „Das alte rühmlichst bekannte Bad Egerdach bei Amras wird am 24. Mai eröffnet und ist, wie allgemein bekannt, bestens zu empfehlen gegen Magen- und DarmcaUrkunde vom 5. Juni 1281 (Originalgröße 19x8,5 cm), kraft wel-tarrh, dann gegen Kopfschmercher Graf Meinhard II. von Tirol-Görz vom Stift Wilten die Ge- zen, Heiserkeit, Husten, Verrichtsgewalt über die Innsbrucker Neustadt erworben hat. Origi- dauungsstörungen, Schwindel, nal im Stiftsarchiv Wilten. (Foto: Margarete Hye- Weinhart) Leberleiden usw. Für gute Re-
stauration aus Küche und Keller und entsprechende Unterkunft ist bestens gesorgt. Josef Scheiber, Badinhaber." 27. Mai: „Kundmachung des k.k. Statthalters betreffend das Statut für die Landes-Gebärklinik in Innsbruck. § 1. In der Gebärklinik finden Frauenspersonen, ledige sowohl als verehelichte, unentgeltliche Aufnahme, wenn sie im achten Monat schwanger sind. Verheiratete Frauenspersonen werden in einer von den übrigen ganz abgesonderten Abtheilung untergebracht. Alle Personen haben ohne Ausnahme die Verpflichtung, dem Unterrichte auf dieser Klinik zu dienen." 1. Juni: Im großen Sitzungssaal des Alten Landeshauses ist seit einigen Tagen das Modell eines Andreas-Hofer-Denkmales von Franz Reichard ausgestellt. Es trägt auf dem Sockel die Inschrift „Andreas Hofer 1809" und zeigt den Helden von Tirol, „wie er mit der Fahne in der Linken und dem gezückten Schwerte in der Rechten über eine Kanone hervorschreitet". Reichard befindet sich zurzeit an der Kunstakademie in München und ist ein ehemaliger Schüler der Innsbrucker Modellierschule. 7. Juni: In der Gemeinderatssitzung wird die Bausektion mit der Aufgabe betraut, „bezüglich des Neubaues der Staatsgewerbeschule aus den drei vorliegenden Plänen den tauglichsten zu bestimmen und hinsichtlich des Kostenvoranschlages, der Bauaufsicht und Bauführung dem Gemeinderath Bericht zu erstatten". W.