A M T S Q BLATT DER
LA N O ES H A UP T S T A DT
Nummer 4
I N N S B R U C K
38. J a h r g a n g
A p r i l 1975
Ubungsannahme: Lawinenabgang Der heurige Winter hat die Lawinengefahr mehr als deutlich vor Augen geführt. Auch an der Innsbrucker Nordkette gab es kritische Augenblicke, als am 2. Januar vom Hafelekar eine Lawine abging, die aufgrund der bereits vorher getroffenen Absperrungen glücklicherweise keine schwerwiegenden Folgen hatte. Konsequenzen hatte sie allerdings insofern, als Bürgermeister Dr. Lugger zu allen bisher getroffenen Schutzmaßnahmen der Kleinen und der Großen Lawinenkommission noch die Durchführung von Lawinenübungen anordnete, um auch in dieser Hinsicht gewappnet zu sein. In der Nacht vom 3. März fand nun oberhalb des Rechenhofs auf der sogenannten Penzenlener-Lawine eine großangelegte Übung statt, an der sich insgesamt 150 Mann der Freiwilligen Feuerwehren Hötting, Hungerburg, Mühlau, Arzl, Rum und Bezirk Innsbruck-Stadt, der Innsbrucker Berufsfeuerwehr, der Freiwilligen Rettungsgesellschaft Innsbruck, der Bergrettung und Polizei und eine Hundestaffel der Bergrettung mit 7 Hunden beteiligten. Der zu dieser Übung aufgebotene Wagenpark zählte 34 Fahrzeuge. Die Übungsannahme, Verschüttung eines von 6 Personen bewohnten Wochenendhauses, basierte auf einem konkreten Ereignis. Im Februar 1970 waren in der Rauthütte auf der Moosalm im Raum Leutasch 11 Personen von einer Lawine verschüttet worden, die von der Bergrettung alle lebend geborgen werden konnten. Die Nachtzeit hatte man für diese Übung beim Rechenhof mit voller Absicht gewählt, da beinahe sämtliche Lawinen an der Nordkette heuer in den späten Abendstunden oder nachts abgegangen sind und man den angenommenen Notfall so realistisch
und schwierig wie möglich gestalten wollte. Unter der Leitung von Branddirektor Ing. Angermair von der Innsbrucker Berufsfeuerwehr und von Herrn Karl Dilitz, Chef der Hundestaffel des Österreichischen Bergrettungsdienstes, mußten die Suchmannschaften den Lawinenkegel, in den man vor Übungsbeginn 6 Männer der Bergrettung eingegraben hatte, vorerst einmal nach äußeren Anzeichen von verschütteten Personen absuchen. Dazu wurde der Lawinenkegel von rundum aufgebauten Scheinwerfern taghell angestrahlt, außerdem wurden Fackeln an die Suchtrupps verteilt. Der erste Erfolg war die Auffindung von zwei Verschütteten. Dann begann man in aufeinanderfolgenden Schützenketten mit der Grobsondierung der Lawine. Eine solche Grobsondierung mit einer Treffsicherheit von immerhin 70 bis 80 Prozent ermöglicht ein
relativ rasches Absuchen. Zwanzig Mann können dabei in 4 bis 5 Stunden eine Fläche von 100 mal 100 Metern mit den üblichen Sondierlanzen abtasten. Der Umstand, daß die meisten der Übungsteilnehmer noch nie aktiv bei Rettungsaktionen nach Lawinenunfällen mitgewirkt hatten und erst an Ort und Stelle eingeschult werden mußten, konnte es nicht verhindern, daß alle sechs in der Lawine vergrabenen Bergrettungsmänner nach etwa einer Stunde gefunden waren. Organisatorisch und durchführungsmäßig kann man also die erste große Lawinenübung im Räume Innsbruck als vollen Erfolg bezeichnen und man darf wohl mit Beruhigung feststellen, daß, sobald einmal von der Großen Lawinenkommission der Befehl zum Einsatz kommen sollte, eine schlagkräftige und aufeinander eingespielte Rettungsmannschaft vorhanden ist. F.