Amtsblatt der GauhauptstM Innsbruck V.b.l,.
Erscheint einmal imMonatHezugspr. äch. Einzelnummer 2oRpf.
schriftleitung:Nüthllus, 2.stock rechts , Kernsprecher: IS.
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Die stadtrecktsurkunde vom y. ^uni 12 3p Von Dr. K a r l S c h a d e l b a u e r . Genau vor 700 Jahren, am 9. Juni 1239, wurde der Stadt Innsbruck von Herzog Otto (VIII.) von AndechsMeranien in Gegenwart einer großen Reihe angesehener Zeugen das Stadtrecht verbrieft. Es ist daher das vorliegende Heft des Amtsblattes der berufene Ort der Schicksale dieser Urkunde, die heute noch im Original, als ältestes Stück des Stadtarchives vorhanden ist, zu gedenken und ihren Inhalt wenigstens soweit Zu erklären, als ihn jeder Innsbrucker kennen sollte. Vorerst ein paar Sätze über das Geschick der heute noch gut erhaltenen Pergamenturkunde, die mutmaßlich das erste Stück des Stadtarchives war, das sie nie verlassen haben dürfte. Erstmals erscheint sie in der Registratur der Stadtarchivalien des Hermann I g l vom Jahre 1547, wo sie folgendermaßen beschrieben wird: „Von Herzog Otten von Meran, Pfalzgrave zu Burgundi: ain lateinischer, pergamener, besigelter Brief von Herzog Ottn von Meran und Pfalzgrafn zu Burgundi, darin gibt er Freihaiten dem Statgericht zu Mnsvrugg, wie es bei Gericht um Lem und Leibschädn, auch ander Spruch gehandlt und gemäßigt werden foli anno 1239." Weiters erfährt man, daß das Original samt mehreren Abschriften und Übersetzungen (z. V. von 1517) im Lad! Nr. 5 verwahrt wurde. Eine Abschriftensammlung des 17. Jahrhunderts enthält auch eine deutsche Übersetzung dieser Urkunde. Als zu Ende des vergangenen Jahrhunderts der Tiroler Historiker I . Hirn das Stadtarchiv sichtete, brachte er dieses Stück zu verdienten Ehren. Es wurde beinahe in Originalgröße auf der Neujahrsentfchuldigungskarte von 1891 abgebildet, auf deren Rückseite der Text in lateinischer und deutscher Sprache wiedergegeben war. I n der Werkstätte der Gebrüder Colli wurde dann ein gotisches, innen mit gepreßten Ledertapeten ausgestattetes Wandkästchen bestellt, in dem das „aus dem Staube der alten Urkunden herausgezogene Original" (Innsbrucks Nachrichten 1893, Nr. 27) im Sitzungssaale des Gemeinderates aufbewahrt werden follie. Dieser neue Aufenthaltsort hatte jedoch nur eine beschränkte Dauer und dann wanderte die Urkunde in das Archiv zurück und das Kästchen auf den Dachboden. Heute liegt erstere im Saale der Stadt Innsbruck im
Museum Ferdinandeum Zur allgemeinen Besichtigung auf und letzteres hängt im Stadtarchiv. Dieser Schilderung des äußeren Schicksals der für Innsbruck so wichtigen Urkunde folgt nun eine kurze Inhaltserklärung, die es jedem Leser ermöglichen soll, den anschließend in deutscher Übersetzung beigegebenen Wortlaut zu verstehen. Einleitend erklärt der Aussteller, Herzog Otto (VIII.) von Andechs-Meranien (^ Istrien), daß er nach reiflicher Überlegung seiner Stadt Innsbruck und ihren Bürgern das nachfolgende Recht verleihe, wie es von seinen Vorfahren nach Erbrecht bis auf ihn gekommen fei. Dieser letztere Beisatz legt die Vermutung nahe, daß der Herzog mit der vorliegenden Urkunde überhaupt nur ein altes Recht bestätigt habe und Innsbruck daher schon vorher Stadt gewesen sei. So vermutet Siegfried Rietschel in seiner Arbeit „Die Städtepolitik Heinrichs des Löwen" (Historische Zeitschrift 1909), daß das Innsbrucker Stadtrecht auf 1180, das Jahr, in dem der Markt auf das rechte Innufer verlegt wurde, zurückreicht, und Hans Bobek schreibt in seinem Buche „Innsbruck, eine Gebirgsstadt, ihr Lebensraum und ihre Erscheinung", daß bereits 1180 der Ort seinem „Wesen nach" eine Stadt gewesen sei, wenn er auch noch weiter Markt genannt wurde. H. v. Voltelini bemerkt dazu in seinem Aufsatz über „Das älteste Innsbrucker Stadtrecht" (Festschrift des akademischen Historikerklubs, 1913), daß zwischen Stadt und Markt kein grundsätzlicher Unterschied bestanden habe: „Nur ein Mehr von Selbständigkeit und verfassungsrechtlichen Einrichtungen kommt der Stadt zu und dieses Mehr ist im Privileg von 1239 gegeben." Der Einleitung reihen sich die Rechtssätze an, die ^ nach H. v. Voltelini und O. Stolz — in drei Gruppen zerfallen. Zuerst werden handelspolitische Bestimmungen getroffen, und zwar über die Warenniederlage und die Zollfreiheit. Etwas unklar ist der Satz über den Weg und die Brücke „jenseits des Ortes, welcher Anger heißt". Während Voltelini nicht zweifelt, daß damit die Innbrücke gemeint ist, glaubt Vobek, daß sich diese Stelle des Textes auf den Weg nach Amras und die Pradler Brücke beziehe. Diese Ansicht könnte vielleicht der Name „Angerzell"