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Editorial

die "Münchner Innenstadt" feiert ihren ersten Geburtstag. Im Januar 2005 erschien die erste Ausgabe unseres Magazins und wurde sofort von den Lesern angenommen. Nach kürzester Zeit erhielten wir die ersten Leserbriefe, in denen man uns zu unserem neuen Magazin gratulierte und uns bestätigte, dass die Münchner-Themen bei unseren Lesern gut ankommen. Das schönste Geburtstagsgeschenk für mein Team und mich ist das anhaltende Interesse an unserem Magazin. Dies ist für uns nicht nur eine Bestätigung, sondern auch ein Ansporn weiter zu machen und unsere Qualität stetig zu verbessern. Vielleicht können Sie sich an unsere 1. Ausgabe erinnern. Wir waren mit Basti Schweinsteiger vom FC Bayern beim Einkaufsbummel. Nun beginnen wir das Jahr 2006 wieder mit Sport, aber diesmal mit drei jungen aufstrebenden Sportlern vom Münchner Eishockey Club EHC-München, dem Aufsteiger in die 2. Eishockey-Bundesliga 2005. Wir berichten aber natürlich auch wieder über Wissenswertes aus unserer geliebten Heimatstadt München, unter anderem auch über König Ludwig I von Bayern.

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Innenstadt 5/2006

Das Magazin für Freizeit, Kultur und Shopping

Nun wünschen wir Ihnen , liebe Leserinnen und Leser , ein gutes, erfolgreiches und gesegnetes 2006 und hoffen auf Ihre weitere Treue zu unserem Magazin "Münchner Innenstadt"

PS: Die 7. Ausgabe der "Münchner Innenstadt" erscheint Mitte April 2006 und wird Sie wieder zum Spaziergang durch die Münchner Innenstadt einladen.

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W ussten Sie es ? Besonderheiten aus dem Münchner Stadtleben Angerkloster

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Straßen und Plätze und ihre Herkunft

12 Münchner-Innenstadt-Brunnen

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EHC-München

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König Ludwig I. von Bayern

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Innenstadt 5/2006

Das Magazin f端r Freizeit, Kultur und Shopping


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Innenstadt 5/Januar 2006

Impressum Herausgeber: Mario Schmidbauer Sedanstraße 14 81667 München e-mail: mario.schmidbauer@t-online.de

Gesamtherstellung und Anzeigen: sms-schmidbauer GbR Sedanstraße 14 81667 München T 089-480 68 68-6 F 089-480 68 68-7 e-mail: info@sms-schmidbauer.de Grafik, Design und Foto: studio liebhart Breisacher Straße 3 81667 München T 089-45 87 06 19 F 089-45 87 06 50 e-mail: herbert-liebhart@web.de Foto und Text: Landeshauptstadt-München, Stadtarchiv München, Münchner Stadtmuseum, H a u s d e r B a y e rischen Geschichte, Herbert und Philipp Liebhart, Helmut Heunke, Bea Burkhardt

8 Wussten Sie es ? Besonderheiten aus dem Münchner Stadtleben

Inhalt

Verlag und Redaktion: sms-schmidbauer GbR Sedanstraße 14 81667 München T 089-480 68 68-6 F 089-480 68 68-7 e-mail: info@sms-schmidbauer.de www.münchner-innenstadt.com

6 A n ge rk l o s te r

10 Für Sie probiert..... 12 Münchner Straßen 22 EHC-München

24 Münchner-Innenstadt-Brunnen Lisl Karlstadt

28 König Ludwig I. von Bayern 30 Münchner Stadtgeschichte

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St. Jakob am Anger das älteste Kloster in München

Im frühen 13. Jahrhundert kamen die ersten Brüder des hl. Franziskus nach München. Die Ordenstradition der Franziskaner nennt hierfür das Jahr 1221. Urkunden Papst Alexanders IV. belegen eine feste Niederlassung und die Kirche St. Jakob der Minderbrüder für 1257. Münchens ältestes Kloster lag auf dem so genannten Anger. Archäologische Spuren deuten auf eine Besiedlung ab dem frühen 12. Jahrhundert. Die ursprüngliche Lage des Klosters außerhalb der Stadtmauer und in einer armen Vorstadt war typisch für den frühen Bettelorden. Das Patrozinium des hl. Jakob ist ein Hinweis, dass das Kloster "am Heumarkt" wohl auch eine Pilgerstation am Hauptweg in Richtung Alpen war. Heute markiert der Gebäudekomplex der Armen Schulschwestern am Jakobsplatz den Ort des mittelalterlichen Klosters. 1284 verlegten die Franziskaner auf Wunsch Herzog Ludwigs des Strengen ihren Konvent. Sie zogen vom Süden in den Norden der Stadt in die Nachbarschaft der herzoglichen Residenz. Den Standort dieses

St. Jakob am Anger 1570

neuen Franziskanerklosters St. Anton markieren heute der MaxJoseph-Platz und das Nationaltheater. Das ältere Kloster St. Jakob

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übernahmen noch im gleichen Jahr 1284 Klarissen, also Nonnen des Franziskanerordens. Der Münchner Konvent bestand zunächst nur aus vier Nonnen aus dem Kloster St. Klara zu Söflingen (bei Ulm). Zwei von ihnen entstammten der Münchner Patrizierfamilie der Sendlinger. Der vermögende Bruder dieser beiden Klarissen, Sighard Sendlinger, war der eigentliche Initiator für die Ansiedlung des zweiten Klosters in München. Er hatte den Franziskanermönchen den Umzug finanziert. Mit der Erweiterung der Stadtbefestigung Ende des 13. Jahrhunderts lag der Konvent nun sicher hinter den Mauern. Die Seelsorge für die Klarissen oblag, von einer kurzen Unterbrechung im 18. Jahrhundert abgesehen, stets den Münchner Franziskanern. Die Barfüßermönche besaßen hierzu eine kleine Niederlassung beim Angerkloster. Dieses Hospiz umfaßte wohl zwei Patres und einige Brüder. Sie leiteten auch die Wirtschaftsbetriebe des Angerklosters, denn die Klarissen selbst lebten in strenger Klausur. Die Klarissen besaßen jedoch bis in das 15. Jahrhundert auch eine Niederlassung für männliche Konversen, also Männer im Laienstand, die für den Konvent arbeiteten. Wohl diese Klosterbetriebe bildeten 1329 den Ausgangspunkt für einen der verheerendsten Großbrände in der Münchner Stadtgeschichte. Das Klostergebäude selbst blieb vom Brand verschont und bewahrte seinen romanischen Kern. Von Anfang an zählten die Wittelsbacher zu den großen Förderern der Klarissen am Anger. Kaiser Ludwig der Bayer gab 1349 seine erst vierjährige Tochter Agnes in die Profess. Die kindliche Chorfrau starb schon drei Jahre später, vermutlich an der Pest. Sie wurde bis zur Aufhebung des Klosters als Selige verehrt. In der Folge erhielt der Konvent starken Zulauf aus dem Adel und dem Patriziat. So traten beispielsweise mehrere Töchter der Münchner Patrizierfamilie Ridler bei den Klarissen in St. Jakob ein, obwohl diese Familie in der

Stadt über ein eigenes Haus für Terziarinnen, das spätere Ridlerkloster, verfügte. Außer den Nonnen lebten in St. Jakob bereits vom 13. Jahrhundert bis zur Säkularisation auch so genannte Schwestern im Status von Konversen. Den Lebensunterhalt dieser Pfründnerinnen sicherten reiche Familien durch entsprechende Schenkungen an den Konvent.

St. Jakob am Anger um 1900

Die Klarissen durften Eigentum besitzen und galten später, ganz im Gegensatz zu den Franziskanermönchen und auch den Klöstern des Dritten Ordens, als Prälatenkloster. Das Angerkloster sammelte in wenigen Generationen ein großes Vermögen an. So konnten die Nonnen etwa nach dem Einsturz der alten Jakobskirche 1404 innerhalb von nur vier Jahren einen Neubau erstellen. In ihren Lebensstil scheinen die Münchner Klarissen des 15. Jahrhunderts einem freien Damenstift ähnlicher gewesen zu sein als armen Schwestern in der Nachfolge des hl. Franz von Assisi. In dieser Zeit befand sich wieder eine Wittelsbacherin im Konvent: Barbara, die Tochter Herzog Albrechts III. des Frommen. Sie kam nach dem Tod ihres Vaters 1460 als nur Fünfjährige in das Kloster und starb 1472 mit neunzehn anderen Nonnen an der Pest. 1481 sorgte Herzog Albrecht IV. für eine strenge Reform des Klosters. Zu ihrer Durchsetzung holte man eine Gruppe von Klarissen aus Nürnberg nach München. Vermutlich endete spätestens in dieser Zeit auch das Institut der männlichen Konversen am Anger. Vom Ende des 15. Jahrhunderts stammen, wohl nach Nürnberger Vorbildern, mehrere prachtvoll illuminierte


Chorbücher, heute Raritäten im Besitz der Münchner Staatsbibliothek. Der Konvent behielt bis zum Schluss eine sehr strenge Observanz und galt deshalb als äußerst zuverlässig. So verwahrte die Inquisition 1631 auch Maria Ward, die Gründerin der Englischen Fräulein, mehrere Monate im Kerker des Angerklosters. 1635 wurde die Verfassung des Konvents auf Betreiben der franziskanischen Reformaten noch einmal verschärft. So nimmt es nicht wunder, dass das Angerkloster im 17. Jahrhundert eine ganze Reihe von Mystikerinnen hervorbrachte. In seltsamem Kontrast zur klösterlichen Strenge stand seit jeher das weltliche Treiben auf dem Anger. Seit 1310 war er Schauplatz der Jacobidult, jenes großen Jahrmarkts, der heute noch als "Auer Dult" abgehalten wird. Später wurde der Anger bei St. Jakob auch zur Bühne für allerlei wandernde Schauspieltruppen und Gaukler.

St. Jakob am Anger um 1914

Ein großes Ereignis der Barockzeit war der Eintritt von Maria Anna, der einzigen Tochter des Kurfürsten Max Emanuel, bei den Münchner Klarissen im Jahr 1719. Ihre Brüder Clemens August, nachmals Fürstbischof von Köln, und Johann Theodor, später Fürstbischof von Freising, hielten im Angerkloster jeweils ihre Primiz. Zu einem Münchner Skandal des Rokoko wurde der Fall der Klarissin Magdalena Paumann. Sie entfloh 1765 aus St. Jakob und berichtete über angebliche Missstände. In das Angerkloster zurückgebracht, kam sie in strengste Kerkerhaft. 1769 befreite der kurfürstliche Geistliche Rat die Nonne. Kurfürst Max III. Joseph verbot daraufhin die Kerker-

strafe in allen bayerischen Klöstern. Außerdem schloss der Kurfürst vorübergehend das Franziskanerhospiz bei St. Jakob bis 1772. Zum Jahresende 1799 befahl der kurfürstliche Geistliche Rat dem Kloster die Einrichtung einer Mädchenschule, um im Sinne der Aufklärung eine nützliche Funktion zu erfüllen. Vier Nonnen unterrichteten nun über 150 Schülerinnen. Im März 1802 wurde das Franziskanerhospiz bei St. Jakob aufgelöst. Die Mönche wurden in das Zentralkloster Ingolstadt verbracht. Aus Versorgungsgründen durften ein gelähmter und ein blinder Franziskaner, sowie ein gebrechlicher Kapuziner im Hospiz bleiben. Nach dem Tod des gelähmten Franziskaners kamen die beiden anderen Mönche im Dezember 1803 in die "Aussterbeklöster" nach Ingolstadt bzw. Wasserburg. Die Seelsorge für den Frauenkonvent übernahmen vier Münchner Augustinereremiten. Als so genanntes landständisches oder Prälatenkloster konnten die Klarissen nicht aufgelöst werden, bevor nicht die rechtliche Grundlage, der Reichsdeputationshauptschluss, besiegelt war. Am 17. März 1803 eröffnete ein kurfürstlicher Finanzbeamter als Aufhebungskommissar dem Konvent die bevorstehende Auflösung. Letzter Tag der mehrhundertjährigen Geschichte der Klarissen in München war der 27. November 1803. Die 29 Nonnen und dreizehn Schwestern erhielten als Aufenthaltsort das vormalige Augustinerchorherrnstift Dietramszell zugewiesen. 1841 starb dort die letzte Klarissin vom Anger. Die uralte Klosterkirche St. Jakob bewahrten die Bitten der Bevölkerung vor dem geplanten Abbruch. Das Konventgebäude diente ab 1804 als "Armenbeschäftigungsanstalt" mit Wollspinnerei der Stadt München. Außerdem entstanden hier mehrere Ladengeschäfte. Das ehemalige Franziskanerhospiz wurde im Frühjahr 1805 "auf Abbruch" versteigert, das heißt der Bieter musste das Grundstück völlig einebnen und erhielt dafür im Gegen-

zug die noch brauchbaren Baumaterialien. Die Klosterbrauerei wurde als Pachtbetrieb fortgeführt. Von 1820 bis 1826 entstand auf ihrem Gelände die so genannte Fronfeste, die bis 1930 als Gefängnis diente. 1843 übernahm Maria Theresia Gerhardinger, die Gründerin der Armen Schulschwestern von Unserer Lieben Frau das Konventgebäude und die Kirche. Dies geschah auf Vermittlung von König Ludwig I. Im Jahr 1855 konnte der Orden das Areal günstig kaufen. Bereits 1839 hatten sich die Schulschwestern in der Vorstadt Au niedergelassen. Das neue Kloster in der Haupt- und Residenzstadt München wurde Sitz für das bayerische

Ordensmutter Theresia Gerhardinger

Provinzialat. Am Anger befand sich bis zum Zweiten Weltkrieg auch das Generalat für die weltweit wirkende Kongregation. Im Dezember 1944 zerstörte ein Luftangriff große Teile der im Kern noch mittelalterlichen Gebäude des Angerklosters. Der Rest der Substanz, darunter die Jakobskirche, fiel dem Wiederaufbau der 1950erJahre zum Opfer. An die Romanik erinnert heute nur mehr eine Sandsteinskulptur des Apostels Jakobus. 1957 konnten die Schulschwestern das neu errichtete Angerkloster wieder übernehmen. Seine Kirche birgt das Grab der 1985 selig gesprochenen Ordensmutter Theresia Gerhardinger. ( Christian Lankes ) münchner

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W ussten Sie es ? K

Besonderheiten

1905

älte lässt Musikinstrumente einfrieren 15. Januar: "Die Kälte, die heute besonders stark einsetzte, hatte bei der Wachparade am Marienplatz eine von dem Dirigenten der Militärmusik nicht geahnte Folge. Wie immer hatten sich auf dem Marienplatz nach dem Aufzug der Parade viele Zuhörer eingefunden, um sich trotz des strengen Frostes den Genuss des Gratiskonzertes zu erlauben. Die Kapelle spielte anfangs ein Tonstück aus Kreuzers ‚Nachtlager von Granada'; der folgende Strauß'sche Walzer hub auch noch flott an, aber nach einigen Takten ging's auf einmal nicht mehr; einzelne Musiker brachten keinen Ton mehr aus ihrem Instrument heraus. Der Dirigent musste abbrechen."

G

eorg von Vollmar solidarisiert sich mit russischen Demonstranten 2. Februar: "'Die Revolution in Russland' lautete das Thema, über das Abgeordneter von Vollmar heute Vormittag im Großen Saale des Hackerkellers auf der Theresienstraße referierte. Die Aufforderung durch die sozialdemokratische Presse und durch Plakate, in Masse zu erscheinen ‚zum hallenden Protest gegen die blutige, mörderische russische Reaktion, gegen die meuchlerische Gewaltherrschaft des Zarentums' hatte gewirkt. Der Saal war dicht gefüllt, Galerie und Vorräume boten keinen Platz mehr. Im Auditorium waren die ‚östlichen Völker' stark vertreten, das Publikum war ein fast internationales." Der sozialdemokratische Politiker Georg von Vollmar (1850-1922), der in den Jahren 1892 bis 1894 maßgeblichen Anteil am Aufbau der bayerischen SPD hatte, reagierte mit seinem Vortrag auf den "Blutigen Sonntag" vom 22. Januar 1905, an dem eine friedliche Demonstration vor dem Winterpalais in St. Petersburg vom Militär zusammengeschossen worden war. Die vorausgegangene Streikbewegung war daraufhin in revolutionäre Unruhen umgeschlagen, die sich rasch über das gesamte russische Reich ausbreiteten.

B

ummelstreik der italienischen Eisenbahner bringt Münchner Fahrplan durcheinander 2. März: "Die Obstruktion der italienischen Eisenbahner und die dadurch bewirkte Verlangsamung des Eisenbahnbetriebs in Italien waren Schuld daran, dass der zweimal wöchentlich in beiden Richtungen laufende Palermo-Neapel-BerlinExpress, der heute Vormittag 11 Uhr in München hätte eintreffen sollen, mit reichlich 4 stündiger Verspätung in München ankam. Von Sizilien ab durch ganz Italien hindurch machte sich die Obstruktion geltend, indem von den Bahnangestellten und Arbeitern alle notwendigen Verrichtungen am Zuge in den Stationen mit möglichster Langsamkeit und absichtlich umständlicher und peinlicher Befolgung der bestehenden Betriebsvorschriften vorgenommen wurden. Der Express, der mit 12 Reisenden hier ankam, von denen ihn sechs verließen, setzte um 3 Uhr 35 Minuten die Fahrt nach Berlin fort."

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hrendoktorwürde für Gabriel von Seidl 22. März: "Die Technische Hochschule München hat auf einstimmigen Antrag der Architektenabteilung dem Architekten Gabriel Ritter von Seid, kgl. Professor und Ehrenkonservator des kgl. Bayerischen Nationalmuseums, ‚dem verdienstvollen Förderer der deutschen Baukunst, dem bahnbrechenden Künstler, welcher den Schatz altheimischer Kunst neu gehoben, dem Schöpfer zahlreicher bedeutungsvoller Bauwerke', die Würde eines Doktors der technischen Wissenschaften (Doktor Ingenieurs) ehrenhalber verliehen."

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aus dem Münchner Stadtleben

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ine Münchner Firma liefert das weltgrößte Objektiv an die Sternwarte Potsdam 24. März: "Einen Ruhmestag seltener Art hat Bayerns Hauptstadt, seit vielen Jahren ein Hauptsitz der optischen Industrie, zu verzeichnen. Heute gelangte in München ein Riesenwerk zum definitiven glänzenden Abschluß, dessen Ausarbeitung bis zur letzten Vollendung jahrelange, mühevolle Arbeit erforderte - das photographische Objektiv des großen Refraktors in Potsdam, das größte Objektiv Deutschlands und das größte photographische Objektiv der Erde. Der Durchmesser des aus zwei Linsen bestehenden Objektivs ist 81 cm, die Brennweite 12 m. Das Rohglas allein kostete 40.000 Mark." Die Sternwarte Potsdam hatte das Objektiv bereits 1896 bei der Münchner Firma Steinheil Söhne in Auftrag gegeben.

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eneralversammlung der Münchner Kindergärten 15. April: "Der Münchener Kindergarten-Verein hielt heute seine Generalversammlung ab, die der zweite Vorstand, der k. Advokat und Landrat A. Wohlschläger, mit der Erstattung des Jahresberichtes eröffnete. Nach demselben unterhielt der Verein 20 Kindergärten, an denen 29 Tages- und 15 Abendkindergärtnerinnen wirkten. Die 20 Anstalten waren besucht von 7.205 Knaben und 6.849 Mädchen, zusammen von 14.054 Kindern, von welchen 4.270 Kinder halbe und 819 ganze Freiplätze innehatten. Die Pflichtbeiträge der Kinder betrugen 21.527 Mk. 50 Pf."

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ine Woche Haft für hungrigen Arbeitslosen 18. April: "Während der Arbeitslosenbewegung zu Anfang dieses Jahres erhielt auch der Maurer Lorenz Gabriel Speisebillette; am 22. Januar Mittags kam er in die Speisehalle III an der Augustenstraße und erhielt für sein Billett zwei Würste mit Kraut und Brot verabreicht. Eine von ihm geforderte Suppe wurde ihm nicht gegeben, weshalb er in der lautesten Weise zu schreien und schimpfen begann, die Wirtschafterin mit Schimpfworten belegte und dieses Verhalten so lange fortsetzte, bis ihn ein Schutzmann aus dem Lokal entfernte. Er erhielt deshalb einen auf eine Woche Haft lautenden Strafbefehl wegen groben Unfugs, gegen den er Einspruch erhob. In der heutigen Verhandlung wurde der vorstehend geschilderte Sachverhalt erwiesen, weshalb der Amtsanwalt beantragte, die Strafe auf 14 Tage Haft zu erhöhen. Das Gericht ließ es jedoch bei der im Strafbefehl ausgesprochenen Strafe bewenden."

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treik in der Metallindustrie 28. April: "Die Tarifbewegung in der Münchner Maschinenindustrie hat nun in den Maschinenfabriken Landes, Maffei und Rathgeber zum Streik der Hammerschmiede, Kesselschmiede und Wagenbauer geführt. Nach den resultatlosen Verhandlungen vor dem Gewerbegericht haben diese Arbeiterkategorien heute die Arbeit nicht mehr angetreten. Einzelne Zusagen für Lohnerhöhung sind von den Firmen gegeben worden; das hauptsächliche Verlangen der Arbeiter nach einer tarifmäßigen Festlegung der Löhne wurde von den genannten Fabriken von vornherein als unerfüllbar erklärt. Aussperrungen sind angekündigt. Die der Zahl bis jetzt feiernden Arbeiter beträgt gegen 1.000."

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*1934: Evaristo Felice dell´Abaco (1675-1742), italienischer Komponist, Konzertmeister des bayer. Kurfürsten Max Emanuel.

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Straßen und Plätze und ihre Herkunft

*1887: Johann Georg Aberle (Geburtsdatum nicht mehr feststellbar), Adjudantant im Lützelburgschen Regiment, einer der Anführer der bayer. Landeserhebung, leitete in der Sendlinger Bauernschlacht (Christnacht 1705) den Angriff auf den Roten Turm an der Isar. Er wurde 1706 auf dem Marienplatz mit dem Schwert hingerichtet.

*1930: Adam Berg (gestorben 1610), Münchner Buchdrucker im 16. Jahrhundert, berühmt geworden durch Drucklegung der Werke des Komponisten Orlando di Lasso.

*1845: Erzherzogin Adelgunde Auguste Charlotte von Österreich (1823-1914) - Erst geborene Prinzessin von Bayern, Tochter König Ludwig I.

Wann und wie sie zu ihren Namen kamen.

*1898: Kurfürstin Adelheid Henriette Maria (16361676), geborene Prinzessin von Savoyen, Gemahlin des bayerischen Kurfürsten Ferdinand Maria.

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Genau genommen sind Straßen und Plätze ja nur anonymer Raum zwischen Häuserzeilen. Charakter und Stil bekommen sie erst, wenn Menschen ihnen Namen geben. Dabei könnte die Bezeichnung von diesem Gässchen und jenem Sträßchen in vielen Fällen einen historischen Roman erzählen. Hier verweist der Name auf ein altes Rittergeschlecht. Dort standen die Vips unterschiedlichster Epochen Pate.


*1886: Johann Adlzreiter von Tettenweis (15961661), kurfürstlicher bayerischer Kanzler und bedeutender Historiker.

*1933: Albertus Magnus (1193-1280), aus ritterbürtigen Geschlecht von Bollstädt, Theologe und Naturforscher, Bischof von Regensburg, wurde 1931 heilig gesprochen.

*1899: Die Agilolfinger (555-788), das erste bayerische Herzogsgeschlecht.

*1890: Zu Ehren der 3 bayerischen Herzöge, Herzog Albrecht III. dem Frommen von Bayern, Herzog Albrecht IV. dem Weisen und Herzog Albrecht V. dem Großmütigen.

*1901: Johann Aindorfer, Eisenhändler, eine der 42 Geiseln in schwedischer Gefangenschaft (1632)

*1891: Prinzessin Alexandrea von Bayern (18261875), Tochter König Ludwigs I.

*1971: Aitel, räuberischer Weißfisch aus der Familie der Karpfen, der mit Vorliebe fließende Gewässer bewohnt.

*1927: Albrecht Altdorfer (1480-1538), Maler, Kupferstecher und Baumeister. Die Münchner Pinakothek besitzt von ihm berühmte Gemälde.

*1925: Alarich (um 370-410), erster König der Westgotten.

*1861: Älteste Residenz der Wittelsbacher in München, 1253 von Herzog Ludwig dem Strengen begonnen, seit 1398 "Alte Veste" seit 1827 jetzige Benennung. münchner

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1936 in München geboren, verbrachte seine Kindheit und Jugend auf dem Lande. 1950 Rückkehr nach München. Bereits mit 24 Jahren Farblithografen-Meister, später Bankkaufmann. Josef Wahl ist Autodidakt und seit 1985 freischaffender Künstler.

Für Josef Wahl war die Haager Zeit prägend. Schon in dieser Zeit begann er zu zeichnen und zu malen. Mit einem Skizzenblock ging er in die Natur, lernte zu beobachten und zu warten, erlebte Land und Leute, sah ihre Arbeit, und hielt dies alles in seinen Zeichnungen fest. Er nahm an den kirchlichen und profanen Bräuchen teil, mit kindlicher Andacht, aber auch mit kritischem Blick und ausgeprägter Neugier auf das Wesentliche. 1967 trat Josef Wahl mit seinen Bildern an die Öffentlichkeit und es folgten zahlreiche Ausstellungen in namhaften Galerien, u.a. in München, Düsseldorf, Mannheim, Wasserburg, Erding, Böblingen, Frankfurt a. M., Stuttgart sowie in Holland, Liechtenstein, Frankreich und San Francisco/USA. Einige seiner Bilder wurden auch von öffentlichen Sammlungen erworben, so der Stadt Stuttgart, der Stadt Dachau, der BMW-Sammlung und den Sammlungen Eisenmann (Böblingen), Hans Holzinger (München) und Sloos (Leiden/Holland). Bisher erschienen über 50 Bücher, in denen seine Bilder abgedruckt sind, u.a. mit den Autoren Wolfgang Johannes Beekh, Fritz Fenzl, Monika Pauderer, Franz Ringseis, Herbert Schneider, Alfons Schweiggert, Oskar Weber, Kurt Wilhelm, Helmut Zöpfl. In 33 Kalendern und auf über 300 Kunstpostkarten, auf 34 Porzellan-

tellern in limitierter Auflage der Königl. priv. Porzellanfabrik Tettau und auf 12 Bierkrügen wurden seine Werke wiedergegeben; für die Jahresteller-Serie von BMW schuf er die Nr. 2 “St. Emmeransmühle”. Auch Buchumschläge, Schalplattencover, Speisenkarten für Münchner Traditionsgaststätten sowie Fernsehbilder gestaltete Josef Wahl in seiner unverwechselbaren Manier. 1976 wurde Josef wahl Mitglied der Schwabinger Katakombe und von dieser 1986 mit dem Titel “Assel” und 1994 mit der “Palette” ausgezeichnet. Seit 1977 ist er beim “Arbeitskreis 68 Künstlergemeinschaft Wasserburg”. 1983 gründete er den “Künstlerkreis 83 MünchenPasing”, der ihm 1989 die “Goldene Rose” verlieh. Josef Wahl erhielt 1998 für sein kulturelles Wirken und sein einfühlsames künstlerisches Werk den “Pasinger Kulturpreis 1998”. Die Münchner Turmschreiber dankten und ehrten ihn für sein malerisches Lebenswerk voll Poesie mit der Verleihung des “Poetentalers” 1998. Und für die Verdienste, die er sich als Maler um München erworben hat, wurde er 2002 mit der Medaille “München leuchtet-Den Freunden Münchens” in Silber gewürdigt. Für die zahlreichen anerkennenden

Professor Rudolf Seitz, ehem. Präsident der Akademie der Bildenden Künste, München; “Josef Wahl ist ein Poet mit dem Pinsel, ein Schilderer mit einer unerschöpflichen Erzähllust, der Heimat, der Geschichte und dem Brauchtum verbunden. Er ist das, was man einen erfolgreichen Künstler nennt.... er selbst aber ist

Stimmen zu seinem Schaffen als Maler und Zeichner stellvertretend einige Sätze aus der Laudatio zum “Pasinger Kulturpreis 1998” von

kennt man, dass er ein Meister der Visionen ist, denn Kunst kann ja auch darstellen was sein könnte oder sollte”.

der alte geblieben, ein Maler, der sich am wohlsten an seiner Staffelei fühlt, der mit Akribie und Ausdauer seine Bilder malt-unbeeinflusst von den vielen Auszeichnungen und Ehrungen, seinen sonstigen Aktivitäten und seinen Einsatz für andere Künstler. Wenn man seine Bilder genau anschaut, den vielen Einzelbeobachtungen und Detailschilderungen nachgeht, die merkwürdige Spannung zwischen zeichnerischer Räumlichkeit und farbiger Flächigkeit verfolgt, er-

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EHC München Endlich ist das Münchner Eishockey wieder in der Bundesliga. In der Saison 2004/2005 ist es dem EHC-München, nach Weggang der Barons aus München, nach sorgsamen Wiederaufbau unter ihrem Präsidenten Jürgen Bochanski gelungen, in die 2. Bundesliga aufzusteigen.

Jürgen Bochanski

Ein Anlass für uns, Ihnen drei Spieler des EHC-München beim Stadtbummel durch die Münchner Innenstadt, einmal vorzustellen. Sie kommen, wie es sich für eine internationale Stadt auch gehört, aus verschiedenen Himmelsrichtungen. Der eine kommt aus Niederbayern, der andere aus Nordrhein-Westfalen und der dritte sogar aus den Vereinigten Staaten. Es handelt sich um Andreas Attenberger, Jochen Vollmer, den alle nur Joey nennen und Mike Pandolfo. Wenn man sie so durch die Stadt spazieren sieht, möchte man nicht denken, dass sie Woche für Woche die schnellste Mannschaftssportart der Welt ausüben, denn so fallen sie wenig auf. Am ehesten erweckt Pandolfo noch die Aufmerksamkeit der Menschen, wegen seiner Größe. 193 Zentimeter ist er lang und wiegt über 100 Kilogramm. Für ihn ist es das erste Mal, dass er in der Münchner Innenstadt ist. Schliesslich kam der 26 Jährige erst Anfang Januar zum EHC. Für ihn ist es auch eine münchner

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Premiere in Europa, hier war er noch nie und deshalb ist alles noch etwas ungewöhnlich. „Mir ist aufgefallen, dass es in den Lebensmittelgeschäften gar keine Plastiktüten gratis gibt”, wundert er sich ein wenig. Doch daran wird er sich schnell gewöhnen. Aber es ist nicht der einzige Unterschied für den USBoy. Auch sportlich unterscheidet sich das europäische Eishockey vom nordamerikanischen: In „good old Europe” sind die Eisflächen nämlich größer, doch das macht Pandolfo nichts aus. „Daran gewöhnt man sich schnell”, ist er zuversichtlich. Bei seinem ersten Spiel für seine neue Mannschaft stellte er dies eindruckvoll unter Beweis. Bei den Fischtown Pinuins in Bremerhaven, der Mannschaft der Stunde in der Bundesliga, schoss er gleich nach wenigen Sekunden sein erstes Tor und bekam vom Trainer, den Mitspielern und den Fans viel Lob. Deutsch ist für ihn (noch) ein Buch mit sieben Siegeln. „Ich verstehe nichts, aber für mich klingt die Sprache sehr hart”, verrät er mit einem Schmunzeln im Gesicht. Doch es gefällt ihm hier. „Die Mitspieler sind sehr nett und haben mich sehr gut aufgenommen und

Beim Stadtbummel

auch die Stadt gefällt mir.” Den Weg zum Olympia-Einkaufszentrum kennt er beispielsweise schon, dort hat er sich schon öfters aufge-

halten. „Es ist ähnlich wie in den USA, nur bei uns ist so eine Mal natürlich viel größer”. Zuerst hatte er ein wenig Schwierigkeiten mit der Gangschaltung beim Auto, „denn bei uns haben wir Automatik. Doch nach ein paar Fahrten hat es schon ganz gut geklappt”, schmunzelt er. Für ihn war es eine große Umstellung von Boston hierher nach München zu kommen. „Aber ich wollte es unbedingt ausprobieren”. Über kurz oder lang will er es in die Deutsche Eishockey Liga schaffen, am liebsten mit dem EHC-München. Das Zeug dazu hat er. Schließlich hat er auch schon in der stärksten Liga der Welt, der nordamerikanischen National Hockey League mitgespielt. Eine neue Erfahrung

„Im Franziskaner”

war für ihn auch das Essen in München: Denn mit seinen Kameraden bestellte er Leberkäse und Weißbier. „Das schmeckt aber gut”, meint er und unterstrich seine Anpassungsfähigkeit. Der zweite von ihnen, Andreas Attenberger ist nun schon das zweite Jahr in der Landeshauptstadt. „Ich kenne mich schon ganz gut aus hier”, meint der 21-Jährige. Nach München war er deshalb gekommen, weil es nicht so weit von seiner Heimatstadt Landshut weg ist. Ich wollte aber mal was ausprobieren und schauen, wie es in der


Andreas Attenberger

Großstadt und in einer ungewohnten Umgebung so ist. „ Er fühlt sich hier sehr wohl”, geholfen hat mir auch, dass wir einige Spieler in der Mannschaft haben, die aus München kommen, die haben mir dann alles gezeigt. Nun will er es so mit Pandolfo machen. Im vergangenen Jahr war er, der einer der jüngsten in der Mannschaft ist, auch noch

aufgefordert wird. Das gefällt ihm natürlich und die Augen glitzern durch die Gitterstäbe seines Helms. Auf dem sind ein Haifisch und ein Hase zu sehen. Den Entwurf dazu hat er selber gemacht. Beim Gang durch das Münchner Rathaus kommen Erinnerungen an die vergangene Saison bei ihm auf: „Damals hatte ich eine Förderlizenz und konnte auch in der Deutschen Eishockey Liga spielen”. So war er nicht nur Goalie beim EHC, sondern stand auch ab und zu im Tor des ERC Ingolstadt. Mit den Panthern gewann er sogar den DEB-Pokal. „Wir hatten einen Empfang beim Oberbürgermeister der Stadt Ingolstadt und waren auf dem Rathausbalkon. Das war schon super, wenn

Andreas Attenberger Joey Vollmer

Mike Pandolfo

bei der Landshuter Fürstenhochzeit aktiv. „Das hat auch großen Spaß gemacht”. In diesem Jahr hatte der gelernte Bankkaufmann auch schon einen Auftritt in der Olympiahalle beim Sechstagerennen. Dort fuhr er beim alljährlichen Promi-Rennen mit. Derjenige, der von den dreien am längsten in München ist, ist der Torhüter Joey Vollmer. Seit 2002 ist

Joey Vollmer Mike Pandolfo

Andreas Attenberger

er schon hier. „Heimweh hatte ich nie, denn die Leute und die Stadt sind schon toll”, erzählt er. Im Nordrhein-Westfälischen Velbert wurde er geboren. „Es gib schon schöne Plätze hier, die Leopoldstraße, den Königsplatz oder auch den Olympiapark”. Als Torhüter besetzt er eine wichtige Position in der Mannschaft. Wenn er gut gehalten hat oder er mit dem EHC siegreich war, dann kommt es oft vor, dass er von den Fans zum tanzen

Besuch im Münchner Rathaus

Dir tausende Fans zujubeln. Vielleicht gelingt es uns ja, dass wir mit dem EHC-München auch einmal hier auf dem Rathausbalkon stehen”. Nun hoffen die drei, dass ihnen die Fans bei den weiteren Heimspielen auch die Treue halten, schließlich geht es für den Aufsteiger um den Klassenerhalt in der Bundesliga. Bleiben wollen sie alle in München, denn die Stadt hat es ihnen angetan. "Zu Hause ist die City voller Hochhäuser, hier ist es sehr gemütlich", meint Pandolfo, der unbedingt auch mal einen Urlaub in Italien verbringen will. Vielleicht ja mit seiner Verlobten, denn die wird ihn in ein paar Monaten besuchen. Auf jeden Fall wird er dann mit ihr durch München schlendern, dann hat er aber eine andere Aufgabe als mit einen Teamkollegen, denn dann ist er als Stadtführer gefordert. münchner

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Der Liesl Karlstadt-Brunnen Auch ihr hatte der Münchner Textilkaufmann Gustl Feldmeier einen Brunnen auf dem Viktualienmarkt versprochen. Als sie ihn einmal daran erinnerte, meinte der Gustl: "Richtig, aba zerscht stirbst."

Das tat die Karlstadt auch, aber erst 68 Jahre, nachdem sie sich unter dem Namen Elisabeth Wellano von ihrer Mutter am 12. Dezember 1892 in München-Schwabing zur Welt hatte bringen lassen. Neun Kinder waren es in der Familie Wellano. Neben ihrer Ausbildung zur Verkäuferin arbeitete sie gleichzeitig bei den Münchner Volkssängern im Frankfurter Hof. Aber erst durch die Begegnung mit Karl Valentin im Jahre 1911 wurde ihre humoristische und musikalische Begabung wirkungsvoll gefördert. 1913 trat

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sie erstmals mit Valentin auf. Sie wurde nicht nur seine engste Partnerin, sondern verfaßte mit ihm zusammen auch viele Dialoge und Sketche und wirkte neben ihm in zahlreichen Filmen mit. 1934 erlitt sie einen Nervenkollaps und mußte die Zusammenarbeit mit Valentin beenden. Mitverantwortlich für den Kollaps war Valentin, der sie finanziell und arbeitsmäßig überfordert hatte. Auch nach Valentins Tod blieb die Karlstadt weiter populär und spielte an vielen Bühnen. Im Rundfunk und Fernsehen war sie gleichfalls zu hören und zu sehen. In der Reihe "Familie Brandl" stellte sie eine schlagfertige und herzensgute Frau dar. Als bodenständiger und realitätsnaher bayrischer Volksschauspielerin wurde ihr nach ihrem Tode am 27. Juli 1960 in GarmischPartenkirchen das von Hans Osel geschaffene Brunnendenkmal auf dem Viktualienmarkt errichtet. Der Bronzeguß wurde in der Werkstatt Hans Mayr angefertigt, der Brunnen von Karl Hilbinger aus München gestaltet. Viele Münchner hatten gewünscht, daß sie neben den Valentin zu stehen käme. Aber so eng aufeinander wollte man die beiden auch nicht setzen. Da sollte schon jeder einen eigenen Brunnen haben. Das versteht auch die Liesl. Verschmitzt lächelnd steht sie da, die rechte Hand in die Hüfte gestemmt und die linke zu einer Geste erhoben, als wollte sie sagen: "Also das gfreit mi jetzt scho ganz narrisch, daß i aa an Brunnen hab." Oder winkt sie gar ihrem weiter entfernten, durch Stände verdeckten Valentin zu? Jedenfalls strahlt sie eine naive Mütterlichkeit aus, daß manchem bei ihrem Anblick warm ums Herz wird. Zu Recht steht auf dem Brunnen: "Münchner Bürger der Volkssänger-

in Liesl Karlstadt". Bei der Einweihung am 28.7.1961 waren jedenfalls viele ihrer Verehrer zugegen. Die sterbliche Hülle liegt auf dem Bogenhausener Prominentenfriedhof bei St. Georg, aber ihr Herz scheint auf dem Markt zu schlagen "zwischen dem Don Quichotte Karl Valentin und dem Sancho Pansa Weiß Ferdl!"


KÖNIG LUDWIG I. Ein Förderer der Schönheit und der Kunst Im Januar 2005 sind es genau 200 Jahre her, dass der Herold Kaiser Napoleons nach München kam und auf dem Marienplatz den staunenden Münchnern verkündete, dass Bayern ab sofort ein Königreich sei, dass Kurfürst Max IV. Joseph ab jetzt den Titel König Max I. von Bayern trüge. Knapp 20 Jahre ist zu diesem Zeitpunkt der Thronfolger, sein Sohn Ludwig. Er selbst war nicht gerade eine strahlende Erscheinung”. Dennoch war er aufgrund seine Direktheit und Offenheit vielerorts sehr geschätzt. So beschreibt ihn Erzherzog Johann : „Kronprinz Ludwig, ein edler deutscher Herr, nur zu sehr hervorbrechend mit seinen Worten, will das Gute, bei ihm ist nichts Falsches, nicht Krummes, obwohl er etwas langsam in der Auffassung ist und manche Nachteile als Taubheit und anstoßende Zunge besitzt." Ein junger Mann, beflügelt von den neuen liberalen Gedanken, Freiheit des Geistes und Freiheit der Menschen, aber auch persönliche Freiheit steht auf seinen Fahnen. Freiheit bedeutet für ihn Unabhängigkeit Bayerns von jeder Unterdrückung durch andere Mächte, Freiheit soll es für ihn überall in Europa geben. Das Geburtsland der Demokratie, Griechenland wird zum Symbol seiner Vorstellungen. „Durch die moralische und finanzielle Unterstützung der bayerischen Wittelsbacher sei dem Mutterboden des Abendlandes wieder ein grünes Däumchen emporgewachsen.” glaubt er. Er wird seinen Sohn Otto ohne viel Erfolg als

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König nach Griechenland schicken, die griechischen Einflüsse werden sich in zahlreichen Bauten in seiner Residenzstadt und in ganz Bayern widerspiegeln. Liberales Gedankengut hält Einzug auch in Bayern. Wie kein anderer wird er seine Vorstellungen von

König Ludwig I. von Bayern

Freiheit und Schönheit In allen Bereichen der Kunst und Kultur, der Stadtplanung, der Förderung von Wissenschaft und Forschung - bis hin zur Entwicklung der Eisenbahn umsetzen. Viele Kunstwerke und technische Errungenschaften werden ein Zeugnis davon ablegen. Die Regierungszeit Ludwig I. der nach dem überraschenden Tod seines Vaters 1825 die Herrschaft übernimmt, verläuft insgesamt

relativ friedlich. Enden wird sie allerdings, sicherlich beeinflusst durch die überall in Europa stattfindenden Revolutionen, im Jahr 1848 durch seinen, durch die Lola Montez-Affäre bedingten Rücktritt. Frauen haben immer eine entscheidende Rolle im Leben Ludwigs gespielt. Geplante Verbindungen mit Töchtern aus den führenden Herrscherhäusern Europas scheiterten. Immer wieder kam den Verbindungen der Ludwig besonders verhasste Napoleon Bonaparte. Im Jahr 1799 wurde der damals 13-jährige Kronprinz mit der 11-jährigen Tochter des Zaren verlobt. Diese Verbindung wurde auf Druck Napoleons gelöst, der seine Machtspiele gefährdet sah. Weitere Überlegungen Ludwigs, die österreichische Kaisertochter Marie Louise zu heiratete, scheiterten ebenfalls, da ihm auch dort Napoleon zuvor kam. Geheiratet hat er schließlich Therese Prinzessin von Sachsen von Hildburghausen. Die Feierlichkeiten zur Hochzeit des Thronfolgers im Jahr 1820 bilden die historische Grundlage zum heute noch jährlich stattfindenden Oktoberfest auf der Theresienwiese. Treu geblieben ist er seiner Frau nicht, gehalten hat die Ehe dennoch. Der König hat sein Leben lang die Nähe schöner Frauen gesucht hat, - einige davon kann man in seiner Schönheitsgalerie der Schönen Münchnerin sehen, die vom Hofmaler Joseph Stieler geschaffen wird (zu besichtigen im Schloss Nymphenburg). Er selbst beschreibt dies in einem seiner zahlreichen Gedichte: „Lieben muss ich, immer lieben sei's auch meines Lebens Grab


Lieben werde ich noch drüben, sinkt zur Gruft das Herz hinab” Seine Affäre mit der Tänzerin Lola Montez führt schließlich im Jahr 1848 zu seinem Rücktritt. Dieser Lola Montez ist Ludwig I. verfallen. Viel zu spät begreift der König, dass sie ihn nur ausgenutzt hat, seine blinde Verliebtheit lässt ihn nicht erkennen, dass sie ihm ihre Liebe nur vorgaukelt. Erst viel später schreibt er darüber in einem Gedicht: „Hätt' ich doch nie und nimmer Dich gesehen! Für die gegeben ich mein letztes Blut........ Ich stellte trotzend allem mich entgegen, vertrauend Deinem liebenden Gefühl..... Der Jahre langer Traum ist nun verschwunden, in einer Öde bin ich jetzt erwacht, vorüber ist, was ich Gefühl empfunden, doch um die Krone bleibe ich gebracht!”

Maria de los Dolores Porris y Montez

1846 kommt Lola Montez als Senora Maria de los Dolores Porris y Montez nach München. Allein der wohlklingende Name täuscht eine Nationalität vor, die falscher nicht sein könnte, denn die junge Frau, die in München ihr Glück als Balletttänzerin versuchen will, kommt eigentlich aus Schottland und heißt Eliza Dolores Gilbert. All diese Ungereimtheiten interessieren Ludwig nicht. Er legt ihr sein

München zu Füßen. Im Sommer 1847 lässt er sie wegen " der vielen Wohltaten" zur Gräfin Landsberg ernennen. Trotz erheblichen Widerstandes der Bürger, der Studenten und des Kronrates will er ihr die bayerische Staatsbürgerschaft ver-

St. Bonifaz Bauherr König Ludwig I.

leihen. Er, der bei Beginn seiner Regierungszeit ein glühender Verfechter der Pressefreiheit war, er der alles für die Freiheit von Forschung und Lehre getan hat, opfert seine Ideale für diese Frau. Im Februar 48 lässt er nach Unruhen die Universitäten schließen und schlägt alle Warnungen in den Wind. Ganz im Gegenteil. Mit aller Macht will er seine Anordnung durchsetzen: „In Bayern besteht das monarchische Prinzip. Der König befiehlt und die Minister gehorchen, lässt er verkünden". Aber die Demonstrationen werden stärker, die Münchner Bürger lassen die diese Missachtung nicht gefallen. Sie versammeln sich im Rathaus und demonstrieren gegen Ludwigs Willkür. Zu spät erkennt er, dass er sich von Lola Montez trennen muss. Am 11.Febrzuaer 1848 verweist er sie schließlich des Landes. Heimlich reist sie 3 Wochen später wieder nach München, aber der König verweigert ihr das Gespräch und so verlässt sie München endgültig. Er lässt ihr die Staatsbürgerschaft wieder aberkennen und sie letztendlich sogar mit Haftbefehl suchen. Er versucht noch durch gesetzliche Änderungen seine Bereitschaft zur Zusammenarbeit mit den Bürgern zu zeigen und verspricht die Abschaffung der Zensur und eine Verbesserung der Rechtsprechung. Die Demonstrationen aber hören nicht auf. Dann aber gibt er zutiefst ge-

kränkt auf, da sein Volk einfach nicht begreifen will, dass er bereit ist, alles für sein geliebtes Bayern zu tun. Am 19. März 1848 erlässt er folgende Bekanntmachung: "Bayern! Eine neue Richtung hat begonnen, eine andere, als die in der Verfassungsurkunde erhaltene.... Treu der Verfassung regierte ich. Dem Wohle des Volkes war mein Leben geweiht.....Auch vom Thron herabgestiegen, schlägt mein glühend Herz für Bayern, für Teutschland". Nachfolger wird sein ältester Sohn Maximilian II. Ludwig war sein Leben lang ein begeisterter Förderer der schönen Künste und der Wissenschaft. Diese Leidenschaft, die bereits in seiner Kronprinzenzeit ihren Ursprung hatte und die er durch zahlreiche Reisen nach Italien und Griechenland vertiefte, setzte er in seiner Regierungszeit fort und er hörte damit auch nicht mit Ende seiner

Allerheiligen Hofkirche Bauherr König Ludwig I.

Regierungszeit auf. So genehmigte er noch am Tag seiner Abdankung den Bau der Propyläen. Ludwig hat sein Ziel einmal folgendermaßen beschrieben: "Ich will aus München eine Stadt machen, die Teutschland so zur Ehre gereichen soll, dass keiner Teutschland kennt, wenn er nicht München gesehen hat". Wie er diesen Traum umgesetzt hat, davon mehr im nächsten Heft. münchner

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„Die Münchner Stadtgeschichte” 1801 Als erstem Protestanten verleiht die Stadt auf Anweisung des Kurfürsten, der selbst mit einer Protestantin verheiratet ist, dem Mannheimer Weinwirt Johann Balthasar Michel das Bürgerrecht.

1802 Der Kurfürst erlässt eine geheime Instruktion zur Aufhebung für die bayerischen Klöster. In München sind davon zunächst sieben Klöster betroffen.

1806 Im Zuge der Neuordnung Europas durch den französischen Kaiser Napoleon wird das Kurfürstentum Bayern um Franken und Schwaben vergrößert und der bayerische Kurfürst Max IV. Joseph zum König (Max I.) ausgerufen. Bayern hat damit die Größe des heutigen Staatsgebietes erreicht, ist jetzt Königreich und München Königliche Haupt- und Residenzstadt.

das Bistum zum Erzbistum erhoben wird. Die Münchner Frauenkirche wird erzbischöfliche Kathedrale ("Dom"). Im Jahr darauf wird der erste Erzbischof von München und Freising vom König ernannt und vom Papst bestätigt.

1818 Das Königreich Bayern erhält die erste konstitutionelle Verfassung, die sich ein großer deutscher Staat gegeben hat. Gleichzeitig erscheinen ein Edikt über die protestantische Gesamtgemeinde, ein Edikt über das Indigenat (Staatsbürgerschaftsrecht) - es bleibt bis 1871 in Kraft -, und ein Edikt über die Freiheit der Presse und des Buchhandels. Von letzterer waren allerdings alle politischen Zeitungen und periodischen Schriften politischen und statistischen Inhalts ausgenommen.

1810 Die Hochzeit des Kronprinzen Ludwig, des späteren Königs Ludwigs I., mit Therese von Sachsen-Hildburghausen am 12. Oktober und ein hierbei veranstaltetes Pferderennen auf einer Wiese vor der Stadt (später „Theresienwiese”) werden Anlass für eine jährliche Wiederholung dieses Festes, 1819 erstmals unter städtischer Leitung, des in aller Welt bekannten „Oktoberfestes”.

1817 Bayern schließt mit dem heiligen Stuhl in Rom ein Konkordat. Unter anderem wird festgelegt, dass der seit 1803 verwaiste Bischofssitz von Freising nach München verlegt und

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über der Theresienwiese. Aber auchder Bau der ersten deutschen Eisenbahnlinie von Nürnberg nach Fürth 1835 und der Bau des Ludwig-Donau-Main-Kanals 18381845 sind ihm zu verdanken. 1848 musste er wegen der Affäre mit einer angeblich spanischen Tänzerin abdanken. Wie schon in seinen Kronprinzenjahren vor 1825 setzte er seine Bautätigkeit und sein Mäzenatentum auch nach 1848 bis zu seinem Tod 1868 fort.

1826 Die 1472 von Herzog Ludwig dem Reichen von Bayern-Landshut in Ingolstadt gegründete Universität, die 1800 unter Kurfürst Max IV. Joseph von dort nach Landshut verlegt worden war, zieht um nach München und trägt seitdem nach ihren beiden Gründern den Namen Ludwig-Maximilians-Universität. Im selben Jahr feierliche Einweihung der Synagoge an der Westenriederstraße.

1827 1825-1845 Regierungszeit von König Ludwig I., einem der größten deutschen Kunstinitiatoren, den man auch als den Schöpfer des neuen München bezeichnet: Ihm verdanken die Ludwigstraße, der Odeonsplatz und der Königsplatz ihre Entstehung, ebenso die Residenzbauten am Hofgarten und am Max-JosephPlatz, die Alte und die Neue Pinakothek, mehrere Kirchen, die Feldherrnhalle, das Siegestor und die Ruhmeshalle mit der Bavaria

Grundsteinlegung zur ersten evangelischen Kirche Münchens, der Matthäuskirche auf der Sonnenstraße, Vorgängerin der heutigen Matthäuskirche am Sendlinger-TorPlatz.

1830 Eröffnung der Glyptothek am Königsplatz, mit einer von König Ludwig I. erworbenen Sammlung antiker Skulpturen und Vasen sowie der 1811 in Ägina ausgegrabenen Figuren des Tempel-Giebels.


MÜNCHNER BLICKWINKEL

Das Denkmal von Maximillian Graf Montgelas vor dem Bayerischen Hof

Die beiden Müchner Fotografen Philipp und Herbert Liebhart arbeiten seit zwei Jahren an dem Buch „Münchner Blickwinkel”, das besondere Bilderbuch mit Liebe zum Detail ihrer Heimatstadt. Durch ständige Veränderungen in ihrer geliebten Stadt wird der Erscheinungstermin leider noch einige Zeit auf sich warten lassen. münchner

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