Ich wähle! Alles, was du über die Wahlen wissen musst!

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r e b ü u d s a w , s e All ! t s s u m n e s s d i e Wa h l e n w i


Februar 2024


inHaLTsveRzeicHNis Einführung

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Warum wählen?

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Wann wird gewählt?

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Wen wählen?

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Wofür wählen?

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Glossar

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Pädagogisches Material

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eiNfuHRunG Die Wahlen! Ein mit Spannung erwarteter Moment, der uns alle in Atem hält. Für manche sind sie die Gelegenheit, ihr Vertrauen in ihre Volksvertreter/innen neu zu bekräftigen. Für andere sind sie ein Prüfstein – um eine Bilanz der vergangenen Jahre zu ziehen und neuen Personen und anderen politischen Parteien eine Chance zu geben. Wenn du noch nie gewählt hast, dann weißt du vielleicht gar nicht so recht, wo du beginnen sollst, dich zu informieren, oder fühlst dich überfordert. Europäische, föderale, regionale, gemeinschaftliche, provinzielle, kommunale Wahlen – was ist eigentlich der Unterschied zwischen ihnen? Vielleicht fragst du dich auch, was du an Tag X genau machen musst oder was mit deiner Stimme geschieht, nachdem du sie in die Wahlurne geworfen hast. Sascha und Charlie sind zwei Jugendliche im Alter von 16 und 22 Jahren, die genauso viele Fragen haben wie du. Doch keine Panik! In dieser Broschüre erklären wir dir alles, was du zum Thema Wahlen wissen musst: Warum gehen wir eigentlich wählen? Wann wird wer gewählt? Wie werden die Wahlen organisiert? Wir geben dir eine geballte Ladung Wissen an die Hand, damit die Wahlen für dich kein Buch mit sieben Siegeln mehr sind! Zudem erläutern wir dir kurz die Funktionsweise der Europäischen Union und der verschiedenen Machtebenen in Belgien. Wir wollen dir nichts vormachen: Es ist nicht immer leicht, den Durchblick zu behalten. Doch unsere Erklärungen werden dir helfen, dich auf den Sprung ins kalte Wasser vorzubereiten!

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wArUM waHlEN?

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waNn wiRd GewaHlT? Arten von Wahlen und wie oft sie stattfinden Zu allererst ist ein Wahlkalender erforderlich … Politische Ämter sind zeitlich begrenzt, sodass die Wähler/ innen das Vertrauen in ihre bevorzugten Kandidaten/innen bestätigen oder bei der nächsten Wahl ihre Entscheidungen überdenken und für andere Personen oder politische Parteien stimmen können. Bei den Wahlen erteilen die Bürger/innen Personen aus ihrer Mitte ein Mandat, um politische Macht auszuüben und somit in ihrem Namen Entscheidungen zu treffen (1).

1) Definition des CRISP: https://www. vocabulairepolitique.be/mandat

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Abgeordneten des Europäischen Parlaments belgischen Abgeordnetenkammer Regional- und Gemeinschaftsvertreter/innen Provinzialräte

Gemeinderatsmitglieder

Parlamentswahlen

Regional- und Gemeinschaftswahlen

Provinzialwahlen

Kommunalwahlen

Zur wahl der

Europawahlen

bezeichnung der wahl

Alle 6 Jahre

Alle 5 Jahre

Haufigkeit

Das solltest du wissen:

ALLE 5 JAHRE

Du gibst bei den Regional- und Gemeinschaftswahlen, den Föderal- und Europawahlen deine Stimme ab.

ALLE 6 JAHRE

Du gibst bei den Kommunal- und Provinzialwahlen deine Stimme ab.

Aktuelle Neuigkeiten rund um die Wahlen findest du auf unserer Website elections.inforjeunes.be!


Wer darf wählen?

Provinzialwahlen

Gemeinschafts-, Regional- und Föderalwahlen

Staatsangehörigkeit eines EU-Mitgliedstaats oder eines Drittstaats.

Belgische Staatsbürgerschaft. Wie die belgische Staatsangehörigkeit erworben wurde – durch Geburt, Einbürgerung usw. – spielt dabei keine Rolle.

Belgische Staatsbürgerschaft. Wie die belgische Staatsangehörigkeit erworben wurde – durch Geburt, Einbürgerung usw. – spielt dabei keine Rolle.

Europawahlen

Staatsangehörigkeit eines EU-Mitgliedstaats.

Am Tag der Wahl mindestens 16 Jahre alt sein. Aktuelle Neuigkeiten zum Wahlalter findest du auf der Website des FÖD Inneres (Direktion Wahlen).

Alter

Kommunalwahlen

Am Tag der Wahl mindestens 18 Jahre alt sein. Diese Bedingung muss am Tag der Wahl erfüllt sein.

Wohnort

Staatsangehörigkeit

Je nach deiner Situation und der Art der Wahl gelten unterschiedliche Bedingungen. Der Einfachheit halber haben wir alles in dieser Tabelle zusammengefasst:

Wohnhaft in einer belgischen Gemeinde; dort im Bevölkerungsregister eingetragen sein und dort wohnen.

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Provinzialwahlen

Belgier/innen mit Wohnsitz im Ausland können bei den Kommunalwahlen keine Stimme abgeben.

Belgier/innen mit Wohnsitz im Ausland können bei den Provinzialwahlen keine Stimme abgeben.

Nicht von der Stimmabgabe ausgeschlossen sein

Wohnsitz im Ausland?

Kommunalwahlen

Gemeinschafts-, Regional- und Föderalwahlen Föderalwahlen: Belgier/innen mit Wohnsitz im Ausland, die bei einer belgischen diplomatischen oder konsularischen Vertretung registriert sind, können bei den Wahlen zur Abgeordnetenkammer wählen, wenn sie vorher ein Einschreibeformular ausgefüllt haben. Regionalwahlen: Belgier/innen mit Wohnsitz im Ausland können bei den Regionalwahlen keine Stimme abgeben.

Europawahlen

Belgier/innen mit Wohnsitz in einem EU-Staat, die bei einer konsularischen Vertretung der EU registriert sind, können bei den Wahlen zum Europäischen Parlament per Briefwahl Kandidaten/-innen der belgischen Listen wählen.

Im Besitz der bürgerlichen und politischen Rechte sein; das Wahlrecht darf nicht zeitweilig oder endgültig aberkannt worden sein.

Und wenn ich nicht die belgische Staatsbürgerschaft besitze? Für die Kommunalwahlen können Personen mit ausländischer Staatsangehörigkeit (EU und Nicht-EU) einen Antrag auf Eintragung in das Wählerverzeichnis ihrer Gemeinde stellen.

Æ Ich bin Staatsbürger/in eines EU-Landes: EU-Bürger/innen können wählen, wenn:

sie die Staatsangehörigkeit eines EU-Mitgliedstaats besitzen, 10


Bevölkerungsregister oder im Fremdenregister der belgischen Wohnsitzgemeinde im eingetragen sind, und zwar spätestens am Tag des Abschlusses der Wählerlisten für das betreffende Wahljahr,

am Wahltag 18 Jahre alt sein, spätestens Wählerliste der Wohnsitzgemeinde eingetragen sind, inimder Besitz der bürgerlichen und politischen Rechte sind und ihnen das Wahlrecht nicht zeitweilig oder endgültig aberkannt wurde. Achtung! EU-Bürger/innen, die in Belgien wählen, können nicht zusätzlich in ihrem Herkunftsland wählen.

Bei den Europawahlen können EU-Bürger/innen in Belgien für die Kandidaten/-innen ihres Herkunftslands oder ihres Wohnsitzlands stimmen; sie müssen jedoch am Tag der Wahl das 16. Lebensjahr vollendet haben. Weitere Informationen zu diesem Thema findest du in der Broschüre Ich wähle: Alles, was du über die Europawahlen wissen musst!. Æ Ich bin Staatsbürger/in eines Landes, das nicht zur Europäischen Union gehört Nicht-EU-Ausländer/innen können wählen, wenn: im Bevölkerungsregister oder im Fremdenregister der Gemeinde eingetragen sind, in der sie sie ihren Antrag auf Eintragung in die Wählerliste gestellt haben, und zwar spätestens am

Tag des Abschlusses der Wählerlisten für das betreffende Wahljahr, spätestens am Tag der ersten Kommunalwahlen nach der Einreichung des Antrags das 18. Lebensjahr vollendet haben, in Belgien keiner Verurteilung oder Entscheidung unterlegen sind, die zum Zeitpunkt der Wahl zu einer endgültigen oder zeitweiligen Aussetzung des Wahlrechtes geführt hat, zum Zeitpunkt der Antragstellung seit 5 Jahren ununterbrochen und legal ihren Hauptwohnsitz in Belgien haben, bei der Antragstellung eine Erklärung abgeben, mit der sich die antragstellende Person verpflichtet, die Verfassung, die Gesetze des belgischen Volkes und die Konvention zum Schutz der Menschenrechte sowie die Grundfreiheiten zu respektieren.

Der verpflichtende Charakter der Stimmabgabe in Belgien gilt auch für ausländische Staatsbürger/ innen, sobald sie im Wahlregister eingetragen sind.

Was ist, wenn ich am Wahltag noch nicht 18 Jahre alt bin? Wenn du am Wahltag noch nicht 18 Jahre alt bist, kannst du noch nicht mitbestimmen, wer dich in Belgien (auf föderaler, gemeinschaftlicher, regionaler, provinzieller und kommunaler Ebene) vertreten soll. Bei der Europawahl können hingegen all jene Personen ihre Stimme abgeben, die am Wahltag das 16. Lebensjahr vollendet haben. Aktuelle Neuigkeiten zum Wahlalter findest du auf der Website des FÖD Inneres (Direktion Wahlen).

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wEn waHLeN? Was ist eine politische Partei? Parteien sind Vereinigungen, die Menschen zusammenbringen, die an der Politik des Landes auf einer oder mehreren Ebenen teilnehmen möchten. Die Parteien vertreten unterschiedliche Auffassungen über die Art und Weise, wie öffentliche Angelegenheiten zu regeln sind. In unserem Land sind diese Meinungen oft mit einer ideologischen, philosophischen oder religiösen Sichtweise des gesellschaftlichen Lebens verknüpft. In der belgischen Politik ist der Beitritt zu einer Partei eine Möglichkeit, seiner Stimme Gehör zu verschaffen. Aufgrund des Verhältniswahlrechts gibt es in Belgien eine große Zahl von politischen Parteien. Die Sitze der verschiedenen Versammlungen werden proportional zu den erzielten Ergebnissen verteilt. Dabei werden die Wahlergebnisse in Prozent ausgedrückt.

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Beispielsweise sah die Sitzverteilung der Abgeordnetenkammer am 11. Mai 2023 wie folgt aus (2).

2

12

21

14 18

12 24

Indép. / onafh.

1 1 Indép. / onafh.

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9

12

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Wusstest du, dass man seine Meinung auf politischer Ebene auch äußern kann, ohne einer politischen Partei anzugehören? Manche Menschen verschaffen ihrer Stimme beispielsweise über Bürgerbewegungen Gehör. Zudem gibt es unabhängige Abgeordnete, die keiner politischen Partei angehören.

Wie funktionieren Parteien? Interne Regeln Jede politische Partei hat ihre eigenen internen Regeln. Innerhalb einer Partei gibt es oft eine bestimmte Hierarchie und sie sind auf mehreren Ebenen strukturiert – mit Ortsvereinen, Provinz- oder Bezirksverbänden. Manche Parteien führen sogenannte Generalversammlungen durch, bei denen die Parteimitglieder (also die Personen, die eine Mitgliedskarte der Partei haben) über die Grundorientierung der Partei abstimmen können. Auf der Generalversammlung werden zudem häufig die/der Vorsitzende und/oder die Co-Vorsitzenden der Partei gewählt, die in Belgien eine bedeutende Rolle spielen.

2) Quelle: https://www.lachambre.be

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Wenn Wahlen anstehen, wenden die politischen Parteien viel Engagement und viele Ressourcen auf, um der Bevölkerung die Liste ihrer Kandidaten/-innen und das Programm vorzustellen, für das sie sich einsetzen wollen, wenn sie an die Macht kommen.

Gut zu wissen: Finanzierung Die Wahlkampfausgaben sind durch Gesetze geregelt; die verschiedenen politischen Gruppierungen erhalten Zuwendungen, um ihre Unabhängigkeit und den politischen Pluralismus zu gewährleisten.

Kann ich auch kandidieren? Je nachdem, für welche Ebene du kandidieren möchtest, musst du unterschiedliche Regeln beachten. Nachfolgend haben wir die grundlegenden Bedingungen zusammengestellt, die für alle Machtebenen gelten.

Alter Du musst am Tag der Wahl das 18. Lebensjahr vollendet haben. Dies gilt für sämtliche Ebenen, d. h. für das Europäische Parlament, die Abgeordnetenkammer und den Senat, die Parlamente der Gemeinschaften und Regionen sowie für die Provinzen und Gemeinden.

Staatsangehörigkeit Um für die Provinzial-, Gemeinschafts-, Regional- und Föderalwahlen zu kandidieren, musst du die belgische Staatsangehörigkeit besitzen. Wenn du Staatsangehörige/r eines EU-Mitgliedstaats bist, kannst du dich als Kandidat/in auf den Listen für die Europa- und Kommunalwahlen aufstellen lassen.

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Wohnsitz Dein Wohnsitz muss sich: seit dem Tag des Abschlusses der Wählerlisten in der Gemeinde/Provinz mindestens befinden, wenn du für eine Kommunal-/Provinzialwahl kandidierst. mindestens sechs Monaten vor der Wahl in der Region befinden, wenn du für die seit Regionalwahl kandidierst. einer belgischen Gemeinde befinden, wenn du für die föderalen inParlamentswahlen kandidierst. in einem Mitgliedstaat Europawahl kandidierst.der Europäischen Union befinden, wenn du für die

Weitere Bedingungen Dir dürfen nicht aufgrund einer gerichtlichen Entscheidung deine bürgerlichen und

politischen Rechte aberkannt worden sein (Aussetzung oder Entzug des aktiven oder passiven Wahlrechts). Du musst sicherstellen, dass keine Unvereinbarkeit zwischen den von dir ausgeübten Mandaten und deiner Funktion besteht. Beispiele: Abgeordnete des Europäischen Parlaments dürfen nicht Mitglied des Föderal-, Regional- oder Gemeinschaftsparlaments sein; Abgeordnete des Föderalparlaments dürfen nicht Beamte oder Angestellte des Staates sein. Die ersten beiden Kandidaten/-innen (effektive Kandidaten/-innen und Ersatzkandidaten/innen) dürfen nicht dasselbe Geschlecht haben. Darüber hinaus darf die Differenz zwischen der Anzahl der Kandidaten/-innen (effektive Kandidaten/-innen und Ersatzkandidaten/innen) eines jeden Geschlechts nicht größer sein als eins. Bei den Gemeinde-, Provinzialund Regionalwahlen (nur für das Wallonische Parlament) müssen auf der gesamten Liste abwechselnd Frauen und Männer aufgeführt sein. Für Gemeinde- und Provinzialkollegien gilt eine Geschlechterquote von einem Drittel. Beispiel: Ein Gemeindekollegium, das aus einer Bürgermeisterin/einem Bürgermeister und fünf Schöffen/-innen besteht, muss mindestens zwei Frauen umfassen. Bei Listen mit einer ungeraden Anzahl von Kandidaten/-innen steht die Wahl des Geschlechts der Person auf dem letzten Platz der Liste frei. Kandidaten/-innen zur Europawahl dürfen nicht in zwei Ländern gleichzeitig kandidieren.

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Effektive Kandidaten/-innen und Ersatzkandidaten/-innen Effektive Kandidaten/-innen können direkt gewählt werden, wenn sie ausreichend Stimmen erhalten. Die Ersatzkandidaten/-innen bei den Regional-, Föderal- und Europawahlen übernehmen hingegen nur dann ein Amt, wenn eine/r der gewählten Vertreter/innen nicht in der Lage ist, ihr/ sein Amt auszuüben, oder zurücktritt. Beispiel: Wird eine Abgeordnete Ministerin, dann wird ihr/e Ersatzkandidat/in für die Dauer ihrer Amtszeit an ihrer Stelle Abgeordnete/r. Stirbt ein Abgeordneter, so tritt die/der Ersatzkandidat/ in an seine Stelle.

Wie wählen? Vor der Wahl Die Wahlaufforderung Das Bürgermeister- und Schöffenkollegium ist dafür zuständig, mindestens 15 Tage vor der Wahl eine Wahlaufforderung an alle wahlberechtigten Personen zu versenden. Die Wahlaufforderung informiert über den Tag, die Öffnungszeiten und das Wahllokal. Auf ihr stehen auch dein(e) Name(n), Vorname(n) und dein Hauptwohnsitz.

Æ Was ist, wenn ich nicht wählen gehen kann? Hast du schon einmal von der Wahl per Vollmacht gehört? Es kann vorkommen, dass du dich aus einem der folgenden Gründe nicht persönlich zum Wahllokal begeben kannst:

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oder dienstliche Gründe (Arbeit im berufliche Ausland, Militär). Dieser Grund umfasst nunmehr auch Studiengründe.

Studiengründe: Die Leitung deiner Bildungseinrichtung muss dir bescheinigen, dass du nicht in der Lage bist, das Wahllokal aufzusuchen. Berufliche Gründe: Dein Arbeitgeber (bzw. die zivile oder militärische Behörde) muss dir bescheinigen, dass du nicht in der Lage bist, das Wahllokal aufzusuchen.

wenn du eine selbstständige Tätigkeit ausübst Du musst ehrenwörtlich erklären, dass du

eine selbstständige Tätigkeit ausübst und aufgrund dieser Tätigkeit nicht in der Lage bist, das Wahllokal aufzusuchen. Gründe: wenn du krank bist, eine gesundheitliche Beeinträchtigung hast oder unfähig bist, dich zum Wahllokal zu begeben oder dorthin transportiert zu werden

Deine Ärztin bzw. dein Arzt muss dies anhand eines ärztlichen Attests bestätigen. du dich aufgrund einer Urlaubsreise am Wahltag wenn vorübergehend im Ausland aufhältst

Die befugte Person (Bürgermeister/in oder Beamtin/ Beamter) der Gemeinde, in der du deinen Wohnsitz hast, muss dir bescheinigen, dass du nicht in der Lage bist, das Wahllokal aufzusuchen. Du kannst auch eine Bescheinigung deiner Reiseorganisation vorlegen. Straßenhändler/innen, Schiffer/innen, Schausteller/innen (und ihre Familien)

Die befugte Person (Bürgermeister/in oder Beamtin/Beamter) der Gemeinde, in der du deinen Wohnsitz hast, muss dir bescheinigen, dass du nicht in der Lage bist, das Wahllokal aufzusuchen.

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religiöse Überzeugungen

Die zuständigen religiösen Behörden müssen dir bescheinigen, dass du nicht in der Lage bist, das Wahllokal aufzusuchen.

Wenn du dich in einer dieser Situationen befindest, kannst du eine Vertrauensperson benennen (die die Voraussetzungen für die Stimmabgabe erfüllt), die dann in deinem Namen wählt. Diese wird in dem Wahllokal vorstellig, in dem du hättest wählen müssen, und gibt der/dem Vorsitzenden des Wahllokals: Vollmacht (ausgefüllt und unterschrieben), die Bescheinigung, die belegt, dass du unfähig bist, wählen zu kommen (ärztliches Attest, die Bescheinigung des Arbeitgebers oder der Bildungseinrichtung usw.), ihren eigenen Personalausweis sowie ihre persönliche Wahlaufforderung. Achtung: Die/der Vorsitzende des Wahllokals wird die oben genannten Dokumente sorgfältig prüfen. Vergewissere dich also, dass du die Vollmacht korrekt ausgefüllt hast!

Gut zu wissen: Bei den Föderalwahlen umfasst die (ausgefüllte und unterschriebene) Vollmacht bereits den Grund für die Unmöglichkeit, persönlich das Wahllokal aufzusuchen; es muss also kein separates Dokument beigefügt werden. Weitere Informationen zu diesem Thema findest du auf: https://elections.fgov.be/electeurs-que-faire-en-cas-dindisponibilite-le-jour-du-vote/le-vote-par-procuration. Wenn du beispielsweise aus gesundheitlichen Gründen nicht in der Lage bist, das Wahllokal aufzusuchen, muss deine Ärztin bzw. dein Arzt dies direkt auf der Vollmacht bestätigen.

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Was ist ein/e Beisitzer/in? Wenn du die Bedingungen erfüllst, um Wähler zu sein, kann es auch sein, dass du als Beisitzer/ in einberufen wirst. Die/der Beisitzer/in ist eine Person, die von der/dem Vorsitzenden des Hauptbüros des Wahlkantons ernannt wird, um den reibungslosen Ablauf der Wahl zu gewährleisten. Als Beisitzer/in musst du unter anderem die Namen der Wähler/innen überprüfen, die im Wahllokal vorstellig werden. Zusammen mit der/dem Vorsitzenden des Wahllokals notierst du sämtliche Ereignisse, die während der Wahl geschehen. Du kannst zur/zum Beisitzer/in ernannt werden, wenn du 18 Jahre alt und im Wählerverzeichnis eingetragen bist. Du wirst dann einem Wahllokal innerhalb deines Wahlkantons zugeteilt. Du musst zu der auf der Einberufung angegebenen Uhrzeit anwesend sein. Die Einberufung wird dir spätestens drei Tage vor der Wahl zugesandt (nicht zu verwechseln mit der Wahlaufforderung). Achtung: Wenn du verhindert bist oder deine Funktion als Beisitzer/in aus einem triftigen Grund nicht wahrnehmen kannst, musst du dies der/dem Vorsitzenden des Wahlkantons innerhalb von 48 Stunden nach Erhalt der Einberufung mitteilen.

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Wenn du diese Frist nicht einhältst oder nicht im Wahllokal erscheinst, kann dies mit einer Geldstrafe von 400 bis 1600 € (3) geahndet werden. Als Beisitzer/in erhältst du eine Entschädigung für deine Anwesenheit an diesem Tag. Zusätzlich kannst du eine Erstattung deiner Fahrtkosten beantragen. Wenn du Beisitzer/in sein möchtest, kannst du dich bei deiner Gemeindeverwaltung als freiwillige/r Beisitzer/in melden.

Während der Wahl Das Wahllokal Æ Was du dir für den Tag X merken musst Die Wahl findet in der Gemeinde statt, in der du auf der Wählerliste eingetragen bist. In Belgien finden die Wahlen stets an einem Sonntag statt. Die Wahllokale sind in der Regel von 8 bis 14 Uhr geöffnet (8 bis 16 Uhr für Wahllokale, die mit Wahlcomputern ausgestattet sind). Diese Öffnungszeiten können verlängert werden, wenn mehrere Wahlen gleichzeitig stattfinden. Du musst mitbringen: Personalausweis, deinen Wahlaufforderung, die von der/dem Vorsitzenden des Wahllokals oder einer/einem deine Beisitzer/in mit einem Stempel versehen wird.

Du erhältst: Stimmzettel (Europa, Kammer, Region und ggf. Gemeinschaft) bzw. zwei mehrere Stimmzettel (Gemeinde und Provinz), wenn deine Gemeinde die Papierwahl verwendet, eine Chipkarte, wenn deine Gemeinde die elektronische ODER Stimmabgabe nutzt. Achtung: In Wallonien kann nicht mehr elektronisch gewählt werden, außer in der Deutschsprachigen Gemeinschaft.

3) Der Betrag der Geldstrafe wird sich voraussichtlich von Jahr zu Jahr erhöhen.

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Anschließend begibst du dich in die Wahlkabine, um deine Stimme abzugeben. Sobald du dich entschieden hast, wirfst du deine Stimmzettel oder deine Karte unter der Aufsicht der/des Vorsitzenden des Wahllokals, der Beisitzer/innen und der Zeugen/-innen in die dafür vorgesehene Urne, die sich außerhalb der Wahlkabine befindet. Deine Wahl ist geheim, du musst den Stimmzettel also falten, bevor du die Wahlkabine verlässt und den Zettel in die Wahlurne wirfst.

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Æ Sich zum Wahllokal begeben Wenn du eine körperliche Beeinträchtigung hast oder nur eingeschränkt mobil bist, dann zögere nicht, dich an deine Gemeinde zu wenden – denn diese ist verpflichtet, die Wahllokale zugänglich zu machen. Wenn du möchtest, kannst du dich an ein für deine Situation geeignetes Wahllokal verweisen und dich am Wahltag in die Wahlkabine begleiten lassen.

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Wenn du als Student/in in einer anderen Gemeinde wählen gehen musst als in der, in der sich deine Studentenwohnung befindet, hast du Anspruch auf eine Erstattung der Fahrtkosten für die Hin- und Rückfahrt. (Andere Personen haben ebenfalls Anspruch auf eine solche Erstattung: Krankenhausaufenthalt, kürzlich stattgefundener Umzug …). Die Kosten werden auf der Grundlage des SNCB-Tarifs für die Personenbeförderung in der 2. Klasse erstattet, der am Wahltag gilt. Anspruchsberechtigte Personen, die die Linien der SNCB nutzen, erhalten im Abreisebahnhof gegen Vorlage ihrer Wahlaufforderung und ihres Personalausweises (oder einer speziellen Bescheinigung, wenn es sich um Studierende, Krankenhauspatienten/-innen usw. handelt) ein kostenloses Ticket der 2. Klasse. Das ausgestellte Bahnticket gilt vom Freitag vor dem Wahltag bis zum Montag nach dem Wahltag. Für die Rückfahrt ist das Ticket nur gegen Vorlage der abgestempelten Wahlaufforderung gültig. Eine Erstattung ist auch möglich, wenn du ein Privatfahrzeug benutzt. In diesem Fall musst du bei deiner Gemeindeverwaltung ein Formular anfordern und dieses innerhalb von drei Monaten nach der Wahl zurücksenden. Dem Antrag ist die abgestempelte Wahlaufforderung und ein Nachweis über die Eintragung im Bevölkerungs­ register beizufügen (oder eine spezielle Bescheinigung, wenn es sich um Studierende, Krankenhauspatienten/innen usw. handelt).

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Wie gebe ich eine gültige Stimme ab? Es gibt vier gültige Wahlmöglichkeiten: 1. 2.

3.

4.

Per Kopfstimme für eine gesamte Liste. Wenn du das Kästchen über der Liste ankreuzt, stimmst du für die gesamte Liste, ohne Präferenz für eine Person. Wenn du das Kästchen über der Liste ankreuzt und zudem für Kandidaten/-innen derselben Liste stimmst, wird deine Stimme als Vorzugsstimme gewertet und deine Kopfstimme wird nicht berücksichtigt. (illustriertes Beispiel) Du kannst für eine/n oder mehrere effektive Kandidaten/-innen stimmen, indem du einen oder mehrere Namen auf der Liste einer Partei ankreuzt. Du kannst sowohl für eine/n oder mehrere effektive Kandidaten/AHL innen als auch eine/n oder EINE WT M IS GÜLTIG mehrere Ersatzkandidaten/innen stimmen. LISTE C LISTE B

LISTE A

Es gibt fünf gültige Wahlmöglichkeiten 1.

Du kannst auch weiß wählen. Weiß wählen bedeutet, dass man keiner der Parteien oder Personen seine Stimme geben möchte. Es ist ein legaler Weg, sich der Stimme zu enthalten und trotzdem seiner Wahlpflicht nachzukommen.

1.

Kandidat/in 1

2.

Kandidat/in 2

3.

Kandidat/in 3

4.

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Kandidat/in 4

1.

Kandidat/in 1

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Kandidat/in 2

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Kandidat/in 3

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Kandidat/in 4

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Kandidat/in 1

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Kandidat/in 2

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Kandidat/in 3

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Kandidat/in 4

MEINE WAHL IST GÜLTIG

LISTE A

1.

Kandidat/in 1

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Kandidat/in 2

3. 4.

Kandidat/in 3 Kandidat/in 4

LISTE B

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Kandidat/in 1

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Kandidat/in 2

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Kandidat/in 3

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Kandidat/in 4

LISTE C

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Kandidat/in 1

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Kandidat/in 2

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Kandidat/in 3

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Kandidat/in 4

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L WAHNGÜLTIG E N I ME IST U LISTE C LISTE B

LISTE A

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1.

/in 1 Kandidat

2.

/in 2 Kandidat

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/in 3 Kandidat

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/in 4 Kandidat

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1.

/in 1 Kandidat

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/in 2 Kandidat

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/in 3 Kandidat

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/in 4 Kandidat

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/in 1 Kandidat

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/in 2 Kandidat

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/in 3 Kandidat

4.

/in 4 Kandidat

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Deine Stimme ist ungültig und wird nicht gezählt, wenn du: 1.

2.

für mehrere Listen und/ oder für Kandidaten/innen verschiedener Listen stimmst. etwas auf deinen Stimmzettel bzw. deine Chipkarte schreibst oder zeichnest oder etwas durchstreichst.

MEINE WAHL IST UNGÜLTIG

LISTE A 1.

Kandidat/in 1

2.

Kandidat/in 2

3.

Kandidat/in 3

4.

Kandidat/in 4

Achtung! Du musst den roten Stift benutzen, der in der Wahlkabine bereitliegt. Die Verwendung anderer Stifte, Kugelschreiber usw. ist nicht gestattet, da dadurch die wählende Person identifiziert werden könnte. Wenn du deinen Stimmzettel gewollt oder ungewollt beschädigt hast, kannst du einen neuen verlangen. Der beschädigte Stimmzettel wird daraufhin für ungültig erklärt, mit dem Hinweis „Zurückgenommener Stimmzettel“ versehen und paraphiert.

• • • •

LISTE B

1.

Kandidat/in 1

2.

Kandidat/in 2

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Kandidat/in 3

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Kandidat/in 4

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LISTE C

1.

Kandidat/in 1

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Kandidat/in 2

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Kandidat/in 3

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Kandidat/in 4

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WAHL MEINEIST UNGÜLTIG

Kandidat/in 1

1. 2.

Kandidat/in 2

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Kandidat/in 3 Kandidat/in 4

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LISTE C

LISTE B

LISTE A

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Kandidat/in 1

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Kandidat/in 2

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Kandidat/in 4

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Kandidat/in 1

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Kandidat/in 2

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Kandidat/in 3

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Kandidat/in 4

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AHL GÜLTIG W E N C N LISTE MEI IST U LISTE

ISTE A

L

at/in 1 Kandid at/in 2 Kandid

1. 2.

at/in 3 Kandid /in 4 id d an at 4. K

3.

• • • •

at/in 1 Kandid /in 2 id d an at 2. K at/in 3 id d an 3. K /in 4 andidat 4. K

1.

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• • • •

at/in 1 Kandid at/in 2 Kandid

1. 2.

at/in 3 Kandid /in 4 id d an at 4. K

3.

• • • •

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Nach der Wahl Auch an der Auszählung der Stimmen sind die Bürger/innen beteiligt. Jedes Zählbüro besteht aus einer/einem Vorsitzenden, vier Beisitzern/-innen und vier Ersatzbeisitzern/-innen. Im Laufe des Nachmittags und, wenn nötig, des Abends entfaltet die/der Vorsitzende des Zählbüros mithilfe der Mitglieder des Büros sowie unter Aufsicht von Zeugen/innen die Stimmzettel und sortiert sie nach gültigen, unklaren und ungültigen Stimmen. Anschließend erfolgt eine Sortierung nach Listen, gültigen Kopfstimmen und Vorzugsstimmen.

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Die Zählbüros übergeben das Ergebnis ihrer Zählung an das Hauptwahlbüro. Dieses erfasst die Gesamtzahl der Stimmen und teilt diese umgehend der/dem Innenminister/in mit. Ab diesem Zeitpunkt ist es möglich, die Entwicklung der Wahlergebnisse live mitzuverfolgen.

Wer ist gewählt? Die Anzahl der zu besetzenden Sitze (politischen Mandate) richtet sich nach der Anzahl der Einwohner/innen im Wahlgebiet oder Wahlkreis. Hier ein sehr einfaches Beispiel (Wahlkreis X): Für den Wahlkreis X gibt es 7 Sitze, die zwischen den verschiedenen Parteien im Wallonischen Parlament zu verteilen sind. Die Anzahl der gültigen Stimmzettel beläuft sich auf 140.

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140/7 = 20. Es sind also 20 Stimmen erforderlich, um einen Sitz zu erhalten.

PARTEI 1 20 stimmen 1 sitz

PARTEI 2 20 stimmen 1 sitz

PARTEI 4 40 stimmen 2 sitze

PARTEI 3 60 stimmen 3 sitze

Um herauszufinden, welche Personen diese Sitze erhalten, muss man sich die Vorzugsstimmen der Kandidaten/-innen ansehen, deren Liste Sitze erhalten hat. Die Personen mit den meisten Vorzugsstimmen sind gewählt. In Wallonien wurden die Regeln für die Kommunalwahlen seit den letzten Wahlen geändert. Eine wichtige Änderung betrifft die „Abschaffung des Devolutiveffekts“ – eine zugegebenermaßen etwas komplizierte Bezeichnung. Wenn man bisher in Wallonien über eine Kopfstimme einer gesamten Liste seine Stimme gegeben hat, ging diese in einen sogenannten „gemeinsamen Topf“. Um in den Gemeinderat gewählt zu werden, muss man eine bestimmte Anzahl an Stimmen erreichen, beispielsweise 800. Auf den Wahllisten sind die Kandidaten/-innen vom ersten (Listenführer/in) bis zum letzten Platz in einer bestimmten Reihenfolge aufgeführt. Bislang wurde geschaut, welche Personen automatisch gewählt waren, weil sie persönlich 800 Stimmen erhalten hatten. Angenommen, die/der Listenführer/in hat 800 Stimmen erhalten, dann ist die Person gewählt. Die/der Kandidat/in auf Platz 2 der Liste hat 850 Stimmen, ist also ebenfalls gewählt. Die dritte Person auf der Liste hat jedoch nur 750 Stimmen erreicht und ist also nicht automatisch gewählt.

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Bislang hätte man die 50 fehlenden Stimmen „aus dem gemeinsamen Topf geholt“, damit die/ der Kandidat/in auf Platz 3 der Liste gewählt ist. Auf diese Weise wurden die fehlenden Stimmen der Kandidaten/-innen in ihrer Reihenfolge auf der Liste aufgefüllt.

LISTE A 1.

Kandidat/in 1

2.

Kandidat/in 2

3.

Kandidat/in 3

4.

Kandidat/in 4

KANDIDAT/IN 1

• • • •

850 Stimmen

70 Stimmen aus dem Gemeinschaftstopf

KANDIDAT/IN 2 730 Stimmen

KANDIDAT/IN 3 40 Stimmen aus dem 820 Stimmen

Gemeinschaftstopf

KANDIDAT/IN 4 760 Stimmen

Wählbarkeitsgrenze befindet

verteilt auf die Kandidat/innen in der Reihenfolge der Liste E M M I T S F P O K GEMEINSCHAFTSTOPF

sich bei 800 Stimmen

Das bedeutete, dass die Position der Kandidaten/-innen auf der Liste sehr wichtig war, denn eine Person, die weit oben stand, erhielt zuerst die fehlenden Stimmen aus dem gemeinsamen Topf; die restlichen Stimmen im Topf wurden an die nächste Person weitergegeben – und so weiter, bis die Stimmen im Topf erschöpft waren.

Mit der „Abschaffung des Devolutiveffekts“ hat sich die Vorgehensweise grundlegend geändert, denn es gibt jetzt keinen „gemeinsamen Topf“ mehr. Die Kopfstimme dient lediglich dazu, die Anzahl der gewählten Personen zu bestimmen, auf die die Liste aufgrund der Anzahl der (prozentual) erhaltenen Stimmen Anspruch hat. Wenn eine Partei zum Beispiel 11 Sitze im Gemeinderat erreicht hat, dann ist es egal, auf welchem Platz auf der Liste ein/e Kandidat/in steht – denn lediglich die Zahl der für die verschiedenen Kandidaten/-innen abgegebenen Stimmen entscheidet, wer gewählt ist. Es gelten also die 11 Personen als gewählt, die die meisten Stimmen erhalten haben – unabhängig von ihrem Platz auf der Liste.

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Verhältniswahl und Koalition In Belgien gilt für die Wahl der Mitglieder der verschiedenen Versammlungen (auf föderaler, lokaler usw. Ebene) das Prinzip der „verhältnismäßigen Vertretung“. Dies bedeutet, dass die Listen (bzw. Parteien), die sich zur Wahl gestellt haben, eine Anzahl von Sitzen erhalten, die proportional zur Anzahl der erhaltenen Stimmen ist. Um eine Mehrheit zu bilden, werden 50 % der Stimmen + 1 benötigt. Es kann vorkommen, dass eine Partei allein bereits die absolute Mehrheit erreicht, d. h. 51 % der Stimmen. Die belgischen Versammlungen setzen sich jedoch meist aus verschiedenen Fraktionen zusammen, von denen keine allein über eine Mehrheit an Sitzen verfügt. Diese Situation erfordert die Bildung einer Koalition, d. h. eines Zusammenschlusses von zwei oder mehr Fraktionen, um ein gemeinsam ausgehandeltes Programm zu verfolgen. Dieses Programm hat je nach Regierungsebene unterschiedliche Namen (auf föderaler Ebene = Regierungsabkommen, auf gemeinschaftlicher Ebene = Erklärung zur Gemeinschaftspolitik, auf regionaler Ebene = Erklärung zur Regionalpolitik, auf kommunaler Ebene = Erklärung zur Kommunalpolitik). Das System der Verhältniswahl ermöglicht es auch kleinen Parteien, vertreten zu sein.

Mehrheit und Opposition Die Wahlergebnisse eröffnen oft mehrere mögliche Kombinationen zur Bildung einer Mehrheit (= mindestens die Hälfte der Sitze +1). In den meisten Fällen erhält nämlich keine einzelne Partei 50 % der Stimmen + 1. Deshalb können sich mehrere Parteien zu einer Koalition zusammenschließen und bis zu den nächsten Wahlen ein gemeinsam ausgehandeltes Programm verfolgen. Gewählte Mitglieder von Parteien, die nicht zur Mehrheit gehören, bilden die Opposition. Die Abgeordneten der Opposition sitzen im Parlament und übernehmen eine Kontrollfunktion gegenüber der Mehrheit (Fragen direkt an die gewählten Vertreter/innen, Misstrauensantrag usw.).

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wofur wahlen? Belgien Wir geben dir nun die Möglichkeit, die Funktionsweise unseres Landes und die Institutionen, für die du deine Vertreter/innen wählen sollst, im Detail kennenzulernen. Das Ganze mag kompliziert erscheinen, aber keine Panik: Alles wird erklärt :-)

Belgien, ein besonderes Land? Seit seiner Gründung im Jahr 1830 ist Belgien: Königreich: Der König steht an der Spitze des Landes. ein eine konstitutionelle Monarchie: Die Macht des Königs wird durch die Verfassung eingeschränkt. eine repräsentative und parlamentarische Demokratie:

Demokratie, da die Macht nicht in den Händen einer einzigen Person liegt, sondern beim Volk.

repräsentativ, da die Bevölkerung ihre Vertreter/innen wählt. parlamentarisch, da die gewählten Volksvertreter/innen im Parlament tagen. ist Belgien auf der Grundlage der Gewaltenteilung in Legislative, Exekutive und Zudem Judikative (Gerichte und Tribunale) organisiert, die sich gegenseitig kontrollieren, um jeglichen Missbrauch zu verhindern. Es gibt eine vierte Gewalt, die oft als „Gegengewalt“ bezeichnet wird: die Medien. Denn in einer gut funktionierenden Demokratie bringen die Medien andere Sichtweisen ein und geben Informationen, die die offiziellen Mitteilungen der drei Gewalten nuancieren und hinterfragen.

Belgien, ein demokratisches Land? Damit ein Land als demokratisch bezeichnet werden kann, müssen mehrere Kriterien erfüllt sein:

Rechtsstaatlichkeit Alle Menschen müssen vor dem Gesetz gleich sein und sich an die Gesetze halten – auch die Personen, die für den Staat und seine Verwaltung tätig sind. Der Staat steht also nicht über den Gesetzen, die er erlässt. Um diesen Grundsatz einzuhalten, hat Belgien eine Verfassung und Gesetze, auf deren Grundlage der Staat gegenüber seinen Bürgern/innen zur Rechenschaft gezogen werden kann.

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Gewaltenteilung Um Missbrauch zu verhindern, wird die Staatsgewalt in drei verschiedene Bereiche aufgeteilt, die sich gegenseitig kontrollieren und einschränken: die legislative (gesetzgebende), exekutive (ausführende) und judikative (Recht sprechende) Gewalt; die Medien werden manchmal als „vierte Gewalt“ bezeichnet. In Belgien können die Gewalten jedoch im Namen des Allgemeininteresses zusammenarbeiten. Beispielsweise ist die Regierung (exekutive Gewalt) an der Ausarbeitung von Gesetzen (legislative Gewalt) beteiligt. Respekt der Menschenrechte Hierbei handelt es sich um die Grundrechte und -freiheiten, welche die gemeinsame Grundlage der menschlichen Beziehungen bilden, die für die Regelung des gesellschaftlichen Lebens unerlässlich sind. Jede Bürgerin und jeder Bürger genießt diese Rechte von der Geburt bis zum Tod; sie können nicht vom Staat entzogen werden. Diese Rechte werden in Belgien unter anderem durch die Verfassung und die Europäische Menschenrechtskonvention garantiert. Abhaltung von Wahlen Diese müssen frei sein, d. h. alle Bürger/ innen haben das Recht, ohne Druck von außen zwischen mehreren Kandidaten/-innen zu wählen. Zudem müssen die Wahlen geheim sein, d. h. es darf nicht möglich sein herauszufinden, für welche kandidierende Person gestimmt wurde. In Belgien werden Wahlkabinen verwendet, damit jede Person ihre Stimme unter Ausschluss der Öffentlichkeit abgeben kann.

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foderalstaat

3 regionen

3 Gemeinschaften

10 provinzen

581 gemeinden 33


Belgien, ein kompliziertes Land? Nicht wirklich ... Belgien ist auf verschiedenen Regierungsebenen organisiert: föderal, regional, gemeinschaftlich, provinziell und kommunal. Die Verfassung regelt die Organisation und die Funktionsweise dieser verschiedenen Machtebenen. Es ist nicht immer leicht zu verstehen, wer was wie macht und wie die unterschiedlichen Ebenen miteinander verbunden sind. Generell kümmert sich die föderale Ebene um alles, was das Land als Ganzes betrifft, wie beispielsweise Justiz, soziale Sicherheit, Atomkraft, Asyl und Migration oder das Militär. Die föderierten Einheiten wiederum befassen sich mit dem, was die Bürger/innen in ihrer eigenen Region oder Gemeinschaft betrifft. So kümmert sich beispielsweise jede Gemeinschaft (Französische Gemeinschaft, Flämische Gemeinschaft und Deutschsprachige Gemeinschaft) um das eigene Unterrichtswesen und die Kultur. Jede Region (Flämische Region, Region BrüsselHauptstadt, Wallonische Region) ist zuständig für die Beschäftigung, die Straßen, die Raumordnung ... Jede Machtebene hat somit eine teilweise Autonomie für bestimmte Kompetenzen sowie ein eigenes Parlament und eine eigene Regierung. Die Wahlen dienen dazu, die Personen zu bestimmen, die uns in den verschiedenen Parlamenten vertreten sollen: auf föderaler, regionaler und gemeinschaftlicher Ebene. Diese gewählten Vertreter/innen werden Abgeordnete oder Parlamentarier/innen genannt. Seit 2014 finden diese Wahlen alle 5 Jahre statt. Darüber hinaus setzt sich Belgien auch aus Provinzen und Gemeinden zusammen. Die Provinzen kümmern sich um alles, was „im Interesse der Provinz“ liegt. Sie sind für eine Vielzahl von Bereichen zuständig (Bildung, Kultur, Umwelt usw.), üben aber ihre Kompetenzen unter der Kontrolle der übergeordneten Behörden aus. Die Gemeinden wiederum kümmern sich um alles, was das „kommunale Interesse“ betrifft, d. h. die gemeinsamen Bedürfnisse der Einwohner/innen (öffentliche Arbeiten, Verwaltung des Personenstandes, Wohnungswesen usw.). Wir wählen unsere lokalen Vertreter alle 6 Jahre.

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Das föderale Belgien Zusammensetzung Der Föderalstaat erstreckt sich über das gesamte belgische Staatsgebiet. Er setzt sich aus dem König, dem Parlament (Abgeordnetenkammer und Senat) und der Föderalregierung zusammen. Diese Institutionen haben alle ihren Sitz in Brüssel.

der konig ernennt die Minister

das parlament der senat

die foderalregierung*

der premierminister

60 Senatoren

13 minister die abgeordnetenkammer 150 Abgeordnete

4 staatssekretare

*Unter den Ministern/-innen gilt eine Sprachenparität (Französisch und Niederländisch). Wenn die Zahl der Minister/innen ungerade ist, wird die/der Premierminister/in bei der Berechnung berücksichtigt. Darüber hinaus variiert die Zahl der Minister/innen (höchstens 15) und Staatssekretäre/innen von Regierung zu Regierung.

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Zuständigkeiten Der Föderalstaat ist für alles zuständig, was das allgemeine Interesse des Staates betrifft, wie beispielsweise Finanzen, Justiz, soziale Sicherheit, Landesverteidigung (Armee), Inneres (Polizei), Außenpolitik, Atomkraft, Asyl und Migration, Postwesen, öffentliche Unternehmen wie die SNCB (Nationale Gesellschaft der Belgischen Eisenbahnen) usw. Achtung! Die Zuständigkeiten der Föderalregierung sind nicht unveränderlich festgelegt. Im Zuge von institutionellen Reformen Belgiens (Staatsreformen) können den föderierten Einheiten Kompetenzen übertragen werden. So besteht die Föderalregierung aus einer/ einem Finanzminister/in, einer/einem Verteidigungsminister/in, einer/einem Justizminister/in, einer/einem Minister/in für Soziales und Inneres usw. Die Minister/innen arbeiten mit den Föderalen Öffentlichen Diensten (FÖD) zusammen, die mit ihren Zuständigkeiten in Zusammenhang stehen. Beispiel: Die/der Minister/in für Beschäftigung arbeitet mit dem FÖD Beschäftigung, Arbeit und Soziale Konzertierung zusammen. Die FÖD sind die Verwaltungsdienste, die die Verbindung zu den Bürgern/-innen herstellen. So gewährleistet der FÖD Beschäftigung, Arbeit und Soziale Konzertierung das Gleichgewicht zwischen Arbeitnehmern/-innen und Arbeitgebern/-innen in ihrem Arbeitsverhältnis. Der FÖD Auswärtige Angelegenheiten wiederum kümmert sich um die belgischen Botschaften im Ausland usw. Das föderale Parlament: In Zusammenarbeit mit dem Senat ist die Abgeordnetenkammer dafür zuständig, über Gesetzesentwürfe (von der Regierung) und -vorschläge (von einer/einem oder mehreren Abgeordneten) zu entscheiden, indem sie diese entweder unverändert annimmt oder sie abändert (= Änderungen vorschlägt). Die Kammer verfügt über echte Entscheidungsbefugnisse in einer Vielzahl von Angelegenheiten und muss nicht notwendigerweise die Empfehlungen des Senats befolgen. Die Sitzungen der Kammer und des Senats sind öffentlich. Der Senat setzt sich mehrheitlich aus Vertretern/-innen der verschiedenen Parlamente zusammen und hat die Aufgabe, die Interessen der föderierten Einheiten auf föderaler Ebene zu vertreten. Der König wiederum sanktioniert und promulgiert (d. h. genehmigt und verkündet) die Gesetze, nachdem diese im föderalen Parlament verabschiedet wurden. Anschließend wird der Gesetzestext im Belgischen Staatsblatt veröffentlicht.

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Die Regionen Belgien besteht aus drei Regionen: der Wallonischen Region, auch Wallonien oder Wallonie genannt, der Flämischen Region und der Region Brüssel-Hauptstadt.

Zusammensetzung Die Regionen verfügen über eine Exekutivgewalt (Regierung) und eine Legislativgewalt (Parlament), außer auf flämischer Seite, wo die Gemeinschaftsorgane die regionalen Befugnisse ausüben. Die Mehrheitspartner müssen sich auf die Bildung einer Regierung einigen und diese dem Parlament vorschlagen. Sie legen selbst fest, aus wie vielen Ministern/-innen die Regierung bestehen soll; deren Zahl darf jedoch das im Gesetz vorgesehene Maximum nicht übersteigen. Folglich unterscheidet sich die Anzahl der Minister/innen in den einzelnen Regionen. Bei den Regionalwahlen wird Wallonien in mehrere Wahlkreise (für die Wahlen festgelegte Gebiete) unterteilt. Jedem Wahlkreis wird proportional zu seiner Bevölkerung eine Anzahl von Abgeordneten zugeteilt. 1.

Die Wallonnische Region (oder Wallonien, Wallonie)

Sitz in

namur

das wallonische parlament

75 abgeordnete darunter 2 deutschsprachige*

die wallonische regierung

1 ministerprasident

6 minister

*Es gibt keine spezifische Quote für die Anzahl der deutschsprachigen Abgeordneten; deren Anzahl kann daher von Wahl zu Wahl je nach Anzahl der erhaltenen Stimmen variieren.

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2.

Die Region Brüssel-Hauptstadt

Sitz in

brussel

das brusseler parlament

die brusseler regierung

1 ministerprasident

89 abgeordnete 17 niederländischsprachige 72 französischsprachige

4 minister 3 staats sekretare -

3.

2 niederländischsprachige 2 französischsprachige

Die Flämische Region

Sitz in

brussel

124 abgeordnete

das flamische parlament

die flamische regierung 1 ministerprasident

darunter 6 niederländischsprachige Brüsseler

8 minister 38


Zuständigkeiten Die Regionen sind zuständig für Städtebau, Raumordnung, Umweltschutz, Wohnungswesen, Energiepolitik, Beschäftigungspolitik, öffentliche Arbeiten, Transport und Verkehr, Finanzierung der Gemeinden und Provinzen, Landwirtschaft, Straßenverkehrspolitik usw. Zu den Regionalministern/-innen zählen also Minister/innen für Beschäftigung, Umwelt, Wohnungswesen usw. Jede/r Minister/in ist für mehrere Verwaltungsdienste zuständig, auf die sie/er sich stützen kann, um ihre/seine Politik umzusetzen und den Kontakt mit den Bürgern/innen herzustellen. Auf wallonischer Ebene sind diese Verwaltungsdienste im Öffentlichen Dienst der Wallonie (ÖDW) zusammengefasst. Der ÖDW ist in mehrere Einheiten unterteilt, z. B. den ÖDW Wirtschaft, Beschäftigung, Forschung oder Inneres und Soziales. Im Rahmen der Ausübung ihrer Zuständigkeiten verabschieden die Regionen Dekrete und wenden diese an. Diese Dekrete haben denselben Stellenwert wie Gesetze auf föderaler Ebene; der einzige Unterschied besteht darin, dass sie ausschließlich auf dem Gebiet der jeweiligen Region gelten. Es ist zu bemerken, dass die Region Brüssel-Hauptstadt Ordonnanzen erlässt, die quasi dieselbe Rechtskraft haben wie Dekrete. Dekrete und Ordonnanzen werden durch Regierungserlasse umgesetzt. Sie werden erst nach ihrer Veröffentlichung im Belgischen Staatsblatt verbindlich.

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Die Gemeinschaften Belgien besteht aus drei Gemeinschaften: der Französischen Gemeinschaft, die als Föderation Wallonie-Brüssel bezeichnet wird, der Flämischen Gemeinschaft und der Deutschsprachigen Gemeinschaft.

Zusammensetzung Jede Gemeinschaft hat ein Parlament und eine Regierung, die jeweils die gesetzgebende und die ausführende Gewalt ausüben. Es sei darauf hingewiesen, dass die Regierung sich an der Legislative beteiligt und dem Parlament Dekrete vorschlagen kann (Entwürfe). Die Mehrheitspartner müssen sich auf die Bildung einer Regierung einigen und diese dem Parlament vorschlagen. Sie legen selbst fest, aus wie vielen Ministern/-innen die Regierung bestehen soll; deren Zahl darf jedoch das im Gesetz vorgesehene Maximum nicht übersteigen. Folglich unterscheidet sich die Anzahl der Minister/innen in den einzelnen Gemeinschaften. 1.

Die Föderation Wallonie-Brüssel (oder Französische Gemeinschaft)

Sitz in

brussel

das parlament

die riegierung 1 ministerprasident

19 abgeordnete französischsprachige aus dem Parlament der Region Brüssel-Hauptstadt

2.

75 abgeordnete

6 minister

aus dem Wallonischen Parlament

davon 5 Minister mit Doppelfunktion

Die Flämische Gemeinschaft

In Flandern gibt es lediglich eine flämische Regierung und ein flämisches Parlament, die die regionalen und gemeinschaftlichen Zuständigkeiten ausüben: das „Vlaams Parlement“. Flandern hat sich für die Fusion der gemeinschaftlichen und regionalen Institutionen entschieden.

40


3.

Die Deutschsprachige Gemeinschaft

Sitz in

eupen

das parlament

die riegierung 1 ministerprasident

25 abgeordnete 3 minister

Zuständigkeiten Die Gemeinschaftszuständigkeiten sind stärker auf die sprachlichen und kulturellen Besonderheiten abgestimmt – so zum Beispiel Kultur, Jugend und Bildung. Es gibt also Minister/ innen für Kultur, Jugend und Bildung. Jede/r Minister/in ist für mehrere Verwaltungsdienste zuständig, auf die sie/er sich stützen kann, um ihre/seine Politik umzusetzen und den Kontakt mit den Bürgern/-innen herzustellen. Ähnlich wie für die Regionen haben in den Gemeinschaften Dekrete Gesetzeskraft. Diese Dekrete werden durch Regierungserlasse in Kraft gesetzt. Sie sind erst nach ihrer Veröffentlichung im Belgischen Staatsblatt bindend.

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Die Besonderheit Brüssels Es gibt noch eine Menge mehr über die Gemeinschaften zu sagen! In der Region BrüsselHauptstadt liegen die Dinge etwas komplizierter ... Sie umfasst nämlich drei Kommissionen, die jeweils mit einem Parlament (gesetzgebendes Organ) und einem Kollegium (ausführendes Organ) ausgestattet sind: Französische Gemeinschaftskommission (Commission communautaire Die française – COCOF) setzt sich aus den französischsprachigen Mitgliedern des Brüsseler

Regionalparlaments zusammen. Ihr Kollegium besteht aus den Mitgliedern der Brüsseler Regionalregierung, die der französischen Sprachgruppe angehören. Die Flämische Gemeinschaftskommission (Vlaamse Gemeenschapscommissie – VGC) ist auf der niederländischsprachigen Seite mit der COCOF vergleichbar. Die Gemeinsame Gemeinschaftskommission (COCOM oder GGC) ist für bikommunale Angelegenheiten zuständig, also für Angelegenheiten, die nicht ausschließlich in die Zuständigkeit der einen oder anderen Gemeinschaft fallen.

Jede der drei Gemeinschaftskommissionen (COCOF, VGC, COCOM/GGC) darf kulturelle, bildungs- und personenbezogene Angelegenheiten regeln. Jede Kommission kann zur Ausübung ihrer Zuständigkeiten Verordnungen erlassen. Das Kollegium setzt diese Verordnungen durch Erlasse um. Neben den Verordnungen verabschiedet die Gemeinsame Gemeinschaftskommission (COCOM/ GGC) ihre eigenen Rechtsnormen: Ordonnanzen. Dies kann sie nur in sozialen und gesundheitsbezogenen Angelegenheiten tun, die nicht einer einzigen Gemeinschaft zugeordnet werden können, sondern für beide von Interesse sind. Diese Regeln gelten für Einrichtungen, die weder der Föderation Wallonie-Brüssel noch der Flämischen Gemeinschaft angehören (z. B. ÖSHZ, öffentliche Krankenhäuser) oder die direkte Personenhilfe erbringen. Die Französische Gemeinschaftskommission (COCOF) verabschiedet ebenfalls ihre eigenen Rechtsnormen: Dekrete. Sie kann dies nur in den Bereichen tun, die ihr von der Föderation Wallonie-Brüssel übertragen wurden (Sportinfrastrukturen, Berufsbildung, Hilfe für Menschen mit Behinderungen, Schultransport, Familien- und Sozialhilfepolitik, Zusammenleben der lokalen Gemeinschaften, Seniorenund Gesundheitspolitik). In den anderen Bereichen erlässt die COCOF genau wie die VGC unter Aufsicht der Föderation Wallonie-Brüssel Verordnungen. Ihre Dekrete betreffen frankophone Institutionen, die in der Region Brüssel-Hauptstadt angesiedelt sind.

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Die Flämische Gemeinschaftskommission (VGC) hat keine Gesetzgebungskompetenz. Sie kann daher nur unter Aufsicht der Flämischen Gemeinschaft Verordnungen über niederländischsprachige Einrichtungen erlassen, die in der Region Brüssel-Hauptstadt ansässig sind.

Kooperationsvereinbarungen Um ihre Zusammenarbeit zu stärken und Streitigkeiten zu vermeiden, können der Staat, die Regionen und Gemeinschaften untereinander Kooperationsvereinbarungen treffen. Diese können insbesondere die beidseitige Schaffung und Verwaltung gemeinsamer Dienste und Institutionen, die gemeinsame Ausübung eigener Kompetenzen oder die Entwicklung gemeinsamer Initiativen betreffen. Beispiel: 2021 wurde eine Kooperationsvereinbarung zwischen dem Föderalstaat, der Flämischen Region, der Wallonischen Region und der Region Brüssel-Hauptstadt über die Koordinierung der Politik des grenzüberschreitenden Abfalltransfers geschlossen.

Die Provinzen Es gibt zehn Provinzen in Belgien: Westflandern, Ostflandern, Antwerpen, Limburg, Flämisch-Brabant, Wallonisch-Brabant, Hennegau, Namur, Lüttich und Luxemburg. Die die Region Brüssel-Hauptstadt ist außerhalb der Provinzaufteilung geblieben; die provinziellen Zuständigkeiten in Brüssel werden von der Region Brüssel-Hauptstadt ausgeübt.

Zusammensetzung Die Provinzen arbeiten mit einem Provinzialrat, einem Provinzkollegium und einer/einem Gouverneur/in. Der Provinzialrat übt die gesetzgebende Gewalt auf Provinzebene aus und setzt sich aus Provinzialräten/-innen zusammen, die für 6 Jahre gewählt werden und deren Zahl sich nach der Zahl der Einwohner/innen der Provinz richtet, die im Nationalregister der natürlichen Personen eingetragen sind (zwischen 31 und 56 Ratsmitglieder). Das Provinzkollegium umfasst vier oder fünf Mitglieder (je nach Einwohnerzahl der Provinz) und die/den Provinzgouverneur/in. Es übt die Exekutivgewalt aus. Beide Geschlechter müssen zu mindestens einem Drittel im Kollegium vertreten sein. Die/der Gouverneur/in wird von der betreffenden Regionalregierung mit Zustimmung des Ministerrats des Föderalstaates ernannt und entlassen. Die/der Gouverneur/in ist Vertreter/ in des Staates, der Region und der Gemeinschaft in der Provinz und ist insbesondere zuständig für: die Ausführung von Gesetzen und Dekreten in der Provinz, die Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung in der Provinz; zudem kann die/der Gouverneur/in wenn nötig die Armee und die föderale Polizei anfordern.

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Zuständigkeiten Die Handlungsfelder der Provinzen sind vielfältig. Sie können Initiativen in den Bereichen Bildung, Sozialpolitik und -infrastruktur, kulturelle Infrastruktur usw. ergreifen. Die Provinzen sind autonom, stehen aber unter Aufsicht. Das heißt, sie unterliegen bei der Ausübung ihrer Befugnisse der Kontrolle durch die übergeordneten Behörden. Beispiel: Eine Provinzschule wird unter der Kontrolle der betreffenden Gemeinschaft geführt, eine Initiative zur Raumordnung unter der Kontrolle der betreffenden Region usw.

Die Gemeinden Die Gemeinde ist die kleinste administrative Einheit unseres Landes. In Belgien gibt es 581 Gemeinden (19 in der Region Brüssel-Hauptstadt, 262 in Wallonien und 300 in der Flämischen Region).

Zusammensetzung Die Gemeinden funktionieren mit einem Gemeinderat und einem Gemeindekollegium (in Wallonien) oder dem Bürgermeister- und Schöffenkollegium (in Brüssel-Hauptstadt). Der Gemeinderat setzt sich aus (7 bis 55) Gemeinderatsmitgliedern zusammen, die von der Bevölkerung für 6 Jahre direkt gewählt werden. Er ist die Legislative der Gemeinde. Das Gemeindekollegium besteht in Wallonien aus den Schöffen/-innen, der/dem Bürgermeister/ in und der/dem Vorsitzenden des Öffentlichen Sozialhilfezentrums (ÖSHZ). Beide Geschlechter müssen zu mindestens einem Drittel im Kollegium vertreten sein. In der Region Brüssel-Hauptstadt setzt sich das Bürgermeister- und Schöffenkollegium aus den Schöffen/-innen und der/dem Bürgermeister/in zusammen. Der Gemeinderat wählt aus seinen Reihen die Schöffen/-innen (mindestens zwei und höchstens zehn) für eine Amtszeit von 6 Jahren. Die Zahl der Ratsmitglieder und Schöffen/-innen wird nach der Einwohnerzahl berechnet. Das Gemeindekollegium ist die Exekutive der Gemeinde.

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Die/der Bürgermeister/in steht an der Spitze der Gemeinde. In der Region Brüssel-Hauptstadt wird die/der Bürgermeister/in von der Regionalregierung für einen Zeitraum von 6 Jahren aus dem Kreis der belgischen Vertreter/innen im Gemeinderat ernannt, und zwar in der Regel auf dessen Vorschlag hin. Dennoch kann auch ein/e nicht gewählte/r Kandidat/in der Gemeinde von mindestens 25 Jahren zur/zum Bürgermeister/in ernannt werden. In Wallonien wird von Rechts wegen diejenige Person in das Bürgermeisteramt gewählt, die die meisten Vorzugsstimmen auf der Liste der Mehrheitsfraktion erhalten hat, welche die meisten Stimmen vereint. Die/der Bürgermeister/in ist Vorsitzende/r des Gemeindekollegiums (Wallonien) oder des Bürgermeister- und Schöffenkollegiums (Region Brüssel-Hauptstadt).

Zuständigkeiten Die Zuständigkeiten der Gemeinden sind sehr breit gefächert und decken alles ab, was „von kommunalem Interesse“ ist, was also die gemeinsamen Bedürfnisse der Einwohner/ innen betrifft. Sie können somit alles tun, was ihnen nicht verboten ist. Doch natürlich werden sie von den Aufsichtsbehörden, d. h. dem Föderalstaat, den Gemeinschaften, Regionen und Provinzen, kontrolliert. Die Gemeinden müssen auch die ihnen von den übergeordneten Behörden auferlegten Aufgaben wahrnehmen und sind insbesondere für die Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung, die Verwaltung des Personenstandes und die Führung der Bevölkerungsregister zuständig. Darüber hinaus ist die Gemeinde auch zuständig in Sachen öffentliche Arbeiten, Umwelt, Wohnungswesen, Unterrichtswesen …

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Europa Und wie funktioniert das in Europa? Jetzt ist es an der Zeit, sich genau anzuschauen, wie die Europäische Union (EU) und ihre Institutionen funktionieren!

Die Europäische Union Die EU, nicht zu verwechseln mit dem europäischen Kontinent (50 Länder), ist eine Organisation von 27 Ländern und 24 offiziellen Sprachen, die sich zusammengeschlossen haben, um in politischen, wirtschaftlichen und währungspolitischen Fragen zusammenzuarbeiten. Die EU wurde 1951 nach dem Zweiten Weltkrieg gegründet, um Frieden, Wohlstand, Stabilität, Demokratie, die Achtung der Menschenrechte und Grundfreiheiten sowie Solidarität zwischen den Völkern Europas zu garantieren. Die EU bringt regelmäßig Vertreter/innen der einzelnen Mitgliedstaaten zusammen, um politische, juristische, wirtschaftliche, währungspolitische, soziale und ökologische Entscheidungen zu treffen, die Auswirkungen auf unser tägliches Leben haben. Beispiel: Dank der EU können wir von einem Land in ein anderes reisen, ohne einen Reisepass zu benötigen (im Schengen-Raum) oder die Währung zu wechseln (wenn wir in eines der 20 Länder der Euro-Zone reisen). Ebenso können wir im Ausland studieren oder arbeiten – dank verschiedener Programme, Begleitungen, Stipendien und anderer finanzieller und administrativer Hilfen. Darüber hinaus empfiehlt oder verbietet die EU beispielsweise bestimmte Kosmetik- oder Reinigungsprodukte im Hinblick auf den Umweltschutz. Die EU besteht aus 27 Mitgliedstaaten, die wir hier in der Reihenfolge ihres Beitritts aufführen: Deutschland, Belgien, Frankreich, Italien, Luxemburg, die Niederlande (die sechs Gründerländer), Dänemark, Irland, Griechenland, Spanien, Portugal, Österreich, Finnland, Schweden, Zypern, Estland, Ungarn, Lettland, Litauen, Malta, Polen, die Slowakei, Slowenien, die Tschechische Republik, Bulgarien, Rumänien und Kroatien. Es gibt noch weitere Beitrittskandidaten: Albanien, Montenegro, Nordmazedonien, Serbien und die Türkei. Bosnien und Herzegowina, Moldawien und die Ukraine gehören ebenfalls dazu. In Zukunft werden sich wahrscheinlich weitere Länder um die Aufnahme bewerben. So sind beispielsweise Georgien und der Kosovo potenzielle Kandidaten, jedoch erfüllen sie zum jetzigen Zeitpunkt nicht die Voraussetzungen für einen Beitritt zur Europäischen Union.

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Jedes Land, das der EU beitritt, gibt ein wenig von seiner Unabhängigkeit auf, um sich gemeinsamen Regeln, Anforderungen und Entscheidungen zu beugen. Ein Beitrittskandidat muss manchmal grundlegende Änderungen in seiner Funktionsweise vornehmen, um Mitglied der Union zu werden. Um zugelassen zu werden, müssen verschiedene politische und wirtschaftliche Kriterien erfüllt sein, wie die Achtung der Grundrechte und -freiheiten, die Stabilität der demokratischen Institutionen, die Einhaltung eines maximalen Prozentsatzes der Staatsverschuldung usw.

Die politischen Institutionen Europas Die EU besteht aus zwei Wirtschaftsinstitutionen (der Zentralbank und dem Rechnungshof), einem Rechtsprechungsorgan (dem Europäischen Gerichtshof) sowie vier politischen Institutionen: dem Europäischen Rat, der Europäischen Kommission, dem Rat der Europäischen Union und dem Parlament.

staatschefs

europaischer rat zwischenstaatliches Organ

kommissare europaische kommission föderale Bestimmung

europaisches parlament föderale Bestimmung

rat der europaischen union zwischenstaatliches Organ

abgeordnete minister

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Der Europäische Rat Bei den Tagungen des Europäischen Rates handelt es sich um Gipfeltreffen, an denen die verschiedenen Staatsoberhäupter aller EU-Länder, die/der Präsident/in der Kommission sowie die/der Präsident/in des Europäischen Rates teilnehmen; letztere/r führt den Vorsitz. Auf diesen Treffen legen sie allgemeine Orientierungen und politische Prioritäten fest und können komplexere Probleme der zwischenstaatlichen Zusammenarbeit lösen. Der Europäische Rat ist nicht befugt, europäische Rechtsvorschriften zu erlassen. Er tagt zwei Mal alle 6 Monate (= vier Mal pro Jahr) in Brüssel. Die/der Präsident/in des Europäischen Rates kann die Mitglieder gegebenenfalls zu Sondersitzungen einberufen. Diese Institution ist nicht mit dem Europarat zu verwechseln, der kein Organ der Europäischen Union ist, sondern eine internationale Organisation aus 47 Mitgliedstaaten (einschließlich der 27 EU-Staaten). Der Europarat mit Hauptsitz in Straßburg verfolgt das Ziel, die Demokratie zu fördern und die Menschenrechte in Europa zu schützen. Der Europäische Rat darf auch nicht mit dem Rat der Europäischen Union verwechselt werden.

Die Europäische Kommission Die Kommission setzt sich aus 27 Kommissaren/-innen (einschließlich der Präsidentin/ des Präsidenten) zusammen, die von jedem Mitgliedstaat für 5 Jahre ernannt werden (ein/e Kommissar/in pro Staat). Belgien ernennt also eine/n einzige/n Kommissar/in. Die Kommission als Ganzes muss vom EU-Parlament gebilligt werden, bevor ihre Mitglieder ihr Amt antreten können. Das Parlament kann einen Misstrauensantrag gegen die Kommission oder einige ihrer Mitglieder stellen und sie zum Rücktritt zwingen. Die Hauptaufgabe der EU-Kommission besteht darin, Legislativ- und Haushaltsvorschläge auszuarbeiten und sie dem Rat der Europäischen Union und dem Parlament vorzulegen. Wenn diese die Richtlinien verabschieden, ist die EU-Kommission für ihre Umsetzung verantwortlich. Die Kommission besteht aus 33 Generaldirektionen und 11 spezialisierten Dienststellen. Jede Generaldirektion wird von einer/einem Generaldirektor/in geleitet; diese/r ist einer/einem Kommissar/in unterstellt, welche/r die politische Verantwortung trägt. Ihr Sitz ist in Brüssel.

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Das Europäische Parlament Seit dem Vertrag von Lissabon (2007) ist es dem EU-Parlament, das zunehmend an Einfluss gewonnen hat, ein besonderes Anliegen, die Interessen der Bürger/innen der Mitgliedstaaten zu wahren. Zudem ist es das einzige Organ der Europäischen Union, das von den Bürgern/innen direkt gewählt wird. Die Abgeordneten werden also in allgemeiner, direkter Wahl gewählt. Der Europäische Rat erlässt einstimmig auf Initiative des EU-Parlaments und mit seiner Zustimmung einen Beschluss zur Festlegung der Zusammensetzung des Europäischen Parlaments. Die Wähler/innen in den 27 Mitgliedstaaten stimmen alle 5 Jahre ab. Die Vertretung der Bürger/innen wird durch den Grundsatz der degressiven Proportionalität mit einer Mindestschwelle von sechs Abgeordneten (Mitgliedern) und maximal 96 Sitzen pro Mitgliedstaat gewährleistet. Als Folge des Brexit musste das Europäische Parlament die Zahl der Abgeordneten auf 705 reduzieren, jedoch wurde sie für die Wahlen im Jahr 2024 erneut erhöht. Das Parlament wird sich also aus 720 Europaabgeordneten zusammensetzen, die je nach Einwohnerzahl auf die 27 Mitgliedstaaten verteilt sind. Belgien wird bei den Wahlen 2024 22 Vertreter/innen stellen (13 niederländischsprachige, acht französischsprachige und eine/n deutschsprachige/n) – ein/e Parlamentarier/in mehr als bei den letzten Wahlen. Das Parlament hält reguläre monatliche Sitzungen in Straßburg ab. Darüber hinaus kann es auf Antrag von Parlamentariern/-innen, des Rates der Europäischen Union oder der Europäischen Kommission in Brüssel zu einer außerordentlichen Sitzung zusammenkommen.

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Das EU-Parlament hat drei wesentliche Aufgaben: 1.

2.

Es prüft und verabschiedet zusammen mit dem Rat der Europäischen Union die europäischen Rechtsvorschriften. Seit dem Vertrag von Lissabon gibt es mehr Bereiche, in denen die beiden Institutionen zusammenarbeiten: Umwelt, Verbraucherschutz, Einwanderung, Justiz, öffentliche Gesundheit usw. Darüber hinaus ist die Zustimmung des Parlaments auch bei bestimmten Entscheidungen wie dem Beitritt neuer Mitgliedstaaten zur Europäischen Union erforderlich. Es hat die Aufgabe, die Tätigkeiten der anderen europäischen Institutionen zu überwachen, um eine demokratische Funktionsweise zu gewährleisten. Das heißt:

Es muss der Ernennung der Mitglieder der Kommission zustimmen. Es kann über einen Misstrauensantrag gegen die Kommission abstimmen und sie zum Rücktritt zwingen. 3.

Es prüft und kontrolliert den Haushalt mit Unterstützung des Rates der Europäischen Union.

Es besteht aus 20 ständigen parlamentarischen Ausschüssen (und vier Unterausschüssen) mit jeweils unterschiedlichen Zuständigkeiten. So gibt es beispielsweise den Ausschuss für Beschäftigung und soziale Angelegenheiten, den Ausschuss für Kultur und Bildung, den Ausschuss für Umweltfragen, Volksgesundheit und Lebensmittelsicherheit usw. Es können auch Sonderausschüsse eingesetzt werden.

Der Rat der Europäischen Union Der Rat der Europäischen Union setzt sich aus den zuständigen Ministern/-innen der Regierungen der 27 Mitgliedstaaten zusammen. Je nach den Themen auf der Tagesordnung kann jedes Land durch die/den für den jeweiligen Bereich zuständige/n Minister/in vertreten werden (Außenpolitik, Finanzen, Soziales, Verkehr, Landwirtschaft usw.).

bElgieN

spAniEn 2023

Juli bis

Januar bis

r Dezembe

Juni 2024

UngaRn Juli bis Dezember 2024

Polen

025

is Juni 2

b Januar 50

dAnemabrekr 2025

Juli bis

Dezem


Die Präsidentschaft des Rates der Europäischen Union wird von jedem Land abwechselnd für einen Zeitraum von 6 Monaten wahrgenommen. Von Januar bis Juni 2024 ist Belgien an der Reihe, die Präsidentschaft zu übernehmen. Auf der vorigen Seite ist der Plan der Präsidentschaft für die Jahre 2024 und 2025 zu finden. Den Vorsitz in den Sitzungen führt die/der für den behandelten Themenbereich zuständige Minister/in. So führt beispielsweise die/der belgische Justizminister/in den Vorsitz bei den Justizsitzungen, wenn Belgien die Präsidentschaft im Rat der Europäischen Union innehat. Der Rat der Europäischen Union ist zuständig für: Koordinierung der Grundzüge der Wirtschaftspolitik der Mitgliedstaaten, die Annahme von EU-Rechtsvorschriften: Auf Grundlage der ihr von der EU-Kommission die unterbreiteten Richtlinienvorschläge verabschiedet sie und stimmt über die Richtlinien und

Verordnungen ab, die die Mitgliedstaaten durch die erforderlichen Reformen in ihre jeweilige Gesetzgebung aufnehmen werden. die Unterzeichnung der Abkommen der Union mit anderen Ländern oder internationalen Organisationen, die Genehmigung des Jahreshaushalts der Union mithilfe des Parlaments, die Festlegung der gemeinsamen Außenund Verteidigungspolitik der Union.

Der Rat der Europäischen Union hat seinen Sitz in Brüssel.

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GlossAR Gemeindeverwaltung Nicht zu verwechseln mit dem Gemeindekollegium oder dem Gemeinderat. Diese Institution bietet den Einwohnern ihres Gebiets kommunale Dienstleistungen an.

Abgeordnetenkammer Auch als Unterhaus bezeichnet. Dies ist eine der beiden Kammern des Parlaments. Die Abgeordnetenkammer kontrolliert und bestätigt die Regierung, kontrolliert den Haushalt und übt die gesetzgebende Gewalt aus.

Wahlkreis Teil des Staatsgebiets, in dem bei Wahlen für dieselben Kandidaten/-innen gestimmt werden kann.

Kollegium Das Provinz-, Gemeinde- oder Bürgermeisterkollegium umfasst die Gesamtheit der Mitglieder in einer Provinz oder Gemeinde, die die Exekutivgewalt ihrer politischen Ebene ausüben.

Wahlkollegium Die Gesamtheit der Wähler/innen, die in einem oder mehreren Wahlkreis/en wohnen.

Zuständigkeit Die Kompetenz einer Behörde, bestimmte Handlungen vorzunehmen, z. B. Gesetze zu erlassen oder jemanden vor Gericht zu stellen.

Rat Der Provinzial- oder Gemeinderat umfasst alle in einer Provinz oder Gemeinde gewählten Mitglieder, die die gesetzgebende Gewalt ihrer politischen Ebene ausüben.

Verfassung Das grundlegende Gesetz, das die wichtigsten Regeln des Landes festlegt, insbesondere die Organisation des Staatsgebiets, die Definition der Rechte der Belgier/innen und die verschiedenen Befugnisse, die in Belgien ausgeübt werden.

Ein Recht aberkannt bekommen Situation, in der einer Person ein Recht aufgrund von Straftaten entzogen wird. Das Wahlrecht aberkannt zu bekommen bedeutet beispielsweise, dass die Person bei Wahlen nicht mehr abstimmen kann, weil ihr dieses Recht entzogen wurde.

Wohnsitz Der Ort, an dem eine Person im kommunalen Bevölkerungsregister eingetragen ist. Dieser kann sich von dem Ort unterscheiden, an dem die Person die meiste Zeit wohnt.

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Regierung Organ des Staates, das die Exekutivgewalt innehat.

Politisches Mandat Die Befähigung zur Ausübung zeitlich begrenzter repräsentativer Funktionen durch gewählte Vertreter/innen. Das Minister-, Bürgermeisteramt usw. wird auch als Exekutivmandat bezeichnet.

Misstrauensantrag Ein vom Parlament verabschiedeter Text, der die Missbilligung der Politik der Regierung zum Ausdruck bringt und sie zum Rücktritt zwingt.

Einbürgerung Der Erwerb der (belgischen) Staatsangehörigkeit durch eine ausländische Person, der vom Staat gewährt wird, wenn die Person dies beantragt.

Parlament Institution, deren Mitglieder gewählt werden und die die gesetzgebende Gewalt ausübt sowie die Exekutive kontrolliert. Das belgische Parlament ist ein Zweikammerparlament, da es aus zwei Kammern besteht der Abgeordnetenkammer und dem Senat.

Exekutive Gewalt oder Institution, die für die Anwendung (Ausführung) von Gesetzen zuständig ist. In Belgien ist die Regierung das Organ, das auf föderaler Ebene für die Anwendung der Gesetze zuständig ist.

Judikative Gewalt oder Institution, die befugt ist, Recht zu sprechen (Urteile zu fällen). Diese Gewalt wird von den Gerichten und Tribunalen ausgeübt.

Legislative Gewalt oder Institution, die befugt ist, Gesetze zu erlassen. In Belgien ist dieses Organ auf föderaler Ebene das Parlament.

Senat Auch als Oberhaus bezeichnet. Dies ist eine der beiden Kammern des Parlaments. Seine Kompetenzen sind in Bezug auf die Bereiche und Befugnisse begrenzt Der Senat kann Gesetze diskutieren und Änderungen vorschlagen, das letzte Wort hat jedoch die Abgeordnetenkammer.

Sitz Mandat oder Platz in einer Kammer.

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padagogisches Material Die Jugendinformationszentren haben eine Fülle von Werkzeugen und Aktivitäten entwickelt, um mit Jugendlichen über die Wahlen und die Staatsbürgerschaft zu sprechen! Wenn Sie eine Aktivität in Ihren Räumlichkeiten organisieren möchten, dann wenden Sie sich an das nächstgelegene Jugendinformationszentrum oder besuchen Sie unsere Website elections.inforjeunes. be, um das pädagogische Material und sämtliche Tools herunterzuladen!

Entdecke unsere pädagogischen Werkzeuge auf unserer Website: Das BELvue Museum bietet auch Tools im Zusammenhang mit den Wahlen an:

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Um Informationen zum Thema Wahlen auf Niederländisch zu erhalten, auch in Flandern:


NotiZen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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Infor Jeunes und Jugendinfo, was ist das? Infor Jeunes ist ein Netzwerk von Organisationen, das sich zum Ziel gesetzt hat, dich zu informieren und dem du dich ab der Adoleszenz anvertrauen kannst. Das Infor Jeunes-Netzwerk in der Region der Föderation Wallonie-Bruxelles besteht aus fünfzehn Jugendinformationszentren, die da sind, um alle deine Fragen zu beantworten, und das ohne Bedingungen. Dazu gehört die Jugendinfo Ostbelgien, mit den Büros in Eupen und Sankt Vith. Unser Ziel ist es, dir qualitativ hochwertige Informationen anzubieten, um dich in den verschiedenen Schlüsselphasen deines Lebens zu unterstützen. Dies kann dein Studium, deine Ausbildung, deinen Studentenjob, deine Beschäftigung, dein Familienleben oder auch deine soziale Absicherung betreffen. Indem wir dir die notwendigen Werkzeuge geben, um in einer komplexen Gesellschaft voranzukommen, möchten wir aus dir einen ‚CRACS‘ machen: einen verantwortungsbewussten, aktiven, kritischen und solidarischen Bürger, auf Französisch: un Citoyen Responsable, Actif, Critique et Solidaire (CRACS). Wenn du eine Frage hast, unabhängig von der Thematik, besuche das nächstgelegene Zentrum oder konsultiere unsere FAQ auf der Website www.inforjeunes.be, www.jugendinfo.be.

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Die Jugendinformationszentren Arlon

Huy

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Rue des Faubourgs, 17 063 / 23 68 98 arlon@inforjeunes.be inforjeunesluxembourg.be

Quai Dautrebande, 7 085 / 21 57 71 contact.huy@inforjeunes.be inforjeuneshuy.be

Av. Albert et Elisabeth, 13 067 / 21 87 31 info@ijbw.be ijbw.be

Ath

Malmedy

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Rue Saint-Martin, 8 068 / 68 19 70 info@inforjeunesath.be inforjeunesath.be

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Vennbahnstraße, 4/5 080 / 22 15 67 stvith@jugendinfo.be jugendinfo.be

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Marche

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Faubourg Saint-Germain, 23 060 / 34 67 55 info@inforjeunesesem.be inforjeunesesem.be

Place du Roi Albert, 22 084 / 32 19 85 marche@inforjeunes.be inforjeunesmarche.be

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Mons

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Die Fédération Infor Jeunes Wallonie-Bruxelles haftet nicht für die in dieser Broschüre enthaltenen Informationen, die lediglich informativen Charakter haben. Auch wenn wir anstreben, aktuelle und genaue Informationen bereitzustellen, sind diese nicht als rechtlich verbindlich zu betrachten.

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