Egger-Lienz-Walde-Berg / Über das Land

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EGGER-LIENZ / WALDE / BERG DREI EUROPÄISCHE REGIONALISTEN

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Harald Scheicher (Hrsg.), Emil Nolde & Werner Berg, München: Hirmer Verlag, 2006. Ebd.; S. 20. Dazu ausführlich Barbara M.J. Biller, Bild und Wirklichkeit – zur Existenzmalerei Werner Bergs, in: Werner Berg, Ausst.- Kat. Galerie der Stadt Bleiburg, Bleiburg/Pliberk 1997, S. 15 – 63. Werner Berg, Ausst.- Kat. Galerie der Stadt Bleiburg, Bleiburg/Pliberk 1997, S. 268. Rainer Zimmermann, Expressiver Realismus. Malerei der verschollenen Generation, München: Hirmer Verlag, 1994. Wieland Schmied, in: Harald Scheicher (Hrsg.), Emil Nolde & Werner Berg, München: Hirmer Verlag, 2006, S. 24. Dazu Josef Winkler, Das wilde Kärnten, Frankfurt am Main: Suhrkamp, 1995 und Felix Mitterer, Stigma, Uraufführung Tiroler Volksschauspiele Telfs, 1982. Friedrich Achleitner, Region, ein Konstrukt? Regionalismus eine Pleite?, Basel: Birkhäuser, 1997, S. 102. Matthias Boeckl, Heimatkunst und Moderne, in: Albin Egger-Lienz (1868 – 1926), Begleitheft zur Ausstellung, hrsg. vom Museum der Stadt Lienz Schloss Bruck, 2001, S. 24 f. Dazu Peter Fischer, Traditionalismus kontra Moderne. Architektur in der Pionierzeit und ersten Blüte des Tourismus in Kitzbühel, in: Wido Sieberer (Hrsg.), Kitzbühels Weg ins 20. Jahrhundert, Kitzbühel, 1999, S. 108.

Werner Berg, Slowenischer Bauer, 1932, Tuschfeder auf Papier, 13 x 21 cm (Ausschnitt)

besucht er persönlich, Munch 1927 in Oslo, mit Nolde verbindet ihn eine kurze Freundschaft.13 Es ist vor allem Nolde, der den jungen Werner Berg nachhaltig beeindruckt. Was ihn besonders an diesem Einzelgänger des deutschen Expressionismus faszinierte, war für Wieland Schmied dessen Authentizität, „die offenbare Einheit von Mensch und Werk“.14 1930 kauft sich Werner Berg zusammen mit seiner Frau einen entlegenen Bauernhof im Grenzgebiet Südkärntens. Hier will er eben diese Einheit von Leben und Kunst als Bauer und Maler leben, eine bäuerliche Existenz mit einem autonomen Künstlertum verbinden. Als Maler sieht er sich selbst im expressionistischen Sinne dem Eigenwert der Farbe, gegenüber Nolde aber einem sachlicheren Expressionismus verpflichtet. Der Kern seines künstlerischen Konzeptes liegt aber in der Entscheidung, in die Region zu gehen, um dort in der Ursprünglichkeit und Isolation des Landlebens eine eigenständige Malerei zu forcieren, die Produktionsbedingungen der Kunst mit denen des eigenen existenziellen und selbstbestimmten Überlebens in Gleichklang zu bringen. Darin ist Berg sicher radikaler als Egger-Lienz und Walde, die letztlich in ihren ursprünglichen Lebensraum zurückgekehrt sind. Berg lässt sich ohne landwirtschaftliche Ausbildung oder Erfahrung auf eine für ihn letztlich fremde Welt ein. Für seine Kunst bedeutet das, dass er sich auf der Basis einer vielseitigen Motivwahl, vor allem aber seines Bekenntnisses zu einem peripheren Raum und dessen karger Lebenswirklichkeit kontinuierlich weiterentwickelt. (Barbara Biller spricht von einer „klassischen Periode“ in den 1950er- und 60er-Jahren und einem reifen Spätwerk)15. Der nächsten Künstlergeneration galt Bergs Lebensführung als Modell. „Lassen Sie mich in Ihnen ein Vorbild sehen, für einen Künstler, bei dem Leben und Werk und Persönlichkeit ein Einziges darstellen“, schreibt der junge Arnulf Rainer an Berg 1949. Und Berg selbst hält fest: „Für mich als Maler ist und bleibt das nie zu Ende gehende Durchdringen meiner Welt, des kleinen Lebensraumes, das Abenteuer meines Lebens.“16 Diese Verehrung des Bilderstürmers Arnulf Rainer ist umso erstaunlicher, zumal Werner Berg eine realistische Malerei nie verlassen hatte und zu jener Generation europäischer Künstler gehört, die Rainer Zimmermann als die „verschollene Generation“ bezeichnet hat17. Künstlerinnen und Künstler, deren Karriere am Höhepunkt ihres Schaffens Ende der 1930er-Jahre durch Nationalsozialismus und Zweiten Weltkrieg unterbrochen wurde, und die nach 1945 den Anschluss an eine bald als Weltkunst bezeichnete informelle, gestisch-abstrakte Malerei nicht mehr suchten oder nicht mehr fanden. Die jungen Künstler hatte jedenfalls Bergs radikal gelebte Verbindung zwischen Kunst und Leben fasziniert, ein Konzept, das für die institutionskritische Kunst der 1970er wieder wichtig werden wird. Wie sehr Berg selbst diese Wechselwirkung von Region und eigenem Kunstschaffen als sein ureigenes Konzept versteht, wird deutlich in seinem Zerwürfnis mit dem Künstlerkollegen und ebenso von Deutschland nach Österreich emigrierten Werner Scholz. Berg hatte Scholz auf seinen Rutarhof eingeladen und dieser hat, beeindruckt von der

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