Werner Berg & Werner Scholz

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New York. Nach seiner Münchner Ausstellung 1961 verschloss sich Werner Berg jedoch in immer stärkerer Isolation dem Kunstbetrieb, einzig die Galerie in Bleiburg war ihm Verbindung zu seinem Publikum, das in Kärnten in doch großer Anzahl vorhanden war. Die Leute im Land erkannten die ungewöhnlich tiefgehende Interpretation und Dokumentation ihres Lebensraumes durch den aus Deutschland „zugereisten“ Werner Berg. Eine über Österreich hinausgehende Beachtung seines Werkes blieb jedoch auf wenige, dem Künstler freundschaftlich verbundene, Kunstkritiker beschränkt. Thomas Bernhard etwa würdigte den „europäischen Rang“ von Bergs Holzschnitten und wünschte eine gemeinsame Buchveröffentlichung. Wie so oft sagte Berg schroff ab und wie so viele Projekte kam auch dieses nicht zustande. Türen, einmal zugeschlagen, blieben dann oft verschlossen. Auch Scholz galt manchen als „verschroben“ – eher spöttisch und milde sarkastisch auf vieles reagierend war er ein anderer Charakter als Werner Berg. Scholz begegnete vielen Fährnissen mit nie versiegendem, trockenem Humor. „Eigensinnig, zwischen Erkenntnis und Vision eingespannt, von der Leidenschaft nach Verwandlung der Dinge wie von einem unerbittlichen Zwang erfüllt.“ (Hans Kinkel) So reagierte Scholz 1963 etwa auf die Frage Hans Kinkels warum er bei der Documenta übergangen worden sei: „Ich bin doch mein eigener Großvater – für andere wahrscheinlich auch. Man war nie hier und damit finde ich mich ab. Ich bin froh, wenn ich noch arbeiten kann, und das verlangt so viel Kraft, weil man ständig gegen eine Welt angehen muss, um Bestand vor sich zu haben.“

Werner Berg Nächtliche Scheune, 1934 75 x 95 cm Im Rahmen der Aktion „Entartete Kunst“ 1937 aus dem Städtischen Museum Elberfeld beschlagnahmt. Dieses Bild wurde in der Wanderausstellung „Entartete Kunst“ in Hamburg, Schulausstellungsgebäude, 11. 11. 1938 - 30. 12. 1938 und Wien, Künstlerhaus, 6. 5. 1939 - 18. 06. 1939 schmähend zur Schau gestellt und anschließend zerstört.

Werner Berg Der Rutarhof im Winter, 1931 95 x 115 cm Im Rahmen der Aktion „Entartete Kunst“ 1937 aus dem Städtischen Museum Nürnberg beschlagnahmt und anschließend zerstört.

Künstlerisch war beiden Malern bei all den Unterschieden vieles gemeinsam: „Wie sich Natur und Raum zur Fläche verhalten. Das Finden auf der Fläche ist das Entscheidende – daraus kann ja erst ein in sich geschlossenes Bild werden. Das Motiv ist uninteressant. Ich arbeite nur aus der Vorstellung nach übersetzten Skizzen im Notizbuch. Das ist die einzige Erinnerung an die Wirklichkeit“, bemerkte Werner Scholz und ergänzte: „Skizzenbuch das ist alles. Und dann Übersetzung par coeur.“ Die Skizzen waren für die beiden Künstler wie ein Seismogramm ihres Wirklichkeitserlebens. Ihr rasches Entstehen war Voraussetzung für die Übersetzung des unmittelbaren Schaffensimpulses und Garant für die Erfassung des Wesentlichen. Hier folgten beide dem von Kirchner vorgegebenen Weg expressionistischen Weltergreifens. Das momentan, im erlebten Augenblick die Sinne gefangen nehmende Anschauungsgleichnis vermittelte für die beiden Künstler mehr Sinn als es das penible Naturstudium jemals vermöchte und wurde so erst Garant für die Findung des Symbols. Das darauffolgende Gestalten im Atelier sollte in unverwechselbar feste Form bringen, was in der Skizze im Keim schon enthalten war. Scholz´ Bekenntnis zum Skizzieren könnte aus der Feder Bergs stammen, wäre da nicht jene Passage, wo es bei Scholz heißt: „Das Motiv ist uninteressant“. Für Werner Berg nämlich waren die Motive seines Lebensraumes unverzichtbar, war das unmittelbare Eingebundensein in seinen selbst gewählten bäuerlichen Existenzbereich Grundvoraussetzung für sein Gestalten – „ohne ihn wäre ich wie ein Fisch auf dem Trockenen“. Weder malte er auf Reisen noch gestaltete er nach literarischen oder mythologischen Vorlagen – „ich kann nur malen, was in mein Leben hineinragt“. So entstanden Bergs Skizzen „im unermüdlichen Dabeisein“ im Gasthaus, in der Kirche, auf den Märkten und bei den Festen des Jahreskreises. Während Werner Scholz trocken feststellte: „Ich habe nie versucht, mich den Alpbachern anzugleichen, aber sie haben mich trotzdem oder deswegen akzeptiert“, kam es bei Werner Berg, nach der anfänglichen Faszination über eine exotisch anmutende archaische Welt, zu immer stärkerer Identifikation mit dem Schicksal und Leben der slowenischen Landbevölkerung. Aber es war wiederum Scholz, der feststellte: „Ohne Erlebnis geht gar nichts – kein noch so übersetzter Olivenbaum.“

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