INDIEKINO BERLIN Magazin #29, September 2016

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D DOKFILMWOCHE KREUZBERG Sichtbares und Unsichtbares D FRANTZ Zum Heulen schön D HEDIS HOCHZEIT Ein Mann schaufelt sich frei D DIE STADT ALS BEUTE „Natürliche Fluktuation“ D ZERO DAYS Der geheime Krieg D SNOWDEN Überwachung und Integrität D VIVA Queer in Havanna D 24 WOCHEN Schicksals-Fragen D ALICE UND DAS MEER Ein Seegedicht D MAHANA – EINE MAORI-SAGA Klassisches Familienepos D RAVING IRAN Im ­Teheraner ­Underground D ABSOLUTELY FABULOUS Serien-Binge-Viewing-Extravaganza D KOMMEN RÜHRGERÄTE IN DEN ­HIMMEL? Fragen an die Warenwelt D THE BEATLES: EIGHT DAYS A WEEK – THE TOURING YEARS Kreischekstase um Garagenband

MAGAZIN DER UNABHÄNGIGEN BERLINER LICHTSPIELHÄUSER D 29 D SEPTEMBER 2016

indiekinoBERL

ALICE UND DAS MEER – START AM 22.09.2016


OSCAR® NOMINIERTER

OSCAR® PREISTRÄGERIN

OSCAR® PREISTRÄGERIN

MICHAEL FASSBENDER

ALICIA VIKANDER

RACHEL WEISZ

LIEBE VERLANGT ALLES

THE

LIGHT BETWEEN

OCEANS

NACH DEM

N W E LT W E I T E BESTSELLER

WISCHEN „DAS LICHT Z “ DEN MEEREN

AB 8. SEPTEMBER IM KINO


DIE INDIEKINOS D ACUD KINO D B-WARE!LADENKINO D BALI KINO D ­ ­BROTFABRIK KINO D BUNDES­PLATZ KINO D CITY KINO WEDDING D EISZEIT KINO D EVALICHTSPIELE D FILMKUNST66 D FILMRAUSCHPALAST D FSK-KINO AM ORANIENPLATZ D HACKESCHE HÖFE KINO D IL KINO D KINO KROKODIL D SPUTNIK KINO AM SÜDSTERN D TILSITER L­ICHTSPIELE D UNION FILMTHEATER D XENON KINO D Z-INEMA D ZUKUNFT D FLK FRIEDRICHSHAGEN D FLK HASENHEIDE D FLK INSEL D FLK ­POMPEJI D FLK „UMSONST & DRAU­ S­ SEN“ IM FILMRAUSCH­ PALAST D B-WARE! OPEN AIR

EDITORIAL Bereits zum vierten Mal findet Anfang September die Kreuzberger dokfilmwoche im fsk-Kino und Sputnik Kino statt. Wir stellen alle14 Filme, darunter auch die jüngsten Arbeiten von Chantal Akerman und Nikolaus Geyrhalter, auf den Seiten 10 bis 13 vor. Auch sonst gehört der September dem Dokumentarfilm: Fast die Hälfte aller Neustarts sind dokumentarisch. Die Themen reichen dabei vom türkischen Hochzeits-Business in Duisburg-Marxloh (DÜGÜN – HOCHZEIT AUF TÜRKISCH) über den Computervirus Stuxnet, der 2010 eine iranische Atomaufbereitungsanlage lahmlegte (ZERO DAYS) bis hin zu den Berliner Produktionen DIE STADT ALS BEUTE und MIETE ESSEN SEELE AUF, die sich mit der Wohnungsmisere, ihren Opfern und ihren Verursachern beschäftigen. Besonders beeindruckt haben uns RAVING IRAN über die DJs Anoosh und Arash und die Teheraner Rave-Szene, die unter Lebensgefahr feiert, und MULTIPLE SCHICKSALE von Jann Kessler. Der gerade mal 18 Jahre alte Regisseur ist durch die Schweiz gereist und hat Menschen mit MS befragt, wie sie mit der Krankheit leben. Sogar viele der Spielfilme suchen den Bezug zur Wirklichkeit – SNOWDEN von Oliver Stone etwa, oder NEBEL IM AUGUST von Kai Wessel. In 24 WOCHEN, der von einem Paar erzählt, das mit der Diagnose umgehen muss, ein behindertes Kind zu bekommen, spielen Ärzte und Hebammen sich selbst. Wem das alles irgendwann zu viel an Realität wird, der oder die sei an den langen Raumpatrouille-Orion-Abend im Bundesplatz Kino verwiesen, an die lässigen Klassiker von Rudolf Thome, die das fsk-Kino noch einmal zeigt, oder an die „Rausch des Monats“-Abschlussparty im Filmrauschpalast, auf der alle Besucher*innen eine „psychedelische Überraschung“ erwartet. Mehr zu dazu in unseren Highlights ab Seite 40. Viel Spaß beim Lesen, im Kino und in der Wirklichkeit, Eure INDIEKINO BERLIN Redaktion


INDIEINHALT Fado

Raving Iran

Mahana – Eine Maori-Saga

The Visit – Eine ausserirdische Begegnung

06 MAGAZIN

NEU IM SEPTEMBER

10 „IM SCHLAGSCHATTEN DES BETONS / MATERIALISIERT SICH DIE VISION“: DOKFILMWOCHE 2016

16 27 24 26 21 34 26 33 35 18 35 14 31 20 33

14 ZUM HEULEN SCHÖN: FRANTZ 24 EIN SEEGEDICHT: ALICE UND DAS MEER 38 KINDERFILME 40 KINOHIGHLIGHTS 46 KINOADRESSEN, IMPRESSUM, ABONNEMENT 47 NACHBILD

24 Wochen Absolutely Fabulous Alice und das Meer And-Ek Ghes … The Beatles: Eight Days a Week – The Touring Years Ben Hur Dügün – Hochzeit auf Türkisch Entertainment Europe, She Loves Fado Findet Dorie Frantz Hedis Hochzeit Hieronymus Bosch – Schöpfer der Teufel Kommen Rührgeräte in den Himmel?

36 WEITER IM KINO Captain Fantastic Julieta El Olivo – Der Olivenbaum D4

D SEPTEMBER 2016

28 34 32 30 18 30 20 22 23 34 29 28 17 19 34 22 16 23 31 17

Der Landarzt von Chaussy The Light Between Oceans Mahana – Eine Maori-Saga Mali Blues Mein ziemlich kleiner Freund Mit dem Herz durch die Wand Multiple Schicksale My First Lady Nebel im August Nerve Raving Iran Rudolf Thome – Überall Blumen Snowden Die Stadt als Beute Tschick The Visit – Eine ausserirdische Begegnung Viva Der Vollposten Von Trauben und Menschen Zero Days


MANDARIN PRODUCTION, X FILME CREATIVE POOL und FOZ präsentieren

Pierre Niney

Pa u l a B e e r

ei n fi l m v on

Fra nçoi s Ozon Ernst Stötzner Marie Gruber Johann Von Bülow Anton Von Lucke Cyrielle Clair Alice De Lencquesaing

AB 29. SEPTEMBER IM kINO www.FRANTZ.X-VERLEIh.DE

/X VERLEIh


INDIEMAGAZIN

Bacon God’s Wrath

SUNDANCE SHORTS Im September holt die Kurzfilmreihe Shorts Attack ein echtes Kurzfilmhighlight nach Berlin, nämlich die SUNDANCE FILM FESTIVAL 2016 SHORT FILM TOUR mit acht Kurzfilmen, die in diesem Jahr auf dem von Robert Redford gegründeten Sundance Film Festival in Utah (USA) zu sehen waren. Am 7.9.um 21 Uhr sind die Filme im Acud Kino zu Gast. shortsattack.com Shakespeares Traumfabrik

ZEITREISE IN DIE 1950ER In seinen „Filmkundlichen Lektionen“ unternimmt Franz Stadtler diesmal eine Zeitreise in die 1950er Jahre. Am 21.9. um 20.15 Uhr präsentiert er in den Eva Lichtspielen Werbefilme, Wochenschauen und Film-Ausschnitte mit Stars, Komikern und Musiklegenden der Ära: Heinz Ehrhardt, Marlon Brando, James Dean, Elvis Presley, Bill Haley, Louis de Funès, Jerry Lewis, Jacques Tati, Danny Kaye, Marilyn Monroe, Doris Day, John Wayne.

UMSONST UND DRAUSSEN Im September geht die Open-Air-Saison zu Ende, hat aber zuvor noch ein paar Specials zu bieten: Am 18.9. lädt das FLK Friedrichshagen zur Gratis-Filmvorführung „Radreisen macht glücklich“, bei der Radfahrer und Filmemacher Holger Mombrei zwei Fahrradfilme präsentiert. Am 2.9. findet im Filmrausch Open-Air ein Shakespeare-Abend statt: los geht es mit einer Live-Performance von Sascha Wild & Claudio Vilardo, die die Vorführung von Dag Freyers Dokumentarfilm SHAKESPEARES TRAUMFABRIK (D/GB/I 2016) über die Arbeitsstrukturen der elisabethanischen Bühnen, die „erstaunliche Parallelen zur heutigen Produktion von Fernsehserien oder Hollywoodfilmen“ aufweisen, begleitet. Der Abend endet mit einer sonnigen Shakespeare-Sommerkomödie. Der Eintritt ist ebenfalls frei. D6

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Heinz Erhardt in Vater, Mutter und neun Kinder


INDIEMAGAZIN

BUCHVORSTELLUNG + FILM Im Bundesplatz Kino stellt am 25.9. um 15.30 Uhr Rolf Aurich sein Buch Kalanag. Die kontrollierten Illusionen des Helmut Schreiber über den Magier Helmut Schreiber alias „Kalanag“ vor, der eng mit den Nazis kollaborierte, und nach dem zweiten Weltkrieg eine bemerkenswerte zweite Karriere hinlegte. Schreiber war auch im Filmbusiness unterwegs. Im Anschluss an die Lesung läuft ES LEUCHTEN DIE STERNE (1938, R: Hans H. Zerlett) den Schreiber produzierte und in dem er auch selbst in einer Szene als Zauberer auftritt.

© Deutsche Kinemathek

THE ROLLING STONES LIVE IN CUBA Im März 2016 gaben die Rolling Stones ein gigantisches Open Air-Gratis-Livekonzert in Havanna, Kuba vor fast einer Million Fans. Der Film zum Event HAVANA MOON – THE ROLLING STONES LIVE IN CUBA ist ebenfalls ein Event und nur ein einziges Mal auf der Leinwand zu sehen, nämlich am 23.9. um 20.30 Uhr im Union Filmtheater.

VON TRAUBEN UND MENSCHEN Ein Film von Paul Lacoste

ZWEI JAHRE CITY KINO ­WEDDING Das City Kino Wedding wird 2 Jahre alt! Am 24.9. wird das mit einer Plakatversteigerung (16 Uhr), dem Weddingweiser-Kurzfilmwettbewerb „90 Sek. Wedding“ (18 Uhr, inkl. Preisverleihung) und einer Vorführung des Stummfilmklassikers MUTTER KRAUSENS FAHRT INS GLÜCK (1929) von Phil Jutzi, der im Wedding gedreht wurde, gefeiert (20.30 Uhr). Am Klavier begleitet live Richard Siedhoff. citykinowedding.de, weddingweiser.de

Ab 1. September im Kino

www.filmkinotext.de


INDIEMAGAZIN

NELLYS ABENTEUER

Am 9.9. können sich auch kleinere Besucher*innen mal über Gäste freuen. Zur Vorstellung von NELLYS ABENTEUER um 13 Uhr im Union Filmtheater haben sich Regisseur Dominik Wessely und Darsteller angesagt. Der Film erzählt von der 13-jährigen Nelly, die von ihren Eltern im Rumänienurlaub erfährt, dass das Land bald ihr neuer Wohnort sein wird. Entsetzt haut sie ab, gerät an zwielichtige Gestalten, landet in einem Romadorf und findet im Jungen Tibi und im Mädchen Roxana neue Freunde.

DURCH DEN ABEND MIT … Rudi Gaul, Regisseur von DAS ZIMMER IM SPIEGEL, WADER WECKER VATERLAND und zuletzt dem Psychothriller DAS HOTELZIMMER, schreibt, wenn er nicht gerade unterrichtet oder Opern inszeniert, an seiner Doktorarbeit zum Thema „Das Unheimliche bei David Lynch – eine Kritik der psychoanalytischen Filmtheorie“. Am 23.9. um 21 Uhr nimmt er sich die Zeit, seinen Lieblingsfilm, nämlich 2001: ODYSSEE IM WELTRAUM (GB/USA 1968, R: Stanley Kubrick, OmU) im City Kino Wedding persönlich vorszustellen.

14KM – ARABISCHER FILMABEND

Die gemeinnützige Organisation 14km e.V. setzt sich für Austausch und Verständigung zwischen Europa und dem Nahen Osten/Nordafrika ein und lädt einmal im Monat zu einer Filmvorführung mit Diskussion ein. Der Film HARRAGAS (2009, OmeU), der am 14.9. um 19 Uhr im Filmrauschpalast gezeigt wird, begleitet Rachid, Nasser und Imène, die – wie tausende andere auch – nichts unversucht lassen, um die Armut und Perspektivlosigkeit ihrer algerischen Heimat hinter sich zu lassen. Sie setzen ihr Leben aufs Spiel, um im morschen Kahn eines Schmugglers übers Mittelmeer bis nach Spanien zu gelangen. 14km.org

DOKUMENTARFILM VOM TÖTEN LEBEN + DISKUSSION In der 14000-Einwohner-Stadt Oberndorf am Rand des Schwarzwalds sind die Rüstungsbetriebe Rheinmetall und Heckler & Koch die Grundpfeiler der lokalen Wirtschaft. Die Waffen, die dort hergestellt werden, sind in allen Kriegsund Krisengebieten der Welt in Gebrauch. Wie denken die Bürger dieser Stadt darüber, wie der örtliche Pfarrer? Am 4.9. um 15.30 Uhr zeigt das fsk-Kino den Dokumentarfilm VOM TÖTEN LEBEN und lädt anschließend zur Diskussion mit dem Regisseur Wolfgang Landgraeber und Experten von Amnesty, Bundesregierung und der DFG-VK ein. D8

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INDIEMAGAZIN

DEUTSCHLANDPREMIERE: ANNA UNBOUND Als Anna Athen verlässt, um mit ihrem Freund in Glasgow zu leben, wird sie plötzlich von traumatischen Erinnerungen heimgesucht, die sie schließlich in eine krankhafte Paranoia treiben. Realität, Träume und Wahnvorstellungen scheinen zu verschwimmen. Dann bemerkt sie, dass es ein mysteriöser neuer Arbeitskollege ist, der für ihre Flashbacks verantwortlich ist. Das Z-inema zeigt Bernd Porrs intensiven psychologischen Thriller ANNA UNBOUND (OmU) nur am 15.9. um 20 Uhr als Deutschlandpremiere. z-bar.de

Frau am Klavichord

JÜRGEN BÖTTCHER ZUM 85. Als Maler kennt man ihn in Strawalde in der Lausitz, wo er aufgewachsen ist. Als Filmemacher ist er einer der wichtigsten Dokumentarfilm-Regisseure der DDR – Jürgen Böttcher ist Universalkünstler. Anlässlich seines 85. Geburtstag zeigt das Brotfabrik Kino am 8.9. um 20 Uhr in Zusammenarbeit mit der DEFA-Stiftung und in Anwesenheit Böttchers drei seiner Kurzfilme: DER SEKRETÄR (1967), IM LOHNGRUND (1977) und FRAU AM KLAVICHORD (1981).

GRÜSSE AUS FUKUSHIMA In unserer Verlosung des Monats verschenken wir drei Blurays/ DVDs von Doris Dörries GRÜSSE AUS FUKUSHIMA. Im Film reist eine junge deutsche Frau nach Fukushima – vordergründig, um zu helfen, eigentlich aber, weil sie selbst keinen Plan hat, was sie mit ihrem Leben machen soll. Im Sperrgebiet trifft sie auf eine alte Geisha, die ihr Haus nicht verlassen will. Die beiden ungleichen Frauen nähern sich einander an. Wer eine Bluray oder DVD gewinnen möchte, schreibt uns bis zum 15.9. eine Mail an info@indiekino.de, Betreff: Grüße aus Fukushima.

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INDIEFEATURE

„IM SCHLAGSCHATTEN DES BETONS dokfilmwoche 2016

Starless Dreams

Zum vierten Mal zeigt die Kreuzberger dokfilmwoche im fsk-Kino und im Sputnik Kino aktuelles dokumentarisches Kino. Wieder folgt sie keiner programmatischen Leitlinie, sondern stellt vierzehn Versuche vor, etwas von der Welt zu zeigen, Sichtbares und Unsichtbares, von Gespenstern des Krieges und der Liebe, von inneren und äußeren Fluchten, größeren und kleineren Kämpfen, nicht zuletzt vom Kino selbst. dokfilmwoche.peripherfilm.de

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ARLETTE – MUT IST EIN MUSKEL

BATTLES

Schweiz/Deutschland 2015, 84 min, R: Florian Hoffmann, OmU

Belgien/Niederlande 2015, R: Isabelle Tollenaere 88 min, OmeU

Das erste Bild stammt aus einem anderen Film: Ein Mädchen, das Bein von einer Schusswunde versehrt, windet sich weinend im Schmerz, ihr Blick schweift umher, geht ins Leere. Regisseur Florian Hoffmann greift diesen Blick auf. Er begleitet Arlette auf ihrer Reise aus der zentralafrikanischen Republik nach Deutschland, wo ihre Verletzung behandelt werden soll. Medizinische Versorgung, schwierige Kommunikation in der fremden Umgebung und mit der Familie zu Hause, die Sprachen, die ein Körper spricht. Was als Reisetagebuch beginnt, wird zu einer intimen Studie über den Umgang mit dem Schmerz, dem behandelbarem und dem anderen. „Mut ist ein Muskel“, sagt Arlette.

Bomben aus dem letzten Jahrhundert werden von der belgischen Armee in einem hochkontrollierten Umfeld zur Explosion gebracht. Albanische Bauern nutzen einen Bunker als Kuhstall. In Litauen können Touristen den Krieg als Abenteuerspiel erproben. Russische Näherinnen stellen aufblasbare Zielobjekte für militärische Übungen her. In vier bildintensiven, in kontemplativer Ruhe eingefangenen Kapiteln spürt Isabelle Tollenaere dem Nachleben vergangener Kriege und ihrer Ikonen - Bombe, Bunker, Soldat, Panzer - nach.


INDIEFEATURE

/ MATERIALISIERT SICH DIE VISION“ Arlette – Mut ist ein Muskel

DAVID

EVA

DIE GETRÄUMTEN

HOMO SAPIENS

Deutschland 2016, R+K:: Sabine Herpich, 81 min

Deutschland 2015, R+K+S: Melanie Jilg, 85 min

Österreich 2016, R: Ruth Beckermann, 89 min

Österreich 2016, R+K: Nikolaus Geyrhalter, 94 min, ohne Dialog

Die Regisseurin lässt sich maßgeschusterte Schuhe machen. Sie dokumentiert den Prozess ihrer Herstellung. Bestimmt gibt es ein ganzes Vokabular für die Dinge und Handgriffe, der Film nennt sie nicht beim Namen, aber er zeigt sie sehr genau. Dazwischen Fragmente eines Lebenslaufes, von einem israelischen Kibbuz nach Treptow in Berlin, eine Jugend im Laufsport, eine Lehre als Schuster, eine Ausbildung zum Bildhauer. Davids Hände, denen der Film so viel Aufmerksamkeit schenkt, stellen Schuhe her und formen Skulpturen. Kunst & Arbeit, die Textur des Materials und die Materialität des Lebens. Ein kleines Weltgedicht.

Eva ist unterwegs durch Landstriche deutscher Provinz, an ihrer Seite ein Ochse namens Lothar und ein Hund namens Piz. Sie ziehen mit einem Karren über Straßen, Wege und Felder, machen Halt und fragen nach dem Weg. In der Nacht wandert der Mond über den Himmel, Traumbilder schieben sich in die Wahrnehmung. Arbeit in der Landwirtschaft, Anstrengung, Ruhe und Erschöpfung. Bilder, hypnotisch und irritierend, festgehalten und losgelassen, aufgelesen am Wegesrand, Geräusche der Bewegung und Geräusche der Umgebung, dazwischen und darin eingefügt, Verse eines 1000 Jahre alten isländischen Poems. EVA ist das radikal entschleunigte Road Movie einer äußeren wie inneren Bewegung ohne festes Ziel, ein Abenteuer der Wahrnehmung in Bild und Ton.

Eine Darstellerin und ein Darsteller bei der Arbeit: sie lesen Briefe in einem Tonstudio, unterhalten sich über die Figuren und Texte, erzählen von sich selbst, essen in der Kantine, rauchen im Hof und albern rum. Eines von zwei Paaren: Anja Plaschg (die sich als Musikerin Soap&Skin nennt) und Laurence Rupp; das andere sind Ingeborg Bachmann und Paul Celan, deren Briefwechsel dem Film seine Erzählung gibt. In Ruth Beckermanns vielschichtiger Umsetzung voller Vertretungen, Aufladungen und Übertragungen vermischen sich die Bezüge, verkörpern die einen die anderen, werden Sätze auf immer neue Weise gegenwärtig. DIE GETRÄUMTEN ist das Portrait einer Beziehung im Schatten der Shoah, ein Film über Möglichkeit und Unmöglichkeit von Liebe und von Sprache, von Kunst und von Weiterleben.

Einkaufszentren, bei denen sich die Grenze von innen und außen auflöst, Wohnkomplexe, die unbewohnbar geworden sind, eine Achterbahn, halb versunken im Meer und nirgends ein Mensch. HOMO SAPIENS präsentiert Stätten des Verfalls, die zu ganz unterschiedlichen Zwecken geschaffen wurden und nun aus wiederum ganz unterschiedlichen, katastrophischen, ökonomischen, demografischen, Gründen verlassen daliegen, mit noch lesbaren Spuren einer früheren Nutzung. Immer ist die Natur dabei, sich einzuverleiben, was noch bleibt. Die Bilder fügen sich zu einer unheimlichen Zone, die von menschlichen Bestrebungen und ihrer Vergänglichkeit spricht, werden Science-Fiction als Blick auf eine posthumane Zukunft.

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INDIEFEATURE

Miete essen Seele auf

HOTLINE

LAMPEDUSA IM WINTER

MIETE ESSEN SEELE AUF

NO HOME MOVIE

Hotline ist eine kleine, vorwiegend von Frauen betriebene NGO, die sich in der israelischen Flüchtlingspolitik engagiert. Sie fungiert als Anlaufstelle für Menschen ohne Papiere, denen nach israelischem Recht, das jeden illegalen Grenzübertritt als Verbrechen einstuft, Gefängnis droht, und als Lobbyorganisation gegenüber staatlichen Stellen. Silvina Landsmann konzentriert sich in ihrem Portrait nicht auf die Geschichten der Geflüchteten, sie versucht eine Analyse eines politischen Migrationsregimes. Zugleich ist der Film die Beobachtung eines diskursiven Kampfes: In unbeirrbaren Diskussionen mit einer aufgebrachten Öffentlichkeit, Hintergrundgesprächen, bei Anhörungen vor Parlamentsausschüssen setzt HOTLINE auf die Macht des Wortes.

20 km2 im Mittelmeer, von 6000 Leuten bewohnt, 113 Kilometer von der tunesischen Küste entfernt: Lampedusa ist der äußerste Vorposten der Festung Europa und seit 20 Jahren ein Brennpunkt für die humanitären Desaster des europäischen Migrationsregimes. Jakob Brossmann geht an Land und sucht nach der Normalität im Ausnahmezustand. Die Touristen sind weg, die Fischer haben beschlossen, den Hafen zu bestreiken, die Gestrandeten ersehnen eine Weiterreise aufs europäische Festland, die Bürgermeisterin bemüht sich um Vermittlung, die Fussballjugend trainiert und der lokale Radio DJ liefert eine Chronik laufender Ereignisse. LAMPEDUSA IM WINTER erzählt in der Mikrogeschichte eines kleinen Gemeinwesens zugleich eine kritische Geschichte der aktuellen europäischen Asylpolitik.

In einer Nacht 2012 bauen Leute, die in Sozialwohnungen rund ums Kottbusser Tor wohnen eine Hütte. Sie nennen sie „Gecekondu“ („nachts hingestellt“), ein türkischer Begriff für informelle Siedlungen. Sie wird zu einem Kristallisationspunkt von Debatten und Aktionen, die die politischen Dimensionen gegenwärtiger Urbanität ausloten: Gentrifizierung und Verdrängung, Wohnen zwischen sozialem Raum und Investmentobjekt, Migration und Rassismus. Angelika Levi porträtiert humorvoll Kämpfer*innen und Kämpfe und hält einen glücklichen Moment fest, in dem aus Nachbarschaft Nähe und ein Eintreten füreinander wird. Über allem die Frage, worum und wie weit zu kämpfen sich heute noch lohnt. Und der Chor singt: „Im Schlagschatten des Betons / materialisiert sich die Vision“

Es wäre einfach, Chantal Aker­ mans Film als Film über die Beziehung zu ihrer alten, erkrankten Mutter Natalia zu beschreiben, überwiegend aus Gesprächen montiert, die die beiden geführt haben. Aber einfach ist nichts an ihm. Er fordert heraus: in scheinbar lose eingebunden Landschaftsbildern, die darauf besten, genau betrachtet zu werden; in Küchen-Gesprächen um Gott und Welt, in denen es doch um Leben und Tod geht; in einer Konzentration, die klaustrophobisch werden kann; in Bezügen, die sich auf Akermans ganzes Werk erstrecken. NO HOME MOVIE heißt der Film. Ein Spiel mit den Erwartungshaltungen gegenüber Home Movies. Ein Hinweis, dass die Gespräche zwischen der feministischen Filmemacherin und der polnischen Jüdin, die Auschwitz überlebt hat, gerade nicht in schlicht Persönlichem aufgehen. Am Ende wird es ein Film gewesen sein, über das Nicht-Zuhause sein, in einem ganz existentiellen Sinn.

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TERMINE UNTER WWW.INDIEKINO.DE

Israel/Frankreich 2015, R+K: Silvina Landsmann, 99 min, OmeU

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Österreich/Italien/Schweiz 2015, R: Jacob Brossmann, 93 min, Omu

Deutschland 2015, R: Angelika Levi, Christoph Dreher, 65 min

Frankreich, Belgien 2015, R+K: Chantal Akerman, 115 min, OmeU


INDIEFEATURE

Homo Sapiens

RUDOLF THOME – ÜBERALL BLUMEN

STARLESS DREAMS

28 Spielfilme hat Rudolf Thome seit 1968 gemacht. Er lebt auf einem Bauernhof in einem kleinen Dorf in Brandenburg. Er hat viel zu tun mit dem Haus und dem Garten und spricht mit der Welt in seinem Weblog. Rudolf Thome würde gern noch einen Film machen. Er hat ein Drehbuch geschrieben, es trägt den Titel Überall Blumen, die Finanzierung gestaltet sich schwierig. Ein wundersames Porträt eines großen Solitärs des deutschen Kinos. (Filmbesprechung auf S. 28)

Im Iran, ein „Zentrum für Korrektur und Rehabilitation.“ Junge Frauen, denen vorgeworfen wird, gegen Gesetzte verstoßen zu haben: Drogen-Handel und Konsum, Landstreicherei, Diebstahl und Körperverletzung, auch Totschlag. Mädchen, nachdenklich und aufgeregt im Gespräch, in Freundschaft und in Streit, auf der Suche nach einem Zuhause, in Sehnsucht nach ihren Familien und auf der Flucht vor ihnen. Im Zweifel ob das bessere Leben innerhalb oder außerhalb der Mauern zu finden ist. Gegen Ende kommt ein Imam zu Besuch, erklärt die Welt und beantwortet Fragen. „Mein Herr“, sagt ein Mädchen, „Gestern hat der Richter gesagt, ich wäre ein Bastard. Was soll meine Sünde gewesen sein?“

Deutsch­land 2016, R: Ser­pil Tur­han, 84 min

Iran 2016, R: Mehrdad Oskouei, 76 min, OmeU

WENN MAN SIE BEDAUERT, ­KÖNNEN SIE SCHLECHT STERBEN Deutschland 2015, R+S: Friederike Güssefeld, 70 min

Es wird viel gestorben in dem kleinen Dorf in der Brandenburgischen Provinz: Elf mal in den letzten paar Jahren, Unglücksfälle und Selbstmorde, tragische, mysteriöse, suspekte und groteske. Achtsam gerahmte Porträts und Gespräche mit denen, die dageblieben sind, zu Hause, in Küchen und Wohnzimmern, Gartenlauben und Bastelgaragen. Man erzählt von Vorfällen und Begebenheiten, man macht sich seine Gedanken, man hat seine Theorien, von Geldgeschichten und bösen Blicken. Die kluge Montage der Gespräche weitet Schritt für Schritt den Horizont vom Nekrolog zu einer Chronik des Alltags. Man hat auch viel erlebt: Geschichten aus drei deutschen Systemen, von der Brüchigkeit historischer Verläufe und individueller Lebensläufe. Eine dichte, mal komische, mal bittere, aber nie zynische Studie über Versuche, das eigene Leben in eine Geschichte einzuordnen, die Sinn macht.

WHITE COAL Österreich 2015, R: Georg Tiller, 70 min, OmeU

Eine Kranschaufel schüttet Kohle auf, schwarze Staubwolken schieben sich vor den Himmel, füllen langsam die Leinwand. Dann die Statue einer Arbeiterfigur, leicht gebeugt, auf die Arme gestützt. Zwei Erzählungen um einen Gegenstand: Die Geschichte eines blinden Passagiers auf einem polnischen Kohle-Schlepper, die Motive aus Hermann Melvilles The Confidence Man aufnimmt, und eine dokumentarische Vermessung des größten Kohlekraftwerks der Welt in Taiwan. Die eine in 16mm Schwarz-Weiß gehalten, die in andere in farbigen Digitalbildern. WHITE COAL ist ein filmisches Poem, das an an einer Geschichte der Ikonografie des (doch nicht?) zu Ende gehenden Industriezeitalters arbeitet. D Sebastian Markt

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INDIEFEATURE François Ozon hat darum gebeten, das Geheimnis von Adrien nicht zu verraten. Diese Rezension enthält keine Spoiler.

D Frankreich/Deutschland 2016 D 113 min D R: François Ozon D B: François Ozon D K: Pascal Marti D S: Laure Gardette D M: Philippe Rombi D V: X-Verleih

In wundervollen, bald matten, bald schimmernden monochromen Bildern, die nur gelegentlich, wenn Glück und Begehren die Körper durchfluten, von Farbe gesättigt werden, hat François Ozon einen mitreißenden Film über die deutsch-französischen Beziehungen nach dem ersten Weltkrieg gedreht. Es würde an ein Wunder grenzen, wenn FRANTZ im nächsten Jahr nicht den Oscar für den besten fremdsprachigen Film gewinnt. Quedlinburg, kurz nach dem ersten Weltkrieg. Anna (Paula Beer) war dem jungen Frantz versprochen, nun geht sie jeden Tag zum Grab des in Frankreich gefallenen Soldaten. Dort sieht sie mehrmals einen Fremden (Pierre Niney), der ebenfalls Blumen auf Frantzens Grab legt. Als sie ihn endlich anspricht, stellt er sich als Adrien vor, ein Franzose. Anna lebt bei den Eltern von Frantz, und schlägt vor, er möge doch zum Abendessen zu ihnen kommen. Adrien hatte bereits zuvor versucht, mit Frantz‘ Vater, dem alten Dr. Hoffmeister (Ernst Stötzner) zu sprechen, doch der

FRANTZ

Zum Heulen schön hatte ihn abgewiesen. Dr. Hoffmeister war schon vor dem Krieg Mitglied in nationalistischen Kreisen, hatte selbst seinen Sohn zur Einschreibung gedrängt, und ist immer noch von Trauer und Franzosenhass erfüllt. Frantz dagegen hatte vor dem Krieg in Paris gelebt und studiert und seine Mutter Magda hofft, in Adrien einen alten Freund ihres Sohnes kennenzulernen. Und Adrien spielt mit: Er erzählt von gemeinsamen Abenden mit Frantz in Paris, spielt den Hoffmeisters auf Frantz‘ alter Geige vor, und die Herzen fliegen dem schüchternen jungen Mann zu, schließlich auch das von Anna. FRANTZ beginnt als ein klassisches, zum Heulen schönes Melodram über Schuld und Vergebung, über Nationalismus und deutsch-französische Freundschaft, das die Atmosphäre in einer deutschen Kleinstadt sehr genau beschreibt, und die Kräfte, die für den Aufstieg des Nazismus verantwortlich sind, ebenso zeigt, wie die nicht realisierte Möglichkeit einer Freundschaft zwischen den Nachbarländern. Durch Adriens Anwesenheit finden Frantz‘ Eltern Trost, und in Anna erweckt der junge Mann wieder Lebensfreude und Begehren. Sie verliebt sich in Adrien. Doch der hat ein Geheimnis, durch den der Film eine unerwartete Wendung nimmt, und zu einer éducation sentimentale für Anna wird. FRANTZ erzählt von der Überwindung der ersten Liebe und des ersten Verlustes, geht dann aber weit darüber hinaus und legt ein komplexes Geflecht von Liebe und Lüge, Täuschung und Selbsttäuschung, Idealisierung und Selbstinszenierung frei. Ist Anna naiv oder heroisch? Welches Maß der Illusion ist notwendig, um die Liebe zu erhalten und das Begehren zu wecken? Ist Liebe im Zustand völliger Desillusionierung möglich? Paula Beer dürfte mit ihrer zarten, entschlossenen und sensiblen Darstellung der Anna endgültig auf dem Radar internationaler Produktionen gelandet sein. FRANTZ wird mit großer Sicherheit der beste europäische Film des Jahres bleiben. D Tom Dorow

Start am 29.09.2016 ab ¢ b-ware!ladenkino Oktober DF OMU ¢ Bundesplatz Kino ¢ Eiszeit Kino OMU ¢ Hackesche Höfe Kino OMU DF OMU

TERMINE UNTER WWW.INDIEKINO.DE

Quedlinburg, Germany after World War I. Anna meets a young man, who puts flowers on the grave of her fiancé Frantz. Adrien is a young Frenchman, who Anna assumes to be an old friend of Frantz. But Adrien has a secret.

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INDIEKRITIKEN Irland/Kuba 2016 D 100 min D R: Paddy Breathnach D B: Mark O’Halloran D K: Cathal Watters D S: Stephen O’Connell D M: Stephen Rennicks D D: Jorge Perugorria, Luis Alberto Garcia, Héctor Medina Valdés D V: Edition Salzgeber

VIVA

24 WOCHEN

Queer in Havanna

Schicksals-Fragen

„Viva“, so nennt sich Jesús als er auf die Bühne eines karg beleuchteten Nachtclubs tritt – er trägt eine Langhaarperücke, zum Zopf nach oben gebunden, dazu roten Lipgloss, ein weißes Abendkleid und bewegt den Mund noch zögerlich zu einem traurigen spanischen Lied. Diese Situation ist neu für den jungen Mann. Er steht zum ersten Mal vor einem Publikum, er ist zum ersten Mal eine Frau und er begreift zum ersten Mal, was „viva“ bedeutet: Er fühlt sich lebendig. Der irische Regisseur Paddy Breathnach, bisher eher für unter dem Radar laufende Hollywood-Produktionen bekannt, zeigt mit VIVA eine neue Facette. Der queere Film beschreibt die immer noch schwierige Lage der LGBTI-Community in Kuba. Dafür begleitet die Kamera Jesús, einen schwulen Mittzwanziger in Havanna: Tagsüber verdient er Geld, indem er den älteren Damen der Nachbarschaft die Haare schneidet. Abends streift er alleine durch die Seitenstraßen der Hauptstadt. Bis ihn „Mama“, der Chef einer Transvestiten- und Travestie-Show, auf die Bühne bringt. Eigentlich könnte der Film an diesem Punkt schon zu Ende sein: Jesús ist glücklich. Eines Abends steht jedoch sein Vater im Publikum. Vor Jahren ließ er die Familie im Stich, nun ist der ehemalige Boxer zurück und verkörpert ein durch und durch stereotypes Männerbild – den Gegenentwurf zu seinem einfühlsamen Sohn. Er säuft, ist gewalttätig und verbietet Jesús die für ihn so wichtigen Gesangsdarbietungen. VIVA zeigt ein Kuba im Wandel. 1979 wurde Homosexualität hier offiziell legalisiert, dennoch leben lesbische, schwule, bi-, trans- und intersexuelle Menschen in anhaltenden diskriminierenden Strukturen. Havanna ist dabei ein Ort im Dazwischen. Die dort erstarkende LGBTI-Community kämpft für ein freies Leben. Dafür braucht es viel Courage – das muss auch Jesús lernen. Und sein Vater ebenfalls. D Christine Stöckel

Start am 15.9.2016 ¢ b-ware!ladenkino ¢ Filmrauschpalast ¢ Eiszeit Kino OMU

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OMU OMU

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Deutschland 2016 D 102 min D R: Anne Zohra Berrached D B: Anne Zohra Berrached, Carl Gerber D K: Friede Clausz D S: Denys Darahan D M: Jasmin Reuter D D: Julia Jentsch, Bjarne Mädel, Emilia Pieske D V: Neue Visionen

Jesús finds happiness at a drag queen show in Havanna. But then his father, an ex-boxer, suddenly reappears, and a gay son does not fit into his macho world view.

Witze reißen ist Astrids (Julia Jentsch) Profession. Als Stand-Up Komikerin tingelt sie durch die einschlägigen Bühnen des Landes, in gut eingespielter Partnerschaft mit ihrem Lebensgefährten (Bjarne Mädel), der zugleich ihr Manager ist. Eine kleine Villa im Umland ist der Rückzugsort für das Paar und ihre neunjährige Tochter. In das geordnete, keinesfalls Krisen-fremde Glück platzt die Nachricht, dass mit dem zweiten Kind, das Astrid erwartet, aus medizinischer Sicht nicht alles in Ordnung ist. Was folgt ist eine schmerzhafte Reise durch sich verschlimmernde Diagnosen und Belastungsproben für die Beziehung zum Partner, zur Tochter, zum freundschaftlichen und professionellen Umfeld, ein Navigieren durch ein schicksalsvermintes Terrain aus medizinischen Möglichkeiten und Konsequenzen, kulturellen Haltungen und Glaubensfragen. Während Astrids Familie und Freunde von Profi-Schauspielern verkörpert werden, werden die medizinischen und therapeutischen Fachleute durchgehend von Laien dargestellt. Das ist eine, aber nicht die einzige Strategie mit der sich der Film seinem Thema annähert: der Frage, ob Astrid im Hinblick auf die zu erwartenden schweren Beeinträchtigungen des Kindes einen späten Schwangerschaftsabbruch vornehmen lassen soll. Eine Hebamme wird an einer Stelle sagen, dass das eine Entscheidung ist, die man nur treffen kann, wenn man sie treffen muss. Damit bringt sie wohl zugleich das Credo des Films selbst zum Ausdruck. Anne Zohra Berrached nähert sich Astrids Dilemma nicht so sehr mit einer didaktischen Aufführung aller Für und Wider, sondern lässt, unter effektiver Aufbringung aller gestalterischen Mittel, die emotionale Wucht einer unmöglichen Situation ins Jenseits der Leinwand überspringen. Ob einem diese Form der Ansprache Momente der Erkenntnis erlaubt, darüber wird das Publikum geteilter Meinung sein. Darüber, dass sie eine Erfahrung bedeutet, die einem Gehöriges abverlangt, nicht. D Sebastian Markt

Start am 22.9.2016 ¢ b-ware!ladenkino ab Ende September ¢ City Kino Wedding, am 29.9.um 19 Uhr Gespräch mit Anne Zohra Berrached und Drehbuchautor Carl Gerber ¢ Eva Lichtspiele ¢ Eiszeit Kino ¢ Hackesche Höfe Kino ¢ Union Filmtheater

The somewhat organized life of stand-up comedian Astrid is shattered when she finds out that not everything is alright with the child she’s expecting. What follows is a painful journey through increasingly worse diagnoses until the question of abortion enters the picture.

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INDIEKRITIKEN USA 2016 D 116 min D R: Alex Gibney D B: Alex Gibney D M: Will Bates D V: DCM Filmdistribution

ZERO DAYS

SNOWDEN

Der geheime Krieg

Überwachung und Integrität

Ungefähr im Jahr 2010 fand eine Cyberattacke ungeklärten Ursprungs auf eine Urananreicherungsanlage des Iran statt. Dabei wurden nicht einfach nur Rechner mit einer Schadsoftware infiziert und so bei der Arbeit gestört. Vielmehr gelang es den Angreifenden, aus der virtuellen Welt heraus in die physische einzugreifen: Die Steuerung der Zentrifugen wurde gehackt und die Laufgeschwindigkeit der Maschinen bis zur Selbstzerstörung manipuliert. Ein Vorteil digitaler Waffen ist die Spurlosigkeit ihres Einsatzes, niemand übernimmt die im konventionellen Krieg übliche Verantwortung für solch aggressive Handlungen. Inzwischen wird allseits angenommen, dass Israel und die USA hinter dem aufwendigen Projekt steckten. Die verdächtigten Akteure leugnen indes nach wie vor ihre Beteiligung. Spannend wie ein Thriller erzählt der Dokumentarfilm ZERO DAYS die Geschichte des Stuxnet-Computervirus. Die technischen Zusammenhänge werden anschaulich erklärt, die Detektivarbeit der Experten wechselt dramaturgisch geschickt ab mit Einblicken in die größeren politischen Implikationen solcher Sabotagemöglichkeiten. Regisseur Alex Gibney interviewt Sicherheitsspezialisten und hochrangige Offizielle diverser Geheimdienste sowie engagierte Journalisten, die seit Jahren die Entwicklung des Cyberkriegs verfolgen. Er spricht mit Whistleblowern, deren Identität er um jeden Preis schützen muss. Sie alle sind sich einig, dass die bisherige Regellosigkeit auf dem virtuellen Schlachtfeld eine große Gefahr darstellt. Zusätzlich verhindert die exorbitante Geheimhaltung in diesem Bereich eine demokratische Auseinandersetzung über Ziele und Risikobereitschaft, wie sie etwa bezüglich der Atomwaffen stattgefunden hat. Trotz der erwartbaren talking heads und einer intensiven Dauer von fast zwei Stunden wird ZERO DAYS dank MATRIX-inspirierter Visualisierungen nicht lang. D Anna Stemmler

Start am 1.9.2016 ¢ b-ware!ladenkino ¢ Eiszeit Kino OMU ¢ Hackesche Höfe Kino

ZERO DAYS by Alex Gibney delves into the story of the computer virus stuxnet that attacked an Iranian Uranium factory in 2010.

OMU OMU

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USA/Deutschland/Frankreich 2016 D 138 min D R: Oliver Stone D B: Oliver Stone, Kieran Fitzgerald D K: Anthony Dod Mantle D S: Alex Marquez, Lee Percy D D: Joseph GordonLevitt, Shailene Woodley, Melissa Leo D V: Universum Film

Oliver Stone hat in seinen Filmen schon öfter in aktuellen politischen Debatten Position bezogen. Die Frage, ob Edward Snowden vom US-Präsidenten begnadigt werden sollte, ist Teil der Debatten im US-Wahlkampf. Trump, Clinton und Sanders sind dagegen, Gary Johnson von der rechts-anarchistischen Libertarian Party will darüber nachdenken, Jill Stein von der Green Party verspricht einen Kabinettsposten für Snowden. Oliver Stone muss also Überzeugungsarbeit bei gemäßigten Linken und Konservativen leisten. Edward Snowden (Joseph Gordon-Levitt) wird daher als so patriotisch inszeniert, dass es manchmal ein bisschen weh tut. Ein tapferer Soldat, der nur wegen einer Verletzung nicht zum Marine wurde, auf dem Weg zum Familienvater in einer traditionellen „Wie war die Arbeit, Schatz?“-Beziehung. Ein Oliver-Stone-Film soll in alle Richtungen anschlussfähig bleiben. Die Ungeheuerlichkeiten, die Snowdens Enthüllungen bekannt machte, erscheinen in Stones Film dann zwar auch als politischer Skandal wie in Laura Poitras Dokumentarfilm CITIZENFOUR, vor allem aber als eine Bedrohung der persönlichen Integrität jedes und jeder Einzelnen. SNOWDEN zeigt die Überwachungs-, Spionage- und Cyber-Warfare-Möglichkeiten von NSA und CIA so anschaulich, dass man danach so schnell keinen Laptop mehr aufgeklappt im Zimmer stehen lässt. Wer jemanden kennt, der jemanden kennt, der einen Araber, eine politische Aktivistin, einen Banker, eine Politikerin, einen Ingenieur, eine Juristin kennt, wird überwacht. Jeder ist erpressbar, jedes Leben kann durch eine lässige Entscheidung vernichtet werden, und sei es nur, um jemand anderen zu beeindrucken. Auch in befreundeten Ländern kann jederzeit die Infrastruktur vollständig lahmgelegt werden, falls sie mal nicht mehr befreundet sind (siehe auch ZERO DAYS). Durch SNOWDEN wird deutlich, dass die Überwachung nicht nur die Demokratie zerstört, sondern dass jeder einzelne bedroht ist. D Tom Dorow

Start am 22.9.2016 ¢ b-ware!ladenkino ab Oktober ¢ filmkunst66 OMU

DF OMU

Oliver Stone’s SNOWDEN presents the story of the world’s most famous whistleblower as a thriller with a very patriotic hero. Stone makes it very clear that global surveillance and cyberwarfare threatens the life of every individual.

SEPTEMBER 2016 D

17 D


INDIEKRITIKEN Deutschland/Portugal 2016 D 101 min D R: Jonas Rothländer D B: Jonas Rothlaender, Sebastian Bleyl D K: Alexander Haßkerl D S: Dietmar Kraus D D: Golo Euler, Luise Heyer, Albano Jerónimo D V: missingFilms

FADO

Originaltitel: Un homme à la hauteur D Frankreich 2016 D 98 min D R: Laurent Tirard D B: Laurent Tirard, Grégoire Vigneron D K: Jérôme Alméras D S: Valérie Deseine D M: Eric Neveux D D: Jean Dujardin, Virginie Efira, Cédric Kahn D V: Concorde Filmverleih

MEIN ZIEMLICH KLEINER FREUND

Beschissene Eifersucht

Charmant aber klein Fabians „scheiß Eifersucht“ geht Doro auf die Nerven. Die Beziehung des Arztes und der Architektin, beide um die 30, war schon zuvor an Fabians Misstrauen gescheitert. Jetzt, in Lissabon, wagen die beiden einen von Fabian initiierten Neubeginn. Doch nichts hat sich geändert. Fabian stellt bohrende Fragen, nimmt Doros Digitalkamera unter die Lupe, durchwühlt ihre Sachen. Der Verdacht, dass seine Liebste eine Affäre mit ihrem Arbeitskollegen Francisco hat, lässt ihn nicht los. Nach außen hin unterdrückt Fabian sein angespanntes Gefühlsleben so gut es geht, doch schnell ist klar, dass sich sein aufgestauter Argwohn früher oder später ein Ventil suchen wird. Für das Brodeln unter der Oberfläche findet der Regiedebütant Jonas Rothlaender gleich zu Beginn eine visuelle Metapher, wenn er die tosenden Wellen an der Küste Lissabons leinwandfüllend zeigt, ein Bild, das er fortan immer wieder aufgreift. Eine Riesenwelle habe neulich einen Menschen vom Strand ins Meer fortgerissen, erzählt Francisco einmal – und nimmt damit den erzählerischen Bogen des Dramas vorweg, das von Anfang an auf eine ähnliche Eskalation zusteuert. Mit dem nuancenreichen, absolut glaubwürdigen Spiel von der aus JACK bekannten Luise Heyer und Golo Euler, der demnächst auch in DIE LETZTE SAU von Aron Lehmann zu sehen ist, entwickelt FADO einen Sog, der bis zum Ende nicht nachlässt und das Interesse am Fortgang der Geschichte wachhält. Mit leisen Tönen baut das intime Beziehungsdrama eine große emotionale Spannung auf, die Rothlaender erst am Ende in die vorausgeahnte Katastrophe überführt. Bis dahin entfaltet sich FADO ohne jede Hektik, mit einem Blick für kleine Feinheiten und die Dynamik zwischen den Figuren, die im Alltäglichen ihren Ausdruck findet. D Christian Horn

Diane (Virginie Efira) ist Anwältin und sieht rasend gut aus. Wenn sie im Anwaltsdress und immer auf High Heels zur Arbeit geht, drehen sich allerorten die Männerköpfe nach ihr um. Und ein bezauberndes Lächeln hat sie dazu. Eines Tages wird Sie von einem fremden Mann angerufen: Alexandre (Jean Dujardin) hat ihr Handy im Restaurant gefunden und besteht auf einer persönlichen Übergabe mit Date. Da er ein charmanter Gesprächspartner ist, stimmt sie zu und bleibt dann auch aus Höflichkeit, obwohl es sie schon irritiert, dass Alexandre nur ungefähr 1,40 m groß ist. Lang genug, um herauszufinden, dass Alexandre Architekt und ebenfalls reich, intelligent, charmant und sehr gutaussehend ist. Nach dem Kaffee nimmt er sie auf einen Fallschirmsprung mit. Diane ist verzaubert, aber sie hat auch bestimmte Vorstellungen im Kopf, wie der Mann zu sein hat, mit dem sie ihr Leben teilen möchte. Und sie hat Angst davor, was die anderen denken könnten. Ihr Ex, mit dem sie sich ein Büro teilt, kann sich höhnische Bemerkungen über den „Zwerg“ dann auch nicht verkneifen, und die tratschsüchtige Assistentin behandelt Alexandre von oben herab wie ein Kind. Übersehen wird er überhaupt öfter. So recht glaubhaft ist das Riesenproblem, dass der Film aus der kleinen Größe Alexandres macht, nicht. Sind doch alle nett, gutsituiert, charmant, hübsch und hinreichend ausgeglichen, denkt man, wo ist da das Problem? Seltsam ist auch die Entscheidung, Alexandre nicht von einem kleinwüchsigen Schauspieler spielen zu lassen, sondern stattdessen Jean Dujardin (THE ARTIST) digital zu verkleinern. Andererseits ist MEIN ZIEMLICH KLEINER FREUND so halt weniger eine romantische Komödie über eine spezifische Form des Andersseins, als eine allgemeine Fantasie über die Akzeptanz von Unterschieden, in der wirklich sehr viel gelächelt wird. D Toni Ohms

Start am 1.9.2016 ¢ b-ware!ladenkino OMEU ¢ Brotfabrik Kino OMU ¢ City Kino Wedding OMU am 4.9. um 19 Uhr Filmgespräch mit Jonas Rothländer ¢ fsk-Kino am Oranienplatz OMU am 2.9. um 20.15 Uhr Filmgespräch mit Jonas Rothländer

D 18

D SEPTEMBER 2016

Fabian’s “damn jealousy“ is pissing Doro off. The relationship between the doctor and the architect, both around 30, fell apart because of Fabian’s distrust in the past. Now, in Lisbon, they attempt to start anew, though nothing has changed …

Start am 1.9.2016 ¢ Bundesplatz Kino September ¢ Eva Lichtspiele DF

DF OMU OMU

ab Mitte

Diane, an immensely beautiful and successful lawyer, falls in love with Alexandre, an architect who is likewise high-flying and charming. Everything could be perfect, but Alexandre is just around 1,40 m tall and Diane worries what people might think.

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INDIEKRITIKEN

DIE STADT ALS BEUTE

Deutschland 2015 D 82 min D R: Andreas Wilcke D B: Andreas Wilcke D K: Andreas Wilcke D S: Steffen Bartneck, Jan Liedtke D M: Rudolf Moser (Einstürzende Neubauten) D V: Wilckefilms

„Natürliche Fluktuation“

Manchmal sind Dokumentarfilme wie Horrorfilme. Umso schlimmer, wenn es sich beim dargestellten Grauen nicht um einen erdachten Alptraum handelt, sondern um Alltagsrealitäten, wie zum Beispiel den Berliner Immobilienmarkt und dessen Entwicklung. STADT ALS BEUTE hieß 2001 zuerst ein Theaterstück von René Pollesch und vier Jahre später ein Episodenfilm, der sich mit dem Ausverkauf Berlins auf künstlerische Weise auseinander setze. Andreas Wilcke hat nun einen dokumentarischen Film gedreht, in dem Immobilienbesitzer, Investoren, CEOs, vertriebene Mieter*innen und nicht zuletzt Michael Müller, ehemaliger Senator für Stadtentwicklung und momentaner Oberbürgermeister Berlins, zu Wort kommen. War der Wohnungsmarkt noch Anfang des Jahrtausends entspannt, offenbart sich in den Firmenpräsentationen, Hausbesuchen, Scouting-Trips und Einzelinterviews genau das Bild des Mangels an bezahlbarem Wohnraum, das seit einiger Zeit den öffentlichen Diskurs bestimmt. Von „natürlicher Fluktuation“ wird da geredet, wenn einkommensschwache Menschen an den Stadtrand vertrieben werden. Dass Hartz-IV-Empfänger*innen ja nun wirklich nicht am Potsdamer Platz wohnen müssten, wird spöttisch festgestellt, und Sätze wie „Modernisierung ist im Moment die beste Kapitalanlage“ lassen einem das Blut in den Adern gefrieren – besonders wenn die Rechenmodelle der Mietsteigerung von süffisanten Anzugsträgern in schicken Power-Point-Präsentationen ihren Weg in den Film finden. Engel & Voelkers, Zeigert Immobilien, der Bund freier Wohnungsgesellschaften, entmietete Bürgerinnen und die Bewohner eines unangekündigt sanierten Hauses in der Wisbyer Straße werden als zwei Seiten Start am 8.9.2016 ¢ Acud Kino einer Entwicklung mehr abgefilmt ¢ b-ware!ladenkino als filmisch inszeniert – genau in ¢ Bali Kino ¢ Bundesplatz Kino dieser Unmittelbarkeit, die auf ¢ Brotfabrik Kino eine ausgefeilte Bildsprache ver¢ City Kino Wedding ¢ Eva Lichtspiele zichtet, liegt aber die Stärke eines ¢ fsk-Kino am Oranienplatz Films, der uns beunruhigen sollte. ¢ Eiszeit Kino D Toby Ashraf

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¢ Kino Krokodil ¢ Sputnik Kino, auch in ¢ Tilsiter Lichtspiele ¢ Union Filmtheater ¢ Zukunft

OMEU

Mit dem Berliner Wohnungsmarkt beschäftigen sich auch noch zwei weitere Dokumentarfilme, die im September in den Indies zu sehen sind: MIETREBELLEN (2014) zeigt Menschen, die sich der Politik der radikalen Vertreibung alteingesessener Bewohner durch Zwangsräumung, Luxussanierung und Eigenbedarfsklagen entgegen stellen: Das Bündnis Kotti & Co. zum Beispiel, dem es 2012 gelungen ist, massive Mieterhöhungen in den Häusern um das Kottbusser Tor herum zu verhindern. Oder die Initiative „Stille Straße“, eine Gruppe von Senioren und Seniorinnen aus Pankow, die sich 2012 mit der Besetzung ihrer Altentagesstätte erfolgreich gegen deren Schießung gewehrt hat. Vorführung: Bali Kino am 12.9. um 20 Uhr, in Anwesenheit von Gertrud Schulte Westenberg und Matthias Coers. Um Kotti & Co. geht es auch in MIETE ESSEN SEELE AUF (2016, Angela Levi), der auf der dokfilmwoche im Sputnik und fsk-Kino zu sehen sein wird: In einer Nacht im Jahr 2012 bauen Leute, die in Sozialwohnungen rund ums Kottbusser Tor wohnen, eine Hütte. Sie nennen sie „Gecekondu“ („nachts hingestellt“), ein türkischer Begriff für informelle Siedlungen. Sie wird zu einem Ort an dem sich Nachbarn zum ersten Mal begegnen und zum Kristallisationspunkt der aktuellen Debatten um Gentrifizierung und Verdrängung, Wohnen und Investmentobjekte, Migration und Rassismus. Mehr zum Festival auf den Seiten 10 bis 13. Vorführtermine unter: dokfilmwoche.peripherfilm.de

Folgende Filmvorführungen finden in Anwesenheit von Regisseur Andreas Wilcke und mit anschließendem Filmgespräch statt: ¢ Acud Kino: 20.9. um 20 Uhr ¢ Bali Kino: 14.9. um 20 Uhr ¢ Bundesplatz Kino: 18.9. um 11 Uhr ¢ City Kino Wedding: 16.9. um 19 Uhr ¢ Eva Lichtspiele: 9.9. um 20 Uhr ¢ Sputnik Kino: 13.9. um 20 Uhr ¢ Tilsiter Lichtspiele: 19.9. um 20 Uhr ¢ Kino Krokodil: 11.9. um 20 Uhr

STADT ALS BEUTE looks at the condition of Berlin’s real estate market. Concerned tenants, slick CEOs, investors and Michael Müller, former senator of urban development and current Berlin mayor are interviewed, revealing the chillingly neoliberal attitude of those in power and money.

SEPTEMBER 2016 D

19 D


INDIEKRITIKEN Schweiz 2016 D 89 min D R: Jann Kessler D B: Jann Kessler D K: Jann Kessler D S: Jann Kessler D V: Spot on Distribution

MULTIPLE SCHICKSALE Leben mit MS

Originaltitel: Jheronimus Bosch, Touched by the Devil D Niederlande 2016 D R: Pieter van Huystee D B: Pieter van Huystee, Hans Dortmans D K: Hans Fels D S: Michiel Rummens D M: Paul M. Van Brugge D V: mindjazz pictures

HIERONYMUS BOSCH – SCHÖPFER DER TEUFEL Leidenschaftlicher Museumszirkus

Es ist nicht selbstverständlich, dass einem tagtäglich beide Hände, links und rechts, in voller Funktion zur Verfügung stehen. Rainer, einer der Protagonisten dieses eindringlichen Dokumentarfilms zum Thema Multiple Sklerose zeigt, wie wenig Kraft er noch in seiner rechten Hand übrig hat. Dass bei Rainer MS diagnostiziert wurde, liegt da bereits sieben Jahre zurück. Unter den im Film Porträtierten, die mit unterschiedlich starken Verlaufsformen der chronisch entzündlichen Erkrankung des zentralen Nervensystems zu kämpfen haben, ist auch die Mutter des Regisseurs. Seit Jahren schon lebt sie in einem Pflegeheim, ist ans Bett gefesselt, kann nicht mehr reden. „Was ist das für eine Krankheit?“ fragt der erst 18 Jahre alte Sohn und Regisseur Jann Kessler zur Eröffnung des Films. „In der Hoffnung mehr darüber zu erfahren“, begibt sich Kessler mit seiner Kamera auf eine Reise durch die Schweiz. Trifft auf Luana, die auch mittels eines auf den Unterarm gestochenen Zitats von Samuel Beckett versucht, der Krankheit Paroli zu bieten; auf Bernadette, deren Diagnose schon zwei Jahrzehnte alt ist; auf die immer lächelnde Graziella, die erzählt, wie sie fast erschrickt, wenn sie mal für kurze Zeit schmerzfrei ist. Und immer wieder auch auf Rainer. Dessen Zustand sich im Verlauf der Dreharbeiten derart verschlechtert, dass er sich zum assistierten Suizid entscheidet. In einer erschütternden, bei aller Nähe mit großem Respekt eingefangenen Szene legt sich Rainer mit seinen weinenden Töchtern zum Sterben ins Bett. Unglaublich, dass dieser, für einen Achtzehnjährigen erstaunlich reife, mit der Handkamera eingefangene Film ursprünglich nur als Matura-Arbeit gedacht war (Matura ist das Schweizer Pendant zum Abi). „MS“, so heißt es lapidar am Ende der Doku, „ist bis heute nicht heilbar“. D Matthias von Viereck

Start am 15.9.2016 , am 10.9. um ¢ filmkunst66 17 Uhr in Anwesenheit von Regisseur Jann Kessler OMU

D 20

D SEPTEMBER 2016

Jann Kessler has been living with his mother who has MS in a special-care home for years. In the hopes of learning more about the disease, the 18 year old director meets other people who are also affected by the incurable disease.

Hieronymus Bosch (ca. 1450–1516) ist der bekannteste und der mysteriöseste Maler des ausgehenden Mittelalters. Seine von bizarren, comichaft gezeichneten Monstern besiedelten Höllenvisionen erfanden innerhalb der gewohnten religiösen Sujets eine völlig neue Bildsprache und inspirierten Künstler von Salvador Dalí bis John Carpenter. Anlässlich seines 500-jährigen Jubiläums in diesem Jahr haben gleich mehrere Museen Bosch-Retrospektiven ausgerichtet. Der Dokumentarfilm begleitet das Team aus Boschs Geburtsstadt s’Hertogenbosch in den Niederlanden, das sich einiges vorgenommen hat. Zum einen wollen die Kuratoren große Teile des bekannten, etwa 25 Gemälde umfassenden Gesamtwerks, in die Stadt holen, die selbst kein einziges Original besitzt. Zum anderen wollen sie die Werke neu vermessen und analysieren und so zur Klärung der Frage beitragen, welche Bilder tatsächlich vom Meister selbst stammen. Im Madrider Prado werden die Kunsthistoriker eher frostig empfangen und ihre Analysemethoden skeptisch beäugt. In der Accademia in Venedig ist man dagegen gerne bereit, die Kronjuwelen herauszugeben – wenn die Niederländer die aufwändige Restauration übernehmen. HIERONYMUS BOSCH bietet einen interessanten Einblick in den Museumszirkus, in dem jeder auf seinem Wissen und seinen Pfründen sitzt und Kooperationen mit großem diplomatischem Aufwand ausgehandelt werden müssen. Natürlich geht es auch darum, wer die größte Show hinlegt. Aber gleichzeitig sind alle leidenschaftlich bei der Sache. Die Annäherung an das Werk Boschs über die Arbeit der Ausstellungsmacher gleicht einer Entdeckungsreise. Man ist quasi dabei, wenn aus der intensiven Beschäftigung mit den Bildern die Theorien erst entstehen, die später in den Ausstellungskatalogen wie verbrieftes Wissen klingen. D Hendrike Bake

Start am 15.9.2016 ¢ b-ware!ladenkino OMU ¢ Brotfabrik Kino OMU ¢ Eva Lichtspiele OMU ¢ filmkunst66 DF ¢ Eiszeit Kino OMU ¢ Hackesche Höfe Kino OMU ¢ Sputnik Kino OMU

The film follows a team of ambitious curators from Hieronymus Bosch’s hometown s’Hertogenbosch as they try to obtain the master’s main artwork for their upcoming jubilee exhibition.

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INDIEKRITIKEN

THE BEATLES: EIGHT DAYS A WEEK – THE TOURING YEARS

USA/Großbritannien 2016 D 120 min D R: Ron Howard D D: Paul McCartney, Ringo Starr, John Lennon D V: STUDIOCANAL

Kreischekstase um Garagenband

Vor 50 Jahren hörten die Beatles auf, Livekonzerte zu geben und wurden eine reine Studioband. Dass sich ein neuer Beatles-Film ausgerechnet auf die Zeit konzentriert, in der die Band live spielte, ist angesichts der Materiallage und der heutigen digitalen Bildbearbeitungsmöglichkeiten und Remaster-Technik plausibel. EIGHT DAYS A WEEK ist zum Teil typische Retro-Doku, bei der Promis erzählen, wie relevant die Band für sie gewesen ist, zum Teil Konzertfilm, zum Teil auch eine Neuinterpretation der Band als archetypisches Pop-Phänomen. Paradox an EIGHT DAYS A WEEK ist, dass der Film eigentlich die Geschichte eines Scheiterns erzählen muss, das sich proportional zur immer größeren Fan-Hysterie anbahnt. Die Beatles waren in den ersten Jahren eine Club-, Garagenund Kellerband. Von den 815 Konzerten, die sie zwischen 1963 und 1966 gaben, fanden allein 292 im Liverpooler Cavern Club statt. Leider gibt es aus dieser Zeit nur einen relativ kurzen Ausschnitt im Film, wohl auch, weil das Repertoire damals zu großen Teilen aus Cover-Versionen bestand, und im Film nur Beatles-Eigenkompositionen gespielt werden. In diesen paar Minuten wird aber klar, wie die Beatles klingen konnten. Im kleinen Höhlenclub dröhnen die aufgerissenen, halligen Vox- und Fender-Bassman-Verstärker direkt in die Bauchdecke, die Snare patscht, der Gesang ist natürlich zu leise, weil alles so laut sein musste wie möglich. Befreiender Krach, während Mädchen versuchen, beim Tanzen vor der Bühne nicht zu sehr zu schwitzen und den an der Wand lehnenden Jungs das Kondenswasser auf die Ausgehklamotten tropft. Hier wusste man Bescheid, hier war man ganz weit vorn, am lautesten und am schönsten. Eine Garagenband auf die Stadionbühne zu verpflanzen ist, gelinde gesagt, keine gute Idee. Und man kann remastern, wie man will, auf den großen

Start am 15.9.2016 ¢ b-ware!ladenkino OMU ¢ Bundesplatz Kino OMU ¢ filmkunst66 OMU ¢ Eiszeit Kino OMU ¢ Hackesche Höfe Kino OMU ¢ Union Filmtheater OMU

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Ron Howard’s documentary shows excerpts of Beatles live shows from 1963 to 1966, the year the band decided not to perform in public anymore. The film also chronicles the band’s story during the height of Beatlemania.

Bühnen und in den Fernsehstudios klingen die Beatles selbst ziemlich mies. Das heißt nicht, dass es keinen Spaß macht, ihnen dabei zuzusehen, wie sie sich durch Versionen von „Yesterday“ und „Nowhere Man“ stolpern, während um sie herum die Kreischekstase tobt. Tatsächlich ist es bewundernswert, dass die Band unter den Umständen überhaupt live spielen konnte. Ringo Starr erzählt, dass er auf das Fußwippen der Jungs achten musste, um zu wissen, wo sie im Song gerade waren. EIGHT DAYS A WEEK klappert natürlich die bekannten Stationen der Beatles-Karriere ab, den Auftritt in der Ed-Sullivan-Show, die Richard-LesterFilme, die „Größer-als-Jesus“-Episode usw. Aber Regisseur Ron Howard (FROST/NIXON, RUSH) gelingt es außerdem, die Beatles als Produkt und Symptom der Zeit zu fassen. Brian Epstein steckte die Beatles in niedliche Anzüge und Chelsea-Boots („Beatles Boots“, sagte Paul McCartney), die freundlichen Liebesliedchen der ersten Platten richteten sich ausdrücklich an sehr junge Mädchen, die Typologie der Bandmitglieder (Paul: niedlich, John: klug, George: schüchtern, Ringo: quirky) ließ verschiedene Identifikationen zu, der Humor, die Schlagfertigkeit und der Widerspruchsgeist der Beatles überraschte die biederen Erwachsenen und appellierte an den gerade erwachenden rebellischen Geist einer sich gerade entwickelnden Jugendkultur. Die Beatles waren vollkommene Marke und standen zugleich für Authentizität, eine Kombination, von der Marketingagenturen bis heute träumen. Für die Nachhaltigkeit des Erfolgs sorgte eine Entwicklung der Band, die mit dem Erwachsenwerden ihrer Teenie-Fans mithielt: von der naiven Liebe über die Desillusionierung zu komplizierteren Beziehungsformen und einem weiteren gesellschaftlichen Bewusstsein. Eine ähnliche narrative Kraft über die Band selbst war in späteren, ausdifferenzierteren Pop-Genres kaum möglich. Höchstens Madonna und Kanye West haben in den letzten Jahrzehnten vergleichbare Erzählungen hingelegt. Für Beatles-Fans ist EIGHT DAYS A WEEK eh unentbehrlich, wer sich sonst nicht für Mom-und-Dad-Musik interessiert, könnte Howards Film dennoch ganz interessant finden. D Tom Dorow SEPTEMBER 2016 D

21 D


INDIEKRITIKEN Originaltitel: The Visit: An Alien Encounter D Deutschland/Dänemark/Norwegen/Finnland 2015 D 83 min D R: Michael Madsen D B: Michael Madsen D K: Heikki Färm D S: Stefan Sundlöf, Nathan Nugent D M: Peter Albrechtsen D V: farbfilm

THE VISIT – EINE AUSSERIRDISCHE BEGEGNUNG

Originaltitel: Southside With You D USA 2016 D 81 min D R: Richard Tanne D B: Richard Tanne D K: Patrick Scola D S: Evan Schiff D M: Stephen James Taylor D D: Parker Sawyers, Tika Sumpter, Vanessa Bell Calloway D V: capelight pictures

MY FIRST LADY Ganz normales erstes Date

Proben für den Erstkontakt

Die Anzahl an entdeckten, so genannten Exoplaneten ist in den vergangenen Jahren stetig gestiegen. Mehr als 3000 dieser Himmelskörper außerhalb unseres Sonnensystems will die Wissenschaft bereits ausgemacht haben. Ob es aber irgendwo da draußen tatsächlich intelligentes Leben gibt, eine „zweite Erde“ gar, das bleibt weiter ungeklärt. In seiner „Dokumentation“ THE VISIT spielt der dänische Konzept-Künstler und Regisseur Michael Madsen (INTO ETERNITY) nun ein Szenario durch, das nicht nur die Wissenschaft, sondern auch die Künste beschäftigt: den ersten Kontakt der Menschheit mit einer außerirdischen Zivilisation. Die von Madsen im Film interviewten Experten – vom NASA-Astrobiologen über die Direktorin des Büros der Vereinten Nationen für Weltraumfragen bis hin zum ehemaligen Generalstabschef der britischen Armee – sind angehalten, so zu tun, als wäre der bisher unvorstellbare Erstkontakt mit Aliens tatsächlich eingetreten: Wie verhalten wir uns als Menschen? Wenn bestimmen wir als Sprecher unserer Spezies (Vorschlag im Film: Sir David Attenborough)? Warum kommen die Außerirdischen ausgerechnet zu uns? Wie lange werden sie wohl bleiben? Spannende, mitunter höchst beunruhigende Fragen, die Madsen schlussendlich wohl auch dazu aufwirft, um dem Kinobesucher eine Auseinandersetzung mit sich selbst als Menschen zu ermöglichen. Das funktioniert zum Teil: Gehörig Raum zur Reflektion aber bietet die unkonventionelle und erfrischende, dänisch-irisch-österreichisch-finnisch-norwegische Koproduktion mit all ihren hübschen, in Zeitlupe eingefangenen Impressionen sehr wohl. Empfohlen sei THE VISIT auch allen Planetenjägern und Alien-Fans als hintersinniges Alternativprogramm zu Roland Emmerichs diesen Sommer gestartetem Multimillionen-Dollar-Spektakel INDEPENDENCE DAY: WIEDERKEHR. D Matthias von Viereck

Start am 22.9.2016 ¢ b-ware!ladenkino ¢ Bundesplatz Kino

D 22

OMU OMU

D SEPTEMBER 2016

Danish conceptual artist and director Michael Madsen acts out a scene that not only engages the sciences but also the arts: the first human contact with an alien civilization. The interviewed experts are urged to pretend like the first contact has already been made.

MY FIRST LADY erzählt die Geschichte eines einzigen Tages, des Tages, an dem die junge und ehrgeizige Anwältin Michelle Williams und der neue Kollege in der Anwaltskanzlei, Barack Obama, zum ersten Mal privat Zeit miteinander verbringen. Michelles Mutter zieht die Tochter liebevoll damit auf, dass sie sich so hübsch herrichtet „It’s not a date“, wehrt Michelle ab. „It’s not a date“ sagt sie auch zu Barack, als der sie mit etwas Verspätung und einer klapprigen Karre, durch deren Rostlöcher im Fußboden man die Straße sehen kann, abholt. Michelle ist ihre Karriere wichtig, als schwarze Frau in der weißen Firma hat sie sich ihre Position hart erarbeitet und eine Office-Affäre will sie nicht. „Ok, it’s not a date“ willigt Barack ein. Das NotDate führt die beiden in eine Ausstellung des afroamerikanischen Künstlers Ernie Barnes im Chicago Art Institute und auf ein Community-Meeting, bei dem Barack eine inspirierende Rede hält. Michelle ist gerührt, aber als Barack sie später fragt, wie sie die Rede gefunden hat, sagt sie „ein wenig professoral. Aber du bist ein guter Redner.“ Es ist überraschend rührend, wie MY FIRST LADY einerseits sehr geradlinig aber andererseits auch sehr zart von einem ganz normalen ersten Date erzählt, bei dem deutlich mehr gesprochen als geflirtet wird. Der Film erinnert damit an schwebende Redefilme wie BEFORE SUNRISE, diese softe amerikanische Variante der Nouvelle Vague. Sanft pädagogisch lässt MY FIRST LADY auch Themen anklingen, die für die Entwicklung des Präsidentenpaares entscheidend werden sollen. Auf einem langen Spaziergang im Park erzählen sie sich ihre Familiengeschichten, im Auto streiten sie sich über soziales Engagement und die Arbeit in einer großen Kanzlei. Am Ende gehen sie gemeinsam ins Kino und sehen DO THE RIGHT THING von Spike Lee. „Ab jetzt“, sagt Barack, „ist es aber ein Date“. Und Michelle stimmt zu. D Hendrike Bake

Start am 15.9.2016 ¢ filmkunst66 ¢ Hackesche Höfe Kino DF OMU

OMU

In its best moments this tender account of the very first date of Michelle and Barack Obama is reminiscent of Linklater’s first date movie BEFORE SUNRISE and has a Nouvelle Vague lightness.

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INDIEKRITIKEN Deutschland/Österreich 2015 D 126 min D R: Kai Wessel D B: Holger Karsten Schmidt D K: Hagen Bogdanski D S: Tina Freitag D M: Martin Todsharow D D: Sebastian Koch, Fritzi Haberlandt, Ivo Pietzcker D V: STUDIOCANAL

NEBEL IM AUGUST Das Nazi „Euthanasie“-Programm

Ernst Lossa (Ivo Pietzker, JACK) ist ein stolzer Junge. In eine Nervenheilanstalt eingewiesen, weil sein Vater ihm als fahrender Händler kein ausreichend stabiles Heim bieten kann, ist er stolz, nicht wie die „Idioten“ dort zu sein. Zumindest gibt es in der Anstalt weder Schläge noch Schule, wie ihm der nette Klinikleiter Dr. Veithausen (Sebastian Koch) verspricht. Bis Papa Ernst wieder abholt und mit ihm nach Amerika fährt, wird er halt warten und sich vielleicht doch mit ein paar der anderen Patienten anfreunden. Besonders die gleichalte Nandl, die an Epilepsie leidet, hat es ihm angetan. Aber auch sonst entdeckt Ernst seine fürsorgliche Seite und geht bald nicht mehr nur dem Hausmeister beim Putzen, sondern auch der soliden Schwester Sophia (Fritzi Haberlandt) beim Füttern der besonders schweren Fälle zur Hand. Seltsam nur, dass manchmal Patienten in andere Anstalten verlegt werden, aus denen sie nie wieder zurückkehren und dass Ernst Kinder, die gestern noch gesund genug für Fußball waren, einen Tag später schon an Lungenentzündung verstorben im Leichenschauhaus wiederfindet. Und auch die hübsche, neue Schwester Kiefer mit ihrem Himbeersaft ist ihm nicht geheuer. NEBEL IM AUGUST erzählt von der „Aktion T4“, dem „Euthanasie“-Programm der Nazis, durch die Augen eines Kindes. Auf einem wahren Schicksal beruhend, versteckt sich die grausame Wahrheit für Ernst hinter einer idyllischen Landschaft und fürsorglich lächelnden Erwachsenen und offenbart sich erst allmählich. Die Kälte, mit der ein Tintenstrich den Tod bedeuten kann, steht in Kontrast zu der Hingabe, mit der Ernst und Sophia ihr Leben riskieren, um Schwächere zu schützen. Der Film zeigt Ärzte, die sich ohne Not die Ideologie der Nazis zu eigen machen und Menschen, die sich in Todesgefahr ein Gewissen leisten, und stellt die Frage, wie weit man bereit ist, Verantwortung zu übernehmen, wenn einem die Umstände dubios vorkommen. D Christian Klose

Start am 29.9.2016 ¢ b-ware!ladenkino ¢ filmkunst66

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NEBEL IM AUGUST centers on “Aktion T4,” the Nazi euthanasia program, through the eyes of a child. The son of a travelling artisan, Ernst Lossa, is committed to an insane asylum. He comes to realize that the people there don’t just go to heal but also to be killed.

Originaltitel: Quo vado? D Italien 2016 D 84 min D R: Gennaro Nunziante D B: Gennaro Nunziante, Checco Zalone D K: Vittorio Omodei Zorini D S: Pietro Morana D M: Checco Zalone D D: Bastian Pastewka, Eleonora Giovanardi, Sonia Bergamasco D V: Weltkino Filmverleih

DER VOLLPOSTEN Vertreibung aus dem Paradies

Andere träumen davon Popstar zu werden, Schauspieler oder Pilot. Doch für den kleinen Checco gibt es nur eins: ein Beamter zu sein. Eine gut bezahlte Anstellung, sozial abgesichert und unkündbar – das ist sein Traum von einem Leben und so wie es der italienische Publikumshit DER VOLLPOSTEN darstellt, ist der Verwaltungsposten wirklich das höchste Maß einer beruflichen Perspektive. Checco wird von allen hofiert, Mama erfüllt ihm jeden Wunsch, seine Zukünftige liegt ihm nur wegen seiner Festanstellung zu Füßen und in der Vorratskammer neben seinem Büro türmen sich die „Zuwendungen“ seiner Klienten. Doch das Klima in der italienischen Heimat wird zunehmend frischer. Eine Verwaltungsreform soll den Apparat aus Korruption und Vetternwirtschaft gründlich durchlüften. De facto ist Checco der einzige in der kleinen Provinz, den die Maßnahmen treffen. Seine Position in der Landesverwaltung für Jagd und Fischerei wird ihm entzogen und er wird nach Rom beordert. Dort soll er es den anderen gleichtun, eine Abfindung kassieren und mit seiner Unterschrift auf alle seine Privilegien verzichten. Doch Checco denkt gar nicht daran und wird fortan von einem unwirtlichen Ort zum nächsten versetzt. In seiner Heimat avancierte die deftige Komödie zum Erfolg. Mit fast zehn Millionen Zuschauern ließ sie sogar STAR WARS hinter sich. Beachtlich, denn Regisseur Gennaro Nunziante geht nicht gerade zimperlich um mit der italienischen Volksseele. Checco ist ein waschechter „Stronzo“, ein Macho und Chauvinist, wie er im Buch steht. Nunziante bemüht sich überhaupt nicht, seine Läuterung in nachvollziehbaren Schritten zu schildern. Zwischentöne werden niedergequatscht. Trotzdem gelingt es dem Voll­blutkomiker Luca Medici, der auch am Drehbuch mitschrieb, so etwas wie Sympathie für den „Vollp(f)osten“ zu wecken. In der deutschen Fassung liegt das auch an der hervorragenden Synchronarbeit von Bastian Pastew­­ka. D Lars Tunçay

Start am 22.9.2016 ¢ b-ware!ladenkino ¢ filmkunst66 DF

DF OMU

Checco has a comfortable arrangement at his job at the Hunting and Fishing Department. The administrative reform hits him hard but he won’t give up his civil servant status, no matter where he’s transferred to.

SEPTEMBER 2016 D

23 D


INDIEFEATURE

Liebe, Tod, ein Mann in jedem Hafen und das Meer. Weil der Maschinist der Fidelio verstorben ist, muss Alice kurzfristig einspringen. Sie wohnt in der Kajüte des Toten. Sie liest sein Tagebuch, das von den Prostituierten erzählt, mit denen er geschlafen hat, von seinem schwachen Herzen und von seiner Einsamkeit. Auf Alice wartet Felix, ein Zeichner mit schönen Augen und einem charmanten Akzent. An Bord trifft sie Gaël wieder, in den sie mal sehr verliebt war, und der immer noch sehr verliebt ist in sie. Zum Geburtstag schenkt die Crew ihr einen Callboy für eine Nacht. Was auf dem Meer passiert, bleibt auf dem Meer, sagen die Seeleute. Aber das stimmt nicht. Wind und Wetter, die Routinen an Bord und die Schönheit eines heruntergekommenen Frachters. Der Wind pfeift in der Bierflasche, das Meer rauscht um den Bug, Regen plattert aufs Vordeck, bei schwerer See klappern die Tassen auf dem Tisch und die Schrauben im Maschinenraum. Und immer und über allem dröhnt die große Maschine, ohrenbetäubend unter Deck, von Ferne im Cockpit. Manchmal pfeift und spuckt sie auch, wie ein alter Drache. Die Filipinos der Crew nennen sie „Demonia“ und halten eine Zeremonie ab, um sie zu besänftigen. Ariane Labed als Alice ist verletzlich und ruppig zugleich. Dass sie seit Jahren als Maschinistin arbeitet, glaubt man ihr keine Minute. Aber das macht nichts, denn ALICE UND DAS MEER ist eine schöne Fantasie, ein Seegedicht über Einsamkeit, Freiheit, Sehnsucht und Sex und Meer, und darüber, wie das alles zusammenhängt. D Hendrike Bake

Start am 22.09.2016 ¢ fsk-Kino am Oranienplatz OMU ¢ Tip jour fixe: Preview in den Hackesche Höfe Kinos am 7.9. um 20 Uhr

Originaltitel: Fidelio, l’odyssée d’Alice D Frankreich 2014 D 97 min D R: Lucie Borleteau D B: Lucie Borleteau, Mathilde Boisseleau D K: Simon Beaufils D S: Guy Lecorne D M: Thomas De Pourquery D D: Ariane Labed, Melvil Poupaud, Anders Danielsen Lie D V: Film Kino Text

Love, freedom, desire and the ocean. Alice is an engineer on a big old cargo ship. Sweet Felix is waiting at home while she comes upon her former lover Gaël on board.

ALICE UND DAS Ein Seegedicht

D 24

D SEPTEMBER 2016


INDIEFEATURE

MEER

SEPTEMBER 2016 D

25 D


INDIEKRITIKEN Deutschland 2016 D 89 min D R: Marcel Kolvenbach, Ayse Kalmaz D K: Marcel Kolvenbach D S: Katharina Schmidt D M: Sinem Altem D V: RealFiction

DÜGÜN – HOCHZEIT AUF TÜRKISCH Brautmoden im Ruhrpott

Duisburg-Marxloh: bekannt als Problemstadtteil mit No-Go-Areas, der durch den industriellen Strukturwandel dem Niedergang geweiht schien, hat sich das Viertel über die letzten zwanzig Jahre zum europäischen Mekka für Brautmoden gemausert. Der Dokumentarfilm DÜGÜN widmet sich der dort angebotenen Ausrichtung von Hochzeiten im türkischen Stil, spricht mit Geschäftsleuten, Brautpaaren und deren Eltern und gewährt so Einblick in einen zentralen Aspekt des türkischen Lebens im deutschen Exil. Zwischen die Beobachtung der Protagonisten und Protagonistinnen werden immer wieder Bilder aus dem Ruhrpott geschnitten, stillliegende Industrieanlagen, vernagelte Wohnhäuser, Abrissstellen. Dabei gelingen sehr poetische kurze Einstellungen, etwa im Gleitflug mit der Drohnenkamera oder wenn sich die Bilder in Spiegelungen zwischen reich bekleideten Schaufensterpuppen, Glitzervorhängen und menschlichen Schatten ins Abstrakte auflösen. Vorherrschend ist jedoch eine verzoomte Amateurkamera – die zur Intimität der Gesprächssituationen passen mag, aber der leise behaupteten enormen Bedeutung der Hochzeitsfeste für den sozialen Zusammenhalt der türkischen Gemeinschaft nicht gerecht wird. Oder doch? Vielleicht ist gerade solch ein „normaler“, alltäglicher Kamerablick dem angemessen, was gezeigt wird: ein Stück harmloses Familien- und Geschäftsleben fernab von Skandalen oder exotisierenden Entdeckungen, das in den Großfeiern mit 600-1000 Gästen seinen Kristallisationspunkt findet. DÜGÜN lässt die Komplexität des Einfachen zutage treten, wenn die Kinder und Kindeskinder der ehemaligen Gastarbeiter ihre Überzeugungen zu Ehe und Liebe darlegen, geprägt vom Leben zwischen den Kulturen und zeigt, wie das Heiraten ein wichtiges Moment der symbolischen Zuspitzung bedeutet, in dem sich für alle Beteiligten Beziehungen und Identitäten klären. D Anna Stemmler

Start am 8.9.2016 ¢ fsk-Kino am Oranienplatz

D 26

OMU

D SEPTEMBER 2016

Duisburg’s Marxloh district has become a European Mecca of bridal wear. DÜGÜN talks to wedding businesses, couples and their parents and takes a look at look at this major ritual in the lives of Turkish immigrants in Germany.

Deutschland 2016 D 94 min D R: Philip Scheffner, Colorado Velcu D B: Philip Scheffner, Colorado Velcu, Merle Kröger D K: Bernd Meiners D S: Philip Scheffner D V: Grandfilm

AND-EK GHES… Nähe zum Subjekt

Gleich mit zwei Filmen war Philip Scheffner in diesem Jahr im Forum der Berlinale vertreten, bzw. mit anderthalb. Denn während er den brillanten HAVARIE allein verantwortete, teilte er sich bei AND-EK GHES… die Regie mit Colorado Velcu. Wer mit Scheffners Oeuvre vertraut ist, wird den Rumänen und seine Familienmitglieder aus REVISION kennen, ein Essayfilm, in dem Scheffner 2012 ein ungeklärtes Verbrechen an der deutsch-polnischen Grenze aus vielen Perspektiven unter die Lupe nahm. Bei den Recherchen kam er auch nach Rumänien, wo die Familie Velcu in ärmlichen Umständen lebte. Inzwischen sind sie nach Berlin übergesiedelt, wo sie von Scheffner beim Versuch unterstützt werden, die oft undurchschaubare deutsche Bürokratie zu meistern – und zu Figuren eines Films wurden, der die offensichtliche Nähe eines Filmemachers zu seinen Subjekten offensiv thematisiert. Schon immer ging es Scheffner bei seinen klugen Filmen auch um das Hinterfragen von Bildern, von scheinbar offensichtlichen Wahrheiten, nicht zuletzt auch um die Reflexion seiner eigenen Rolle als Außenstehender, Beobachtender, der doch auf die eine oder andere Weise auch Einfluss nimmt. In AND-EK GHES… wird diese Meta-Ebene immer wieder angedeutet, werden die Familienmitglieder gezeigt, wie sie über den Film diskutieren, an dem sie teilnehmen, sind mal Scheffner und seine Kamera im Bild, mal der Vater Colorado, seine Frau oder Kinder, die sich filmen und in Pose werfen. Dass manche von ihnen hoffen, als Sänger oder Schauspieler Erfolg zu haben, verstärkt den performativen Charakter des Films, der aber immer wieder auch als ganz klassischer Dokumentarfilm über den schwierigen Versuch funktioniert, in Deutschland Fuß zu fassen. Dass diese erzählerische und filmische Vielfalt nie aufgesetzt wirkt, die Komplexität nie ausgestellt wird, macht AND-EK GHES… erst recht zu einem bemerkenswerten Film. D Michael Meyns

Start am 22.9.2016 ¢ fsk-Kino am Oranienplatz

OMU

While filming REVISION Philip Scheffner met the Romanian Colorado Velcu and his family. By now the Velcus have relocated to Berlin and Scheffner portrays their efforts to gain ground in their new home.

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AB 22. SEPTEMBER IM KINO Großbritannien/USA 2016 D 90 min D R: Mandie Fletcher D B: Jennifer Saunders D K: Chris Goodger D S: Anthony Boys, Gavin Buckley, Billy Sneddon D M: Jake Monaco D D: Jennifer Saunders, Joanna Lumley, Julia Sawalha D V: 20th Century Fox

Dora Bouchoucha, Jean Pierre und Luc Dardenne, Nadim Cheikhrouha präsentieren MAJD MASTOURA · RYM BEN MESSAOUD · SABAH BOUZOUITA

HEDIS HOCHZEIT Ein Film von MOHAMED BEN ATTIA

ABSOLUTELY FABULOUS Serien-Binge-Viewing-Nostalgie-Extravaganza

Der Spielfilm ABSOLUTELY FABULOUS ist ein fröhliches Binge-Viewing-Erlebnis für Fans. Es wurde gar nicht erst groß versucht, das Sitcom-Format in eine besonders sinnvoll zusammenhängende längere Erzählung zu gießen. Die verkrachte PR-Agentin Edina „Eddy“ Monsoon (Jennifer Saunders) und Fashion-Magazin-Editorin Patsy „Pats“ Stone (Joanna Lumley) haben Geldsorgen. Eddys PR-Portfolio ist erbärmlich, ihre Memoiren will keiner haben und der Ex braucht sein Geld für eine Transgender-OP. Dann geht ein Versuch, Kate Moss als Kundin zu akquirieren katastrophal schief und unsere beiden Heldinnen fliehen an die Côte d’Azur. Ebenso wie in der englischen Original-Serie, die von 1992 bis 1996 im BBC lief und in den Nullerjahren zweimal wiederbelebt wurde, ist die Hauptattraktion des Films die bedröhnte Nonchalance, mit der Eddy und Patsy eisern an ihrem 80-Jahre-Jet-Set-Lebensstil festhalten und als inzwischen etwas schäbige, aber immer noch glorreiche, voll aufgetakelte Fregatten durch die Welt der Reichen und Schönen segeln. Wenn die Drogen gerade aus sind und kein Geld zur Hand ist, trinkt Patsy eben ihr Chanel No. 5 oder zieht Zigarettenasche durch. Und wehe einer guckt schief. Jennifer Saunders schmissige Dialoge, zündende Oneliner (Billig-Airline-Stewardess über Patsy: „I hate it that you have to be nice to transgenders now“), reichlich Slapstick und Joanna Lumleys hochgezogene Augenbrauen sind das Herz von ABSOLUTELY FABULOUS. Um die Eddy-und-Patsy-Show drapieren sich der überwiegend originale supporting cast – auch Eddys PA Bubbles (Jane Horrocks) und ihre spießige Tochter Saffron (Julia Sawalha) sind wieder dabei – und zahlreiche real existierende Stars und Sternchen von Stella McCartney über Jon Hamm bis zu Jean-Paul Gaultier. Auch sie wirken übrigens etwas angeschlagen, so als könnten sie in Eddys Lamento einstimmen: „All I ever wanted was to not be fat and old and keep the party going“. D Hendrike Bake

Start am 8.9.2016 ¢ filmkunst66 ¢ Hackesche Höfe Kino ¢ Xenon Kino OMU DF

OMU

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The film ABSOLUTELY FABULOUS is a cheery binge viewing experience for fans. Like the original BBC series, the film’s main attraction is the intoxicated nonchalance in which Eddy and Patsy gallivant in the world of the rich and beautiful.

www.arsenalfilm.de

FRANÇOIS CLUZET

MARIANNE DENICOURT

DER LANDARZT VON CHAUSSY EIN FILM VON THOMAS LILTI

lg De r Se ns ati on se rfo t mi ch rei nk au s Fra FR EU ND EZIE ML ICH BE ST E Clu ze t ois nç St ar Fra

»Eine starke und berührende Geschichte aus dem Herzen der französischen Provinz.« C OS MOPOL ITAN

www.DER LANDARZT VON CHAUSSY.de

AB 8. SEPTEMBER IM K INO


INDIEKRITIKEN Originaltitel: Médecin De Campagne D Frankreich 2016 D 102 min D R: Thomas Lilti D B: Thomas Lilti, Baya Kasmi D K: Nicolas Gaurin D S: Christel Dewynter D M: Alexandre Lier D D: François Cluzet, Marianne Denicourt, Isabelle Sadoyan D V: Alamode Film

DER LANDARZT VON CHAUSSY Seelsorger und kleiner König

Deutschland 2016 D 84 min D R: Serpil Turhan D B: Serpil Turhan, Eva Hartmann D K: Serpil Turhan D S: Eva Hartmann D D: Rudolf Thome D V: Peripher Filmverleih

RUDOLF THOME – ÜBERALL BLUMEN Lieben was man macht

Jean-Pierre (François Cluzet) ist ein ziemlich eigensinniger Brocken. Als Landarzt in der Provinz ist er es gewöhnt, der kleine König zu sein und seinen Willen zu bekommen. Als sein Freund und Kollege Michel einen Tumor bei ihm feststellt und ihm rät, kürzer zu treten, will er weder die Chemo angehen, noch will er eine Assistentin einstellen. Michel schickt sie ihm trotzdem vorbei. Nathalie (Marianne Denicourt) ist motiviert, zupackend und auch sympathisch, aber Jean-Pierre lässt sie dennoch erstmal gegen die Wand laufen und beobachtet ein bisschen gehässig, wie sie sich in der Auseinandersetzung mit seinen mürrischsten Patienten, seiner Mutter und den Hofgänsen behauptet. Als sich Nathalie weder von Jean-Pierres ruppiger Art, noch den Patienten oder dem Wetter entmutigen lässt, verbessert sich die Stimmung langsam und eine vorsichtig erzählte Liebesgeschichte nimmt ihren Anfang. DER LANDARZT zeichnet sich vor allem durch stimmige Details und einen warmherzigen Naturalismus aus, der sich wirklich für das Leben in der Provinz interessiert. Die Landschaft ist hier mehr landwirtschaftlich als pittoresk und das Wetter lädt auch nicht direkt zum urlauben ein. Zeit dafür wäre ohnehin nicht. Es fehlt an Nachwuchs, die ansässigen Ärzte und Pfleger arbeiten oft am Rand der Erschöpfung. Stundenlang sitzen die Patienten im überfüllten Wartezimmer und brauchen am Ende vor allem jemanden, der zuhört. Der Arzt ist Mediziner, Seelsorger, Sterbebegleiter. Aber er ist auch ein kleiner Patriarch, das Zentrum jeden Dorffestes, im Ansehen direkt nach dem Bürgermeister. Regisseur Thomas Lilti weiß wovon er spricht: bevor er aufs Filmemachen umsattelte, war er selbst praktizierender Arzt, der in seinen ersten Berufsjahren auch als Vertretungsarzt für Landärzte eingesprungen ist und von ihrem Engagement tief beeindruckt war. D Toni Ohms

Start am 8.9.2016 ¢ b-ware!ladenkino September ¢ Union Filmtheater

D 28

DF OMU

ab Mitte

DF

D SEPTEMBER 2016

Jean-Pierre is a country doctor in rural France. When he is diagnosed with cancer he refuses treatment and the offer of an assisstant. When his colleagues sent him Nathalie anyway, he behaves horridly towards her until he realizes that she is actually nice.

„Geliebt zu werden für das, was man macht, ist schon ein tolles Gefühl“, sagt Rudolf Thome vor der Kamera Serpil Turhans, die ihm in diesem ungewöhnlichen Künstlerporträt neugierig aber bestimmt durch das Anwesen seines Bauernhofs in Brandenburg folgt. Turhan, die, bevor sie selbst begann Filme zu machen, für Thomas Arslan und danach für Thome vor der Kamera stand, guckt mit großer Sensibilität und souveräner Unaufgeregtheit auf einen Mann, der sich zurückgezogen hat. Freiwillig, im Alter, von der Stadt zurück aufs Land, wo zahlreiche seiner Filme ihren Schauplatz gefunden haben. Unfreiwillig, weil Rudolf Thome, ähnlich wie Michael Klier oder Roland Klick, diese wichtige Liebe, die es braucht um weiterzumachen, seit längerem nicht mehr erfährt. Die eigenwilligen, von einer französischen Leichtigkeit geprägten Filme, die er seit seinem Debüt DETEKTIVE 1968 der deutschen Filmlandschaft schenkte, haben es immer schwerer, gefördert zu werden. Serpil Turhan begleitet Thome nun beim letzten Versuch, den Film ÜBERALL BLUMEN finanziert zu bekommen. Das Alltägliche trifft dabei immer wieder auf das Berufliche, wenn wir den Filmemacher beim Skypen mit seiner Tochter, beim Betrachten alter Filme, beim Säubern seines Teiches oder im Scheunenarchiv seines eigenen Oeuvres sehen. Manchmal hören wir im Off Tagebucheinträge, oftmals beobachten wir Thome im Leben so, wie er in seinem beinah 30 Spielfilmen seine Figuren beobachtete. Besonders reizvoll sind dabei die Szenen, in denen sich der Regisseur der Inszenierung Turhans zu verweigern versucht und – ein bisschen kokett – mit seiner Rolle als Protagonist zu hadern scheint. Serpil Turhans Film zeichnet sich durch eine wunderbare Ruhe und Konzentration aus, wahrt dabei gleichzeitig Distanz, und lässt doch auch immer wieder ein tolles Gefühl durchscheinen: Liebe für das was man macht. D Toby Ashraf

Start am 15.9.2016 ¢ fsk-Kino am Oranienplatz OMU , am 16.9. Filmgespräch mit Serpil Turhan ¢ Hackesche Höfe Kino OMU , am 17.9. Filmgespräch mit Serpil Turhan Begleitend zum Filmstart zeigt das fsk Kino vom 15. bis 21.9. 3 Klassiker von Rudolf Thome (siehe auch S. 45): Rote Sonne/Detektive/Berlin Chamissoplatz.

Rudolf Thome has made some of the breeziest German films in his rural home in Brandenburg. Serpil Turhan, who has acted in several of Thome’s films, portrays the writer/director in his attempts to finance his feature ÜBERALL BLUMEN (FLOWERS EVERYWHERE).

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INDIEKRITIKEN

RAVING IRAN

Schweiz 2016 D 90 min D R: Susanne Regina Meures D B: Susanne Regina Meures D K: Gabriel Lobos, Susanne Regina Meures D S: Rebecca Trösch D M: Ghazal Shakeri D V: Rise and Shine Cinema

Im Teheraner Underground

RAVING IRAN zeigt, mit oft wegen der allgegenwärtigen Gefahr auf dem Smartphone aufgenommenen Bildern, den House-Underground in Teheran und die permanente Angst vor der Polizei nicht nur bei den beiden DJs Arash und Anoosh, die gemeinsam eine sehr relaxte Version von Deep House machen und illegale Raves organisieren, sondern auch bei Ravern, Druckern, Restaurantbetreibern, Instrumenten- und Buchhändlern. Zugleich zeigt RAVING IRAN den wahnsinnigen Mut im iranischen Underground. Immer wieder sieht Anoosh aus dem Fenster ihres kleinen Homestudios, und immer stehen Männer vor der Tür. Einmal hat die Polizei ihn fast totgeprügelt, als sie ihn auf einem Rave verhaftet haben, erzählt er seinem Freund. Eine Narbe auf seiner Stirn zeugt davon. Aber irgendwer kennt immer irgendwen, der sich traut, einen Schritt weiter über die Vorschriften hinaus zu gehen, jemanden, der einen neuen Kniff gefunden hat, wie sich die Fassade der Angepasstheit an das religionsfaschistische System aufrecht erhalten lässt, während in Wirklichkeit etwas ganz anderes läuft. Die Lüge ist das Prinzip des Systems, sagt ein CD-Verkäufer, die Regierung ist geil drauf, belogen zu werden. Tatsächlich ist überall ein gewisser Grad an Mogelei zu sehen: Im islamischen Kulturministerium hat die Entscheiderin das Kopftuch bis weit über die Haarlinie zurück geschoben und lächelt wissend, wenn sie sagt: „Alle wollen Frauen als Sängerinnen“, um dann den Antrag von Arash und Anoosh für Auftritte mit einer Frontfrau abzulehnen. Erlaubt wird nur „traditionelle“ Musik, Frauen nur in „traditioneller“

Start am 29.9.2016 ¢ b-ware!ladenkino OMU OMEU ¢ City Kino Wedding OMU ¢ Filmrauschpalast OMU ¢ Union Filmtheater OMU

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Arash and Anoosh are Deep-HouseDJ’s in Teheran organizing raves in remote desert locations. Back in Teheran, they struggle with absurd prohibitions and regulations, until they get a call from Zurich.

Vollbekleidung und nur im Hintergrund. In privaten Betrieben sind die Kopftücher noch weiter zurückgezogen, auf der Straße in Teherans hippem Restaurantbezirk hängen sie fast im Nacken, die langen blonden Haare hängen selbstverständlich über der Kleidung. Das System ist eine läppische Inszenierung, gegen die sich zu wehren lebensgefährlich ist. In RAVING IRAN sind die Gesichter auf den Raves, außer denen von Arash und Anoosh, unkenntlich gemacht. Der Aufwand für einen illegalen Rave ist immens. Höchstens 40 Leute fahren zu einem horrenden Preis die ganze Nacht, den ganzen Tag lang durch die Wüste, um irgendwann so weit im Nichts zu sein, dass sie auch kein Kamelhirte mehr hören kann – wie beim letzten Mal, als sie verpfiffen wurden. Irgendwann scheint nichts mehr zu gehen, Arash wird bei einer Razzia verhaftet und kommt ins Gefängnis, wo er mit 50 Leuten in einer Zelle eingepfercht sitzt, bis seine Eltern ihn wieder herausholen. Gelegentlich erinnern die Begeisterung von Arash und Anoosh und ihre Sehnsucht, der Unterdrückung zu entkommen, an den Underground in der DDR. Etwa wenn sie im Internet nach Events und Clubs suchen, an die sie ihre selbstgebastelte CD schicken können. Ihr Enthusiasmus zahlt sich aus, als sie eine Einladung zur Street Parade nach Zürich erhalten, und es ihnen sogar gelingt, ein Visum zu bekommen. Sie recherchieren sofort die Asylmöglichkeiten in der Schweiz und lesen von Fremdenfeindlichkeit. Aus der Schweiz ruft Anoosh seine Mutter an, die sagt: „Bleibt da. Wir wollen nicht, dass ihr zurückkommt. Ich hätte auch gehen sollen, und jetzt sitze ich mit 40 Jahren hier“. Aber Arash hat schon nach zwei Tagen Heimweh… Susanne Regine Meures hat einen Dokumentarfilm gedreht, dessen Plot wie ein Thriller funktioniert, mit großartigem Sound und fantastischen Bildern, die immer wieder auch auf das verweisen, was nicht gezeigt werden kann. Eine weniger sentimentale und dringlichere Doku über Leute, die darüber nachdenken, sich um Asyl in Europa zu bewerben, habe ich noch nicht gesehen. Einen besseren Film über House auch nicht. D Tom Dorow SEPTEMBER 2016 D

29 D


INDIEKRITIKEN Originaltitel: Un peu, beaucoup, aveuglément D Frankreich 2014 D 91 min D R: Clovis Cornillac D B: Lilou Fogli, Clovis Cornillac D K: Thierry Pouget D S: Jean-François Elie D M: Guillaume Roussel D D: Clovis Cornillac, Mélanie Bernier, Lilou Fogli D V: Pandastorm Pictures

MIT DEM HERZ DURCH DIE WAND

Deutschland/Mali 2016 D 90 min D R: Lutz Gregor D K: Axel Schneppat D S: Markus Schmidt, Michelle Barbin D V: Real Fiction

MALI BLUES

Mit Musik gegen Bürgerkrieg und Islamismus

Beziehung in Ausschnitten

UN PEU, BEAUCOUP, AVEUGLÉMENT! heißt Clovis Cornillacs romantische Komödie im Original, was so viel wie „Ein wenig, viel, blindlings!“ bedeutet. Viel treffender ist da ausnahmsweise der deutsche Titel, denn es ist tatsächliche eine Wand, die die Herzen der Liebenden trennt. Dass die ca. 30-jährige, reichlich spießig wirkende Pianistin (Mélanie Bernier) und ihr Nachbar, der wohlhabende, schrullige Erfinder (Cornillac selbst) zusammen finden werden, steht außer Frage, gerade weil sie sich zu Beginn nicht ausstehen können. Die namenlosen Figuren hausen, nur durch eine Schallschutzwand getrennt, quasi im selben Apartment, wo sie sich endlich von ihrem Klavierlehrer emanzipieren will und er nur seine Ruhe haben will. Anfangs versucht man noch, sich gegenseitig aus der Wohnung zu vertreiben, doch dann schließt man Frieden und stellt fest, dass man sich recht sympathisch ist. Eine Art Beziehung entsteht, eine sehr moderne wenn man so will, denn man sieht sich nicht, kommuniziert nur durch die Wand, nimmt „gemeinsam“ Mahlzeiten ein, bei denen auf jeder Seite dasselbe gekocht wird, allerdings in sehr unterschiedlicher Qualität. Das ist eine schöne Metapher für modernes, virtuelles Kennenlernen, für jegliche Form des Online-Datings, bei dem man keine vollständigen Menschen trifft, sondern nur Ausschnitte einer anderen Person. Voller Missverständnisse kann dieses Kennenlernen sein, voller Illusionen, bewusster oder unbewusster Täuschungen und böser Überraschungen. Doch so skeptisch wird diese immer wieder klamaukige, oft aber auch prägnante romantische Komödie nie. Hier erweist sich die Pianistin als erotische Offenbarung und auch der Erfinder ist ein schmucker Kerl. Das ist sehr französisch, betont leicht, aber durch seine treffende erzählerische Metapher auch ein ganzes Stück cleverer als die typische romantische Komödie nach Schema F. D Michael Meyns

Start am 29.9.2016 ¢ Union Filmtheater

D 30

DF

D SEPTEMBER 2016

A 30 year old square pianist and her neighbor, a wealthy, eccentric inventor live in what amounts to basically the same apartment, divided by a soundproof wall. The bitter enemies slowly develop a relationship – without ever meeting each other.

Die Wiege des Blues ist Mali zwar nicht, doch der doppeldeutige Titel, den Lutz Gregor seinem Film gibt, war wohl zu verführerisch. Denn seit Jahren beherrscht Verzweiflung das riesige westafrikanische Land, wird gut die Hälfte der Staatsfläche von Islamisten kontrolliert, darunter auch die legendäre Wüstenstadt Timbuktu. Dort, am Rand der Sahara, fand jahrelang das „Festival au Désert“ statt, bei dem Vertreter der unterschiedlichsten Volksgruppen Malis zusammenkamen und mit Musik gegen die immer wieder aufflammenden Bürgerkriege kämpften. Nun haben die Islamisten weltliche Musik komplett verboten, doch in der weit entfernten Hauptstadt Bamako wollen das diverse Musiker nicht einfach so hinnehmen. Bassekou Kouyaté etwa, ein Griot, der sein traditionelles Saiteninstrument Ngoni elektrifiziert hat und damit einen ganz eigenen Sound kreiert. Oder der Rapper Master Soumy, selbst ein Muslim, der vehement gegen den Missbrauch seiner Religion ansingt. Aus Timbuktu geflohen ist der Tuareg Ahmed Ag Kaedi, der ebenso elektrische Gitarre spielt wie die bislang vor allem im Ausland bekannte Fatoumata Diawara, die nach Jahren des Exils in ihre Heimat zurückgekehrt ist. Sie alle beobachtet Gregor in seinem lose strukturierten Film, der nicht so sehr die Hintergründe des aktuellen Konflikts, die Probleme Malis oder die Geschichte seiner Musik thematisiert, sondern vor allem als Stimmungsbild funktioniert. Auf den Straßen und Märkten Bamakos hat Gregor gefilmt, in den Clubs der Metropole, aber auch auf dem Land und immer wieder am Niger, der Lebensader des Landes. An dessen Ufer findet nun ein neues Festival statt, nicht mehr in der Wüste also, aber mit denselben Intentionen: mit Hilfe der Musik, den vielfältigen Traditionen, gemischt mit modernen Einflüssen und Stilrichtungen, die unterschiedlichen Volksgruppen Malis zusammenzubringen und dem Diktat der Islamisten die Stirn zu bieten. D Michael Meyns

Start am 29.9.2016 ¢ b-ware!ladenkino OMU ¢ Brotfabrik Kino OMU ¢ Eva Lichtspiele OMU , Matineen und Einzelvorstellungen ¢ filmkunst66 OMU ¢ fsk-Kino am Oranienplatz OMU

More than half of Mali’s territory is controlled by Islamists. Where once the “Festival au Désert” took place is where secular music is now completely forbidden. Various musicians in the faraway capital Bamako refuse to just accept that.

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INDIEKRITIKEN Originaltitel: Inhebbek Hedi D Tunesien/Belgien/Frankreich 2016 D 88 min D R: Mohamed Ben Attia D B: Mohamed Ben Attia D K: Frédéric Noirhomme D D: Majd Mastoura, Rym Ben Messaoud, Sabah Bouzouita D V: Arsenal Filmverleih

HEDIS HOCHZEIT Ein Mann schaufelt sich frei

Frankreich 2014 D 76 min D R: Paul Lacoste D B: Paul Lacoste D K: Yvan Quéhec D M: Olivier Cussac D V: Film Kino Text

VON TRAUBEN UND MENSCHEN Saisonarbeit

Im ersten Bild von HEDIS HOCHZEIT bindet der Protagonist Hedi (Majd Mastoura) seinen Schlips, um zu seiner ungeliebten Arbeit zu gehen. Den schnöden Vertreterjob bei Peugeot hat ihm seine Mutter (Sabah Bouzouita) besorgt, genauso wie die hübsche junge Frau, die Hedi bald heiraten soll. Der 25-jährige Sohn lässt es stoisch über sich ergehen. Zwar versteht er sich gut mit der angedachten Braut, die er nachts heimlich zum Reden im Auto trifft, doch tatsächlich würde er lieber selbst über sein Leben bestimmen. Da wären etwa seine Comicstrips, die er gern veröffentlichen will. Als Hedis älterer Bruder für die Vermählung von Frankreich in die alte Heimat reist, läuft das Fass über. Die Mutter lobt den Bruder in den Himmel, blickt mit Sorge auf den passiven Hedi und macht keinen Hehl daraus, dass sie ihm nichts zutraut. Hedi seinerseits nutzt eine Dienstreise in den Touristenort Mahdia, um sich abzuseilen. Er trifft die Tänzerin Rim (Rym Ben Massaoud), verliebt sich, verbringt eine schöne Zeit – und erteilt den Zwängen eine Abfuhr. Es entbehrt nicht einer gewissen Ironie, dass in dieser Geschichte ein Mann im Zentrum steht, der in die Konventionen seines eigentlich ja patriarchalisch organisierten Landes eingeschnürt ist. Frauen, allen voran die erdrückende Mutter, bestimmen sein Leben. Zaudernd schaufelt sich der introvertierte Hedi frei, und führt den arabischen Frühling, der hier im Hintergrund wabert, im Privaten fort. So zerrissen wie den schwankenden Hedi zeichnet Mohamed Ben Attia auch Tunesien selbst. Tradition und Moderne schnüren sich gegenseitig ab. So ist die tunesisch-belgisch-französische Koproduktion bei aller Alltäglichkeit ziemlich politisch. Auf der Berlinale gab es Silberne Bären für den besten Erstlingsfilm und den besten Hauptdarsteller, der das stille Drama trägt und der Zwangslage des Titelhelden ein markantes Gesicht gibt. D Christian Horn

Start am 22.9.2016 ¢ b-ware!ladenkino ¢ fsk-Kino am Oranienplatz ¢ Eiszeit Kino OMU OMU

OMU

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25-year-old Hedi would like to break out of his life that is run by his overbearing mum. She organized his boring job and has a bride already lined up. The Tunisian entry in the Berlinale competition 2016 proves that emancipation is not just for women.

Bis vor einigen Jahren wurde die Traubenernte im Gaillac, einer kleinen Weinregion östlich von Toulouse, vor allem von polnischen und rumänischen Wanderarbeitern erledigt. Inzwischen machen Franzosen wieder die Arbeit. Regisseur Paul Lacoste und sein Team begleiten eine Gruppe von Saisonarbeitern vom Beginn der Ernte Mitte September bis zum letzten Schnitt zwei Monate später. VON TRAUBEN UND MENSCHEN ist ein Film geworden, der sich offenbar sehr unterschiedlich verstehen lässt. Beim Dokfest Leipzig, wo der Film den Preis für den besten Dokumentarfilm zum Thema Arbeit gewann, sah die Jury den Film als eine Feier der naturnahen Arbeit: „Abends fährt man müde und verdreckt nach Hause, man spürt was man getan hat. Und natürlich wird auch zusammen gekocht, gegessen, getrunken und gefeiert. Diese Arbeit unterstützt das Leben. Sie gibt Würde und hat eine Jahreszeit.“ Auch von „Gemeinschaft“ ist in der Jurybegründung die Rede. Die Erntehelfer selbst sehen ihre Arbeit anders. Zwar fühlt sich eine Frau mittleren Alters, die von ihrer Firma entlassen worden war, nach längerer Arbeitslosigkeit endlich wieder nützlich, aber ihre Kollegen finden weder ihren Lebenssinn, noch Romantik oder Gemeinschaft in der Arbeit. VON TRAUBEN UND MENSCHEN ist ein Film in mittlerer Distanz geworden, der sehr unterschiedliche Lebensentwürfe der Erntearbeiter erahnen lässt: eine Studentin, die am liebsten allein ist, Leute, die zur Saisonarbeit gezwungen sind, weil ihre Fabriken schlossen, ein junges Paar, dass den studentischen Zeitarbeitsstil nachahmt, aber dafür einen minimalistischen Lebensstil in Kauf nehmen muss. Ein einfacher Film, der anhand von Arbeitsprozessen auf komplexe Verhältnisse hinweist und bei dem die Arbeit vor allem Wein und Geld stiftet, den Mythos von Lebenssinn in der „naturnahen“ Feldarbeit aber eher dekonstruiert. D Hannes Stein

Start am 1.9.2016 ¢ Eiszeit Kino

OMU

ab 8.9.

Paul Lacostes documentary follows a group of seasonal workers during the harvest in a vineyard in the Gaillac, southeast of Toulouse. Lacoste shows a diverse group, constantly fluctuating, with very different motivations for working there.

SEPTEMBER 2016 D

31 D


INDIEKRITIKEN

MAHANA – EINE MAORI-SAGA

Originaltitel: Mahana D Neuseeland 2016 D 104 min D R: Lee Tamahori D B: John Collee D K: Ginny Loane D S: Michael Horton, Jonathan Woodford-Robinson D M: Mahuia B ridgman-Cooper, Tama Waipara D D: Temuera Morrison, Akuhata Keefe, Nancy Brunning D V: Prokino Filmverleih

Klassisches Familienepos

Das neuseeländische Maori-Familienepos MAHANA von Lee Tamahori (DIE LETZTE KRIEGERIN) spielt in den 60er Jahren. Die imposanteste Figur des Films, der man gleich zu Beginn in ihrer vollen autoritären Größe begegnet ist der Familienpatriarch, Großvater Tamahani Mahana. In Festtagsmontur steht er mit seiner Frau Ramona auf der Veranda des Familiensitzes und kontrolliert seine Taschenuhr, während sich zeitgleich Kinder und Enkel hektisch in Autos stapeln, um nur nicht zu spät zu kommen. Als sie dann vorgefahren und in Reih‘ und Glied angetreten sind, sind die ersten Worte des Familienoberhaupts: „Ihr seid zu spät!“. Nur der 14-jährige Simeon wagt zu widersprechen „Nur eine Minute“, wofür er von allen Seiten zur Ordnung gerufen wird. Die Mahanas sind eine Schafscherer-Dynastie. In seiner Jugend hat Großvater Tamahani ihr Imperium aufgebaut, sich die Schurrechte beim größten Farmer der Gegend gesichert, Land erworben und darauf Häuser für seine Kinder, Nichten, Neffen und Enkel errichtet. Die Zugehörigkeit zum Mahana-Clan bedeutet Absicherung und relativen Wohlstand, kommt aber auch mit einer alten Fehde. Die Erzfeinde der Mahanas sind von je her die Poatas, ebenfalls Schafscherer. Mahanas und Poatas buhlen um die gleichen Schurrechte und treten jährlich beim Schafschur-Wettbewerb gegeneinander an. Aber das allein reicht nicht, um den abgrundtiefen Hass zu erklären, der zwischen den Familien herrscht, oder die Vehemenz, mit der Tamahani Simeon verbietet, mit einem Poata-Mädchen anzubandeln. Während die übrige Familie vor Tamahani kuscht – die Älteren, weil sie um die Verdienste des Patriarchen wissen, die jüngeren, weil sie Angst vor dem Verlust der Sicherheit haben – begehrt Simeon, der sich deutlich erwachsener fühlt, als er ist, immer wieder auf. Es sind eigentlich Kleinigkeiten wie gemurmelte Widerworte beim Mittagstisch, aber schließlich eskaliert eine Diskussion über das weiße „Pakeha“-Kino im Ort und Tamahani verbannt nicht nur Simeon, sondern seine ganze Familie aus seiner Obhut. Die Verbannung ist als vernichtender Schlag gedacht, als Exempel für die anderen Familienmitglieder, und vermutlich wartet D 32

D SEPTEMBER 2016

Tamahani nur darauf, um Vergebung angebettelt zu werden. Das Gegenteil tritt ein. Die Befreiung aus dem patriarchalen Regime ist der Anfang einer Emanzipation. Die Szenen, in denen sich die Familie in ihrer neuen Baracke einrichtet, gehören zu den schönsten des Films. Gemeinsam flicken sie das Dach. Gemeinsam verdingen sie sich als Landarbeiter und roden für einen Hungerlohn Buschland. Trotz Sorgen spürt man, wie sie freier atmen. Beim nächsten Schur-Wettbewerb treten sie nicht nur gegen die Poatas, sondern auch gegen das Team „Mahana 1“ an. Es ist der Anfang einer Zeitenwende, in der die Machtverhältnisse nicht nur innerhalb der Mahana-Familie neu strukturiert werden und sogar Versöhnung möglich scheint. Bevor es allerdings soweit ist, bedarf es noch eines klaren Blickes auf die Vergangenheit. Respekt muss gezollt werden und alte, schmerzhafte Geheimnisse müssen ans Tageslicht, aber dann ist der Weg frei, für eine Gesellschaft, in der alle mehr zu sagen haben. Das Vorbild für MAHANA lieferte die Familiensaga BULIBASHA: KING OF THE GYPSIES von Witi Ihimaera, der auch das Buch zu WHALE RIDER schrieb. Lee Tamahori hat sie als klassisches Familienepos verfilmt, das auf einem so langen Atem so gemächlich dahin gleitet, dass das Ende dann fast überraschend kommt. Die leuchtenden Bilder feiern die Landschaft, die Arbeit, mit der sich die Großelterngeneration ihren Platz in der Gesellschaft erkämpfte – schön viel Zeit nimmt sich Tamahori zum Beispiel für den Schafschur-Wettbewerb – und den Zusammenhalt der Maori-Familien. Selbst in den härtesten Konflikten, die Simeon und Tamahani miteinander austragen ist dieser Zusammenhalt noch spürbar. D Hendrike Bake

Start am 1.9.2016 ¢ Acud Kino DF ab Mitte September ¢ b-ware!ladenkino DF OMU ab Mitte September ¢ Eva Lichtspiele DF ¢ filmkunst66 DF ¢ Union Filmtheater DF ab 8.9.

New Zealand in the 1960s. Tamahani Mahana, patriarch of the Mahana Family, rules his clan with an iron fistOnly 14-year-old Simeon dares to rebel and even question the feud with the Poata family.

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INDIEKRITIKEN USA 2015 D 102 min D R: Rick Alverson D B: Rick Alverson, Tim Heidecker, Gregg Turkington D K: Lorenzo Hagerman D S: Rick Alverson, Michael Taylor D M: Robert Donne D D: Gregg Turkington, Tye Sheridan, John C. Reilly D V: Drop-Out Cinema

ENTERTAINMENT Warten auf Godot in Beige

Deutschland 2016 D 91 min D R: Reinhard Günzler D B: Reinhard Günzler D K: Frank Sthamer D S: Sebastian Pehl D M: Eike Hosenfeld D D: Laura Palacios D V: GMfilms

KOMMEN RÜHRGERÄTE IN DEN HIMMEL? Fragen an die Warenwelt

Die Tonlage von ENTERTAINMENT lässt sich schon allein daran ablesen, dass Real-Life-Droopy-Äquivalent John C. Reilly hier den erfolgreichsten und lebensfrohesten Charakter des ganzen Filmes darstellt. Als Cousin des namenlosen Komikers (Gregg Turkington), dessen Roadtrip der Film begleitet, versucht er, seinen Vetter aufzubauen und in seiner Karriere zu unterstützen. „Where is this leading to?“, fragt er ihn. Aber die Antwort kommt nicht. Der Komiker reist mehr oder weniger ständig durch die Wüste, von einem schlecht besuchten Auftritt zum nächsten. Zwischendurch besichtigt er verlassene Westernstädte und Flugzeugfriedhöfe, oder er wandert einfach ziellos durch sein schäbiges Hotel. Manchmal trifft er da auch Leute, aber groß zum Reden kommt man nicht. Nur seiner Tochter spricht er regelmäßig auf den AB. Aber die ruft auch nicht zurück. Um sich auszudrücken geht der Mann in Beige eher auf die Bühne, wo er mit schmieriger Halbglatzenverdeckungsfrisur und mehreren Drinks im Arm schlechte Wortwitze reißt und sein Publikum beleidigt. Sein schrill genäseltes „Whyyyyyy?“ beginnt als nerviger Bühnentick, aber mit der Zeit wird es mehr und mehr zum Hilfeschrei auf seiner Fahrt nach Gottweißwo. Wo Harold Lloyd aus dem ausdruckslosen Ertragen aller Schicksalsschläge Humor zog, zeigt Regisseur Rick Alverson den absoluten Abgrund, der sich durch die Clownsmaske frisst. Nach den normalen Regeln des Humors sollten die Auftritte von Turkingtons Anti-Komiker (der mit dieser Nummer ganz real und erfolgreich tourt) niemanden amüsieren, aber andererseits kann man wohl auch lachen, um nicht vollends der Verzweiflung zu verfallen. Wie in einer Mumblecore-Version von WARTEN AUF GODOT weiß man nicht, warum man sich diesen Film noch antut, kann dann aber doch nicht gehen. Es kann aber sein, dass man hinterher einen Whisky braucht. Oder zwischendurch. D Christian Klose

Start am 15.9.2016 ¢ b-ware!ladenkino ¢ Brotfabrik Kino OMU ¢ Filmrauschpalast OMU ¢ Sputnik Kino OMU in Kombi mit THE COMEDY OMU

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A roadtrip – through the desert, into despair. Loosely based on Gregg Turkington’s “Neil Hamburger“ character, it is funny in the same way that ERASERHEAD is heartwarming.

Knapp fünfzig Jahre nach Philip K. Dicks essentieller Frage, ob denn Androiden wohl von elektrischen Schafen träumten, widmet sich Filmemacher Reinhard Günzler in seinem Dokumentarfilm einer ähnlichen Fragestellung. Ein Haushaltsgegenstand steht am Anfang: ein billiges Rührgerät, das schon beim ersten Einsatz den Geist aufgibt. Reparatur unmöglich, die ist in der heutigen Konsum- und Warenwelt nicht vorgesehen. Die Design-Studentin Carmen findet stattdessen auf einem Flohmarkt das „RG 28“, einen orangenfarbenen Rührgeräte-Klassiker, der bis 1993 im VEB in Suhl produziert wurde. Die Erinnerungen an den Gegenstand mit einer Lebensdauer von bis zu vier Jahrzehnten verbindet Generationen von Ost-Haushalten. Carmen besucht das ehemalige Werk, spricht mit Mitarbeitern und Konstrukteuren über ihre Identifikation mit dem Produkt und über die neue und alte Warenwelt, die unterschiedlicher nicht sein könnten. Doch inwieweit hat eine solche Zäsur auch Auswirkungen auf die Dinge an sich, die wir täglich nutzen? Haben die Bedingungen ihrer Herstellung tatsächlich einen direkten Effekt auf den Wert und den Respekt, den wir ihnen gegenüberbringen? Die Toaster und DVD-Player, die Föhns und Radiowecker, die sich Woche für Woche in den Hausmüll-Tonnen stapeln, scheinen diese Fragen zu beantworten. Carmen trifft Ökonomen, Designer, Historiker und Psychologen, um das Spannungsverhältnis zwischen Schöpfer und Geschaffenem im Wandel der Menschheitsgeschichte zu entschlüsseln. Während unsere Urahnen die Dinge, die ihrer Identitätsstiftung dienten, mit in ihre letzte Ruhestätte nahmen, sind heute Müllhalden zu Elektroschrott-Massengräbern geworden. Günzlers komische und poetische Betrachtung des komplexen Themas Nachhaltigkeit, schafft es, die Fragen einleuchtend herunterzubrechen – auf die Gestalt eines handlichen, orange-leuchtenden Rührgeräts. D Jens Mayer

Start am 29.9.2016 ¢ filmkunst66

The starting point of Reinhard Güntzel’s at turns comic, philosophical and poetic exploration of sustainability in commodity production is the “RG 28”, an orange coloured mixer that was produced in the GDR and lasted for decades.

SEPTEMBER 2016 D

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INDIEKRITIKEN

BEN HUR

THE LIGHT BETWEEN OCEANS

Der September beschert uns nicht nur ein völlig überflüssiges Remake von DIE GLORREICHEN SIEBEN sondern auch eine 3-D-Neuauflage des Sandalen-Jesus-Film-Klassikers BEN HUR, die sich an der Version von 1959 mit Charlton Heston orientiert. Der jüdische Prinz Judah Ben-Hur und der römische Messala sind Adoptivbrüder und Freunde. Doch dann geht Messala zur Armee, kommt als überzeugter Anhänger des Regimes zurück, bezichtigt Judah des Verrats und macht ihn zum Galeerensklaven, und das epische Drama um Rache und Vergebung – inklusive Wagenrennen – nimmt seinen Lauf.

Die Story von THE LIGHT liest sich vielversprechend wie ein ultrafettes, unironisches Melodrama der alten Schule. Leuchtturmwärter Tom (Michael Fassbender) und Isabel (Alicia Vikander), die Tochter des Lehrers, wären ein vollkommen glückliches Paar, wäre da nicht die Kinderlosigkeit. Eines Tages wird nach einem Sturm ein Baby angeschwemmt, für Isabel ist es eine göttliche Fügung und sie behalten das Kind. Dann treffen sie auf eine verzweifelte Frau, die die Mutter sein könnte … Fassbender und Vikander sind jetzt übrigens auch in der Wirklichkeit ein Paar.

Start am 1.9.2016 ¢ b-ware!ladenkino DF OV 3D ¢ Union Filmtheater DF 3D + 2D

USA 2016 D 123 min D R: Timur Bekmambetov D D: Jack Huston, Morgan Freeman, Toby Kebbell

Start am 8.9.2016 ¢ b-ware!ladenkino DF OMU ab Mitte September ¢ filmkunst66 DF ¢ Union Filmtheater DF ab 29.9.

USA/Großbritannien/Neuseeland 2016 D 130 min D R: Derek Cianfrance D D: Michael Fassbender, Alicia Vikander, Rachel Weisz

TSCHICK

NERVE

Ebenso wie THE LIGHT BETWEEN OCEANS war auch TSCHICK, Fatih Akins Verfilmung von Wolfgang Herrndorfs Jugendbuch-Beststeller, noch nicht vor Redaktionsschluss ansehbar. Für die wenigen unter unseren Leser*innen, die das Buch noch nicht gelesen haben: Im äußerst lakonischen TSCHICK machen sich der 14-jährige Ich-Erzähler Maik, Kind reicher Eltern mit Alkoholproblem, und der gleichaltrige russische Spätaussiedler Tschichatschow, der von allen nur Tschick genannt wird, mit einem geklauten Lada auf den Weg in die Wallachei.

Unterhaltsamen Teenie-Trash verspricht NERVE. Unter Teenagern macht ein neues Online-Spiel die Runde. Es gibt „Watcher“, die zuschauen und sich Aufgaben im Stil von Wahrheit oder Pflicht überlegen, und „Player“, die Aufgaben erledigen und damit eine immer größerer Fanbase sammeln. Um auch mal im Mittelpunkt zu stehen, meldet sich die schüchterne Vee an. Ihre erste Aufgabe ist ein Kuss. Dann steigert sich das Gefahrenpotential, aber als Vee und Ian, der Junge, den sie geküsst hat, aussteigen wollen, merken sie, dass das nicht mehr geht.

Start am 15.9.2016 ¢ b-ware!ladenkino ab Oktober ¢ Bundesplatz Kino ab Oktober ¢ Hackesche Höfe Kino ¢ Union Filmtheater ab 6.10.

D 34

D SEPTEMBER 2016

Deutschland 2016 D R: Fatih Akin D D: Anand Batbileg, Tristan Göbel, Nicole Mercedes Müller

Start am 8.9.2016 ¢ b-ware!ladenkino DF OMU ab ca. 15.9. ¢ Sputnik Kino OMU ab 21.9.

USA 2016 D 96 min D R: Ariel Schulman, Henry Joost D D: Emma Roberts, Dave Franco, Emily Meade


„Ein faszinierender Dokumentarfilm über einen Künstler, dessen großartige und beunruhigende Visionen unserer Zeit weit voraus waren.“ Variety

Schöpfer der Teufel

FINDET DORIE

Ein Film von Pieter van Huijstee

Dorie, das war in FINDET NEMO die extrem vergessliche Doktorfischfrau, gesprochen von Anke Engelke, die Martin dem Clownfisch geholfen hat, seinen Sohn Nemo wiederzufinden. Nun ist es Dorie, die Hilfe braucht: Sie wird von Erinnerungsfetzen aus ihrer Kindheit geplagt und beschließt, ihre Eltern zu suchen. Also begibt sich die aquatische Patchworkfamilie auf eine neue gefährliche und fantasiereiche Rescue-Mission, die sie zunächst ins Meeresbiologische Institut von Kalifornien führt. Empire UK ist begeistert und nennt DORIE „vintage Pixar“.

Start am 29.9.2016 ¢ b-ware!ladenkino DF OMU 3D ab Oktober ¢ Union Filmtheater DF 3D

Originaltitel: Finding Dory D USA 2016 D 97 min D R: Andrew Stanton D D: Anke Engelke, Christian Tramitz, Idris Elba

AB 15. SEPTEMBER IM KINO Hackesche Höfe • Eiszeit filmkunst 66 • Brotfabrik Eva Lichtspiele Kino Krokodil Sputnik u.m.

www.mindjazz-pictures.de

HieronymusBoschFilm

EUROPE, SHE LOVES Der Dokumentarfilm, der im Panorama der diesjährigen Berlinale zu sehen war, fängt das Lebensgefühl junger Europäer zwischen 20 und 30 zwischen Alltag, Politik und der Flucht ins Private ein. Vier Paare in vier Städten an der europäischen Peripherie: Siobhan und Terry in Dublin versuchen, mal ohne Drogen auszukommen; Veronika in Tallin wünscht sich, dass sich Harri besser mit ihrem Sohn Artur versteht; Penny will Thessaloniki und den älteren Niko verlassen, um in Italien zu arbeiten; und Juan und Caro in Sevilla sind frisch verliebt. Start am 29.9.2016 ¢ Acud Kino

OMU

Deutschland/Schweiz 2016 D 100 min D R: Jan Gassmann

AB 15.09. IM KINO


WEITERINDIEKINO

CAPTAIN FANTASTIC

EL OLIVO – DER OLIVENBAUM

Ben und seine Frau Leslie ziehen ihre Kinder fernab der Außenwelt in einer Hütte in den mächtigen Wäldern des pazifischen Nordwestens groß. Ben bringt ihnen das Überleben bei. Zum „Noam Chomsky-Day“ gibt es ein Jagdmesser für Jeden. Liebe und Verständnis gibt es immer. Doch dann steht Ben nach dem Tod der Mutter allein mit den sechs Kindern da. Er muss einsehen, dass er sie nicht länger vor der Welt verstecken kann, und so beginnt eine Reise zurück in eine Gesellschaft, die aus dem Blickwinkel der Cashs ziemlich absurd erscheint.

Alma ist Anfang 20 und sehr wütend. Zärtlich ist sie einzig zu ihrem geliebten Großvater, dem es sehr schlecht geht. Alma ahnt, was ihm fehlt: Der alte Mann vermisst den 2000-Jahre alten Olivenbaum, den seine Söhne verscherbelt haben. Sie beschließt, den Baum, der mittlerweile in einer Düsseldorfer Konzernfiliale steht, zurück zu holen. EL OLIVO ist geradlinig erzählt, sehr berührend und oft auch ziemlich lustig. Beiläufig verhandeln Icíar Bollaín und Drehbuchautor Paul Laverty auch die Folgen der europäischen Austeritätspolitik in Spanien.

¢ b-ware!ladenkino DF OMU ¢ Bundesplatz Kino DF OMU ¢ Eva Lichtspiele DF OMU ¢ Filmrauschpalast OMU ¢ fsk-Kino am Oranienplatz OMU ¢ Union Filmtheater OMU

USA 2016 D 118 min D R: Matt Ross D D: Viggo Mortensen, Steve Zahn, George Mackay, Annalise Basso, Frank Langella, Kathryn Hahn

¢ Acud Kino DF ¢ b-ware!ladenkino DF OMU ¢ Bundesplatz Kino DF OMU ¢ Eva Lichtspiele DF ¢ Eiszeit Kino OMU ¢ Hackesche Höfe Kino OMU ¢ Union Filmtheater DF

1001 NACHT

¢ Acud Kino, b-ware!ladenkino, Brotfabrik Kino

ALLE ANDEREN ¢ City Kino Wedding

ALLES WAS KOMMT ¢ b-ware!ladenkino, Bundesplatz Kino, Eva Lichtspiele, fsk-Kino am Oranienplatz, Eiszeit Kino, Hackesche Höfe Kino, Union Filmtheater

JULIETA Im seinem zwanzigsten Film verzwirbelt Pedro Almodovár drei Geschichten von Alice Munro zu einem wilden Strudel aus Dramen. Es geht, wie immer, um Eros und Thanatos, um Mütter und Töchter, um Spiegelungen und Erinnerungen und um Obsessionen. Adriana Ugarte spielt eine Literaturprofessorin mit weißblonder Punkfrisur, die ihre Tochter Antiá sucht. Rossy de Palma tritt als grauhaarige Haushälterin auf, die an Mrs. Danvers aus Hitchcocks REBECCA erinnert. Ein galizischer Fischer kommt auch vor. ¢ Acud Kino DF ¢ b-ware!ladenkino DF OMU ¢ Bundesplatz Kino DF ¢ City Kino Wedding DF OMU ¢ Hackesche Höfe Kino OMU ¢ Union Filmtheater DF

D 36

D SEPTEMBER 2016

Spanien 2016 D 99 min D R: Pedro Almodóvar D D: Emma Suárez, Darío Grandinetti, Rossy de Palma, Daniel Grao, Inma Cuesta, Adriana Ugarte

ANTONIO, IHM SCHMECKT’S NICHT! ¢ Union Filmtheater

THE ASSASSIN

¢ b-ware!ladenkino, Filmrauschpalast

ATHOS – IM JENSEITS DIESER WELT ¢ Bali Kino

BELLADONNA OF SADNESS

¢ b-ware!ladenkino. Brotfabrik Kino (OmU), Filmrauschpalast (OmU), Eiszeit Kino (OmU), Sputnik Kino

Originaltitel: El olivo D Spanien 2016 D 100 min D R: Iciar Bollain D D: Javier Gutierrez, Anna Castillo, Nikolai Will, Juanma Lara, Pep Ambrós

BERLIN – AUGUSTSTRASSE ¢ Brotfabrik Kino

B-MOVIE: LUST & SOUND IN WEST-BERLIN ¢ Filmrauschpalast, Sputnik Kino

BOLSCHOI BABYLON ¢ Union Filmtheater

CHAMISSOS SCHATTEN: KAPITEL 2 ¢ Bali Kino

COLONIA DIGNIDAD ¢ Union Filmtheater

COMRADE, WHERE ARE YOU TODAY? ¢ Acud Kino, Eiszeit Kino, Hackesche Höfe Kino

EL VIAJE

¢ b-ware!ladenkino, Eiszeit Kino, Hackesche Höfe Kino


DIE FAST PERFEKTE WELT DER PAULINE

MAGGIES PLAN

¢ filmkunst66, Union Filmtheater

¢ Acud Kino, b-ware!ladenkino, Filmrauschpalast, Sputnik Kino, Union Filmtheater

FERIEN

MIETREBELLEN

¢ Acud Kino

FIEBER

¢ Eva Lichtspiele

FIREFLASH – DER TAG NACH DEM ENDE ¢ Z-inema am 20.9. um 20 Uhr

FRÜHSTÜCK BEI MONSIEUR HENRI

¢ b-ware!ladenkino, City Kino Wedding, Union Filmtheater

EIN GANZES HALBES JAHR ¢ Union Filmtheater

GENIUS

¢ b-ware!ladenkino, Bundesplatz Kino, Sputnik Kino

GHOSTBUSTERS ¢ b-ware!ladenkino, Sputnik Kino, Union Filmtheater (3D)

DIE HOFFNUNG IST EIN LANGER ABSCHIED ¢ Acud Kino

HOW TO CHANGE THE WORLD ¢ Bali Kino

ICH BIN DANN MAL WEG ¢ Union Filmtheater

INNSÆI – DIE KRAFT DER INTUITION

¢ b-ware!ladenkino, Sputnik Kino

LA ISLA MINIMA – MÖRDERLAND

¢ b-ware!ladenkino, fsk-Kino am Oranienplatz, Eiszeit Kino, Z-inema

¢ Union Filmtheater

PACO – KAMPFMASCHINE DES TODES

„GRANDIOS“ SPIEGEL ONLINE

„MÄRCHENHAFT INSZENIERT“

„MAN MUSS DEN FILM EINFACH BEJUBELN“

SÜDDEUTSCHE ZEITUNG

DIE ZEIT

PROJEKT A – EINE REISE ZU ANARCHISTISCHEN PROJEKTEN IN EUROPA ¢ Sputnik Kino

SEARCHING FOR SUGAR MAN ¢ Sputnik Kino

SEEFEUER

¢ b-ware!ladenkino, Filmrauschpalast, Eiszeit Kino, Hackesche Höfe Kino, Union Filmtheater

TOMORROW – DIE WELT IST VOLLER LÖSUNGEN

¢ Acud Kino, b-ware!ladenkino, Bali Kino, Sputnik Kino

TONI ERDMANN

¢ Acud Kino, b-ware!ladenkino, Bali Kino, Bundesplatz Kino, City Kino Wedding, fsk-Kino am Oranienplatz, Hackesche Höfe Kino, Sputnik Kino, Union Filmtheater

DIE UNFASSBAREN 2

AB 16. SEPTEMBER

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berlins

grösste Filmabteilung

¢ Union Filmtheater

UNTERWEGS MIT JACQUELINE ¢ Union Filmtheater

WIENER DOG

¢ City Kino Wedding

¢ Acud Kino, b-ware!ladenkino, Sputnik Kino, Union Filmtheater

LOOPING

ZEIT FÜR LEGENDEN

¢ b-ware!ladenkino, Bali Kino

2016

¢ Z-inema am 27.9. um 20 Uhr

JE SUIS UN SOLDAT

LOU ANDREASSALOMÉ

NOMINIERUNG

2016

MONSIEUR CLAUDE UND SEINE TÖCHTER

JASON BOURNE

¢ b-ware!ladenkino, Eiszeit Kino, Hackesche Höfe Kino

NOMINIERUNG

¢ Bali Kino

VOR DER MORGENRÖTE

¢ Union Filmtheater

GOLDEN GLOBE®

OSCAR®

¢ Acud Kino,b-ware!ladenkino, Bali Kino

¢ Union Filmtheater

ZEN FOR NOTHING ¢ Bali Kino

WO Filmemacher

ihren grOssen auFtritt haben Mo-Fr 9-24 Uhr, Sa 9-23:30 Uhr Friedrichstraße Friedrichstraße 90, 10117 Berlin kulturkaufhaus.de


INDIEKINDER Deutschland 2016 D 85 min D R: Matthias Lang D B: Matthias Lang D K: Kasper Kaven D D: Rufus Beck, Patrick Mölleken, Florian Burgkart, Volker Michalowski D V: Zorro Film D FSK: oA, empfohlen ab 5

KINDERFILME A–Z CONNI & CO

Deutschland 2016 D R: Franziska Buch D 104 min, FSK: oA

Conni kommt auf eine neue Schule, muss Freunde finden und darf ihren zugelaufenen Hund nicht behalten.

AB ANS MEER!

¢ Eva Lichtspiele, ¢ Union Filmtheater

Tschechien 2014 D R: Jiří Mádl D 91 min, FSK: 6, empfohlen ab 9

Der 11-jährige Tomás will Regisseur werden. Mit der Videokamera filmen er und sein Freund Haris ihren Alltag – und Tomás Vater auf Abwegen.

KÖNIG LAURIN Herr der Rosen

¢ Acud Kino

„Du wirst niemals in meine Rüstung passen!“ wirft König Dietrich seinem Sohn Theo vor. Der 16-jährige ist zum Ärger des Vaters nämlich viel kleiner und schmächtiger als seine Altersgenossen und hat einfach nicht das Zeug zum heldenhaften Ritter. Auch die ungeliebten Kraftübungen bei Waffenmeister Hildebrand bringen nichts. Dabei würde Theo seinem Vater und dem arroganten Cousin Wittich zu gern beweisen, dass ein ganzer Kerl in ihm steckt! Eine Möglichkeit dazu ergibt sich, als Theo im Gebirge den Zwergenkönig Laurin trifft, der seit der ungerechten Verbannung seines Volkes der letzte seiner Art ist. Der magische Kraftgürtel des Zwergs, der dem Träger die Kraft von zwölf Männern verleiht, erregt Theos Aufmerksamkeit. Zudem erkennt der Junge beim Gärtnern in Laurins Rosengarten, dass die anhaltenden Missernten im Königreich mit dem Schicksal der Zwerge verknüpft sind. Das Langfilmdebüt von Matthias Lang basiert auf der Südtiroler Sage um König Laurins Rosengarten, die eine Erklärung für das Alpenglühen in Bergregionen liefert. Mit den sehenswerten Gebirgsdrehorten in Südtirol und der vom Babelsberger Filmorchester eingespielten Musik wirkt das Märchen-Abenteuer wie eine kindertaugliche Variante der HERR DER RINGE-Filme. Die detailverliebten Kulissen, von denen vor allem Laurins fantasievoller Rosengarten überzeugt, beschwören ein Mittelalter-Flair, das wohltuend von den oft aseptisch wirkenden deutschen Fernsehmärchen abweicht. Inhaltlich behandelt KÖNIG LAURIN die schwierige Beziehung Theos zu seinem Vater. Um ihn zu beeindrucken, stibitzt Theo Laurins Zaubergürtel und tritt bei einem Ritterturnier an, bevor er schließlich dazu steht, dass er nicht zum Kämpfer geboren ist. Die Botschaft rund um Selbstvertrauen und Versöhnung inszeniert Matthias Lang als augenzwinkerndes Kinderabenteuer, das sich wie ein modernes Update alter Märchenklassiker anfühlt. D Christian Horn

Start am 1.9.2016 ¢ Acud Kino

D 38

D SEPTEMBER 2016

16-year-old Theo wants to prove to his father that he can be a proper knight even though he is much smaller than his friends, and not very good at sports. Then one day he meets the dwarf king Laurin who owns a magical belt of strength …

EINMAL MOND UND ZURÜCK

Spanien 2015 D R: Enrique Gato D 97 min, FSK: oA

BFG: BIG FRIENDLY GIANT USA 2016 D R: Steven Spielberg D 1117 min, FSK: oA, empfohlen ab 9

Steven Spielberg hat das Kinderbuch „Sophiechen und der Riese“ von Roald Dahl verfilmt, in dem die kleine mutige Sophie einen freundlichen Riesen trifft. ¢ Eva Lichtspiele ¢ filmkunst66 ¢ Sputnik Kino

Wie sein Vater und Großvater möchte auch Mike Goldwing ein Held des Weltalls werden. Animation. ¢ Sputnik Kino

ENTE GUT! MÄDCHEN ALLEIN ZU HAUS

Deutschland 2016 D R: Norbert Lechner D 95 min, FSK: oA, empfohlen ab 8

Als die Mutter nach Vietnam fliegt, bleiben die elfjährige Linh und ihre kleine Schwester alleine zu Hause mit Imbiss, Glückskeksen und Schulsorgen. Für Nachbarin Pauline sind das paradiesische Zustände. ¢ Bundesplatz Kino

FINDET DORIE

USA 2016 D R: Andrew Stanton D 97 min

BIBI & TINA: MÄDCHEN GEGEN JUNGS Deutschland 2015 D R: Detlev Buck D 111 min, FSK: oA

Bibi und Tina fahren ins Zeltlager wo sie beim Geo-Caching gegen die Jungs antreten. ¢ Acud Kino

Diesmal ist es die vergessliche Dorie, die Hilfe braucht: gemeinsam mit Nemo und Martin macht sie sich auf den weg, um ihre Eltern zu suchen. ¢ b-ware!ladenkino (DF + OmU) 3D ab Oktober ¢ Union Filmtheater (DF) 3D


INDIEKINDER

GIRAFFADA

Frankreich 2014 D R: Rani Massalha D 84 min, FSK: 12

Ziad lebt mit seinem Vater Yacine im einzig erhaltenen Zoo im Westjordanland. Der Junge verbringt jede freie Minute mit den Giraffen Rita und Brownie. Als Brownie bei einem Bombenagriff stirbt, beschließt Ziad, einen neuen Partner für Rita zu finden – in Israel.

MOLLY MONSTER

Mama und Papa sind zur Eierinsel gefahren. Anstatt brav zu Hause zu bleiben, reist Molly hinterher, um ihnen die „gestrackelte“ Pudelmütze zu bringen. ¢ Eva Lichtspiele ¢ Eiszeit Kino ¢ Union Filmtheater

ICE AGE – KOLLISION VORAUS!

Der Kalbsstein des Nachbarn ist verschwunden. Ein neuer Fall wartet auf Rico und Oskar.

USA 2016 D R: Mike Thurmeier, Galen T. Chu D 100 min, FSK: oA

¢ Acud Kino ¢ b-ware!ladenkino ¢ Bali Kino

Der 5. Teil der Eiszeit-Animation.

MULLEWAPP – EINE SCHÖNE SCHWEINEREI

Deutschland 2015 D R: Tony Loeser, Theresa Strozyk D 72 min, FSK: oA

KINDERFILM DES MONATS: HEIDI

Deutschland/Schweiz 2015 D R: Alain Gsponer D 111 min, FSK: oA, empfohlen ab 7

Die drei Freunde Waldemar, Franz von Hahn und Johnny Mauser müssen Waldemars Geburtstags-Erdbeertorte verteidigen. Zeichentrick. ¢ b-ware!ladenkino ¢ filmkunst66

DIE MELODIE DES MEERES

Dänemark/Frankreich/Irland/Belgien/ Luxemburg 2014 D R: Tomm Moore D 93 min, FSK: oA, empfohlen ab 6

Wunderschöner Animationsfilm um einen Bruder und eine Schwester und Gestalten aus der irischen Sagenwelt. ¢ Union Filmtheater

RONJA RÄUBERTOCHTER

ACUD KINO TÄGLICH B-WARE! LADENKINO TÄGLICH BALI KINO DO, FR, SA, SO BUNDESPLATZ KINO DO, FR, SA, SO EVA-LICHTSPIELE DO, FR, SA, SO EISZEIT KINO DO, FR, TÄGLICH FILMKUNST66 DO, FR, SA, SO SPUTNIK KINO DSA, SO TILSITER LICHTSPIELE DO, FR, SA, SO UNION FILMTHEATER DO, FR, SA, SO XENON KINO wechselnde Termine Eine aktuelle­ Programmübersicht über alle KinderfilmTermine finden Sie auf www.indiekino.de

Schweden 1986 D R: Tage Danielson D 126 min, FSK: 6

Verfilmung des Romans von Astrid Lindgren aus dem Jahr 1986. ¢ City Kino Wedding

Die Altersempfehlungen orientieren sich in der Regel an den Vorschlägen der Bundeszentrale für politische Bildung/Vision Kino.

SHAUN DAS SCHAF: DER FILM GB/F 2014 D R: Mark Burton, Richard Starzack D 85 min, FSK: oA, empfohlen ab 5

Shaun, das Schaf, die Schafherde und Hund Bitzer fahren in die Großstadt, um den Bauern zu retten. Knetfilm.

Neuverfilmung des Kinderbuchund Serien-Klassikers mit Bruno Ganz als Almöhi. ¢ Bali Kino ¢ Bundesplatz Kino ¢ Eva Lichtspiele ¢ Sputnik Kino ¢ Union Filmtheater ¢ Xenon Kino Alle Termine unter www.kinderkinobuero.de Vorbestellungen unter 030/235 562 51

RICO, OSKAR UND DER DIEBSTAHLSTEIN

Deutschland 2016 D R: Neele Leana Vollmar D 94 min, FSK: oA, empfohlen ab 8

¢ Bali Kino

¢ b-ware!ladenkino ¢ Bali Kino ¢ Sputnik Kino

KINDERKINO IM INDIEKINO

Deutschland/Schweiz/Schweden 2016 D R: Ted Sieger, Michael Ekblad, Matthias Bruhn D 69 min

¢ Sputnik Kino

NELLYS ABENTEUER

Deutschland/Rumänien 2016 D R: Dominik Wessely D 97 min, FSK: 6

Als die 13-jährige Nelly im Rumänienurlaub erfährt, dass die Familie bald in das Land ziehen wird, ist sie so wütend, dass sie abhaut, allerlei Abenteuer erlebt und das Roma-Mädchen Roxana kennen lernt. ¢ Acud Kino ¢ Union Filmtheater

PETS

USA 2016 D R: Chris Renaud, Yarrow Cheney D 90 min, FSK: oA

Was machen die Haustiere, wenn Herrchen und Frauchen aus dem Haus sind? Animation. ¢ b-ware!ladenkino ¢ filmkunst66 ¢ Union Filmtheater

SPATZENKINO: GUTE IDEE 45 min, empfohlen ab 4

Im September geht es um lauter sehr gute Ideen. Willi hat beispielsweise jede Menge Einfälle, um Papa von der langweiligen Einkaufsliste abzulenken. Pierre dagegen ist überrascht, als sich sein Spinat in einen Drachen verwandelt. Und die Maus Tillebille braucht einen guten Plan, um den Fuchs zu verscheuchen, damit alle in Ruhe frühstücken können. ¢ Bali Kino ¢ Eiszeit Kino ¢ Eva Lichtspiele ¢ Union Filmtheater ¢ Xenon Kino Alle Termine unter www-spatzenkino.de Vorbestellungen unter 030/449 47 50

WIE BRÜDER IM WIND

A/USA 2015 D R: Gerardo Olivares, Otmar Penker D 98 min, FSK: 6

Die Alpen in den 1960er-Jahren: Der zwölfjährige Lukas findet einen aus dem Nest gefallenen jungen Adler und zieht ihn heimlich auf. ¢ b-ware!ladenkino ¢ Bali Kino

DIE WINZLINGE: OPERATION ZUCKERDOSE

Frankreich/Belgien 2013 D R: Helene Giraud, Thomas Szabo D 88 min, FSK: oA

Die kleinen Tierchen freuen sich über einen Schatz: eine Zuckerdose. Aber auch die Ameisen habe es auf den Zucker abgesehen. Animation. ¢ Union Filmtheater

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INDIEKINOHIGHLIGHTS

BUNDESPLATZ KINO 50 JAHRE RAUMPATROUILLE: LANGE NACHT MIT ALLEN ­SIEBEN EPISODEN SOWIE ÜBERRASCHUNGEN Am 17. September gibt es im Bundesplatz-Kino ein Wiedersehen mit der legendären RAUMPATROUILLE ORION. Die erste deutsche Science-Fiction-TV-Serie von 1966 war die bis dahin teuerste in Deutschland produzierte Serie und außerdem die erste größere europäische TV-Gemeinschaftsproduktion. Mehr als 50 Prozent der deutschen Fernsehzuschauer saßen bei der Erstausstrahlung vor dem Bildschirm. Im Bundesplatz zu Gast sind zwei Mitglieder der Besatzung: Leutnant Mario de Monti (Wolfgang Völz) und Leutnant Atan Shubashi (Friedrich G. Beckhaus), inzwischen vielfach ausgezeichnete Veteranen der schnellen Raumverbände. Vielleicht erklären sie das Kaskadenprinzip, die Telenose und das Montor. Außer einem Begrüßungssekt gibt es eine Vorführung des dynamischen „Galyxo“-Tanzes durch die Hydra-Astragatorinnen Roswitha Völz, Julia Hellmers und Gwenaëlle Ludwig. In Kooperation mit Bavaria Media und im Rahmen der Austellung „Things to Come. Science. Fiction. Film” im Museum für Film und Fernsehen der deutschen Kinemathek.  17.9. von 18 bis ca. 2 Uhr

Fotos vom Raumpatrouille-Set. Die Serie ist natürlich schwarz-weiß.

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INDIEKINOHIGHLIGHTS

FILMRAUSCHPALAST RAUSCH DES MONATS: ­MONTANA SACRA Der Dieb irrt ziellos durch eine verkommene, verdorbene Stadt. Auf der Spitze eines Turms trifft er den Alchimisten. Der Erleuchtete versammelt gerade eine Gruppe mystischer Wesen um sich. Gemeinsam mit ihnen will er sich auf die Suche nach dem sagenumwobenen Heiligen Berg machen, denn auf dessen Gipfel sollen neun Unsterbliche das Geheimnis des

BROTFABRIK KINO BUNDESPLATZ KINO FILM & PSYCHE: GRAVITY/DIE KLASSE

Gravity

Im Brotfabrik Kino erläutert Dr. Florence Wasmuth am 25.9. die psychologische Dimension von Alfonso Cuaróns visuell bestechendem 3D-Weltraum-Thriller GRAVITY (2013), in dem Hauptdarstellerin Sandra Bullock verloren durchs All treibt. Der Film wurde seinerzeit mit sieben Oscars bedacht. Das Bundesplatz Kino analysiert am 27.9. Laurent Cantets fast dokumentarisch wirkendes Drama DIE KLASSE (2008). Cantet erzählt ein Schuljahr der bunt gemischten 7. Klasse von Lehrer François Bégaudeau, in einer sozialschwachen Gegend im 20. Pariser Bezirk, und erhielt dafür die höchste Auszeichnung auf dem Filmfestival in Cannes. brotfabrik-berlin.de, bundesplatz-kino.de  Brotfabrik Kino: GRAVITY, 25.9. um 18 Uhr  Bundesplatz Kino: DIE KLASSE, 27.9. um 20.30 Uhr

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ewigen Lebens hüten. Neun mächtige Herausforderer sind vonnöten, um es mit den Hütern aufzunehmen und ihnen das Geheimnis zu entreißen. Mit dem Dieb ist die Gruppe endlich komplett. Mit Alejandro Jodorowskys MONTANA SACRA – DER HEILIGE BERG (USA 1973, OmU) findet die Filmreihe „Rausch des Monats“ ihren vorläufigen heilig-experimentellen Höhe- und Endpunkt. Am letzten Spieltermin, dem 1.10. wird noch einmal richtig gefeiert: mit „Secret Live Act“ (20 Uhr), Film (22 Uhr) und anschließender Foyerparty. Alle Besucher*innen erwartet eine psychedelische Überraschung! Weiter geht es dann im November mit dem „Liebesrausch“. filmrausch.de/rausch  4.9. um 18 Uhr/11.9. um 17.30 Uhr/17.9. um 19 Uhr/25.9. um 20 Uhr/1.10. um 22 Uhr

Moon in the 12th House

FILMKUNST66 HACKESCHE HÖFE KINO SERET BERLIN: ISRAELI FILM & TV FESTIVAL

Erstmalig macht das internationale israelische Film und TV Festival auch in Berlin Station. Die Eröffnung findet am 17.9. um 20 Uhr in den Hackesche Höfe Kinos statt. In THE KIND WORDS von Shemi Zarhin entdecken drei Geschwister nach dem Tod der Mutter, dass ihr Vater gar nicht ihr biologischer Vater ist. Nicht nur das, ihr Erzeuger ist Muslim. Die Drei machen sich auf die Suche nach dem Mann, der über Jahre der geheime Liebhaber ihrer Mutter war. Nadia in A.K.A. NADIA ist eine von geschätzt über 60.000 PalästinenserInnen, die eine jüdische Identität angenommen haben, um unbehelligt in Israel leben zu können. Als Maya Goldwater führt sie ein Leben als jüdische Ehefrau und Mutter – bis ihre Vergangenheit sie einholt. Alle Filme und Termine unter: seret-international.org/category/berlin-2016/  17.–20.9.


CITY KINO WEDDING HACKESCHE HOEFE AFRICAVENIR

INDIEKINOHIGHLIGHTS

In KAUM ÖFFNE ICH DIE AUGEN (2015) erzählt Regisseurin Leyla Bouzid vom Traum der jungen Fahra, professionelle Musikerin zu werden. Als Fahra nach der Schule mit ihrer Rockband immer kritischere Töne anschlägt, zieht sie die Aufmerksamkeit des Geheimdienstes auf sich. Im von Spannungen geprägten Sommer von 2010 eskaliert die Situation. Die südafrikanische Filmemacherin Sara Blecher bringt gleich zwei ihrer Filme mit nach Berlin: AYANDA (2015) wohnt in einem pulsierenden Stadtteil Johannesburgs. Sieben Jahre nach dem Tod ihres Vaters setzt sie alles daran, seine verschuldete Autowerkstatt zu retten. DIS EK, ANNA (2015) erzählt von einer nächtlichen Begegnung eines südafrikanischen Geschäftsmannes mit seiner Stieftochter Anna, die er seit Jahren nicht gesehen hat, und dreht sich um die verhängnisvollen Folgen von sexuellem Missbrauch. Beim Internationalen Film Festival Durban 2015 erhielt der Film Preise für den besten Spielfilm, das beste Drehbuch und die beste Regie. In SISTERS OF THE SCREEN – AFRICAN WOMEN IN CINEMA (2002) stellt Beti Ellerson Frauen vor, die das afrikanische Kino in den ersten drei Jahrzehnten nach der Unabhängigkeit wesentlich geprägt haben. Zu allen Vorführungen werden Gäste erwartet. africavenir.org, citykinowedding.de, hoefekino.de  KAUM ÖFFNE ICH DIE AUGEN (OmU): Hackesche Höfe Kino, am 16.9. um 20 Uhr, City Kino Wedding, am 17.9. um 19 Uhr  AYANDA (OmU): Hackesche Höfe Kino, am 21.9. um 10 Uhr und um 20 Uhr  DIS EK ANNA (OmU): Hackesche Höfe Kino, am 21.9. um 22.15 Uhr  SISTERS OF THE SCREEN (OmU): Hackesche Höfe Kino, am 22.9. um 20 Uhr

This is the Day

KROKODIL CREDO UT INTELLIGAM Im Rahmen der Filmreihe “Credo ut intelligam“ („Ich glaube, damit ich erkennen kann“, Anselm von Canterbury) zeigt das Kino Krokodil zwei Filme der estländischen Regisseurin Kerstie Uibo. In beiden Filmen beobachtete Uibo christlich-serbische Kloster im Kosovo nach dem Bürgerkrieg. In NARROW IS THE GATE (DIE PFORTE IST ENG), aus dem Jahr 2002, also kurz nach Ende des Krieges, geht es um ein Nonnenkloster und die Schwester Teodora, die zwischen den Nonnen und der feindselig gesinnten Bevölkerung zu vermitteln versucht. 2011 drehte Uibo erneut im Kosovo, diesmal im Mönchskloster Velika Hoca. THIS IS THE DAY ist ein meditativer Film über den stillen Tagesablauf der Mönche. Der dritte Film der Reihe, SALVATION (ERLÖSUNG) des russischen Dramatikers Iwan Wypriaew erzählt von der 25 Jahre alten polnischen Nonne Anna. Die Hälfte ihres Lebens hat sie im Kloster verbracht, nun reist sie zum ersten Mal ins Ausland, nach Ladakh, dem Exilzentrum des tibetanischen Buddhismus in Indien. kino-krokodil.de  13.9.: SALVATION (RUS 2015)  23. 9.: Doppelprogramm: NARROW IS THE GATE (Estland 2002) und THIS IS THE DAY (Estland 2011) in Anwesenheit der Regisseurin Kerstie Uibo,

Kaum öffne ich die Augen Tropical Luna Park

JOURS FIXES REGELMÄSSIGE VERANSTALTUNGEN DER INDIES

DER ALTE DEUTSCHE FILM immer mittwochs um 15.45 Uhr in den Eva Lichtspielen

BERLIN-FILM-MATINEE immer sonntags um 11 Uhr im Bundesplatz Kino

SPUTNIK KINO STADTLICHTER: MAPUTO SPECIAL

FILM AUS PAPIER Drehbuchlesung, jeden 2. Mittwoch

Die Filmreihe „Stadtlichter“ zeigt Filme aus den Partnerstädten Berlin-Lichtenbergs. Am 4. September laufen im „Maputo Special“ Filme aus Mosambik, darunter die Musikvideos SONHO und FIN O HUMANO, der mittelange Dokumentarfilm CINEMA FOR THE PEOLPE über ein kleines feministisches Wanderkino, das in den Townships Aufklärungsarbeit leistet, und mehrere Kurzfilme. stadtlichter.berlin  4.9. um 18 Uhr

genreateiszeit.wordpress.com

des Monats, Kinobar des Sputnik, facebook.com/schreibkollektivq3

GENRE@EISZEIT täglich um 21.45 Uhr im Eiszeit Kino, OPEN SCREENING jeden 3. Mittwoch des Monats in der Kinobar des Sputnik, openscreening.de

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INDIEKINOHIGHLIGHTS

EVA LICHTSPIELE DER ALTE DEUTSCHE FILM Höhepunkt des Programms im September sind zwei Entdeckungen aus dem Kino der Weimarer Republik, die am 28.9. zu sehen sind. In Robert Siodmaks Kriminalburleske DER MANN, DER SEINEN MÖRDER SUCHT (1931) spielt Heinz Rühmann die Hauptrolle, Erich Pommer produzierte, Billy Wilder war am Drehbuch beteiligt und Friedrich Hollaender komponierte die Musik. Gezeigt wird die einzig erhaltene, von der UFA gekürzte Version. Im Vorprogramm läuft der lange verschollene Kurzspielfilm INS BLAUE HINEIN (1929), die einzige bekannte Regiearbeit des einfluss­ reichsten Kameramanns und Special Effects Artists aller Zeiten, des Begründers der modernen Kinematografie, Eugen Schüfftan, der unter anderem mit Fritz Lang, Abel Gance, G.W. Pabst, Marcel Carné, Max Ophüls, René Clair, Douglas Sirk, Georges Franju, Robert Rossen und Robert Frank zusammengearbeitet hat. eva-lichtspiele.de  immer mittwochs um 15.45 Uhr: 17.9. DER ZERBROCHENE KRUG/14.9. DAS VEILCHEN VOM POTSDAMER PLATZ/21.9. PREMIERE/28.9. DER MANN, DER SEINEN MÖRDER SUCHT

BALI KINO GESICHTER EINER REGION Das Bali Kino hat vier aktuelle israelische Produktionen zu einem Länderschwerpunkt zusammengestellt: Das Filmdrama MEIN HERZ TANZT von Eran Riklis erzählt von Eyad, der als erster Araber auf eine israelische Eliteschule in Jerusalem aufgenommen wird. In MR. GAGA porträtiert Regisseur Tomer Heymann (PAPER DOLLS) den im israelischen Kibuzz Misra aufgewachsenen Choreographen Ohad Naharin. Der Film CENSORED VOICES veröffentlicht erstmals Interviews, die Schriftsteller Amos Oz 1967 nach dem israelischen Sieg im Sechstagekrieg geführt hatte. Was wäre, wenn der seit 100 Jahren andauernde Nahost-Konflikt ganz einfach durch einen sportlichen Wettkampf im Fußball entschieden werden könnte? Wer gewinnt, darf bleiben, wer verliert, muss das Land verlassen. Der absurde Mockumentary 90 MINUTEN – BEI ABPFIFF FRIEDEN von Eyal Halfon geht diesem Gedankenspiel mit vielen absurden Einfällen nach. balikino-berlin.de  MEIN HERZ TANZT: 30.9. + 1.10. jeweils um 18 Uhr, 5.10. um 20.30 Uhr  MR. GAGA: 2.10. um 11 Uhr und um 18 Uhr  CENSORED VOICES: 3.9. + 4.9. um 18 Uhr, 2.9.-4.9. um 20.30 Uhr  90 MINUTEN – BEI ABPFIFF FRIEDEN: 29.9.-1.10. um 20.30 Uhr, 3.10. um 18 Uhr

Der Mann, der seinen Mörder sucht

Mr. Gaga

ACUD KINO GLOBAL

Der Kapitän und sein Pirat

Die deutschlandweite Filmreihe KINO GLOBAL zeigt Spiel- und Dokumentarfilme aus allen Regionen der Erde. Gezeigt werden unter anderem Andreas Wilckes DIE STADT ALS BEUTE (2016) über die explodierenden Mietpreise Berlins, Ted Geoghegans Horrorfilm WE ARE STILL HERE (2016), in dem ein Ehepaar mit Hausbesetzern aus dem Jenseits zu kämpfen hat, LA FINCA HUMANA (2016), in dem Filmemacher Brian Olson in einem Umfeld aus Korruption, Kriminalität und Drogenkartellen die Arbeit der „humanen Farm“ unterstützt, die durch den ökologischen und fairen Anbau von Kaffee Bildungsprojekte vorantreibt, und DER KAPITÄN UND SEIN PIRAT (2013), der die Hintergründe der Geiselname des deutschen Frachters Hansa Stavanger durch somalische Piraten recherchiert. acudkino.de/Event/Detail/1029  ab 8.9.

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BROTFABRIK KINO BERLIN-FILM-KATALOG #54: SCHNEEGLÖCKCHEN BLÜHN IM SEPTEMBER Christian Ziewers’ dokumentarischer Spielfilm über den Arbeitskampf in einem Großbetrieb erzählt von den politischen und persönlichen Interessen seiner Protagonisten und knüpft dabei an die Traditionen des proletarischen Kinos in der Weimarer Republik an. Die Musik zu SCHNEEGLÖCKCHEN BLÜHN IM SEPTEMBER (1974) stammt übrigens von der West-Berliner Politrockband Lokomotive Kreuzberg, deren Mitglieder später als Nina Hagen Band bekannt wurden und anschließend Spliff gründeten. Am Mittwoch, den 12.9. findet die Vorführung in Anwesenheit des Regisseurs sowie der Produzentin/Verleiherin Clara Bruckner und mit einem einführenden Vortrag von Berlin-Katalog-Initiator und Journalist Jan Gympel statt. brotfabrik-berlin.de, berlin-film-katalog.de  9.–14.9. um 18 Uhr


Touch of Evil

INDIEKINOHIGHLIGHTS

GENRE@EISZEIT Die Reihe Genre@Eiszeit zeigt auch im September Filme, die auf den Körper zielen. Montags Comedy und Romance, dienstags Action und Martial Arts, mittwochs Noir und Neo-Noir, donnerstags Sci-Fi, freitags Horror und sonnabends Thriller. Der Sonntag ist als „Wildcard“ für andere Genrefilme reserviert, im September für das durchgeknallte japanische Teen-Horror-Musical HAUSU. Romantisch wird es bei Wong Kar-Wais IN THE MOOD FOR LOVE, grandiose Martial Arts-Action gibt es beim hinreißend schönen Rachekracher LADY SNOWBLOOD (1973), einem der wichtigsten Vorbilder für Tarantinos KILL BILL. Klassischen Noir mit Orson Welles und Marlene Dietrich bietet TOUCH OF EVIL (1958), feministische Sci-Fi-Action George Millers MAD MAX: FURY ROAD (2015). Michael Ciminos episches Vietnamdrama THE DEER HUNTER wird schamlos als Thriller ausgebeutet, und als Vorbereitung zum von der Genre-Kritik jetzt

schon gefeierten Sequel, das im Oktober ins Kino kommt, zeigt die Reihe den Begründer des Found-Footage-Horrors, THE BLAIR WITH PROJECT.  täglich um 21.45 Uhr

Berlin Chamissoplatz

Dohee-ya/A Girl at my Door

FSK-KINO AM ORANIENPLATZ ÜBERALL BLUMEN – THOME BEGLEITPROGRAMM

CITY KINO WEDDING FAVOURITES FILM FESTIVAL

Während Serpil Turhans Dokumentarfilm über Rudolf Thome in den Kinos läuft, zeigt das fsk-Kino drei frühe Filme Thomes. DETEKTIVE (1968) und ROTE SONNE (1970) begründeten Thomes Ruf als lässigster deutscher Filmemacher. In DETEKTIVE eröffnen zwei von Marquard Bohm und Uli Lommel gespielte junge Männer, mit offensichtlich zuviel Humphrey Bogart und Dashiell Hammett im Hirn, eine Detektei. Richtig bei der Sache sind sie allerdings nicht, und so kommt es, dass sie bei all ihrer scheinbaren Lässigkeit von cleveren, schönen Frauen an der Nase herumgeführt werden. Die Geschichte ist hierbei weniger wichtig als Stimmungen, Posen und Zitate. Uschi Obermaier und Iris Berben sagen in ihren ersten Kinorollen Sätze wie: „Ich an deiner Stelle würde ihn ja heiraten. So schnell findest du nicht wieder einen Mann, der auf dich schießt.“ In ROTE SONNE betreibt eine Frauen-WG den Männermord als feministische Aktion. Nach fünf Tagen muss jeder Lover erledigt werden. Marquardt Bohm und Uschi Obermaier spielen das coolste Paar der deutschen Kinogeschichte. Uschi tanzt zu The Nice, er hängt im Bett rum, der Showdown findet am Starnberger See statt. Lieben und aufeinander schießen sind auch hier nicht immer voneinander zu trennen. BERLIN CHAMISSOPLATZ, 1980 zu Beginn der Hausbesetzerbewegung in Kreuzberg gedreht, erzählt die Liebesgeschichte zwischen einer Aktivistin gegen den Abriss von Altbauten und einem für die Sanierung zuständigen Architekten.

Mehr Publikumsfestival geht nicht. Das sechste Favourites Film Festival zeigt ausgewählte aktuelle Filme, die auf anderen internationalen und nationalen Filmfestivals einen Publikumspreis gewonnen haben. Bei der Mehrzahl handelt es sich um Debütfilme, bei knapp der Hälfte führten Frauen Regie. Insofern passt es, dass das Regiedebüt D’UNE PIERRE DEUX COUPS/OUR MOTHER (7.9. um 20 Uhr, OmeU) der französischen Schauspielerin Fejria Deliba, die durch Filme von Jacques Rivette bekannt wurde, das Festival mit einer Deutschlandpremiere eröffnet. Darin unternimmt Delibas Mutter eine Reise in ihre Vergangenheit als Dienstmädchen auf einem französischen Kolonialanwesen in ihrer Heimat Algerien und offenbart ihren Kindern eine ihnen vollkommen unbekannte Seite. In KEEPER (10.9. um 19 Uhr, OmeU) erzählt der belgische Regisseur Guillaume Senez von den Zweifeln, Ängsten und Hoffnungen eines verliebten Teenager-Paares, das ein Kind erwartet. Regie-Debütant Vatche Boulghourjian schickt in TRAMONTANE (8.9. um 19 Uhr) den blinden Musiker Rabih auf eine Odyssee durch den Libanon, um mehr über seine Herkunft zu erfahren. Dabei erweist sich das Land auch mehr als zwei Jahrzehnte nach Ende des Bürgerkrieges als zutiefst zerrissen. Eine junge Polizistin nimmt ein misshandeltes Mädchen bei sich auf und bekommt die Missgunst und Bigotterie einer Kleinstadtgemeinschaft zu spüren, das zeigt die Koreanerin July Jung in ihrem Erstlingswerk DOHEE-YA/A GIRL AT MY DOOR (8.9. um 21 Uhr, OmeU). Mehr Informationen sowie alle weiteren Filme und Veranstaltungen des Festivals unter: fffberlin.de, facebook.com/favouritesfilmfestival  7.–11.9.

 Detektive: 15.+16.9. um 20 Uhr, 18.9. um 13.45 Uhr  Rote Sonne: 17.,18.+19.9. um 20 Uhr  Berlin Chamissoplatz: 18.9. um 15.45 Uhr, 20.+21.9 um 20 Uhr

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INDIESERVICE

ACUD KINO MITTE

DIE INDIEKINOS

1

Veteranenstr. 21, 10119 Berlin www.acudkino.de

CITY KINO WEDDING EVA-LICHTSPIELE BERLIN IM CENTRE WILMERSDORF 8 FRANÇAIS Blissestr. 18, 10713 Berlin WEDDING 6

B-WARE! LADENKINO FRIEDRICHSHAIN 2

FILMKUNST66 CHARLOTTENBURG

EISZEIT KINO KREUZBERG 7

REINICKENDORF

14   10   G    19   1

SPANDAU

MITTE

8

BUNDESPLATZ-KINO WILMERSDORF 5 Bundesplatz 14, 10715 Berlin www.bundesplatz-kino.de

Rosenthaler Str. 40/41, 10178 Berlin www.hoefekino.de

FSK-KINO AM ­ORANIENPLATZ KREUZBERG 11

IL KINO NEUKÖLLN

Segitzdamm 2, 10969 Berlin www.fsk-kino.de

18   5

12

LICHTENBERG

16

ladenkino.de

NEUKÖLLN

FREILUFTKINO  B  FRIEDRICHSHAGEN FRIEDRICHSHAGEN www.freiluftkino-friedrichshagen.de

FREILUFTKINO ­HASENHEIDE KREUZBERG  C  www.freiluftkino-hasenheide.de

Geschäftsführung: Hendrike Bake Redaktion: Hendrike Bake, Thomas Dorow redaktion@indiekino.de Filmtexte: Toby Ashraf, Hendrike Bake, Tom Dorow, Christian Horn, Christian Klose, Jan Künemund, Elinor Lewy, Sebastian Markt, Jens Mayer, Michael Meyns, Toni Ohms, Hannes Stein, Anna Stemmler, Christine Stöckel, Lars Tunçay, Matthias von Viereck Texte Kinohighlights: INDIEKINO BERLIN und Kinos Grafik: Michael Zettler, Nora Wiesner (Zett Media) Akquise/Marketing: Michael Spiegel, spiegel@indiekino.de Druck: Möller Druck & Verlag GmbH, Berlin

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18

17    B

SPUTNIK KINO AM SÜDSTERN KREUZBERG 15

TREPTOWKÖPENICK

FREILUFTKINO ­INSEL ZU GAST IM ­CASSIOPEIA FRIEDRICHSHAIN  D  www.freiluftkino-insel.de

FREILUFTKINO ­POMPEJI FRIEDRICHSHAIN

WINDLICHT IM FILMRAUSCH­ PALAST: „UMSONST & DRAUSSEN“ MOABIT  G  www.filmrauschpalast.de

E

freiluftkino-pompeji.de

Herausgeber: INDIEKINO BERLIN UG (haftungsbeschränkt) Rudolfstr. 11, 10245 Berlin Telefon: 030 – 209 897 24, info@indiekino.de, www.indiekino.de

XENON KINO SCHÖNEBERG

F    2   KREUZBERG  11   A    7   D    20    15    C    13    E

Hasenheide 54, 10967 Berlin www.sputnik-kino.com

IMPRESSUM

UNION FILMTHEATER FRIEDRICHSHAGEN

Kolonnenstr. 5, 10827 Berlin www.xenon-kino.de

3

B-WARE! OPEN AIR IM VOR WIEN ­BIERGARTEN KREUZBERG  A  IM FMP1 FRIEDRICHSHAIN  F

16

R.-Sorge-Str. 25a, 10249 Berlin www.tilsiter-lichtspiele.de

14

Greifenhagener Str. 32, 10437 Berlin www.kino-krokodil.de

MARZAHNHELLERSDORF

TEMPELHOFSCHÖNEBERG

STEGLITZZEHLENDORF

TILSITER ­LICHTSPIELE FRIEDRICHSHAIN

Bölschestr. 69, 12587 Berlin 17 www.kino-union.de

KINO KROKODIL PRENZLAUER BERG

4

13

Nansenstr. 22, 12047 Berlin www.ilkino.de

FRIEDRICHSHAIN-

CHARLOTTENBURG-  9  WILMERSDORF

Caligariplatz 1, 13086 Berlin www.brotfabrik-berlin.de

Lehrter Str. 35, 10557 Berlin www.filmrausch.de

PANKOW

6

Teltower Damm 33, 14169 Berlin www.balikino-berlin.de

BROTFABRIKKINO WEISSENSEE  4

9

Bleibtreustr. 12, 10623 Berlin www.filmkunst66.de

Zeughofstr. 20, 10997 Berlin www.eiszeit-kino.de

BALI KINO ZEHLENDORF  3

HACKESCHE HÖFE KINO MITTE 12

www.eva-lichtspiele.de

Müllerstraße 74, 13349 Berlin www.citykinowedding.de

Gaertnerstr. 19, 10245 Berlin ladenkino.de

FILMRAUSCH­PALAST MOABIT 10

Eine Gewähr für die Richtigkeit der Termine kann nicht übernommen werden. Namentlich gekennzeichnete Beiträge geben nicht unbedingt die Meinung der Redaktion wieder. Ein Nachdruck ist nur mit Genehmigung von Redaktion und Autor und mit Quellenangabe gestattet. Für unverlangt eingesandtes Textmaterial wird keine Haftung übernommen. Das INDIEKINO BERLIN Magazin erscheint in einer Auflage von 15.000 Stück. Das Magazin ist kostenfrei. Verteilung in den Berliner Kinos ACUD Kino, b-ware!ladenkino, Bali Kino, Brotfabrikkino, Bundesplatz Kino, City Kino Wedding, Eiszeit Kino, Eva Lichtspiele, filmkunst66, Filmrauschpalast Moabit, fsk-Kino am O ­ ranienplatz, Hackesche Höfe Kino, IL Kino, Sputnik Kino am Südstern, Tilsiter Lichtspiele, Union Filmtheater, Xenon Kino, Z-inema, Zukunft sowie an weiteren 400 Verteilstellen. Abonnement: Auf Wunsch liefern wir Ihnen das INDIEKINO BERLIN Magazin gerne zu einem Unkostenbeitrag direkt nach Hause. Weitere Informationen und ein Bestellformular finden Sie unter: www.indiekino.de/news/de/abonnement Bildnachweis: Filmbilder: Filmverleiher/Filmfestivals ES LEUCHTEN DIE STERNE (S. 7): Deutsche Kinemathek City Kino Wedding (S. 7): INDIEKINO BERLIN, Fotografin: Marei Wenzel

Z-INEMA ­MITTE

19

Bergstr. 2, 10115 Berlin www.z-bar.de

ZUKUNFT ­FRIEDRICHSHAIN Laskerstr. 5, 10245 Berlin kino-zukunft.de

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Wenn man eine Einstellung aus Nicolas Geyrhalters Dokumentarfilm HOMO SAPIENS nimmt und einen Menschen hinein setzt, wird daraus eine Einstellung aus Rick Alversons Spielfilm ENTERTAINMENT. Eine posthumane Landschaft in der Zentralperspektive, deren komischer Aspekt hier mal weniger offensichtlich ist als in den Filmen von Wes Anderson, aber nicht verschwunden. In beiden Filmen sind die Gebäude und Perspektiven, die einmal beeindruckend wirken sollten, noch da, aber es ist niemand mehr zu beeindrucken. Vielleicht ist Rick Alversons einsamer Komiker, der mit Schnapsflaschen unter dem Arm pointenlose Witze erzählt, die Inkarnation des Geistes von HOMO SAPIENS.

VORSCHAU INDIEKINO IM OKTOBER

NACHBILD

D SAINT AMOUR – DREI GUTE JAHRGÄNGE Mach‘ ma Flasche auf D AUF EINMAL Psychodrama im Sauerland D JONATHAN Vater-Sohn-Dilemmata D MEINE ZEIT MIT CÉZANNE Großkünstler-Freundschaft D DAS KALTE HERZ Mittelalter-Märchen mit Starbesetzung D AMERICAN HONEY Andrea Arnolds amerikanisches Debüt D CLOSET MONSTER Surreales Coming-Out D SWISS ARMY MAN Pupsende Wasserleiche D WEISSE RITTER Helden des Prekariats D WELCOME TO NORWAY Goldgrube Flüchtlingsheim D HINTER DEN WOLKEN Verliebt nach 60 Jahren D DIE WELT DER WUNDERLICHS Katastrophenfamilie D AFFENKÖNIG Herrenwitze D GLEISSENDES GLÜCK Verlorene Seelen D HAYMATLOSZ Deutsches Exil Türkei D LOTTE Berliner Schnauze D DIE ZEIT DER FRAUEN Aufbruch in Indien D THÉO & HUGO Nachts in Paris D OSTFRIESISCH FÜR ANFÄNGER Sprachkurs mit Grummel-Uwe D DIE WILDENTE Lügen und Geheimnisse D WHERE IS ROCKY II? Gesucht wird ein Stein SEPTEMBER 2016 D

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favou rites film festi val 6 6 . FAV O U R I T E S F I L M F E S T I VA L 6 . FAV O U R I T E S F I L M F E S T I VA L AUDIENCE AWARD WINNING FILMS A UBDEIRELNI N CE AWARD WINNING FILMS IN N w. B fEfRf b Le IN wI w rlin.de w w w. f f f b e r l i n . d e

CC I TI Y IN OOWWEEDDDDI N T YK K IN I NGG IM EE NN TR E EF FRRAANN AAI SI S I MC C TR MM ÜÜ L LL E RR SS TT RR AAS SS SEE7744 LE 1 31 3 EE RR LL IN 34 39 4 9B B IN

7.9. 7.9. 11.9.16 11.9.16

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