INDIEKINO BERLIN Magazin #25, April 2016

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D A WAR Moral in Zeiten des Krieges DIE KOMMUNE Idee von Freiheit D FRITZ LANG Mehr als ein Bio-Pic D MUCH LOVED Kaleidoskop der Tabuzonen D PELO MALO Subversives Haar D GESTRANDED Im nordfriesischen Flachland D EIN MANN NAMENS OVE Grantler mit Herz D THE LADY IN THE VAN Geschichte einer Koexistenz D AKT Gezeichnete­ Körper D THE FORBIDDEN ROOM Aus dem Quell der verlorenen Filmgeschichten D CHEVALIER Neues von der „Greek Weird Wave“ D BETI UND AMARE Fruchtbarer Boden für Träume D IXCANUL Vetreibung der Schlangen D IM SPINNWEBHAUS Rückzug in die Märchenwelt D WILD Liebe zum Wolf D EDDIE THE EAGLE Triumph des Underdogs

MAGAZIN DER UNABHÄNGIGEN BERLINER LICHTSPIELHÄUSER

D 25 D APRIL 2016

indiekinoBERL

ALLE KATZEN SIND GRAU. START AM 31.3.2016



DIE INDIEKINOS D ACUD KINO D B-WARE!LADENKINO D BALI KINO ­D ­BROTFABRIKKINO BERLIN D BUNDES­PLATZ KINO D CITY KINO WEDDING D EISZEIT KINO D EVA-LICHTSPIELE D FILMKUNST66 D FILMRAUSCHPALAST D FSK-KINO AM ORANIENPLATZ D HACKESCHE HÖFE KINO D IL KINO D SPUTNIK KINO AM SÜDSTERN D TILSITER ­LICHTSPIELE D UNION FILMTHEATER D XENON KINO D Z-INEMA D ZUKUNFT D FLK FRIEDRICHSHAGEN D FLK HASENHEIDE D FLK INSEL D FLK POMPEJI D FLK „UMSONST & DRAU­S­SEN“ IM FILMRAUSCHPALAST D OPEN AIR KINO IM FMP1

EDITORIAL April ist DER Festivalmonat in Berlin. ALFILM, achtung berlin, Filmpolska und der jüngste Zugang, das lateinamerikanische Kurzfilmfestival Lakino, geben sich die Klinke in die Hand, haben ihre Termine aber erfreulicherweise so getaktet, dass es kaum Überschneidungen gibt. Den Anfang macht am 6.4. ALFILM, das Arabische Filmfest Berlins, das sich inzwischen zu einem der wichtigsten Termine für den arabischen Film weltweit gemausert hat. Am 13. übernimmt dann achtung berlin/new berlin film

award, das Festival für junge Produktionen aus Berlin und Brandenburg, das mit seiner Retrospektive diesmal im Bundesplatz Kino zu Gast ist. Am 20. April beginnt mit Filmpolska, das größte polnischsprachige Filmfestival außerhalb Polens, das neben aktuellen Filmen und einer Retrospektive immer auch Workshops für Filmemacher und Filmkritiker anbietet. Den Abschluss macht ab dem 27.4. das Lakino, das als einziges Festival bereits seine 15 (!) Kurzfilmprogramme online gestellt hat, aber an den Terminen wird auch dort noch gehäkelt. Besonders schön ist immer das Kinderprogramm Lakino Kids, das ohne Dialoge auskommt und deshalb für Kinder, gleich welchen Sprachhintergrund sie mitbringen, geeignet ist. Die Festivalplanung ist überall noch in Arbeit, zum Teil stehen erste Filme fest, zum Teil noch nicht einmal das. Auf den Seiten 6/7 stellen wir alle Festivals des Monats kurz vor, detaillierte Programminformationen finden sich dann in Kürze auf den jeweiligen Webseiten. Viel Spaß beim Lesen und viel Spaß im Kino, Eure INDIEKINO BERLIN Redaktion Die Maiausgabe von INDIEKINO BERLIN erscheint am 27.4.2016

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NEU IM APRIL

08 ICH WOLLTE DIE REALITÄT IHRES ALLTAGS ERZÄHLEN: INTERVIEW MIT TOBIAS LINDHOLM

22 27 20 30 17 29 33 28 24 28 14 16 26 30

12 ES WURDE MEHR GETRUNKEN UND GEFEIERT UND GEVÖGELT IN DEN SIEBZIGERN: INTERVIEW MIT THOMAS VINTERBERG 14 MEHR ALS EIN BIO-PIC: FRITZ LANG 24 AUS DEM QUELL DER VERLORENEN FILME: THE FORBIDDEN ROOM 32 KINDERFILME 34 KINOHIGHLIGHTS

Akt Alle Katzen sind grau Anhedonia – Narzissmus als Narkose Beti und Amare Café Waldluft Chevalier Criminal Activities Eddie the Eagle – Alles ist möglich The Forbidden Room Freeheld – Jede Liebe ist gleich Fritz Lang Gestrandet Im Himmel trägt man hohe Schuhe Im Spinnwebhaus

40 KINOADRESSEN, IMPRESSUM ABONNEMENT

30 WEITER IM KINO

42 NACHBILD

El Clan Landstück

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Ixcanul – Träume am Fuße des Vulkans Kill Your Friends Die Kommune The Lady in the Van Ein letzter Tango Ein Mann namens Ove Much Loved Nomaden des Himmels Ornament & Verbrechen. Die Gebrüder Lippok Overgames Pelo Malo Cinema: A Public Affair Rabbi Wolff Unter dem Sand A War Wild

Possession Der Wert des Menschen APRIL 2016 D

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INDIEMAGAZIN

WIE HAT HITCHCOCK DAS GEMACHT? Die „Filmlektionen“ in den Eva Lichtspielen gehen weiter. Diesmal fragt Franz Stadler, der ehemalige Kinobetreiber des filmkunst66: Wie hat Hitchcock das gemacht? Anhand von typischen Filmszenen aus den großen Hitchcock-Klassikern erläutert er die Spannungsmechanismen des Hitchcock-Stils. Was ist der Unterschied zwischen Spannung und Suspense und wie löst Hitchcock Spannung in Komik auf? Am 27.4. um 20.15 Uhr. eva-lichtspiele.de

ZU MARLON BRANDOS GEBURTSTAG: DER PATE Warum sollte man bei einem Filmgiganten wie Marlon Brando nur die runden Geburtstage feiern? Das City Kino Wedding zeigt am 3.4. um 18 Uhr zu Ehren eines der bedeutendsten Charakterdarsteller des 20. Jahrhunderts, der in diesem Jahr 92 Jahre alt geworden wäre, den Film, für den Brando 1973 die Oscar-Auszeichnung verweigerte, um gegen den diffamierenden Umgang Hollywoods mit den amerikanischen Ureinwohnern zu protestieren. Mit seiner Titelrolle im ersten Teil von Francis Ford Coppolas Mafia-Epos DER PATE/THE GODFATHER (OmU) erspielte er sich als Familienoberhaupt Don Vito Corleone einmal mehr Legendenstatus. Regisseur Coppola feiert übrigens vier Tage später seinen 77., Filmsohn Al Pacino Ende des Monats seinen 66. Geburtstag: Herzlichen Glückwunsch! citykinowedding.de D4

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EDDIE CONSTANTINE NACHT Eddie Constantine aka Lemmy Caution war so etwas wie die glanzlose europäische Rache für Humphrey Bogart: ein kleiner Mann mit Mettbrötchenfresse, Hackfleischkinn und Eisenfäusten, vollkommen humor- und charmebefreit, aber einer, vor dem alle „Puppen“ sofort auf die Knie fielen. Heute sehen sich Lemmy Caution-Filme eher als unfreiwillig komische ethnografische Studien zum Phantasma eines anderen Jahrtausends. Godard hat natürlich auch zwei Lemmy-Caution-Filme mit Constantine gedreht, aber das ist eine andere Geschichte. Das Bali zeigt am 1. April den originalen, vollkommen ernst gemeinten Stoff. 20.30 Uhr: ZUM NACHTISCH BLAUE BOHNEN (1963), 23 Uhr: EDDIE GEHT AUFS GANZE (1960).


INDIEMAGAZIN

DIE OPEN AIR-SAISON BEGINNT Zum Zeitpunkt, an dem wir diese Zeilen schreiben, ist es kaum vorstellbar. Aber es ist wahr: Ende April stellt mit dem Freiluftkino Insel das erste Freiluftkino Berlins seine Liegestühle raus. Am 24.4. lädt das Kino zu einem Tag der offenen Tür mit Überraschungsfilmprogramm auf das RAW-Gelände ein. Der Eintritt ist kostenfrei. Der reguläre Spielbetrieb geht dann am 15. Mai los, bei gutem Wetter früher. freiluftkino-insel.de

VERLOSUNG: FILM­COMICS

Zwei Comics, die sich auf witzige und kluge Weise mit dem Einfluss des Kinos und der Filmgeschichte auf das Leben auseinandersetzen: Der aus dem Irak stammende, französische Autor und Zeichner Charles Berberian setzt in CINERAMA vergessenen Perlen des Trashfilms ein humor- und liebevolles Denkmal. Aus der Perspektive seines Kinder-Ichs erzählt, widmet er seine Hommage vor allem den italienischen, arabischen, türkischen und japanischen Machwerken, die sich ihm in den 60er und 70er Jahren „auf ewig ins Hirn gebrannt haben“. Mit EIN LETZTES WORT ZUM KINO geht der französische Autor Blutch grafisch einfallsreich und ausdrucksstark der Frage nach dem Einfluss der Film-Mythen auf seine Arbeit nach. Auch er landet dabei bei seinen Jugendikonen: Claudia Cardinale, Jean-Luc Godard und Luchino Visconti. Wir verlosen je zwei Mal beide Comics, die aktuell in deutscher Sprache im Reprodukt-Verlag erschienen sind. Teilnehmen können alle Einsendungen, die bis zum 15. April mit dem Betreff „Kinocomics“ an die Mailadresse info@indiekino.de geschickt werden. reprodukt.com

PINA SCHAUKELT – WAS KLEINE MÄDCHEN BRAUCHEN

JUNGE FLÜCHTLINGE ERZÄHLEN: I’M HERE In einem von professionellen Filme-

Für ihre Langzeit-Dokumentation hat die Berliner Filmemacherin Heide Breitel den Krippenalltag von Kindern im Alter zwischen zehn Monaten und zweieinhalb Jahren beobachtet. Sie hat die Lernfähigkeit, Entdeckerfreude und Gestaltungslust, mit der sich kleine Kinder auf ihren Weg begeben, ebenso festgehalten wie die komplexe Arbeit der Erzieher und Erzieherinnen, deren Job es ist, ein starkes und stabiles Vertrauensverhältnis zu den Kleinen aufzubauen. Der Film wird zweimal in den Eva Lichtspielen gezeigt, am 6.4. um 20.15 Uhr und am 24.4. um 11 Uhr, und am 3.4. um 11 Uhr im Rahmen der Berlin-Film-Matinee im Bundesplatz-Kino, jeweils in Anwesenheit der Regisseurin. heide-breitel-film.eu eva-lichtspiele.de

machern initiierten Workshop hat eine Gruppe Jugendlicher aus Syrien, Afghanistan, Guinea und Armenien, die innerhalb der vergangenen zwei Jahre unbegleitet nach Deutschland gekommen sind, von ihren sehr unterschiedlichen Erfahrungen und Hintergründen berichtet. In dem aus diesem Austausch - und nach ihren Vorstellungen - entstandenen Dokumentarfilm erzählen sie von Krieg und Aussichtslosigkeit in der Heimat, von Flucht und Unterwegssein und von der Suche nach neuen Lebens- und Berufsperspektiven in Berlin. Aktuell begleiten die Jugendlichen ihren Film zu Aufführungen an Schulen und anderen Bildungs- und Freizeiteinrichtungen. Am 2.4. um 19.30 Uhr sind sie im Filmrauschpalast zu Gast. filmrausch.de APRIL 2016 D

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INDIEMAGAZIN

FESTIVALS FESTIVALS FESTIVALS

20.– 29.4.: FILMPOLSKA

Das größte polnische Filmfestival außerhalb seines Heimatlandes bringt zum elften Mal eine Auswahl von Werken bekannter und unbekannter polnischer Künstlerinnen und Künstler in die Berliner Kinos. Mit dabei: die Indies Acud Kino, Bundesplatz Kino und fsk-Kino. In der Sektion „Neues Kino“ lässt Agnieszka Smonczyńska Meerjungfrauen zu Vampiren mutieren (CÓRKI DANCINGU/THE LURE), spinnt ein Teenager sein Netz um einen vermeintlichen Serienmörder (CZERWONY PAJĄK/THE RED SPIDER, R: Marcin Koszałka) und zeichnet Tomasz Wasilewski in ZJEDNOCZONE STANY MIŁOŚCI/UNITED STATES OF LOVE, der auf der diesjährigen Berlinale den Drehbuchbären gewann, ein Bild der polnischen Gesellschaft in den 90er Jahren. Die diesjährige Retrospektive ist dem Regisseur und Schauspieler Jerzy Skolimowski gewidmet. filmpolska.de

23.+24.4.: FESTIVAL DES SPIRITUELLEN FILMS Das Programm des „Festivals des spirituellen Films“ der spirituellen Aktivisten Usch Schmitz und Kraft Wetzel, die einige Jahre lang sehr engagiert im Wedding das spirituelle „Kino am Ufer“ betrieben haben, stand zu Redaktionsschluss noch nicht fest. Eine Webseite ist uns auch nicht bekannt, aber zu einem kosmisch günstigen Zeitpunkt werden sich Informationen gewiss auf der Webseite der gastgebenden Location City Kino Wedding manifestieren. citykinowedding.de

27.4.– 1.5.: LAKINO KURZFILMFESTIVAL Das Festival für aktuelle lateinamerikanische Filmproduktionen hat sich dem unabhängigen Kurzfilm verschrieben und bietet Filmen, die man sonst eher selten findet, und Filmemachern, deren Gesichter (noch) nicht die Titelseiten der Hochglanzmagazine zieren, ein Forum. Zum Festivalprogramm im Sputnik Kino gehören neben Länderspecials auch ein LGBTQ-Special, ein Berlin-Special und Lakino Kids, das Kinderkurzfilmprogramm. Alle Filme werden im Original mit englischen Untertiteln gezeigt. Das Kinderprogramm kommt ohne Dialoge aus und ist so für Kinder aller Länder geeignet. lakino. com D6

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United States of Love

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Mit Fantasie gegen den Mangel

13.– 20.4.: ACHTUNG BERLIN/NEW BERLIN FILM AWARD Zum zwölften Mal päsentiert achtung berlin junge Spiel- , Dokumentar- , Kurz- und Experimentalfilme aus Berlin und Brandenburg an sechs Spielorten, darunter auch die Indiekinos Tilsiter Lichtspiele und das Bundesplatz Kino, in dem in diesem Jahr die Retrospektive „Berlin in Fashion“ beheimatet ist: Highlights der Reihe, die Berlin als Modestadt nachspürt, sind Entdeckungen aus den Archiven, die extra für das Festival zugänglich gemacht wurden, wie DER MODE­ SPIEGEL und HERBSTMODENSCHAU BEI STAEBE-SEGER oder die Stummfilm-Konfektionskomödien DER STOLZ DER FIRMA und SCHUHPALAST PINKUS mit Ernst Lubitsch. achtungberlin.de Scheherazade‘s Diary

6.–13.4.: ALFILM – ARABISCHES FILMFESTIVAL BERLIN Das arabische Filmfestival ist diesmal auch im City Kino Wedding und im fsk-Kino in Kreuzberg vertreten. Wie immer zeigt das Festival ein umfangreiches Programm aktueller Spielfilme, Dokumentar- und Kurzfilme sowie Videokunst aus den arabischen Ländern und von arabischen Künstlern. Zu den ersten Filmen, die schon fest stehen, gehört die schwarze Komödie VERY BIG SHOT von Mir-Jean Bou Chaaya (Libanon/ Katar 2015) um vier Freunde, die es für eine gute Idee halten, Drogen in versiegelten Filmdosen über Kurdistan nach Syrien zu schmuggeln, und der in Marokko verbotene Cannes-Beitrag MUCH LOVED (Besprechung auf Seite 18) Im Spotlight „Cousin/Cousinen“ geht das Festival jüdisch-palästinensischen Identitäten nach. alfilm.de

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INDIEFEATURE

Der Regisseur Thomas Vinterberg gehört wie Lars von Trier, Susanne Bier, Lone Scherfig und Søren Kragh-Jacobsen zur „Dogma 95“-Generation dänischer Filmemacher. Zu seinen größten Erfolgen zählen die intensive Studie einer Familie, in der Missbrauch jahrelang verschwiegen wurde, DAS FEST (1998), und der Oscar-nominierte Psychothriller DIE JAGD (2012), der das Blatt wendete und von einem Erzieher handelte, der zum Opfer eines Dorfes wird, als ein Missbrauchsverdacht aufkommt. Zuletzt erschien von ihm die Literaturverfilmung AM GRÜNEN RAND DER WELT (2015). Seit 2010 arbeitet Vinterberg immer wieder mit dem rund 10 Jahre jüngeren Tobias Lindholm zusammen, der die Bücher zu seinen Filmen SUBMARINO und DIE JAGD verfasste und auch das Buch zum in diesem Monat anlaufenden DIE KOMMUNE geschrieben hat. Die beiden verbindet eine skeptische – sie würden selbst wahrscheinlich eher sagen: realistische – Einschätzung menschlicher Beziehungen und eine Vorliebe für emotionale Extremsituationen. Seit einiger Zeit ist Lindholm auch selbst als Regisseur tätig. Sein erster Film R (2010), ein nihilistisches Gefängnisdrama, versammelte einen Cast von Ex-Sträflingen und Ex-Wärtern in einem ehemaligen Hochsicherheitsgefängnis. Sein zweiter Film A HIJACKING (2012) spielte auf einem dänischen Frachtschiff, das von somalischen Soldaten entführt wird. Sein jüngster Film A WAR, über einen Soldaten, der traumatisiert aus dem Afghanistan-Krieg zurückkehrt, wurde für einen Oscar nominiert. Wie DIE KOMMUNE kommt A WAR diesen Monat ins Kino. Thomas Abeltshauser hat mit den beiden Regisseuren über ihre Filme und ihre Zusammenarbeit gesprochen.

„ICH WOLLTE DIE REALITÄT IHRES ALLTAGS Interview mit Tobias Lindholm

INDIEKINO BERLIN: Viele der Darsteller in Ihrem Film sind echte Soldaten. Inwiefern war das dänische Militär involviert und hatte Einfluss auf das Drehbuch? Tobias Lindholm: Ich habe mich vor dem Drehbuchschreiben mehrmals mit Militärvertretern getroffen und ihnen das Projekt erklärt. Wir haben ihnen nie das Drehbuch zum Lesen gegeben, sie hatten keinen Einfluss auf den Schnitt. Aber sie haben unser Projekt akzeptiert und uns erlaubt, ihre Soldaten zu besetzen. Außerdem haben sie uns Material zur Verfügung gestellt, Uniformen und Ausrüstungen, um dieses Umfeld authentisch darstellen zu können. Sie waren also involviert, aber nur auf einem praktischen Level, nicht bei den Entscheidungen.

War die Zustimmung an Vorgaben geknüpft? Gab es Dinge oder Themen, die nicht vorkommen durften? Nein, ich habe ihnen von Anfang an gesagt, dass es um einen Soldaten geht, der sich eines Kriegsverbrechens schuldig macht und sich vor Gericht dafür verantworten muss. Das ist natürlich kein Thema, das sie fördern wollen, aber ihnen ist klar, dass diese Problematik existiert und Journalisten so oder so darüber schreiben. Und ich glaube, ihnen hat mein vorheriger Film A HIJACKING gefallen und sie hatten den Eindruck, dass ich diese Welt auf einem Frachtschiff und seiner Besatzung fair dargestellt habe. Sie waren sich also sicher, dass ich sie nicht fertig machen will, sondern die Realität ihres Alltags erzählen will. Sie fühlen sich oft falsch dargestellt oder unverstanden und waren froh, dass jemand ihr Leben authentisch wiedergibt. Und die Soldaten, die den Film gesehen haben, bestätigen das. Warum war es so wichtig, mit echten Soldaten zu sprechen? Weil ich selbst nie im Krieg war. Alles, was ich darüber weiß, stammt aus anderen Filmen. Und die sind voller Klischees. Um das zu verhindern, musste ich mit denen reden, die Kriegseinsätze wirklich erlebt haben. Nur so komme ich an Wissen und an Erfahrungen, die nicht fiktional sind. Nur so kann ich ihr Leben so präzise wie möglich darstellen. Und die reale Gewalt ist ziemlich hässlich und außer Kontrolle, man will das gar nicht sehen, ganz anders als die Bilder in den meisten Kriegsfilmen.

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ERZÄHLEN“ Sie stellen die Kriegserlebnisse dem Leben in der Heimat gegenüber, verbinden Kriegsfilm mit Familiendrama.

Was ist für Sie der Unterschied, ein Drehbuch für einen eigenen Film oder für Thomas Vinterberg zu schreiben?

In vielen Kriegsfilmen werden die Soldaten entmenschlicht, sie sind reine Kampfmaschinen in Uniform. Ich wollte aus ihnen komplexe Charaktere machen, der Protagonist ist auch ein Ehemann und Vater. Es geht also nicht nur um die Soldaten im Kriegsgebiet, sondern auch um die Familien, die oft monatelang ohne ihren Vater oder ihre Mutter und in ständiger Sorge um sie leben müssen. Und es gibt noch eine dritte Seite: Sie sind auch Bürger eines demokratischen Landes und müssen sich für ihre Taten verantworten. In diesen drei Arenen habe ich meinen Film aufgebaut.

Bei meinen Filmen bin ich der Bandleader und ich schreibe die Songs, bei Vinterberg bin ich eher der Drummer seiner Band, zu der noch jede Menge andere Leute gehören. Er und Mads Mikkelsen sind die Rockstars und ich sitze eher im Hintergrund und versuche, den Rhythmus und den Groove zu halten. Aber mal im Ernst: Als Drehbuchautor versuche ich, das bestmögliche Skript für Thomas als Regisseur zu schreiben. Es gibt in seinen Filmen eine Menge Szenen, die ich nicht inszenieren könnte. Ich erinnere mich etwa an die Kirchenszene in DIE JAGD, in der alles den Bach runtergeht. Bei jeder neuen Fassung habe ich diese Szene wieder gelöscht, weil sie mir auf dem Blatt nicht gefallen hat. Ich konnte mir einfach nicht vorstellen, wie man sie drehen müsste. Und wenn die Fassung dann von Thomas zurückkam, war sie wieder drin. Du wirst schon sehen, sagte er mir dann immer, ich weiß wie ich sie drehe. So ging das hin und her, ich glaubte bis zum Schluss nicht an die Szene, erst als ich sie im Schnitt sah, wusste ich: Sie ist perfekt. Und sie blieb drin, weil es ein Thomas Vinterberg-Film ist. Also ja, ich schreibe für ihn anders als für meine Projekte, genauso wie ich für die Serie „Borgen – Gefährliche Seilschaften“ anders schreibe. Wenn ich für andere schreibe, ist es eher Handwerk und sehr kontrolliert, für mich selbst ist es ein viel größeres Durcheinander.

Sie drehen in Ihren inzwischen drei Spielfilmen immer wieder mit denselben Schauspielern wie Pilou Asbæk. Schreiben Sie die Rollen schon mit bestimmten Darstellern im Hinterkopf? Ich trenne nicht zwischen Film und Leben, ich will auch meine Arbeitszeit mit Leuten verbringen, die ich mag. Ich wechsele auch nicht meine Frau oder meinen Bruder, genauso bleibe ich meiner Filmfamilie treu. Und ich fühle mich sehr privilegiert, dieses Leben mit meinen Freunden teilen zu können. Pilou und ich sind gleich alt, wir haben zusammen angefangen und für mich ist er der beste skandinavische Schauspieler. Ich bin froh, dass er mir einen Teil seiner Lebenszeit schenkt. Jetzt ist er in der neuen Staffel von „Game of Thrones“... ich hoffe, sie bringen ihn schnell um!

D Das Gespräch führte Thomas Abeltshauser

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A WAR

Moral in Zeiten des Krieges Irgendwo in der afghanischen Provinz. Eine dänische Einheit auf Patrouille. Die Soldaten sind nervös. Dann tritt einer von ihnen auf eine Mine, die ihm die Beine zerfetzt. Alle Wiederbelebungsversuche sind vergeblich. Tags darauf ist die Stimmung in der Truppe angespannt. Mit unverhältnismäßiger Härte gehen die Männer gegen die Bevölkerung vor, zu deren Schutz sie abkommandiert wurden. Jedes Fahrzeug könnte mit Sprengstoff präpariert sein, jeder Ziegenhirte ein potentieller Selbstmordattentäter der Taliban sein. Für Kommandant Claus Michael Pedersen (Pilou Asbæk) ist es selbstverständlich, dass er seiner Truppe beisteht, um die Moral aufrecht zu erhalten. So begleitet er die Einheit in ein nahegelegenes Dorf – und in einen Hinterhalt. Schüsse fallen, die Männer werden in die Enge getrieben, ein Soldat wird schwer verletzt. In dem Chaos trifft Claus eine folgenschwere Entscheidung, die auch das Schicksal seiner Familie beeinflusst, die in Dänemark auf ihn wartet. Daheim ist seine Frau Maria (Tuva Novtony) vollauf damit beschäftigt, den drei Kindern Halt zu geben und dabei selbst nicht in Sorge zu verfallen, wenn sich Claus am Abend nicht wie versprochen meldet. Auch wenn er es sich nicht anmerken lässt, hat der mittlere Sohn Julien am meisten mit der Abwesenheit des Vaters zu kämpfen. In der Schule sucht er immer wieder Konflikte mit seinen Mitschülern. Maria wird zur Schulleitung bestellt. In einem unbeachteten Moment schluckt Elliott, der jüngste Spross der Familie, Schmerztabletten und sie verbringen die Nacht im Krankenhaus. Dann steht Claus überraschend vor der Tür, doch die Freude ist nur von kurzer Dauer. In A WAR stellt Regisseur und Autor Tobias Lindholm die Erlebnisse der Soldaten der Perspektive der Daheimgebliebenen gegenüber. Bereits in seinem meisterhaften Drama A HIJACKING über die Entführung eines Frachters durch somalische Piraten betrachtete er das Geschehen aus der Sicht eines Kochs an Bord und durch die Augen des Sprechers der

Originaltitel: Krigen D Dänemark 2015 D 115 min D R: Tobias Lindholm D B: Tobias Lindholm D K: Magnus Nordenhof Jønck D S: Adam Nielsen D D: Pilou Asbæk, Tuva Novotny, Dar Salim D V: StudioCanal Deutschland

Reederei, der die Aufgabe hat, den Schaden zu beurteilen und die Entscheidungen seiner Vorgesetzten vor den Angehörigen zu verteidigen. In seinem Erstling R zeigte Lindholm den Alltag im Knast anhand zweier Insassen unterschiedlicher Herkunft. Bei beiden Filmen stand übrigens Pilou Asbæk vor seiner Kamera und auch hier verkörpert er eindrucksvoll den hilflosen Offizier in einem schweren moralischen Dilemma. Die Themen Schuld und Moral, die das dänische Kino so oft und so gut im Kino behandelt, stehen in A WAR im Mittelpunkt. Darüber hinaus setzt sich Lindholm in seinem Film mit den Auslandseinsätzen seiner Heimat auseinander. „Seit 14 Jahren ist Dänemark eine Nation, die sich im Krieg befindet“, erklärt der Regisseur. „Es hat meine Generation mehr als alles andere geprägt, dass wir junge Männer in Kriege schicken, in denen es nicht darum geht, die Grenzen Dänemarks zu verteidigen, sondern deren Beweggründe auf abstrakteren politischen Entscheidungen basieren.“ A WAR ist ein wichtiger Beitrag zur Diskussion über die Rechtmäßigkeit dieser Einsätze und stellt die richtigen Fragen. Auf diese Fragen Antworten zu finden, mag schmerzhaft sein, es ist aber essentiell. D Lars Tunçay

Start am 14.4.2016 ¢ b-ware!ladenkino ¢ Hackesche Höfe Kino

OMU DF OMU

In his Oscar nominated feature film Danish director Tobias Lindholm contrasts the traumatic experience of a Danish officer in the Afghanistan War with the emotional hardship his family in Denmark experiences.


INDIEFEATURE

DIE KOMMUNE Idee von Freiheit Originaltitel: Kollektivet D Dänemark/Niederlande/Schweden 2015 D 111 min D R: Thomas Vinterberg D B: Thomas Vinterberg, Tobias Lindholm D K: Jesper Tøffner D S: Janus Billeskov Jansen, Anne Østerud D M: Fons Merkies D D: Ulrich Thomsen, Trine Dyrholm, Helene Reingaard Neumann D V: Prokino Filmverleih

Start am 21.4.2016 ab Mai ¢ Acud Kino ¢ b-ware!ladenkino OMU DF ab Mai ¢ Bundesplatz Kino OMU DF ¢ Eva Lichtspiele DF ¢ Hackesche Höfe Kino OMU , tip Preview am 6.4. um 20 Uhr ¢ Il Kino OMU ab Mai ¢ Sputnik Kino OMU DF ab Mai ¢ Union Filmtheater DF ab Mai DF

When Erik inherits a gigantic mansion his wife Anna proposes to found a commune. Her dream of a different life turns bitter when Erik falls in love with one of his students and even has her move in with them.

Der Titel von Thomas Vinterbergs Film DIE KOMMUNE ist etwas irreführend. Um die Kommune, die im Film gegründet wird, geht es gar nicht so sehr, im Zentrum der Erzählung steht vielmehr die Mitte 40-jährige Anna, gespielt von Trine Dyrholm, die für ihre darstellerische Leistung auf der Berlinale den silbernen Bären bekam. Anna und Erik (Ulrich Thomsen) sind ein bürgerliches Paar mit einer 13-jährigen Tochter. Sie ist eine resolute Frau und eine bekannte Nachrichtensprecherin, er ist ein Cord-Sakkos tragender, menschenscheuer Architekt und unterrichtet an der Uni. Zu Beginn von DIE KOMMUNE erbt Erik von seinem Vater ein geräumiges Haus, das viel zu groß für die drei ist. Erik möchte verkaufen, aber Anna entdeckt in den weiten Räumen die Sehnsucht nach einem anderen Leben, nach anderen Menschen und schlägt vor, eine Kommune zu gründen. Regisseur Thomas Vinterberg, der selbst in einer Kommune groß geworden ist und sagt, er habe keine schlechten Erinnerungen an die Zeit, schildert Annas Sehnsucht, aber er teilt sie nicht. Wie schon in DAS FEST und DIE JAGD ist er auch hier ein kritischer Beobachter sozialer Gefüge und menschlicher Wünsche. Von Anfang an knirscht es gewaltig in Annas Traum. Zum ersten Mal vielleicht, als sie Erik mehr oder weniger sagt, dass sie mit anderen Menschen zusammen ziehen möchte, weil die Gespräche mit ihm sie inzwischen langweilen. Oder als Erik und Anna Leute einladen, die sie gar nicht so sehr mögen, die aber zur Finanzierung des Hauses beitragen könnten. Die große Katastrophe beginnt, als Erik sich in eine Studentin verliebt und Anna sogar vorschlägt, Emma (Helene Reingaard Neumann) könnte doch bei ihnen einziehen. Was recht heiter als Porträt eines Experiments anfängt wird zum bitteren Drama einer Frau, die an ihrer Idee von Freiheit innerlich zerbricht, während der Chor der grob skizzierten Kommunarden hilf- und tatenlos zusieht. D Hendrike Bake

TERMINE UNTER WWW.INDIEKINO.DE

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„ES WURDE MEHR GETRUNKEN UND GEFEI Interview mit Thomas Vinterberg

INDIEKINO BERLIN: Sie sind selbst in einer Kommune aufgewachsen. Ist das ein Lebensmodell, das wiederkehren könnte?

Was ist von den Idealen übrig geblieben, sowohl für Sie als auch für die Gesellschaft als Ganzes?

Thomas Vinterberg: Das Kommunenleben ist heute viel rationaler. Ich würde es noch nicht einmal so nennen. Junge Leute mit wenig Geld ziehen in WGs zusammen, um Miete zu sparen. Aber jeder hat sein eigenes Fach im Kühlschrank. Es ist nicht mehr so verrückt und naiv und durchgeknallt und liebenswürdig, wie es damals in den Siebzigern war. Das hat sich überlebt. Ich habe 12 Jahre in einer Kommune gelebt, von sieben bis 19, aber jede Kommune war anders, so wie jede Familie anders ist. Es gab sehr wilde Kommunen mit freier Liebe und ja, auch Pädophilen, und es gab Kommunen wie unsere, die sehr bürgerlich war, sehr bodenständig und eher wie eine erweiterte Akademikerfamilie. Lehrer, Journalisten und Professoren, die sich ein Haus geteilt haben. Es gab einen radikalen Wandel zwischen 1975 und 85. Was sehr offen und großzügig begann, wurde schnell spießig und egoistisch. 1975 wurde die Miete nach dem Einkommen jedes Einzelnen geteilt und der Vorschlag kam von dem, der am besten verdiente! Schnitt nach 1985: Mein Vater geht mit genau diesen Leuten in eine Bar, ein paar haben aufgehört zu trinken und achten bei der Rechnung auf jede Krone, weil sie ja nur Mineralwasser getrunken haben. Traurig, oder?

Ich bin mir nicht sicher, was noch übrig ist. Ich weiß, womit es ersetzt wurde: mit Individualismus und dem Recht auf Privatsphäre. Auch das sind ja Werte. Ganz ehrlich sehe ich heute nicht viel Teilen, zumindest was Materielles angeht. Natürlich teilen die Leute viel auf Facebook. Ich fürchte, sie haben auch weniger Sex als früher. Es wurde mehr getrunken und gefeiert und gevögelt in den Siebzigern. Heute lebt jeder in seinem eigenen Apartment. War die freie Liebe nicht schon immer eine Lüge? Die Sexualmoral heute ist mindestens genauso verlogen. Untreue gilt als Verbrechen, aber fast jeder hat Affären. Heute wie damals ist das Problem, dass es eine öffentliche Agenda gibt, wie man sein Leben zu führen hat. Und die Agenda heute heißt Monogamie zwischen zwei Menschen. Und unter dieser Moral leiden sehr viele. War die Zeit um Ihren Film „Das Fest“ und Dogma 95 im Rückblick auch naiv? Ja und nein. Wir waren jung und rebellisch und eitel und ja, auch naiv. Aber man darf nicht vergessen, dass es anfangs riskant war, gegen das herrschende Kino anzukämpfen, dass wir für medioker hielten. Dieses Risiko

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IERT UND GEVÖGELT IN DEN SIEBZIGERN.“ verflog, als Dogma erfolgreich wurde, ein Rezept, eine Mode. Plötzlich sprachen Leute vom „Dogma-Style“, was ziemlich ironisch ist, denn Stil wollten wir ja gerade nicht. Damit war es vorbei. All der Applaus in Cannes 1998 war der Anfang vom Ende. Es war die natürliche Entwicklung dieser Welle, sie brach. Wir mussten die zehn Gebote wegschmeißen, denn sie waren zum Festivalticket geworden. Was ich mir davon bis heute bewahrt habe, ist der Ehrgeiz, so wahrhaftig und konfrontativ wie möglich zu sein. Kommunen waren auch immer hochpolitische Biotope. Wieso haben Sie sich auf das Private konzentriert? Weil es zwei Seiten gibt: Wovon die Leute reden wollen und was sie lieber verschweigen. Und Tobias und mich hat eher das Zweite interessiert. Und wir haben einen Filter, der Klischees verhindern soll. Wir haben alles rausgenommen, was man in einem Film über eine Kommune erwartet. Keine Lagerfeuer, kein Hasch, keine politischen Diskussionen, keine Menstruationsgespräche. Alles raus. Wie würden Sie die Kollaboration mit Tobias Lindholm beschreiben, dem Ko-Autor ihrer Drehbücher?

schon wieder zusammen, ein Drehbuch, das den Alkohol feiert. Viele große Taten der Geschichte sind ohne Alkohol nicht denkbar. Der Zweite Weltkrieg wurde von einem Trinker gewonnen, Sir Winston Churchill. Wichtige Werke der Weltliteratur sind unter Alkoholeinfluss entstanden. Mit dem richtigen Maß werden Gespräche oft sehr viel besser als nüchtern. Und gleichzeitig stirbt man daran. Und in Dänemark sterben wir früh, denn wir trinken sehr viel. Diese Dualität fasziniert uns. Wir trinken nicht mehr, aber wir versuchen dem öden, puritanischen Mittelmaß zu entgehen, indem wir wenigstens darüber schreiben. Das dänische Kino ist seit Jahren extrem stark. Hat das strukturelle Gründe oder liegt es an Filmemachern wie Ihnen, Lindholm und von Trier? Wir halten zusammen und helfen einander. Und wir fordern uns gegenseitig heraus, wir nehmen kein Blatt vor den Mund. Und wir haben uns in allen möglichen Situationen und Zuständen erlebt, Lars zum Beispiel, das schweißt zusammen. Wir sind eine Gruppe, eine Kommune. Und wir alle haben die Agenda, Grenzen auszuloten und zu überschreiten. Das hält uns wach. D Das Gespräch führte Thomas Abeltshauser

Es ist sehr ungemütlich, dass er selbst als Regisseur so erfolgreich geworden ist! Nein, ich arbeite wahnsinnig gern mit ihm zusammen. Ich sehe ihn in erster Linie als Vorbild. Er ist sehr klug und ein echter Künstler. Und ein sehr enger Freund, den ich sehr respektiere. Und wir arbeiten gerade APRIL 2016 D

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INDIEFEATURE

FRITZ LANG Mehr als ein Bio-Pic

Es beginnt mit dem Pfiff. „Die Halle des Bergkönigs“ aus Edvard Griegs „Peer Gynt“, immer leicht schief gepfiffen, kündigt in M – EINE STADT SUCHT EINEN MÖRDER das Erscheinen des Mörders Hans Beckert (Peter Lorre) an. 1931 war die Idee, die Tonspur im Film nicht nur illustrativ einzusetzen, sondern den Schrecken im Bild vorher auf der Tonebene anzukündigen, ganz neu. Heute ist diese Technik in allen Filmgenres vom Drama bis zum Horrorfilm üblich, aber als Tarantino in KILL BILL: VOL.1 (2003) Fritz Langs Pfiff zitierte und mit seiner Mörderin One Eye aka Elle Driver (Daryl Hannah) verband, war der Effekt so atemberaubend wie 70 Jahre zuvor. Mit M – EINE STADT SUCHT EINEN MÖRDER legte Fritz Lang den Grundstein des modernen Genrefilms. Kaum ein Horror-, Detektiv-, Gangsteroder Großstadtfilm lässt sich nicht in irgendeiner Weise auf M zurückführen, auf dessen Verbindung von realistischen und expressionistischen Elementen, auf dessen ambivalente Figuren, auf den moralischen Konflikt im gesellschaftlichen Kontext. Möglicherweise liegt in M sogar die deutsche Krimi-Leidenschaft und die TATORT-Idee, dass man im Krimi besonders gut gesellschaftliche Entwicklungen verhandeln kann, begründet. Heute kann man die Bilder des Mobs, der in M einen älteren Herrn umringt, den er für den Mörder hält, nicht sehen, ohne an aktuelle Ereignisse wie etwa an den Fall der 13-jährigen Lisa aus Marzahn zu denken, in dessen Umfeld ein aufgestachelter Mob ein Flüchtlingsheim attackierte. M – EINE STADT SUCHT EINEN MÖRDER mag 85 Jahre alt sein, aber seine Aktualität und sein humanistisches Plädoyer sind ebenso unbestreitbar wie seine ästhetischen Errungenschaften.

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INDIEFEATURE

Gordian Maugg muss sich gefragt haben, wie diese unglaubliche Komplexität, diese ästhetische Intensität, und diese mutige, sich gegen den Zeitgeist behauptende Humanität entstehen konnten. FRITZ LANG ist mehr als eine Biografie, mehr als ein Bio-Pic, Mauggs Film ist ein Zeit-Bild, das die aktuelle Wahrnehmung von M zum Ausgangspunkt einer traumund rauschhaften, psychologischen und historischen Erkundung macht. Gordian Maugg ist schon seit seinem vielfach preisgekrönten, auf einer handgetriebenen Askania-Kamera von 1927 gedrehten Debüt DER OLYMPISCHE SOMMER (1993) einer der originellsten deutschen Filmemacher und ein Spezialist für die Rekonstruktion historischer Filmstile. Auch in FRITZ LANG fügen sich Originalbilder aus Lang-Filmen, aber auch aus Wochenschauen und anderem historischen Bild- und Ton-Material fast nahtlos in die Erzählung ein – auch ein technisches Meisterstück. Fritz Lang (Heino Ferch) ist 1929 an einer Karriereschwelle. Mit DIE FRAU IM MOND hat er einen der letzten Stummfilme produziert, und noch macht er sich auf Partys über den Tonfilm lustig, aber um in Stimmung zu kommen, benötigt er Kokain, die Beziehung zu seiner zweiten Frau Thea von Harbou ist frostig und die Drehbücher für den ersten Lang-Tonfilm sind alle Mist. Nachts marschiert die SA zum Horst-Wessel-Lied durch die Straßen Berlins. Lang erkennt in der Melodie ein Lied, das ihm seine jüdische Mutter als Kind vorgesungen hat. Er sucht sich eine Prostituierte, und während eines hässlichen Verkehrs in einem Treppenhaus zeigt Maugg eine wilde Montage aus historischen Filmbildern: Pornos, Aufmärsche, Rausch und Straßengewalt – eine Vision gewaltsamen Begehrens. Am nächsten Morgen packt Fritz Lang seine Reisemonokel zusammen

und macht sich auf den Weg nach Düsseldorf, um über den Fall des als „Bestie von Düsseldorf“ bekannten Kinder- und Frauenmörders zu recherchieren, für den gerade der berühmte Berliner Polizeirat Gennat (Thomas Thieme) nach Düsseldorf abgestellt wurde. Die Recherchereise, die den Grundstock für M legen wird, führt Lang auch in seine eigene Vergangenheit. Gennat war Lang vor einiger Zeit schon einmal begegnet, aber damals war der Regisseur selbst der Verdächtige… Heino Ferch, Thomas Thieme und auch Samuel Finzi als der Mörder Peter Kürten spielen großartig, mit dezentem Understatement, aber stets absolut präsent. Die Szenen, die Maugg als Quelle von Langs visuellen Ideen konstruiert, sind überzeugend und reflektieren das Verhältnis von Bildidee und Wirklichkeit. Ein fantastischer Film, und es ist schön, dass es die Möglichkeit gibt, Mauggs Film ein paar Mal auch im Doppelpaket mit M – EINE STADT SUCHT EINEN MÖRDER zu sehen. D Tom Dorow Deutschland 2015 D 104 min D R: Gordian Maugg D B: Gordian Maugg, Alexander Häusser D K: Lutz Reitemeier, Moritz Anton D D: Johanna Gastdorf, Heino Ferch, Samuel Finzi, Thomas Thieme, Lisa Charlotte Friederich

Start am 14.4.2016 ¢ Union Filmtheater

In his movie M Fritz Lang used sound for the first time and to great effect. Fusing original material with invented scenes FRITZ LANG undertakes an imaginary but well researched exploration of the way Lang conceived M by researching the case of a notorious serial killer, the “Bestie von Düsseldorf”.

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INDIEKRITIKEN Originaltitel: Ixcanul D Guatemala/Frankreich 2015 D 93 min D R: Jayro Bustamante D B: Jayro Bustamante D K: Luis Armando Arteaga D S: César Díaz (II) D M: Pascual Reyes D D: María Mercedes Croy, Maria Telon, Manuel Antún D V: Kairos Filmverleih

IXCANUL – TRÄUME AM FUSSE DES VULKANS

Deutschland 2016 D 80 min D R: Lisei Caspers D K: Fabian Klein D S: Jamin Benazzouz D D: Aman, Mohammed, Osman, Ali, Hassan, Christiane Norda, Helmut Wendt D V: Pandora Filmverleih

GESTRANDET Im ostfriesischen Flachland

Vertreibung der Schlangen

Die junge Maya Maria lebt mit ihrer Mutter und ihrem Vater auf einer Kaffeeplantage im Hochland Guatemalas. Hier gehört alles dem Großgrundbesitzer, vertreten durch seinen Vorarbeiter Ignacio: die Hütte der Eltern, die Plantage, das von Schlangen verseuchte Feld vor der Hütte und die Kneipe, in der die Maya-Arbeiter ihren Lohn vertrinken bis sie so verschuldet sind, dass sie den Kaffee umsonst pflücken müssen. Maya soll Ignacio heiraten, was für ihre Familie ein großer Coup wäre, aber sie ist in den Arbeiter Pepe verliebt, der von der Emigration in die USA träumt. Als Maria von Pepe schwanger wird, verschwindet der über Nacht. Ihre Mutter versucht mit allen möglichen traditionellen religiös-magischen Mitteln, eine Abtreibung zu erreichen, was aber misslingt. Für die Familie bedeutet Marias Schwangerschaft eine Katastrophe. Ihnen droht der Verlust ihrer Hütte, und die komplette Vertreibung durch Ignacio, wenn sie keinen ökonomischen Grund schaffen, der sie unersetzlich macht. Nur die Vertreibung der Schlangen auf dem unwirtschaftlichen Feld kann sie retten. IXCANUL erzählt von einem ausgebeuteten Volk, dem weder wohlmeinende Staatsangestellte, die kein Maya sprechen, helfen können, noch ihre eigenen magisch-religiösen Traditionen. Helfen würden Alphabetisierungsprogramme, Bodenreformen und Sprachkurse in beide Richtungen, aber als einsprachige Analphabeten sind die Maya-Arbeitskräfte leichter beherrschbar. Staatliche Initiativen erweisen sich auch im Film als symbolpolitisches Feigenblatt, das von vornherein keine Änderung bewirken darf. Regisseur Jorge Bustamente wuchs selbst im Hochland von Guatemala auf, wo seine Mutter medizinische Aufklärungskampagnen durchführte. Er entwickelte seinen eindringlichen Film gemeinsam mit guamaltekischen Maya in Workshops und Gesprächen. D Hannes Stein

Start am 31.3.2016 ¢ fsk-Kino am Oranienplatz

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Maria, a young Maya, lives with her parents on a coffee plantation in Guatemala. Marrying supervisor Ignacio who fancies her would improve the lives of her family, but Maria is in love with Pepe, a worker on the plantation.

Neben einer Kirche werden Hassan, Ali, Osman, Mohammed und Aman abgesetzt. Weit weg von ihrer Heimat und kaum Deutsch sprechend, sind die fünf Männer aus Eritrea „gestrandet“ – mitten im ostfriesischen 1.500-Seelen-Ort Strackholt. Es ist das Heimatdorf der Nachwuchsregisseurin Lisei Caspers, die die fünf Flüchtlinge während ihres Asylverfahrens begleitet. 19 lange Monate müssen die Männer auf ihre Aufenthaltserlaubnis warten – staatliche Hilfe bekommen sie dabei kaum. Zum Glück gibt es die Strackholter: Sie nehmen die Fremden bei sich auf. Besonders Helmut, ein pensionierter Schulleiter, und Christiane, eine Journalistin, kümmern sich. Er gibt den fünf Männern Sprachunterricht und meldet sie zum örtlichen Marathonlauf an. Sie erledigt Behördengänge und backt Marmorkuchen. Gemeinsam legen die beiden bald eine beinah elterliche Fürsorge an den Tag. Doch das Warten auf Asyl wird auf Dauer zur Demütigung – die alle trifft. Auch den Zuschauer, der die Männer inzwischen gut kennengelernt hat. Er weiß, wie Aman leidet, weil er seine Frau für die Flucht zurücklassen musste. Und wie Mohammed Depression und Krankheit plagen. Auch die Helfer berühren: Helmut fragt sich, warum die Fünf kein Deutsch mehr lernen wollen, während Christiane ein langes Hilfegesuch an den Bundespräsidenten schreibt. Caspers erzählt in unaufgeregten Alltagsbildern, die mit leisem Humor überraschen: etwa wenn die Fünf an nicht enden wollenden ostfriesischen Kuhweiden vorbeiradeln oder zum ersten Mal in dicke Winterjacken und Handschuhe schlüpfen. Damit bildet die Dokumentation GESTRANDET, die im Jahr 2014 spielt, einen Gegenpol zur heutigen Flüchtlingsberichterstattung. Durch Ruhe, Humor und die Frage: Was ist nötig, um einen Ort sein Zuhause nennen zu können? D Christine Stöckel

Start am 7.4.2016 ¢ b-ware!ladenkino ¢ fsk-Kino am Oranienplatz

Five refugees from Eritrea find themselves in the small village of Strackholt in north west Germany.

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KinoStart

Deutschland 2015 D 84 min D R: Matthias Koßmehl D B: Matthias Koßmehl D K: Bastian Esser D S: Andreas Nicolai D M: André Feldhaus D D: Flora Kurz, Jamshid Hamta, Ursel Kramer, Abdul Razzak, Imtiaz Ahmad, Hardy Jallo, Mustafa Qarizada, Juma & Farida Kayaga, Maria Heinz D V: déjà vu Filmverleih

Ein Dokumentarfilm von Mario Schneider

14. april 2016

CAFÉ WALDLUFT Zuflucht im Idyll

Sie haben ihre Heimat zurück gelassen, ihre Familien, ihr Herz und sind gestrandet in Berchtesgaden. Ihre Geschichte ist die von vielen Flüchtlingen, die derzeit Deutschland erreichen – und doch ist sie beispiellos. Denn die etwa 50 Menschen aus Ecken der Welt, die geprägt sind von Krieg und Verfolgung, haben ausgerechnet im südlichsten Zipfel von Bayern eine Heimat gefunden: im Café Waldluft. Früher war der Kurort überlaufen von Touristen, Bergwanderern aus aller Herren Ländern. Doch seit einigen Jahren lässt der Strom nach und so gab es für „Mama Flora“, wie sie liebevoll von den Menschen im Hotel genannt wird, nur die Wahl, die Herberge, die seit Generationen im Familienbesitz ist, zu verkaufen oder umzusatteln. So kamen die Flüchtlinge zu ihr und aus dem Notwendigen ist ein Anliegen geworden. Liebevoll umsorgt sie die Menschen, hilft ihnen bei Asylfragen, besucht sie, wenn sie im Krankenhaus liegen. Aus Syrien, Afghanistan oder Sierra Leone kommen sie und verständigen sich in gebrochenem Deutsch. Sie haben Zuflucht inmitten eines landschaftlichen Idylls gefunden, umgeben vom Watzmann und seinen Kindern, doch es schwingt immer auch Traurigkeit mit, wenn die Gedanken um die Familien kreisen, die sie zurück ließen. Matthias Koßmehl gibt den Schlagzeilen, die in den vergangenen Monaten die Zeitungen beherrschen, Gesichter und Geschichten – ähnlich wie es auch Lisei Caspers in diesem Monat anlaufender Dokumentarfilm GESTRANDET vermag. Koßmehl erhielt für sein eindrucksvolles Plädoyer für Menschlichkeit im vergangenen Jahr den DEFA-Förderpreis beim DOK Leipzig. Die Geschichten seiner Protagonisten gehen weiter und man wird in Zukunft ihre Namen und Gesichter im Kopf haben, wenn in den Nachrichten über anonyme „Flüchtlingsströme“ berichtet wird. D Lars Tunçay

4 Leben ein Akt www.realfictionfilme.de

Deutscher Wettbewerb DOK Leipzig 2015

Ein Film von Jayro Bustamente Start am 31.3.2016 ¢ fsk-Kino am Oranienplatz

„Café Waldluft“ in the Bavarian alps used to be a tourist hotspot. When business began to dwindle the hotel turned into a home for refugees.

Träume am Fuß des Vulkans ab 31. März im fsk und Kino Hackesche Höfe www.kairosfilm.de

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Ausgezeichnet mit dem Silbernen Bären Berlinale 2015


INDIEKRITIKEN

MUCH LOVED Kaleidoskop der Tabuzonen

Es beginnt mit einer doppelten Verführung: Filmisch dadurch, dass wir mit Noha, Randa, Soukaina und Hlima am gleichen Tisch sitzen und uns auf die Nacht vorbereiten, mit ihnen Lines ziehen, Wodka trinken, danach im gleichen Auto sitzen, und die Situation beinah scheint, als sei sie dokumentarisch gefilmt. Das Ziel unserer Reise ist eine große Villa vor Marrakesch, die die vier Frauen kurz darauf – mit geglätteten Haaren, in Stilettos und engen Minikleidern – betreten. Dann die zweite Verführung: die Arbeit der Frauen, alle vier Sexarbeiterinnen, alle für eine Nachtschicht als Dienstleisterinnen bestellt. Ein kaum spürbarer Perspektivwechsel der Kamera, welche die Körper der Frauen, beim Tanz und im Rausch, plötzlich durch die Augen der Anderen filmt. Die Überlagerungen dieser beiden Formen der Verführung – die des Publikums und schließlich die der Kunden im Film – erzählt der franko-marokkanische Regisseur Nabil Ayouch geschickt widersprüchlich, denn bevor die problematische soziale und berufliche Situation der vier Frauen sich unaufhaltbar zuspitzt, wohnen wir einer ausgelassenen Party bei. Freundschaftlich begegnen sich die hübschen jungen Männer und Frauen, lustig und vermeintlich gleichberechtigt wirken ihre Interaktionen, sympathisch die Saudi-Sextouristen – bis die Marokkanerinnen spät am Morgen als „nutzlose Schlampen“ bezeichnet werden oder sich eine von ihnen blutend auf die Toilette flüchtet. Noch bevor die ersten Bilder im Film zu sehen sind, hören wir die Frauen über Männer reden, die sie interessanter Weise mit Markenprodukten vergleichen: es gäbe sie hochwertig, in mittelmäßiger Qualität, und manche seien einfach nur Dreck – im englischen mit „sons of a bitches“ übersetzt. Es geht um Blicke und Perspektivwechsel in MUCH LOVED und das in vielerlei Hinsicht. Dass der Blick des Films dabei überhaupt zum ersten Mal durchgehend und schonungslos auf das Leben von marokkanischen Sexarbeiterinnen gerichtet ist, ist nicht nur ein Novum, sondern zum ernstzunehmenden Skandal geworden. Noch bevor der Film in Cannes Premiere feierte, grassierten Ausschnitte im Internet, die in Marokko zu öffentlichen Debatten führten, welche in Morddrohungen gegen Darstellerinnen und Regisseur, Diffamierungen und scharfen moralisch und religiös begründeten Verurteilungen des Films gipfelten: er verunglimpfe D 18

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Marokko/Frankreich 2015 D 104 min D R: Nabil Ayouch D B: Nabil Ayouch, Emilie Flamand D K: Virginie Surdej D M: Mike Kourtzer D D: Loubna Abidar, Asmaa Lazrak, Halima Karaouane D V: Arsenal Filmverleih

Marokko, fördere außerehelichen Geschlechtsverkehr und zeige Homosexuelle in einem positiven Licht. Tatsächlich führt uns Nabil Ayouch im Laufe des Films kaleidoskopartig und sehr konkret in die Tabuzonen eines komplizierten Diskurses, der nicht offen geführt wird. Es geht um die Schande innerhalb der Familie, die Kriminalisierung und Rechtlosigkeit von Sexarbeiterinnen, Vergewaltigungen durch Polizeibeamte, Korruption, transidente und lesbische Frauen und gesellschaftlich tief verankerte patriarchale Machtstrukturen. Besonders stark wirkt der Film nicht nur durch die differenzierte Betrachtung seines Themas und die ungekünstelten und ungeschönten Dialoge, sondern vor allem durch das Spiel der vier Hauptdarstellerinnen Loubna Abidar, Asmaa Lazrak, Halima Karaouane und Sara Elmhamdi Elalaoui. Sie geben ihren Figuren Tiefe, Stärke, Verletzlichkeit, ein großes Selbstbewusstsein und vor allem eine Würde, die sie auch im Angesicht von physischer und struktureller Gewalt, finanzieller und persönlicher Ausbeutung nicht verlieren. Wie sehr diese Perspektive nur allzu gut in ein westlich geprägtes Bild der sexuellen Rückständigkeit und Repression in arabischen Staaten passt, und wie sehr dieses Bild vielleicht dem des Regisseurs entspricht, der in Frankreich geboren und aufgewachsen ist, sei dahingestellt, und ist im Angesicht des generellen Aufführungsverbots von MUCH LOVED in Marokko vielleicht auch relativ. Symptomatisch für diesen Blick – den Außenblick auf das Innenleben des Landes – sind die leitmotivisch den Film durchziehenden Blicke der Frauen aus dem Inneren der Autos auf das Außen – das Straßenleben in Marrakesch – unterlegt mit melancholischen, beinahe unheimlichen Klängen. Es sind Blicke auf eine Öffentlichkeit, von der sie nicht Teil sind und an der sie nicht Teil haben können. D Toby Ashraf

Start am 14.4.2016 ¢ b-ware!ladenkino

OMU

MUCH LOVED depicts the life and work of four Moroccan sex workers and touches upon many taboo subjects: family, shame, sexual harassment by the police, corruption, transidentity, homosexuality, and deeply ingrained patriarchal structures.

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INDIEKRITIKEN Venezuela/Argentinien/Peru/Deutschland 2013 D 93 min D R: Mariana Rondón D B: Mariana Rondón D K: Micaela Cajahuaringa D S: Marite Ugas D M: Camilo Froideval D D: Samuel Lange Zambrano, Samantha Castillo, Nelly Ramos D V: imFilm

PELO MALO

EIN MANN NAMENS OVE

Subversives Haar

Grantler mit Herz

„Pelo malo“, „schlechtes Haar“, ist eine abwertende und dennoch in Lateinamerika übliche Bezeichnung für schwer zu bändigendes Haar mit afrikanischem Migrationshintergrund. Der neunjährige Junior versucht konsequenterweise, diesem Makel auf seinem Haupt mit den verschiedensten Glättungsmethoden beizukommen. Damit einer gesellschaftlichen Konvention folgend, kollidiert er zugleich mit einer anderen: Er könnte sich die Haare männlich kurz schneiden, besteht aber auf Länge und gerät in den Verdacht, zu feminin oder gar schwul zu sein. Seine Oma findet das gut, frei nach Achilles zieht sie es vor, den Jungen in Mädchenkleidern zu verstecken, als ihn maskulin in den Bandenkrieg und sicheren Tod ziehen zu lassen. Juniors Mama ist nicht begeistert, sie hält Abhärtung für die bessere Strategie in der Machowelt. So arbeitet sie selbst lieber als Security Guard denn als Putzfrau. Ihr Kampf ums finanzielle Überleben fordert verzweifelte Schritte – und spiegelt sich in zunehmender Lieblosigkeit, ja Verachtung gegenüber dem Jungen, der stur um sein Selbstbild ringt. Das manifestiert sich ganz konkret: Für die Schule ist ein Porträtfoto fällig. Während Juniors handfeste Freundin als Schönheitsqueen abgelichtet werden will, schwebt ihm eine Inkarnation als Popsänger vor, beides Ausdruck eines tiefsitzenden kollektiven Begehrens nach Anerkennung und Teilhabe. Mit Vehemenz manifestieren sich Diskurse um Gendernormen, rassistische Wertungen und Sexualität in PELO MALO an der Frisur. Regisseurin Mariana Rondón gelingt es, diese komplexen Einsichten organisch zu erzählen. Die ambivalente Dynamik zwischen Mutter und Sohn überzeugt ebenso wie die fast dokumentarische Zeichnung ihrer von Armut geprägten Nachbarschaft. Schließlich dämmert die Erkenntnis, dass sich Haare so wenig kontrollieren lassen wie Freiheitsbedürfnisse – sie wachsen einfach nach. D Anna Stemmler

Start am 31.3.2016 ¢ fsk-Kino am Oranienplatz ¢ Sputnik Kino OMU ab ca. 28.4. OMU

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Originaltitel: En Man Som Heter Ove D Schweden 2016 D 117 min D R: Hannes Holm D B: Hannes Holm basierend auf Fredrik Backman D K: Göran Hallberg D S: Fredrik Morheden D M: Gaute Storaas D D: Ralf Låssgard, Bahar Pars, Filip Berg D V: Concorde Filmverleih

PELO MALO follows the relationship between nine-year-old Junior and his disdainful mother, Mariana Rondòn’s film shows how gender normativity, racism and sexism affect a poor Venezuelan family – and a boy’s hairstyle.

Wir lernen Ove beim Blumenkauf kennen – er möchte einen Gutschein einlösen und als er erfährt, dass er für den Rabatt zwei Sträuße kaufen muss, rastet er aus. Später sehen wir ihn dann bei seinem Kontrollgang durch die kleine Vorortsiedlung: Mülltonnen, Parkplatz, Verbotsschilder. Jeden Tag überprüft Ove, ob alles an seinem Platz ist und auch keiner auf der Linie parkt. Ove ist kein angenehmer Kunde, Nachbar oder Kollege. Aber er ist ein liebender Ehemann. Die Blumen sind für das Grab seiner Frau Sonja bestimmt, der er immer wieder die neuesten Ereignisse erzählt und immer verspricht er ihr, in Kürze nachzukommen. Als Ove seinen Job verliert, will er ernst machen und sich umbringen, aber in der kleinen spießigen Nachbarschaft kommt immer etwas dazwischen: Die Nachbarin braucht Hilfe beim Heizungsentlüften und jemand muss sich um die streunende Katze kümmern. Vor allem kommen Oves Abgang die neuen Nachbarn in die Quere, insbesondere die gut gelaunte und hochschwangere Iranerin Parvaneh, die sich von Oves Grummelei nicht abschrecken lässt und ihn resolut in ihre Projekte einspannt. EIN MANN NAMENS OVE wechselt zwischen sanften wehmütigen Momenten, in denen Ove sich an den banalen, traurigen, selten auch schönen Lauf seines Lebens erinnert, und sanft komödiantischen Szenen in der Nachbarschaft. Ralf Låssgard spielt den grantigen aber auch den liebenden Ove mit großer Überzeugungskraft. Wenn er in seine leere Wohnung zurückkommt, braucht er nur einen Blick in den Flur zu werfen und man spürt seine Einsamkeit. Auch Bahar Pars in der Rolle der lebensklugen Immigrantin ist mehr als die übliche Frau mit Herz, die den weichen Kern in einem Querkopf freilegt. Ihre Botschaft an Ove ist die des Films: Niemand kommt ganz alleine klar. Niemand. In Schweden ist OVE inzwischen die erfolgreichste nationale Produktion aller Zeiten. D Toni Ohms

Start am 7.4.2016 ¢ b-ware!ladenkino ab ca. 28.4. ¢ Bundesplatz Kino DF OMU ¢ Eva Lichtspiele DF ab 14.4. ¢ Hackesche Höfe Kino OMU DF OMU

Ove is a grumpy old man and a stickler for the rules. When he loses his job he decides to end it all. But his suicide attempt is interrupted every time by another neighbour trying to borrow a ladder, offer him food, or asking about the stray cat.

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INDIEKRITIKEN Originaltitel: Un Tango Más D Deutschland/Argentinien 2015 D 85 min D R: German Kral D B: German Kral D K: Jo Heim, Felix Monti D S: Ulrike Tortora D M: Gerd Baumann, Luis Borda D V: Alpenrepublik Filmverleih

EIN LETZTER TANGO Legendäres Tangopaar

Der in Buenos-Aires geborene und in München lebende Regisseur German Kral erzählt mit EIN LETZTER TANGO die Liebes- und Leidensgeschichte des bekanntesten argentinischen Tangotänzer-Paares Juan Carlos Copes und Maria Nieves Rego. Über ein halbes Jahrhundert verkörperten die beiden nach Außen die Essenz dieses poetisch-leidenschaftlichen körperlichen Ausdrucks, auch dann noch, als ihre innige persönliche Romanze längst vorbei ist. Der Tanz wird zur plastisch-lyrischen Manifestation ihrer heftigen Gefühlswelt, einer, auch im hohen Alter (Rego ist 79 und Copes 82 Jahre alt) noch permanent spürbaren Hitze, die sie trotz all ihrer widersprüchlichen Emotionen und Aussagen stolz die Haltung bewahren lässt. Kral öffnet den Erzählrahmen, der von den Erinnerungen der beiden Protagonisten sowie einer eleganten Bildästhetik und stilvoll inszenierten Kamerafahrten geprägt ist, nicht nur, indem er (Tanz-)Szenen der Vergangenheit mit jungen Darstellern möglichst detailgetreu nachstellt. Er zeigt die Schauspieler auch außerhalb ihrer Rollen, wie sie neugierig und aufmerksam die Geschichten von Maria Nieves Rego aufzusaugen scheinen, um diese Erfahrungen wiederum glaubhaft in ihre eigenen Performances einfließen lassen zu können. Für Copes und Rego dagegen ist es eine gleichermaßen wehmütige und schmerzhafte Rückkehr in ihre eigene Vergangenheit, die alte Wunden aufreißt. So lebt EIN LETZTER TANGO natürlich vom immanenten Spannungsverhältnis der beiden Tango-Superstars und ihrer persönlichen Geschichte, lässt sich aber auch selbst darauf ein, Teil dieses faszinierenden kulturellen Universums zu werden. Damit sprengt Kral die Dimensionen des Dokumentarfilms. Mit seiner Hommage schafft er eine selbstständige Adaption und filmische Interpretation des Phänomens Tango. D Jens Mayer

Start am 7.4.2016 ¢ Eva Lichtspiele ¢ filmkunst66 OMU ¢ Hackesche Höfe Kino

A portrait of legendary tango dancers Juan Carlos Copes and Maria Nieves Rego.

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Deutschland 2015 D 80 min D R: Patrick Siegfried Zimmer D B: Patrick Siegfried Zimmer, Sebastian Schultz D K: Marius von Felbert, Julia Lohmann D S: Habiba Laout D M: Patrick Siegfried Zimmer D D: Robert Stadlober, Paula Kalenberg, Blixa Bargeld, Dirk von Lowtzow, Wieland Schönfelder D V: Interzone Pictures

ANHEDONIA – NARZISSMUS ALS NARKOSE Überdrehte Lust-Stimulanz-Therapie

Auf einem Landsitz kurz nach dem ersten Weltkrieg oder nach dem dritten. Ausgelöst durch die digital-hedonistische Reizüberflutung entwickeln Millionen von Menschen Anhedonie, die Unfähigkeit, Freude oder Befriedigung zu empfinden. Die betroffenen Aristokratensöhne Franz und Fritz Freudenthal (Stadlober & Schönfelder) werden zur Therapie nach „Seelenfrieden“ geschickt, um sich dort durch die innovative Lust-Stimulanz-Therapie des angesagten Psychotherapeuten, Prof. Dr. Immanuel Young heilen zu lassen. Der Professor ist körperlos, aber seine Stimme (Dirk von Lowtzow, TOCOTRONIC) omnipräsent. Die Therapie wird von seinem Cheflakaien Rüdiger, komplett mit roter Bommelmütze und Revolver, durchgeführt. Manchmal unterbricht auch ein Regisseur die Szene, um Anweisungen zu geben oder Blixa Bargeld (HORNBACH-Werbung) liefert als Diabolus Hintergrundinformationen zum Geschehen. Was soll man auch erwarten in einem Herrenhaus, wo hinter einer Tür schon mal das Meer wartet oder Rüdiger die Patienten mit einem Fingerschnippen durch die Gegend teleportieren kann? Vielleicht ist das alles auch nur eine Phantasie, so wie Franz wiederkehrendes Rendezvous mit seiner Traumfrau im Rokokokleid. Oder eine Gruppe Film- und Musikschaffender hat sich einfach mal zusammengeschlossen, den Kostümfundus eines Stadttheaters geplündert und im Laufe eines sonnigen Wochenendes einen Film über die Frage „Was ist denn das, das schöne Leben?“ gedreht. Sicherlich haben sie dabei viel Spaß gehabt. Überdrehte Individuen bauschen den Tüll der klassischen Kammerspiele um sich auf, nur um kurz darauf zuzugeben, dass sie ja eigentlich nur um ihrer selbst willen bewundert werden wollen. Zum Glück nehmen sie sich aber selbst auch nicht so ernst. Der Soundtrack ist bei so vielen beteiligten Musikern natürlich großartig. D Christian Klose

Start am 31.3.2016 ¢ b-ware!ladenkino ¢ Filmrauschpalast, am 31.3. um 21 Uhr mit Filmteam und Party ¢ Sputnik Kino, am 31.3. um 19 Uhr mit Filmteam

In the near future two young aristocrats are sent to an innovative clinic in order to find purpose in their overstimulated lives.

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INDIEKRITIKEN

THE LADY IN THE VAN Geschichte einer Koexistenz

THE LADY IN THE VAN ist so englisch wie Gardeners’ Question Time, sheep dog trials, Five O’Clock Tea und Toast mit Bitterorangenmarmelade: gelassen, zurückhaltend, ein bisschen altmodisch, ein bisschen exzentrisch, dabei Oxford-gescheit, und durchzogen von einem leisen Humor, der um die eigene Lächerlichkeit weiß. Autor Alan Bennett erzählt in THE LADY eine, wie es im Vorspann heißt „mostly true story“. Als Bennett in den 70ern in das Londoner Viertel Camden Town zog, in dem die Gentrifizierung gerade begann, gehörte zum Inventar seiner Straße bereits eine alte Vagabundin, Miss Shepherd, die mit dem Lieferwagen, in dem sie wohnte, von Haus zu Haus zog und nach einigen Jahren, und nach Verschärfung der Parkvorschriften, mit dem Wagen in Alan Bennetts Einfahrt landete. Dort blieb sie für 15 Jahre. Im richtigen Leben ist der inzwischen 82-jährige Bennett ein bekannter britischer Autor, der vor allem für Radio und Fernsehen arbeitet, und mit u.a. THE MADNESS OF KING GEORGE und THE HISTORY BOYS auch schon einige Drehbücher verfasst hat. Bennetts Spezialität ist ein feines Gespür für gesprochene Sprache und soziale Umstände und eine Vorliebe für den Wahnsinn, der sich unter einer bürgerlichen Fassade verbirgt. Zu seinen bekanntesten Stücken zählt „Talking Heads“, eine Serie von Monologen für Fernsehen und Bühne, in der ganz normale Leute, Hausfrauen, Krankenschwestern, Büroangestellte und Senioren, meistens aus dem Norden Englands stammend, beim Erzählen ihre geheimen Obsessionen offenbaren, die sich oft genug als Bausteine einer privaten Hölle herausstellen. Auf den ersten Blick ist es in THE LADY IN THE VAN natürlich Miss Shepherd, die deutlich sichtbar von Obsessionen geplagt wird. Wenn Maggie Smith, die für ihre Verkörperung der Alten einen Oscar verdient

Start am 14.4.2016 ¢ b-ware!ladenkino DF OMU ab ca. 21.4. ¢ filmkunst66 DF ¢ Union Filmtheater DF ab 28.4.

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When writer Alan Bennett moved to Camden Town in London in the 1970s, old Miss Shepherd and the old van in which she lived were already there. One day he allowed her to park her van in his driveway. She remained there for 15 years.

Großbritannien 2015 D 104 min D R: Nicholas Hytner D B: Alan Bennett D K: Andrew Dunn D S: Tariq Anwar D M: George Fenton D D: Maggie Smith, Alex Jennings, Frances de la Tour D V: Sony Pictures Germany

hätte, in ihrem Outfit aus vielfach geflicktem Regenmantel und eingewachsen wirkenden Klamottenschichten, in einem ihrer Gefährte – Miss Shepherd hat eine Vorliebe für fahrbare Untersätze – Gloucester Crescent entlang wackelt, meint man den Geruch der Obdachlosigkeit, von selten gewaschenen Kleidern, eingetrocknetem Essen, Urin und Puder, schon von Weitem zu riechen. Über sich selbst redet Miss Shepherd nie, dafür doziert sie in einer mit religiösen Metaphern gespickten Sprache über alles Mögliche. Einmal nimmt sie den stets adrett in Pullunder und Hemd gekleideten Schriftsteller zur Seite und raunt ihm zu: „Diese jungen Männer, die abends bei Ihnen ein- und ausgehen, trauen Sie denen nicht. Sie sind bei Nacht unterwegs: Das sind alles Kommunisten.“ Die Anwohner von Gloucester Crescent bringen, von bürgerlichem Schuldgefühl geplagt, gelegentlich Geschenke bei Miss S. vorbei, die diese ruppig entgegen nimmt, sind im Übrigen aber dankbar, dass Mr Bennett sich kümmert. Eines Tages bemerkt er trocken, dass die Leute angefangen haben, ihn nach seiner „old lady“, seiner „Alten“, zu fragen, so als ob sie verheiratet wären. Dabei sind größere Gegensätze kaum denkbar. Hier die verwahrloste Alte, die auf der Straße lebt und sich täglich ihren Platz erkämpft, dabei aber in aller Wirrnis ein tadelloses Middleclass Englisch spricht. Eine überzeugte Thatcher-Anhängerin. Dort der zurückhaltende, ordnungsliebende, SDP-wählende Schriftsteller mit dem proletarischen Yorkshire-Dialekt, der tagein tagaus an seinem Schreibtisch sitzt, aus dem Fenster sieht und fein selbstironisch in sein Tagebuch notiert, wie sein Alter Ego die Rückstände beseitigt, die Miss Shepherd im Garten hinterlässt. Beide – der Schriftsteller und sein Alter Ego – werden im Film von Alex Jennings gespielt, Alan Bennett selbst tritt gegen Ende in einer kleinen Cameo-Rolle auf. Noch nach 15 Jahren Hausgemeinschaft mit Miss Sherherd ist Bennett/ Jennings überrascht, dass die Sozialarbeiter nach außen keinerlei Ekel zeigen, wenn sie ihren Van betreten. Dass er die Alte aus Barmherzigkeit aufgenommen habe, weist er weit von sich. Eher aus Konfliktscheue. Er sei nicht caring (fürsorglich) sondern schüchtern (timid). „But timid, being British, is good thing too“. D Hendrike Bake APRIL 2016 D

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INDIEKRITIKEN Deutschland 2016 D 164 min D R: Lutz Dammbeck D B: Lutz Dammbeck D K: Eberhard Geick, István Imreh, Volker Tittel, Börres Weiffenbach D S: Margot Neubert-Maric D M: Jörg Udo Lensing D V: Dammbeck Film

OVERGAMES

Deutschland 2015 D 105 min D R: Mario Schneider D B: Mario Schneider D K: Friede Clausz, Mario Schneider D S: Gudrun Steinbrück, Mario Schneider D M: Mario Schneider, Cornelius Renz D V: RealFiction

AKT – 4 LEBEN EIN AKT

Spiele für eine kranke Nation

Gezeichnete Körper

In einer Talkshow hat Joachim Fuchsberger mal gesagt hat, dass seine ersten TV-Spielshows auf einer US-Show basierten, bei der in der Psychiatrie zur Therapie von Paranoikern entwickelte Spiele für das Fernsehpublikum als Unterhaltung aufbereitet wurden. Eine ganze kranke Nation, eine Nation von Paranoikern hätte zugesehen, meinte Fuchsberger. Lutz Dammbeck will in seinem fast dreistündigen Film OVERGAMES einerseits überprüfen, ob TV-Spielshows in einem Zusammenhang mit dem US-Konzept der Re-Education der Deutschen nach dem zweiten Weltkrieg stehen, in dessen Kontext der Psychiater Richard Brickner tatsächlich die Diagnose stellte, die Deutschen litten an Paranoia: Größenwahn bei gleichzeitigem Verfolgungswahn, ein starker Sinn, auf einer Mission zu sein, bei einem gleichzeitigen ständigen Minderwertigkeitsgefühl. Andererseits will er seine Version einer Ideengeschichte erzählen, die er als die „permanente Revolution“ bezeichnet. Er verfolgt das Ideal von Freiheit und Gleichheit von der Aufklärung über die Französische Revolution, die Psychoanalyse, Soziologie und Ethnologie bis zum Konzept einer amerikanischen „New World Order“ unter dem Gesetz des Marktes. Am Ende wirkt OVERGAMES selbst wie ein paranoides Phantasma von der Auslöschung deutscher Kultur durch den amerikanischen Way of Life und dessen Marktgottheit. Fuchsbergers Behauptung kann niemand belegen. Dabei sind die therapeutischen Effekte der Shows offensichtlich, die der andere große deutsche Nachkriegs-Showmaster, Hans Rosenthal, entwickelte. In „Allein gegen alle“ brachte er die Nachkriegsgeneration dazu, sich mit cleveren Einzelnen zu identifizieren, die jeweils einer ganzen Stadt so pfiffige Fragen über ihr eigenes Leben und ihre eigene Geschichte stellten, dass deren versammelte Intelligenz sie nicht zu lösen vermochte. Lektionen in Kreativität und Individualität, 1963-1977 jeden Sonntag auf NDR2. D

Drei Frauen, ein Mann. Die Kamera nähert sich ihrem nackten Objekt, dem Körper, meist vom Nacken, vom Rücken her. Dann umkreist sie ihn langsam, tastet ihn ab zu je eigener Musik, von ruhigem Jazz bis hin zu getragener Klassik, unterstreicht so das vorangestellte Motto: „Auf dass man in 1000 Jahren nachdem wir starben, sehe, wie schön ihr wart …“ (Michelangelo). Dabei sind es beileibe keine Schönheiten, die der Dokumentarfilm AKT von Mario Schneider porträtiert, sondern vier sehr irdische, teils unförmige Menschen, die in Leipzig an Kunstakademien oder in Zeichenkursen Modell stehen. Doch setzt sich der Film, anders als der Titel suggeriert, weder mit Nacktheit (Scham, Voyeurismus, Entblößung) noch auch direkt mit dem Sehen und Zeichnen des nackten Körpers auseinander. Der Akt ist vielmehr Anlass, hinter die Oberfläche zu schauen und die vier Porträtierten sprechen zu lassen. Sie geben uns Nachrichten aus einem, um mit Adorno zu sprechen, beschädigten Leben. Eine Frau wäre fast erst gar nicht ins Leben gekommen, nun halb blind und ohne Haare singt sie in der Fußgängerzone eigenwillige Lieder. Der Mann des Films litt als Säugling an einer Lippen-Kiefer-Gaumen-Spalte. Die damit zusammenhängenden familiären Ungleichgewichte wirken bis heute fort. Einer Dritten ertaubte ihr Mann. Allein die Vierte, die nicht nur Modell steht, sondern selber als Künstlerin ganz in der Malerei aufgeht, scheint unversehrt zu sein. Zwischendurch spürt die Kamera den im doppelten Sinn gezeichneten Körpern nach oder bewegt sich traumwandlerisch durch Leipzig. Während die Stadt dabei zum Spiegel eines Alltags wird, in dem jeder seine Last zu tragen hat, wird der nackte Körper zum Symbol eines Rechts auf Würde, die immer wieder unter die Räder zu geraten drohte, und einer Schönheit, die nicht den Vorgaben der Kulturindustrie entspricht. D Hendrik Jackson

Tom Dorow

Start am 21.4.2016 ¢ Brotfabrik Kino

D 22

OMU

D APRIL 2016

Lutz Dammbeck’s film OVERGAMES follows a story German showmaster Joachim Fuchsberger tells: He claims that the first game shows were based on games which were developed in American psychiatric hospitals.

Start am 14.4.2016 ¢ fsk-Kino am Oranienplatz ¢ Sputnik Kino

AKT portrays three individuals who work as nude models in Leipzig art academies and drawing classes.

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Großbritannien 2015 D 108 min D R: Owen Harris D B: John Niven D S: Bill Smedley D M: Junkie XL D D: Nicholas Hoult, Ed Skrein, James Corden D V: Ascot Elite

KILL YOUR FRIENDS Psycho in der Musikindustrie

KILL YOUR FRIENDS pulsiert. In Steven Stelfox’ (Nicholas Hoult) unberechenbarer Psyche, im dröhnenden Britpop-Soundtrack und vor allem im unerbittlichen Haifischbecken der Musikindustrie, in der Stelfox (wie jeder andere) nur auf eins aus ist: Karriere. Die Musik selbst interessiert nicht, sondern ob sie Geld bringt. So wird gesignt, wozu die dummen Massenkonsumenten leicht „Suck my dick“ mitgrölen können. Profit vor Qualität, das ist die zynische und sicherlich realistische Einstellung der Branche, die der Drehbuch- und Romanautor des Ausgangsstoffes John Niven, der wie sein Charakter selbst einmal A&R Manager eines Labels war, mit schwarzhumorigem Unterton skizziert. Hoffnungsschimmer lässt Regisseur Owen Harris entweder gar nicht erst aufkommen oder er lässt sie schlagartig an Klippen der Korruption zerschellen, die sich überall ausbreitet, beziehungsweise schon von Anfang zugegen ist. In seiner blutgetränkten Charakterentwicklung, seinen satirisch überzeichneten Gewaltexzessen, die ihre Ursachen in krankhaftem Konkurrenzdenken haben, und schließlich in seiner rasanten Abwärtsspirale liefert Stelfox ein düsteres Spiegelbild der Branche. Das große Vorbild AMERICAN PSYCHO ist vor allem in der Zeichnung des Protagonisten als dauerberauschtes, die vierte Wand durchbrechendes Patrick-Bateman-Pendant erkennbar, auch, wenn sich Regisseur Owen Harris mit deutlichen Zitaten vorsichtig zurückhält. Mit seiner arroganten Arschloch-Attitüde entemotionalisiert Harris das erschreckende Geschehen ohne Sympathieträger und erlaubt so einen unverschleierten Blick hinter die lügenverseuchten Kulissen. Neben der One-Man-Show von Nicholas Hoult (MAD MAX: FURY ROAD) bietet KILL YOUR FRIENDS auch ein unvergessliches Cameo von Moritz Bleibtreu. D Hardy Zaubitzer

¢ Filmrauschpalast

OMU

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Steven Stelfox is an unscrupulous A&R manager in the pop business, who is constantly stoned, cynical and arrogant – and on a downward spiral with bursts of extreme violence. A poisonous, satirical look at the music industry.

NACH EINEM WAHR GEWORDENEN TRAUM

AB DONNERSTAG, 31. MÄRZ NUR IM KINO


THE FORBIDDEN ROOM

Aus dem Quell der verlorenen Filmgeschichten Guy Maddins Film THE FORBIDDEN ROOM beginnt mit einem Bibelzitat: „When they were filled, he said unto his disciples: Gather up the fragments that remain, that nothing be lost. “ John 6, 12 („Als die Menge satt war, sagte er zu seinen Jüngern: Sammelt die übrig gebliebenen Brotstücke, damit nichts verdirbt.“) Die Fragmente, die übriggeblieben sind, hat Maddin ebenfalls aufgesammelt. THE FORBIDDEN ROOM sammelt die Plots von verlorenen Filmen und verbindet sie zu einer Art Babuschka-Geschichte: einem Plot im Plot im Plot usw. Alles beginnt mit einem Bad. Der Film HOW TO TAKE A BATH des Regisseurs Dwain Esper, der Maddin zufolge auch der Verleiher von Todd Brownings FREAKS und des legendären Kifferfilms REEFER MADNESS ist, ist verschollen. Epser drehte in den 30er Jahren einige als Ratgeber verkleidete Exploitation-Filme, unter anderem HOW TO UNDRESS IN FRONT OF YOUR HUSBAND. Auch HOW TO TAKE A BATH war wohl vor allem ein Vehikel, um nackte Frauen zeigen zu können. Der Dichter John Ashberry nahm sich den verlorenen Film vor und schrieb das Drehbuch zur Rahmenhandlung von Maddins Film, in dem ein sehr unordentlich gekleideter Herr großspurige und sehr komische Anleitungen zum Baden gibt, während ein anderer Herr badet. Die Badewanne wird zu einem Quell weiterer verlorener Filmgeschichten, die sich gegenseitig durchdringen, verschachteln und verdrängen. Dabei geht es in ein U-Boot, das zu explodieren droht, wenn es versuchen sollte, an die D 24

D APRIL 2016

Oberfläche zu gelangen. Zudem ist der Captain verschwunden, vielleicht will er aber nur nicht gestört werden. Vorsichtig tasten sich die Unterseemänner durch Segmente der Röhre, wobei sie einem Holzfäller begegnen, der auf der Suche nach der schönen Margot ist, die von der Bande der roten Wölfe gekidnappt wurde, möglicherweise aber auch mit diesen unter einer Decke steckt, wie der Holzfäller herausfindet, als er in ihre Höhle eindringt. Mal erzählt der Schnee einem Mann, der seinem Flüstern lauscht, ein Vulkanabenteuer, mal träumt eine Tänzerin von Bananenvampiren. Zwischendurch gibt es ein Intermezzo mit einer Musiknummer der 70er-Jahre Kultband Sparks, die einen hübschen Song singt, in dem es um einen Mann geht, der von Hintern besessen ist („The Final Derrière“). Irgendwie gelangt auch alles zurück in die Badewanne. Dass Maddins irrwitziges Projekt nicht an allen Ecken auseinanderfliegt, sondern tatsächlich erstaunlich unterhaltsam ist, liegt – neben den geschickt platzierten Pointen – an seinen stilistischen Entscheidungen, vor allem in Bezug auf Farbe und Musik. Teile des Films erinnern an das erste Technicolor-Verfahren, das aus zwei Schwarzweiß-Filmen bestand, die jeweils rot und grün eingefärbt wurden. Andere sehen aus wie viragierte Stummfilme oder moderne Technicolor-Varianten. Farbübergänge und -kontraste verbinden und trennen die Segmente und führen ebenso durch die labyrinthischen Erzählungen, wie die leitmotivisch eingesetzten Musik – Loops aus verschiedenen klassischen Stücken, ein paar Takte Schönberg-Loop hier, ein Wagner-Loop da, je nach melodramatischem Bedarf.


INDIEFEATURE

Kanada 2015 D 119 min D R: Guy Maddin D B: Guy Maddin, Evan Johnson D K: Stéphanie Weber-Biron D S: John Gurdebeke D M: Galen Johnson D D: Mathieu Amalric, Udo Kier, Geraldine Chaplin D V: Arsenal Institut

Geht es in THE FORBIDDEN ROOM um etwas außerhalb der Bilder- und Geschichtenproduktion als komisch-melodramatischer Rausch? Maddins Filme erinnern manchmal an die Suche des Hamburger Kunsthistorikers Aby Warburg nach der Pathosformel in der Kunst, universellen Ausdrucksformen archetypischer Regungen. THE FORBIDDEN ROOM ist ein Kaleidoskop des Genrekinos mit seinen Heldenreisen, seinen verschwundenen Frauen, gefährlichen Verwandlungen, mythischen Reisegefährten, genialen und perversen Ärzten, magischen Auferstehungen, und seiner ambivalenten Erotik. Einen Punkt macht der Film nicht, aber einen sehr großen Kreis. Maddin nimmt ein Bad im Unbewussten des Kinos, in dem sich all diese großen Gesten breitmachen, und bittet darum, sich ordentlich damit abzuseifen. Zuallererst aber ist THE FORBIDDEN ROOM eine große Hymne an das Fabulieren des Kinos und an seine vergessenen und verlorenen Filme, die keiner mehr sehen will, wenn das Spektakel gerade einen anderen Traum durch die Kinosäle treibt. D Tom Dorow

Start am 7.4.2016 ¢ b-ware!ladenkino OMU ¢ Brotfabrik Kino OMU ¢ Tilsiter Lichtspiele OMU

In THE FORBIDDEN ROOM Guy Maddin, the great Canadian magician of surreal cinema, resurrects lost and forgotten storylines and compiles them making a meandering, wild and hypnotic cinematic trip.

Zwei weitere Filme von Guy Maddin sind in diesem Monat in der kleinen Retrospektive zu sehen, die die Tilsiter Lichtspiele auf die Beine stellen: MY WINNIPEG (Kanada 2007) bezeichnet sich selbst als autobiografischer Dokumentarfilm über Maddins Kindheit in Winnipeg, ist aber so voll von surrealen und fantastischen Momenten - wie der Lieblingsfernsehserie von Maddins Mutter, in der jede Episode von einem neuen Selbstmord handelt - dass der dokumentarische Gehalt des halluzinatorischen Vergnügens kaum auszumachen ist. In KEYHOLE (Kanada 2011), Maddins jüngster Arbeit vor THE FORBIDDEN ROOM, kehrt Ulysses mit seiner Gang in sein altes Zuhause zurück und erkundet es sorgfältig, Zimmer für geisterbefallenes Zimmer. „KEYHOLE fühlt sich an wie ein Fiebertraum aus Elementen des Film Noir, die der Film rastlos immer wieder neu anordnet, als wolle er sie zwingen, ihren Gehalt preis zu geben.“ (Roger Ebert) Die Spieltermine standen zu Redaktionsschluss noch nicht fest. tilsiter-lichtspiele.de APRIL 2016 D

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INDIEKRITIKEN Originaltitel: Miss You Already D Großbritannien 2015 D 115 min D R: Catherine Hardwicke D B: Morwenna Banks D K: Elliot Davis D S: Phillip J. Bartell D M: Harry Gregson-Williams D D: Drew Barrymore, Toni Collette, Paddy Considine D V: Neue Visionen

IM HIMMEL TRÄGT MAN HOHE SCHUHE

Originaltitel: Sutak D Kirgisistan 2015 D 81 min D R: Mirlan Abdykalykov D B: Ernest Abdyjaparov, Aktan Arym Kubat D K: Talant Akynbekov D D: Taalaïkan Abazova, Tabyldy Aktanov, Jibek Baktybekova D V: Neue Visionen

NOMADEN DES HIMMELS Alltag in Jurte und Stadt

Galgenhumor gegen den Krebs

Milly und Jess sind beste Freundinnen. Schon immer. Seit den gemeinsamen Kindertagen hat Milly (Toni Colette) eine flamboyante PR Karriere hingelegt, einen glamourösen Musiker geheiratet, souverän nebenher zwei nette Mädchen bekommen – ohne dafür ihre High Heels aufzugeben – und ein bislang rundum erfolgreiches Leben gemanagt. Bei der ruhiger veranlagten Jess (Drew Barrymore) ist alles eine Nummer kleiner, aber auch nicht so schlecht. Sie wohnt mit ihrem netten umweltbewegten Teddybär-Freund auf einem Hausboot, trägt immer noch Doc Martens und hätte eigentlich auch gerne Kinder. In dieses pittoreske, dezent alternative Großstadtszenario schlägt der Krebs ein. Bei Milly wird ein aggressiver Tumor festgestellt. Mehr noch als ihren Mann, braucht sie Jess an ihrer Seite, und die lässt alles stehen und liegen, um gemeinsam die Abscheulichkeiten durchzustehen, die da kommen. Chemotherapie, Schlappheit, Haarausfall, Verlust der Brüste, Gedanken an den Tod. Vor allem die extreme körperliche Veränderung, der Verlust von Vitalität und Attraktivität, macht Milly zu schaffen. Ihre Verteidigung ist ein aggressiver Galgenhumor, den sie mit Jess teilt. Die neue Perücke wird als Happening zelebriert und sogar aus Kotzschüsseln lässt sich mit etwas gutem Willen noch ein Gag schinden. Toni Colette (A LONG WAY DOWN) gibt alles als die zu allem entschlossene, schon etwas verlebte, und nun tödlich verwundete Ex-Party-Löwin. Barrymore als nette Freundin, die irgendwann genug von Millys Narzissmus hat, ist vor allem: nett. Trotz seiner Offenherzigkeit ist auch der Film im Grunde seines Herzens nett. Kotzwitze hin und Seitensprünge Sterbender her, IM HIMMEL TRÄGT MAN HOHE SCHUHE tut alles, um nicht nur seine Hauptpersonen miteinander zu versöhnen, sondern auch seinen Zuschauern das Sterben so fluffig wie möglich zu präsentieren. D Toni Ohms

Start am 31.3.2016 ¢ Bundesplatz Kino ¢ filmkunst66 DF OMU ¢ Hackesche Höfe Kino ¢ Union Filmtheater DF

DF OMU

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OMU

Londoners Milly (Toni Colette) and Jess (Drew Barrymore) have been best friends since childhood. When Milly is diagnosed with cancer, Jess faces the ordeal with her but the demands of the illness eventually put a strain on their friendship.

Nomaden des Himmels: Ein Titel, der schlimmen Kitsch verspricht: Einfache Menschen, die vor malerischer Kulisse ihrem von Traditionen geprägten Leben nachgehen, unberührt von der Zivilisation, die jedoch drohend am Horizont zu ahnen ist. Dankenswerterweise erfüllt Mirlan Abdykalykovs Film die vom (deutschen Verleih)-Titel geschürten Befürchtungen nicht, auch wenn er sich bisweilen hauchdünn an Klischees und Stereotypen entlangbewegt. Die Geschichte, die er erzählt, liest sich zunächst wie das 1x1 des gerade im Westen so beliebten „Ethno-Kinos“: In einem abgelegenen kirgisischen Tal, fernab der Zivilisation, lebt eine Nomadenfamilie – bestehend aus Großeltern, Schwiegertochter und Enkelin – in einer Jurte und geht ihrem von jahrhundertealten Traditionen geprägtem Leben nach. Allein der Enkel lebt in der Stadt und entfernt sich zunehmend vom Nomadenleben, das ohnehin von Modernisierungen wie einem Verkehrsprojekt bedroht ist. Die Qualität von Abdykalykovs Film lässt sich am besten dadurch beschreiben, was er nicht tut: Er schwelgt nicht in atemberaubenden Aufnahmen der Landschaft, die auch nicht mit bombastischer Musik unterlegt sind. Er spielt nicht Tradition und Moderne gegeneinander aus, sondern deutet ganz behutsam die Schwierigkeit an, ein bestimmtes Leben zu führen, wenn erhebliche Teile des Landes in eine andere Richtung streben. Er verklärt nicht die Traditionen, sondern zeigt sie in fast dokumentarischen Momenten als das, was sie für viele Nomaden in Kirgistan schlicht und ergreifend noch sind: gewöhnlicher Alltag. Ein Teil dieses Pragmatismus mag daher rühren, dass erstaunlicherweise keinerlei westliches Geld in der Produktion steckt. Die Konsequenz ist ein Film, der dezidiert nicht für ein westliches Publikum gemacht wurde, aber genau deswegen so interessant ist, beschreibt er doch frei von Exotismus einen Ausschnitt des Lebens in den Bergen Zentralasiens. D Michael Meyns

Start am 14.4.2016 ¢ b-ware!ladenkino ¢ filmkunst66 DF ¢ Hackesche Höfe Kino

DF OMU

ab 21.4.

The daily life of a family of nomads in a remote Kirgizia valley gets disturbed when their grandson returns from living in the city.

OMU

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INDIEKRITIKEN Deutschland 2016 D 95 min D R: Britta Wauer D B: Britta Wauer D K: Kaspar Köpke D S: Berthold Baule D M: Karim Sebastian Elias D D: Rabbiner William Wolff D V: Edition Salzgeber

RABBI WOLFF

ALLE KATZEN SIND GRAU

Neugier, Charme und Humor

Vielversprechendes Debüt

„Ich versuche, mein Leben soweit wie möglich zu genießen und zu sehen, dass es Spaß macht. Und wenn es irgendwann keinen Spaß mehr macht, dann wechsel ich einfach.“ William Wolff macht sein Leben sichtlich Spaß. Der Brite ist Rabbiner der jüdischen Gemeinden Rostock, Schwerin und Wismar, pendelt zwischen seinem urigen Anwesen „Little Paddock“ in der Nähe von London und seinem Amtssitz im Norden Deutschlands, zwischen Tel Aviv, Berlin und Brooklyn. Das Unglaubliche: Willy Wolff ist 88, aber weit entfernt von Ruhestand und Altersheim. Stattdessen sucht er die Nähe der Menschen und die Menschen suchen seine Nähe. Viele von ihnen stammen aus der ehemaligen Sowjetunion. Deshalb lernt Rabbi Wolff nun Russisch. Die stete Neugier hat ihn nie verlassen, ebensowenig wie sein Humor. Dabei hat er es im Leben oft nicht leicht gehabt. Vor den Nazis floh er mit der Familie zunächst nach Amsterdam, später nach London. Schon als Kind fasste er den Entschluss, Rabbiner zu werden, entschied sich jedoch notgedrungen zunächst für eine Laufbahn als Journalist. So reiste er mehr als drei Jahrzehnte als Korrespondent rund um den Globus. Bis er mit 53 Jahren seine Ausbildung beginnt. Aus Willy Wolff wird Rabbi Wolff. Britta Wauer lernte ihn bei der Arbeit an ihrem Dokumentarfilm IM HIMMEL, UNTER DER ERDE über den jüdischen Friedhof Berlin-Weißensee kennen. Seine Stimme eröffnete uns damals einen Einblick in das jüdische Leben und den Umgang mit dem Tod. Sein Charme und sein Humor nahmen auch die Filmemacherin gleich gefangen und so begleitete sie ihn über drei Jahre lang mit der Kamera bei seinen unermüdlichen Reisen, auf denen er den Menschen das Judentum mit einem Lächeln näher bringt. Dieses Lächeln begleitet einen jeden für den Rest seines Lebens, lernt man Rabbi Wolff einmal kennen. Schön, dass auch wir ihn nun dank dieses wundervollen Films kennenlernen dürfen. D Lars Tunçay

Start am 14.4.2016 ¢ Bundesplatz Kino ¢ Hackesche Höfe Kino

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Originaltitel: Tous les chats sont gris D Belgien 2015 D 87 min D R: Savina Dellicour D B: Savina Dellicour, Matthieu de Braconier D K: Thomas Buelens D S: Ewin Ryckaert D D: Bouli Lanners, Manon Capelle, Anne Coesens D V: Film Kino Text

Willy Wolff trained to be a Rabbi when he was 53. Now he is 88 and still practising, constantly moving between his London home and his parishes in Rostock, Schwerin and Wismar as well as between Berlin, Tel Aviv and Brooklyn.

Die 16-jährige Dorothy ahnt, dass sie nicht das Kind ihres Vaters ist. Wo sind die gemeinsamen Kinderfotos? Und warum reagiert ihre Mutter manchmal so sonderbar? Als sie eines Tages dem Privatdetektiv Paul begegnet, beauftragt sie ihn, ihren Vater ausfindig zu machen. Paul nimmt den Auftrag gerne an – allerdings nicht, um ihn zu lösen. Für ihn ist es eine willkommene Gelegenheit, Zeit mit Dorothy zu verbringen und das Mädchen kennen zu lernen. Dass er selbst der Gesuchte ist, traut er sich nicht zu sagen. Die Story des belgischen Films mit dem schönen Titel ALLE KATZEN SIND GRAU scheint auf dem Papier einem vorhersehbaren Muster zu folgen. Aber Regisseurin Savina Dellicour interessiert sich weit mehr für ihre Personen als für irgendwelche Plotpoints. Nicht das „große Geheimnis“ ist hier das Entscheidende, sondern die Personen, die es zu verschleiern und zu enthüllen versuchen. Da ist zunächst einmal die verspannte Mutter Christine (Anne Coesens), die Paul unter allen Umständen von ihrer Tochter fernhalten will. Das Ausmaß ihrer Besorgnis scheint dabei unverhältnismäßig, immerhin ist die Tochter ja nahezu im Bilde und wird das Verhältnis zunehmend schlechter. Was also hat sie zu verlieren? Manon Capelle als Dorothy ist eine sehr überzeugend genervte 16-jährige. Das schwarze Loch in der Familienerzählung belastet sie wirklich, aber es ist auch eine willkommene Ausrede, alles, insbesondere die Mutter, Scheiße zu finden. Der Star des Films aber ist Bouli Lanners als Paul, ein etwas verpeilter Ex-Mod, der im Modus eines großstädtischen Berufsjugendlichen unterwegs ist und im ordentlichen Vorort, in dem ALLE KATZEN angesiedelt ist, wie zufällig gestrandet wirkt. Als Vateroption bewegt er sich auf einem schmalen Grat zwischen cool unkonventionell und peinlich verschlampt. Aus dieser Dreierkonstellation entwickelt Dellicour ihre spektakulär unspektakuläre Geschichte, die immer angenehm auf dem Boden bleibt. D Hendrike Bake

Start am 31.3.2016 ¢ Acud Kino ¢ b-ware!ladenkino OMU ¢ Brotfabrik Kino OMU ¢ Hackesche Höfe Kino OMU OMU

In this down to earth Belgian debut 16 year old Dorothy suspects that she is not her father’s daughter. When she meets PI Paul she asks him to find her father for her. Paul accepts but doesn’t tell Dorothy that he’s the one she’s looking for.

APRIL 2016 D

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INDIEKRITIKEN Originaltitel: Freeheld D USA 2015 D 104 min D R: Peter Sollett D B: Ron Nyswaner basierend auf Cynthia Wade D K: Maryse Alberti D S: Andrew Mondshein D M: Hans Zimmer D D: Julianne Moore, Ellen Page, Steve Carell D V: Universum Film

FREEHELD – JEDE LIEBE IST GLEICH Laurel Hesters Kampf um Gleichberechtigung

2007 drehte die Regisseurin Cynthia Wade den bewegenden Dokumentarfilm FREEHELD über den Kampf der lesbischen Polizistin Laurel Hester aus New Jersey um Gleichberechtigung, der mit dem Oscar für den besten „Documentary Short“ ausgezeichnet wurde. Am gleichnamigen Spielfilm, der nun in die Kinos kommt, ist sie als Produzentin beteiligt. Das Drehbuch schrieb der Autor von PHILADELPHIA, Ron Nyswaner, und die Hauptrollen übernahmen Julianne Moore als Laurel und Ellen Page als ihre Lebenspartnerin Stacey. In weiteren Rollen spielen Michael Shannon als Laurels Kollege Dane und Steve Carell als quirliger jüdischer und schwuler Aktivist mit. Trotz des hochkarätigen Teams, dem offensichtlich viel an ihrem Projekt liegt, erreicht der Spielfilm nicht die Eindringlichkeit von MILK oder PHILADELPHIA. Eine faszinierende Geschichte erzählt FREEHELD auf jeden Fall: Im Jahr 2005 wird bei der Polizeikommissarin Laurel Hester Lungenkrebs festgestellt. Hester hat zu diesem Zeitpunkt bereits 23 Jahre für die Gemeinde Ocean County im US Staat New Jersey gearbeitet. Und sie hat sich, was sie im Dienst geheim hält, ein liebevolles Zuhause mit ihrer Lebenspartnerin Stacey aufgebaut, komplett mit Hund und Garten. Als ihr Gesundheitszustand sich verschlechtert, appelliert Laurel an den Gemeinderat, homosexuelle Partnerschaften und Ehen gleichzustellen, damit Stacey im Fall ihres Todes Witwenrente erhalten würde – wie jeder heterosexuelle Ehepartner auch. Der Rat lehnt mit Verweis auf die Steuerzahler ab und löst damit landesweite Empörung aus. Hesters Polizeikollegen und angereiste Gay Rights Aktivisten bilden eine eigenwillige Koalition und belagern Monate lang alle Ratssitzungen – aber für Laurel und Stacey wird die Zeit zunehmend knapp. D Hendrike Bake

Start am 7.4.2016 ¢ Eva Lichtspiele ¢ filmkunst66 DF ¢ Union Filmtheater ¢ Xenon Kino OMU

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D 28

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D APRIL 2016

ab 28.4.

Laurel Hester had worked for the Ocean County police for 23 years when she was diagnosed with cancer and couldn’t transfer her pension benefits to her partner in case of her death – a routine procedure had she been married to a man.

Originaltitel: Eddie The Eagle D USA/Großbritannien/Deutschland 2016 D 106 min D R: Dexter Fletcher D B: Simon Kelton, Sean Macaulay D K: George Richmond D S: Martin Walsh D M: Matthew Margeson D D: Taron Egerton, Hugh Jackman, Christopher Walken D V: 20th Century Fox

EDDIE THE EAGLE – ALLES IST MÖGLICH Triumph des Underdogs

„Dabeisein ist alles“. Wie ein Relikt aus vergangenen Zeiten wirkt das olympische Motto heutzutage, ist Sport doch längst durchkommerzialisiert und zu einem Teil der Unterhaltungsindustrie gewonnen. Wie ein Relikt aus vergangenen Zeiten wirkt dementsprechend auch Dexter Fletchers EDDIE THE EAGLE und ist genau deswegen so mitreißend. Fletcher zeichnet den Weg des sportlich eher minder talentierten Briten Eddie Edwards (Taron Egerton) nach, der dennoch einen großen Traum hatte: Olympionike zu sein. Da er zudem eher minder attraktiv war und – aus der Sicht des britischen Establishments noch schlimmer – aus der Arbeiterklasse stammte, hatte er eigentlich keine Chance. Ja genau: Und die nutzte er. Wie es der Film erzählt (sehr frei mit den Fakten umgehend) kam Eddie nach diversen Versuchen in anderen Sportarten auf die Idee, Skispringer zu werden (von denen es in England aus verständlichen Gründen wenig gibt), fuhr nach Garmisch Partenkirchen, traf dort den abgehalfterten Ex-Skispringer Bronson Peary (Hugh Jackman), der ihm ein paar dringend benötigte Tipps gab, und qualifizierte sich schließlich für die Olympischen Spiele von Calgary. Dort erlangte er erstaunliche Popularität, obwohl er mit weitem Abstand Letzter wurde. Und darum geht es hier: Um den Gedanken, dass es im Sport nicht um Sieg und Niederlage geht, sondern um den Versuch, das Beste aus seinen Möglichkeiten zu machen. In einer der schönsten Szenen des Films steht Eddie mit Matti Nykänen im Aufzug, dem damals besten Skispringer der Welt, der in Eddie eine verwandte Seele erkennt. Für beide ist die Schönheit ihres Sports das Entscheidende, auch wenn sie im Ergebnis nicht weiter entfernt sein könnten: Nykänen gewann dreimal Gold, Eddie wurde zwei Mal letzter, doch in diesen Antipoden lebte der olympische Geist stärker als in den meisten Athleten dazwischen. D Michael Meyns

Start am 31.3.2016 ¢ b-ware!ladenkino ab ca. 7.4. ¢ Sputnik Kino DF OMU ab 14.4. DF OMU

A cheerful biopic of British ski jumper Eddie „the Eagle“ Edwards, whose determined performance at the Olympics in Calgary 1988 made him world famous, even though – or possibly because – he always finished last.

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Griechenland 2015 D 95 min D R: Athina Rachel Tsangari D B: Athina Rachel Tsangari, Efthymis Filippou D K: Christos Karamanis D S: Yorgos Mavropsaridis, Matthew Johnson D D: Panos Koronis, Vangelis Mourikis, Makis Papadimitriou D V: Rapid Eye Movies

CHEVALIER

AB 14 . APRI L IM KI NO

Neues von der „Greek Weird Wave“

Fünf Herren, der Doktor (ein Patriarch), sein aktueller Schwiegersohn (ein Versicherungsvertreter) und dessen Bruder (ein Muttersöhnchen), der ehemalige Schwiegersohn (ein nörgeliger Kollege des Vaters), sowie zwei ältere urbane Naturburschen mit Kreislauf- und Erektionsproblemen befinden sich auf einer Kreuzfahrt mit der privaten Luxusyacht des Doktors durch die Ägäis. Als es während eines Psycho-Partyspielchens zu einem Streit darüber kommt, ob einer der Naturburschen trotz seiner schlanken Figur wie ein Panda aussieht und ob der Stuart, wäre er RABBIWOLFF_Indiekino_82x122.indd 1 11.03.16 Obst, wirklich einer Ananas gliche, schlägt der Ex-Schwiegersohn des www.wild-film.de /wild.film.de Doktors vor, man solle doch ein anderes Spiel spielen, nämlich das folgende: Jeder denkt sich Aufgaben für die anderen aus, und wer diese am LILITH STANGENBERG GEORG FRIEDRICH besten besteht, erhält am Ende den CHEVALIER, einen Siegelring. Einer SUNDANCE „radikal sinnlich frei“ der Naturburschen schlägt sofort vor, das Spiel auf alle Tätigkeiten auszuweiten, um am Ende festzustellen, wer nun tatsächlich in allem der Beste sei. Von nun an wird gemessen, geschmeichelt, korrumpiert, unter den Tisch gekehrt, geprobt, trainiert und notiert, was das Zeug hält. Athina Rachel Tsangari hatte sich bereits in ATTENBERG als Meisterin eines sehr seltsamen, extrem trockenen Humors gezeigt. CHEVALIER ist nun eine sehr komische Studie der Beknacktheit von mittelalten und älteren Herren, wobei die spröde, realistische Absurdität des Humors, hinter der sich eine existentielle Verzweiflung verbirgt, so aktuell nur in der neuen Welle des griechischen Kinos, die inzwischen auch als „Greek Weird Wave“ bezeichnet wird, möglich ist. CHEVALIER ist auch ein Film über das masochistische Ideal der Ritterlichkeit, seine absurde Fortsetzung in der Ideologie der Leistungsgesellschaft, und darüber, wem dieses Ideal nutzt: Die EIN FILM VON NICOLETTE KREBITZ Herren geben sich am Ende die Hand, das Personal ahmt die Herren nach und bekommt dabei blutige Nasen. D Tom Dorow

AB 14. APRIL IM KINO

12:47

Offical Selection

FILM FESTIVAL

Start am 21.4.2016 ¢ b-ware!ladenkino ¢ Brotfabrik Kino OMU ¢ fsk-Kino am Oranienplatz ¢ Sputnik Kino OMU OMU

OMU

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In this new exponent of the „Greek Weird Wave“ five men on a yacht in the Aegean play a bizarre game. They compete in everything, from the biggest erection to the most elegant sleeping position to the best way to prepare a seafood salad.

WILD

WILD_indieKino_82x122_01.indd 1

18.03.16 10:41


INDIEKRITIKEN Originaltitel: Beti and Amare D USA/Spanien/Rumänien/Deutschland/Kanada/Äthiopien 2014 D 94 min D R: Andy Siege D B: Andy Siege D K: Andy Siege D S: Andy Siege D D: Hiwot Asres, Pascal Dawson, Biniyam Kore D V: Aries Images

BETI UND AMARE Fruchtbarer Boden für Träume

Äthiopien, 1936. Eine junge Frau flieht vor dem italienischen Einmarsch zu ihrem Großvater, der als Bauer mit einer einzelnen Ziege eine karge Lehmhütte bewohnt. Begeistert ist der von dem Familienbesuch nicht. Das Essen reicht gerade so, aber auf dem Weg zur Wasserstelle wird Beti ständig von drei Milizionären bedrängt, deren Anführer sie gerne als Kriegsbeute hätte. Der Großvater kann sie vorerst beschützen, aber als er in die Stadt muss, scheint Beti ausgeliefert. Zumindest solange bis ein Ei aus dem Weltraum nahe der Wasserstelle aufschlägt, aus dem ein dürrer, weißer Jüngling kriecht. Beti nimmt ihn bei sich auf und nennt ihn Amare. Sie übernimmt die Mutterrolle für ihn, erklärt ihm die Welt und bringt ihm das Sprechen und die Kaninchenjagd bei. Aber Amare ist kein hilfloses Lämmchen. Beti hat Alpträume von einer Gefahr, die sich unaufhaltsam der Hütte nähert. Aber wer oder was ist Amare genau? The Man Who Fell to Earth? Ein Kind? Ein Dämon? Und ist BETI UND AMARE nun ein Märchen, eine Science-Fiction-Love-Story oder eine Metapher für die Gewalt, der Frauen in Kriegsgebieten ständig ausgesetzt sind? Andreas Sieges Debüt ist vorrangig ein Erlebnis, das manche Fragen erst beantwortet, wenn man schon wieder das Kino verlassen hat. Siege verbindet Landschaftsaufnahmen wie aus einer Naturdokumentation mit surrealistischen Traumsequenzen, lässt einzelne Farbdetails in karge Schwarzweißbilder einbrechen und poetische Liebesmonologe über ein permanentes Gefühl der Bedrohung wuchern. Zusammengefasst ist BETI UND AMARE eine kleine Geschichte, die aber fruchtbaren Boden für Träume und Assoziationen bietet. Es ist auch ein Film über Monster und darüber, daß man manche Monster lieben lernt, wenn die anderen Monster auch mit breitem Lächeln und Opernarien kommen. Kurzum: Der perfekte Datingfilm, wenn einer auf Horrorfilme und der andere auf poetisches Weltkino steht. D Christian Klose

Start am 14.4.2016 ¢ Brotfabrik Kino ¢ Sputnik Kino OMU

OMU

D 30

D APRIL 2016

A young woman flees from the war into the desert but the war gives chase. Fortunately, so does a young man from outer space. A gorgeously shot debut feature about love, monsters and desert flowers.

Deutschland 2015 D 89 min D R: Mara Eibl-Eibesfeldt D B: Johanna Stuttmann D K: Jürgen Jürges D S: Karl Riedl D M: Jörg Lemberg D D: Ben Litwinschuh, Helena Pieske, Lutz Simon Eilert D V: missingFilms

IM SPINNWEBHAUS Rückzug in die Märchenwelt

Die Welt der Märchen ist schwarzweiß; sie ist hart und brutal, sicherlich, aber eben auch vollkommen eindeutig, mit klaren Grenzen und leicht zu identifizierenden Wirkungsmechanismen. In der Welt, die wir Realität nennen, gibt es stattdessen nur Grau mit seinen unzählbaren Schattierungen, die an den jeweiligen Enden aufweichen und sich verflüchtigen. Die sensibel-labile Sabine (Sylvie Testud) zerbricht an der Verantwortung als alleinerziehende Mutter dreier Kinder und an ihrem Alltag. Nur indem sie ihr Leben minutiös durchtaktet, kann sie das Bild nach Außen aufrechterhalten, dass sie alles im Griff hat. Ihr ältester Sohn, der zwölfjährige Jonas (Ben Litwinschuh), hat keine Wahl: Er muss die Rolle des abwesenden Vaters übernehmen. Als die Mutter erklärt, sie müsse an einen mythischen Ort namens Sonnental gehen, um ihre „Dämonen“ zu bekämpfen, ernennt sie ihn zum Familienoberhaupt auf Zeit, mit der Aussicht auf ein besseres Leben nach ihrem Sieg. Aus einem Wochenende werden Wochen und während es Jonas nach außen hin erstaunlich lange schafft, kein Misstrauen zu erregen – er bringt den hyperaktiven Nick (Lutz Simon Eilert) rechtzeitig zum Schulbus und das kleine Miechen (Helena Pieske) in die Kita –, verwandelt sich das Haus der Zurückgelassenen in das märchenhafte Spinnenwebhaus, einen sicheren Rückzugsort, dessen Geheimnis um jeden Preis gegen Eindringlinge gewahrt bleiben muss. Regisseurin Mara Eibl-Eibesfeldt transformiert mit ihrem Debütfilm IM SPINNENWEBHAUS den Stoff eines Sozialdramas durch einen Perspektivwechsel zu einem märchenhaften Abenteuerfilm, der durch das beständige Bewusstsein um die beiden konkurrierenden Weltsichten an Wucht gewinnt. Dazu tragen vor allem auch die beeindruckende Leistung der Kinderdarsteller und natürlich die exzellente Bildästhetik des Kamera-Altmeisters Jürgen Jürges bei. D Jens Mayer

Start am 31.3.2016 ¢ Sputnik Kino, Premiere mit Team am 30.3. um 19 Uhr ¢ Zukunft

In order to „fight her demons“ Sabine leaves the eldest son, the 12-year-old Jonas, in charge of his two siblings. Their home soon turns into a magical “cobweb house”.

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INDIEKRITIKEN

WILD

Deutschland 2016 D 97 min D R: Nicolette Krebitz D B: Nicolette Krebitz D K: Reinhold Vorschneider D S: Bettina Böhler D D: Lilith Stangenberg, Georg Friedrich, Silke Bodenbender D V: NFP

Liebe zum Wolf Nicolette Krebitz’ neuer Film WILD ist einer der mutigsten deutschen Filme der letzten Jahre, ein Film, der nach Tier und Freiheit stinkt und dabei oft unglaublich komisch ist. Ein Film, der alles liefert, was das Cineastenherz begehrt: noch nie gesehene Bilder, eine im wahrsten Sinne bissige Vision der Lebenswelt, tolle Darsteller, treffsichere Pointen. Der kommende Kultfilm einer Generation. Ein Film, der bleiben wird, den man noch im vierzig, fünfzig Jahren hervorkramen und sowohl als Beispiel für die filmische Verarbeitung der Gesellschaft in den 10er Jahren hernehmen wird, als auch für ein neues weibliches Kino, das Sehnsüchte und Träume so hemmungslos auslebt, wie es einst nur Männer in Western und Gangsterfilmen durften. Mit WILD geht Nicolette Krebitz in die Vollen. Ania (Lilith Stangenberg) hat einen öden Job als IT-Administratorin in einer Werbeagentur. Wenn ihr Chef Boris mit irgendeinem Gegenstand nach der Glasscheibe wirft, mit der das Chefbüro von den Schreibtischen der Untergebenen getrennt ist, steht sie auf und geht zur Kaffeemaschine. Selbst dort kann sie ihren Kaffee nur gegen die Kollegen verteidigen, weil der ja für den Chef ist. Boris lobt sie für ihre Unsichtbarkeit: „Du hast mich nie gestört.“ Das versteht der selbst mit sich unzufriedene Boss als ein Kompliment. Mit schöner Selbstverständlichkeit wird Ania später auf seinen Schreibtisch scheißen.

Start am 14.4.2016 ¢ b-ware!ladenkino ab ca. 28.4. ¢ Hackesche Höfe Kino ¢ fsk-Kino am Oranienplatz

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Annoyed with her boring job, Ania captures a wolf and lives with it in her flat. Her desire is not to domesticate the animal, but to become wild herself.

Ania beginnt, ein Verhältnis zur frischen Luft zu bekommen wie ein Junkie zu seinem Stoff: Sie reißt jedes Fenster auf. Dann sieht sie im Park vor der Wohnanlage, in der sie lebt, einen Wolf. Ob das Tier nur eine Traumvision oder ein echtes Wildtier ist, das in der Stadt nach Futter sucht, bleibt zunächst unklar. Ania recherchiert, wie man Wölfe fängt, bastelt mit Hilfe von asiatischen Arbeiterinnen aus einer Textilfabrik, mit der ihre Agentur in irgendeiner Geschäftsverbindung steht, eine Falle, betäubt das Tier und schließt es in dem Zimmer ihrer gesichtslosen Wohnung ein, aus dem ihre Schwester gerade ausgezogen ist. Ania kauft dem Wolf Leckerli, teures Fleisch und so niedliche wie appetitliche Kaninchen und die Beziehung zwischen Frau und Wolf wird immer intimer, wobei Ania nicht etwa den Wolf domestiziert, sondern selbst einen Prozess des Wild-Werdens durchläuft. Im Gegensatz zu anderen Tier-und-Wir-Filmen wie LIFE OF PI oder PLANET DER AFFEN ist der Wolf nicht aus Pixeln gebastelt oder im Motion-Capture-Verfahren eingefügt, sondern ein echter Wolf aus Fleisch und Blut. Krebitz hat mit dem ungarischen Tiertrainer Zoltan Horkai zusammen gearbeitet und den Film mit zwei Wölfen gedreht, die immer nur für kurze Zeit von ihrem Rudel getrennt wurden. Dass das nicht ungefährlich war, sieht man. Vor allem die ohnehin fantastische, stets mit großer Lässigkeit agierende Lilith Stangenberg riskiert hier einiges, und die reale Gefahr schreibt sich geradezu körperlich in den Film ein. Krebitz sieht ihren Film als absolut optimistisches Werk: „Man soll sich an dem Film aufrichten. Ich wollte einen positiven Film, der einem vermittelt, dass man es schaffen kann.“ Das scheint sich aber eher auf ihre Arbeit als Filmemacherin zu beziehen, als auf den Befreiungsversuch ihrer Heldin. Die Frauenphantasie mag wild und sexy sein, am Ende führt sie in eine von Menschen gemachte Einöde, die auch nicht wilder wirkt als der Spielplatz in einer Neubausiedlung. Immerhin lächelt Ania. Etwas ist vollbracht, aber was eigentlich, außer einem großen „Fuck you all“? Aber vielleicht fängt damit ja auch erst alles an. D Tom Dorow

APRIL 2016 D

31 D


INDIEKRITIKEN Deutschland 2015 D 70 min D R: Claus Löser D K: Jakobine Motz D M: Ronald und Robert Lippok

ORNAMENT & VERBRECHEN. DIE GEBRÜDER LIPPOK

Deutschland/Dänemark 2015 D 101 min D R: Martin Zandvliet D B: Martin Zandvliet D K: Camilla Hjelm Knudsen D S: Per Sandholt, Molly Marlene Stensgaard D D: Roland Møller, Mikkel Boe Folsgaard, Joel Basman D V: Koch Media

UNTER DEM SAND An der Nordsee nichts Neues

Nähe zu den Fans

„Wir haben nichts zu verkaufen, wir haben keine Webseite, aber Ihr wisst, wo Ihr uns finden könnt.“ Robert Lippok spricht diesen Satz am Ende eines Konzerts im Roten Salon der Berliner Volksbühne ins Mikrophon. Über der Szene wabert der Rauch einer Nebelmaschine. Sein Bruder ­Ronald steht neben ihm, legt die Trommelstöcke zur Seite. Noch während des Schlussapplauses klettern die beiden von der kleinen Bühne und mischen sich sofort unters Publikum. Viele Freunde und alte Bekannte sind darunter, die Atmosphäre ist fast intim. Eine Vertrautheit, die von ihren Wurzeln herrührt, als Ornament & Verbrechen in Berlin, Hauptstadt der DDR, vor allem in Räumen der Kirche, in Hinterzimmern von Kneipen oder einfach in Wohnungen auftraten. Diese Konzerte damals in der DDR bedurften keiner Werbung, ihre Kunde verbreitete sich dennoch in Windeseile. Dabei sein zu können, war ein Privileg, auch ein Bekenntnis für eine andere Kultur. Die Grenzen zwischen Künstler und Zuhörer verschwammen, schon weil der Raum so begrenzt war. Dies ist bis heute eine Seite ihres Auftretens in der Öffentlichkeit geblieben: die immer noch bestehende Nähe zu ihren Fans. Doch ebenso souverän bespielen sie große Säle, wie das HAU zur Eröffnung der Clubtransmediale (CTM) im Januar 2014. Der Film zeigt die Gleichzeitigkeit von Nähe und Ferne, von Kybernetik und Chaos, von Konzept und Improvisation – Faktoren, die das Werk von Ornament & Verbrechen wesentlich prägen. Es führt zu den privaten und musikalischen Anfängen, macht auch mit den aktuellen Nebenprojekten (wie ToRococoRot oder Tarwater) vertraut. Zuletzt führen alle Verästelungen wieder auf die beiden Brüder als Nukleus zurück: „Ornament & Verbrechen ist eigentlich keine Band. Ornament & Verbrechen tritt gelegentlich in Kraft.“ (Ronald Lippok) D Peter Schwarz

Start am 17.4.2016 ¢ Brotfabrik Kino, am 17.4. um 20 Uhr in Anwesenheit von Jakobine Motz und Claus Löser

D 32

D APRIL 2016

A film about the brothers Lippok – the most famous unknown band in the GDR.

Das Ende des Zweiten Weltkriegs im Mai 1945 beendet auch die fünfjährige Besatzung Dänemarks durch die verhasste Wehrmacht. Doch nicht alle der deutschen Soldaten reisen in ihre zerbombte Heimat zurück. Einige der meist jungen Soldaten, die im Rahmen des Volkssturms an die Front zogen, verbleiben in dänischer Kriegsgefangenschaft. Sie sollen an der Westküste des Landes die mehr als zwei Millionen Landminen entschärfen, die die Nazis in Erwartung einer alliierten Invasion im Sand vergraben haben. Ein gutes Dutzend von ihnen muss unter der Aufsicht des dänischen Feldwebels Carl Rasmussen (Roland Møller) einen Abschnitt der Nordseeküste von 45.000 tödlichen Sprengfallen säubern. Dass der Feldwebel für die Deutschen nichts als Verachtung übrig hat, wird schon in der Eröffnungsszene deutlich, als Rasmussen brutal auf einen Kriegsgefangenen einprügelt. Das Schicksal der ihm zugeteilten Volksstürmer, von denen der älteste erst 19 Jahre alt ist, interessiert den Dänen zunächst nicht im Geringsten. Die meistens hungrigen deutschen Soldaten wühlen mit bloßen Händen im Sand und sprengen sich mit erschütternder Regelmäßigkeit selbst in die Luft. Das Kriegsdrama des Dänen Martin Zandvliet atmet mit der Jugendlichkeit der Soldaten und der pazifistischen Botschaft den Geist des Antikriegsromans „Im Westen nichts Neues“. Der Regisseur und Drehbuchautor erzählt den Kriegsgefangenenfilm nah an den durchweg gut gespielten Figuren und dreht mit den Mitteln des Thrillers gekonnt an der Spannungsschraube. Zwar wäre es interessant gewesen, die nur am Rande entwickelten Spannungen zwischen den deutschen Soldaten weiter auszubauen. Doch auch mit dem Fokus auf die fragile Beziehung zwischen dem dänischen Feldwebel und „seinen“ deutschen Kriegsgefangenen gelingt Zandvliet ein eindringliches Weltkriegsdrama über ein fast vergessenes Kapitel der deutsch-dänischen Geschichte. D Christian Horn

Start am 7.4.2016 ab 14.4. ¢ Union Filmtheater ¢ Sputnik Kino OMU ab 21.4. DF

May 1945. The war has ended and German POWs are forced to clear the western coast of Denmark of more than 2 million landmines. Martin Zandvliet’s drama focuses on the relationship between the young Germans and their commanding Danish Sergeant.

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INDIEKRITIKEN

CINEMA: A PUBLIC AFFAIR

CRIMINAL ACTIVITIES

„Ein Film beginnt, wenn er zu Ende ist. Er beginnt in Gesprächen, im Austausch der Meinungen. Da kristallisiert sich der Traum, den wir gerade gesehen haben. Und in dieser seelischen Arbeit wirst Du ein bisschen besser, freier und offener.“ (Naum Kleiman) In ihrem Dokumentarfilm porträtiert Tatiana Brandrup den mutigen russischen Filmhistoriker Naum Kleimann, Leiter des Eisenstein-Archivs und Direktor des 2005 geschlossenen Moskauer „Musey Kino“, einen großen Vermittler des Kinos, der an Film als Waffe im Kampf für bessere, offenere Gesellschaften glaubt.

Bei der Beerdigung eines Schulkameraden treffen sich die alten Kumpel Zach (Michael Pitt), Noah (Dan Stevens), Warren (Christopher Abbott) und Bryce (Rob Brown) wieder. Ein paar Drinks später sind sie bereits dabei, gemeinsam einen totsicheren Deal einzufädeln, den Börsenmakler Zach vorgeschlagen hat. Der Deal geht schief und es stellt sich heraus, dass Noah die nötigen 200.000 Dollar beim Unterweltkönig Eddie (John Travolta) geborgt hatte, der nun wenig Sympathie für ihre Lage aufbringt. PULP FICTION, THE USUAL SUSPECTS und GET SHORTY standen Pate.

¢ Bali Kino

OMU

Deutschland 2015 D 96 min D R: Tatiana Brandrup

Start am 31.3.2016 ¢ Union Filmtheater

DF

ab 7.4.

USA 2015 D 94 min D R: Jackie Earle Haley D D: Michael Pitt, Dan Stevens, John Travolta

WIEDERAUFFÜHRUNG: POSSESSION Ehedrama, Horror, Thriller, Kunst. Andrzej Zulawskis Arthouse-Kult-Klassiker POSSESSION bietet ein kafkaeskes Szenario vor dem Hintergrund des kalten Krieges in Berlin. Ein Spion (Sam Neill) kehrt von einer Mission zurück und findet nur noch die Scherben seiner Ehe vor. Eine Frau (Isabell Adjani) will die Scheidung. Ein schleimiges Wesen will in die Welt. Eine Mauer geht durch die Stadt, eine Mauer steht auch zwischen allen Personen. Die Eingeschlossenen und Ausgeschlossenen verfallen in Hysterie und Wahnsinn. Einfach mal ausprobieren und wirken lassen. ¢ Brotfabrik Kino OMU , am 23.4. um 21 Uhr ¢ Z-inema OMU , am 5.4. um 20 Uhr

NACH DEM BESTSELLER VON

Frankreich/BRD 1981 D 127 min D R: Andrzej Zulawski D D: Isabella Adjani, Sam Neill

FREDRIK BACKMAN

EIN MANN NAMENS OVE AB 7. APRIL IM KINO

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DER NR. 1 HIT AUS SCHWEDEN!

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WEITERINDIEKINO

EL CLAN

DER WERT DES MENSCHEN

Buenos Aires Anfang der Achtziger: Die Diktatur ist Geschichte, die Demokratie noch jung. Nach außen hin genießt die Familie Puccio hohes Ansehen in der Nachbarschaft. Ihnen gehören mehrere florierende Lokalitäten in der Stadt, der älteste Sohn Alejandro ist ein gefeierter Rugby-Spieler. Doch hinter der gutbürgerlichen Fassade hat Vater Arquímedes, der seinen Lebensunterhalt einst bei der Junta verdiente, einen florierenden Geschäftszweig aus Entführung und Lösegelderpressung etabliert, dem der Rest der Familie billigend zusieht.

Vor einigen Monaten hat Thierry (Vincent Lindon) seinen Job verloren. Das Arbeitsamt hat ihm eine Umschulung zum Kranfahrer aufgedrückt, aber Kranfahrer ohne Baustellenerfahrung stellt niemand ein. Fünf verlorene Monate, sagt Thierry. Bald wird er nur noch 500 Euro vom Amt bekommen, dann kann er seine Rechnungen nicht mehr zahlen, auch nicht die 300 Euro, die die Schule seines behinderten Sohns jeden Monat kostet. Wer je geglaubt hat, dass der soziale Realismus ein scheintoter Stil wäre, mag sich von diesem Film das Herz zerreißen lassen.

¢ b-ware!ladenkino DF OMU ¢ City Kino Wedding DF OMU ¢ Filmrauschpalast OMU ¢ Hackesche Höfe Kino OMU ¢ Il Kino OMEU ¢ Sputnik Kino DF OMU ¢ Union Filmtheater DF

Argentinien/Spanien 2015 D 110 min D R: Pablo Trapero D D: Guillermo Francella, Peter Lanzani, Lili Popovich

¢ Acud Kino DF ¢ b-ware!ladenkino DF OMU ¢ Brotfabrik Kino OMU ¢ Filmrauschpalast OMU ¢ fsk-Kino am Oranienplatz OMU ¢ Hackesche Höfe Kino OMU ¢ Il Kino OMEU ¢ Tilsiter Lichtspiele OMU

ALS WIR DIE ZUKUNFT WAREN

BROOKLYN

ANOMALISA

¢ b-ware!ladenkino

¢ Tilsiter Lichtspiele

¢ Il Kino

BABAI

¢ Filmrauschpalast, Hackesche Höfe Kino, Zukunft

BACH IN BRASIL ¢ Union Filmtheater

THE BIG LEBOWSKI

LANDSTÜCK

¢ Filmrauschpalast

Erneut zieht es Volker Koepp in den Norden Brandenburgs, wie schon 1976 mit DAS WEITE FELD und 2002 mit UCKERMARK. Kulturlandschaft. Agrarland. Wirtschaftsfaktor. Hier entscheidet der Landbesitzer über die Gestalt der Umgebung. Aneignung oder Pflege, Ausbeutung oder Förderung? Der regionale Ausschnitt als Mikrokosmos der Globalisierung. LANDSTÜCK erzählt vom Wandel der Systeme, vom Gleichmachen, vom Kampf für die natürliche Vielfalt und von den absurden Auswirkungen staatlicher Subventionierungen. ¢ Acud Kino ¢ Hackesche Höfe Kino ¢ Tilsiter Lichtspiele ¢ Union Filmtheater

D 34

D APRIL 2016

Deutschland 2016 D 122 min D R: Volker Koepp

Originaltitel: La Loi du marché D Frankreich 2015 D 93 min D R: Stéphane Brizé D D: Vincent Lindon, Karine De Mirbeck, Matthieu Schaller

BIRNENKUCHEN MIT LAVENDEL ¢ City Kino Wedding, b-ware!ladenkino, Bundesplatz Kino, Eva Lichtspiele

B-MOVIE: LUST & SOUND IN WEST-BERLIN

¢ Filmrauschpalast, Sputnik Kino

DAS BRANDNEUE TESTAMENT ¢ Acud Kino, b-ware!ladenkino

¢ City Kino Wedding

DER BUNKER CHAMISSOS SCHATTEN – KAPITEL 1

¢ b-ware!ladenkino, Eva Lichtspiele, Matinee am 17.4. um 11 Uhr

COLONIA DIGNIDAD ¢ b-ware!ladenkino, Sputnik Kino, Zukunft

DÄMONEN UND WUNDER ¢ b-ware!ladenkino, Bali Kino

THE DANISH GIRL

¢ b-ware!ladenkino, Union Filmtheater

DEADPOOL ¢ b-ware!ladenkino

DIRIGENTEN – JEDE BEWEGUNG ZÄHLT ¢ Bali Kino, Tilsiter Lichtspiele


WEITERINDIEKINO

DUDE BROTHERS MASSACRE III

IM STRAHL DER SONNE

¢ Sputnik Kino

¢ Acud Kino, b-ware!ladenkino, Il Kino

FEUER BEWAHREN, NICHT ASCHE ANBETEN ¢ Bali Kino

FOTO: OSTKREUZ ¢ Union Filmtheater

FRANCOFONIA

¢ Acud Kino, b-ware!ladenkino, Bali Kino, Hackesche Höfe Kino, Tilsiter Lichtspiele

FREUNDE FÜRS LEBEN

JANIS: LITTLE GIRL BLUE ¢ b-ware!ladenkino, Zukunft

KEIN ZICKENFOX

DER GEILSTE TAG GRÜSSE AUS FUKUSHIMA

HAIL, CAESAR!

¢ b-ware!ladenkino, Filmrauschpalast, Hackesche Höfe Kino, Tilsiter Lichtspiele

THE HATEFUL 8

¢ b-ware!ladenkino, Sputnik Kino, Tilsiter Lichtspiele, Union Filmtheater

¢ b-ware!ladenkino, Brotfabrik Kino

¢ Bundesplatz Kino

LOLO – DREI IST EINER ZUVIEL

SILENT HEART

LOVE 3D

¢ b-ware!ladenkino

MUSTANG

¢ Acud Kino, b-ware!ladenkino, City Kino Wedding, Bali Kino, Hackesche Höfe Kino, Il Kino, Zukunft

NO LAND’S SONG ¢ Bali Kino, Sputnik Kino

HELLO I AM DAVID – EINE REISE MIT DAVID HELFGOTT ¢ b-ware!ladenkino, Bundesplatz Kino, Tilsiter Lichtspiele

¢ Eva Lichtspiele, Matinee am 3.4. um 11 Uhr

UNSERE WILDNIS

¢ Union Filmtheater

SEXARBEITERIN

VICTORIA ¢ Zukunft

VOICES OF VIOLENCE

¢ b-ware!ladenkino, Bundesplatz Kino, Eva Lichtspiele, filmkunst66, Hackesche Höfe Kino, Sputnik Kino, Union Filmtheater

¢ b-ware!ladenkino, Hackesche Höfe Kino

SON OF SAUL

¢ City Kino Wedding

SPOTLIGHT

WENN EIN GARTEN WÄCHST WHERE TO INVADE NEXT ¢ Il Kino

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STAR WARS: EPISODE VII

¢ b-ware!ladenkino, Union Filmtheater

SUFFRAGETTE

¢ b-ware!ladenkino, City Kino Wedding, Sputnik Kino

A PERCEPTION ¢ Z-inema, am 11.4. um 20 Uhr

¢ Union Filmtheater

¢ b-ware!ladenkino, fsk-Kino am Oranienplatz

¢ b-ware!ladenkino, Eva Lichtspiele, Union Filmtheater

¢ b-ware!ladenkino, Union Filmtheater

¢ b-ware!ladenkino, City Kino Wedding, Filmrauschpalast, Union Filmtheater

POWER TO CHANGE

HEART OF A DOG

SEARCHING FOR SUGAR MAN

LEE SCRATCH PERRY’S VISION OF PARADISE

¢ b-ware!ladenkino, Hackesche Höfe Kino

¢ b-ware!ladenkino, Hackesche Höfe Kino, Sputnik Kino

ULRIKE OTTINGER – DIE NOMADIN VOM SEE

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SEX & CRIME

MEIN EIN, MEIN ALLES

¢ Union Filmtheater

ROCK THE KASBAH

¢ Sputnik Kino

¢ City Kino Wedding

¢ Hackesche Höfe Kino

¢ b-ware!ladenkino, Hackesche Höfe Kino, Sputnik Kino

TRUMBO

¢ b-ware!ladenkino, Filmrauschpalast, Sputnik Kino, Zukunft

¢ Eva Lichtspiele, Matinee am 10.4. um 11 Uhr, Tilsiter Lichtspiele

EWIGE JUGEND

THE REVENANT

DAS TAGEBUCH DER ANNE FRANK ¢ b-ware!ladenkino, Bundesplatz Kino, Union Filmtheater

RAUM

¢ b-ware!ladenkino, Bundesplatz Kino, Filmrauschpalast, Hackesche Höfe Kino, Tilsiter Lichtspiele, Union Filmtheater

TOMORROW IS ALWAYS TOO LONG ¢ b-ware!ladenkino, Filmrauschpalast

RESULTS

¢ b-ware!ladenkino, Hackesche Höfe Kino

EIN FILM VON

MARTIN ZANDVLIET

N O R D I S K F I L M P R O D U C T I O N & A M U S E M E N T PA R K F I L M P R Ä S E N T I E R E N

ROLAND MØLLER

EIN WUNDERBARER FILM ”VOLLER MENSCHLICHKEIT“ – NEW YORK OBSERVER

MIKKEL BOE FØLSGAARD

LOUIS HOFMANN

JOEL BASMAN


INDIEKINDER Originaltitel: Bouwdorp D Niederlande 2014 D 87 min D R: Margien Rogaar D B: Tijs van Marle, Margien Rogaar D K: Sal Kroonenberg D S: Elsbeth Kasteel D M: Rik Elstgeest, Gerry Arling D D: Kees Nieuwerf, Julian Ras, Bart Reuten, Nijs Vermin, Yuri van Dam D V: farbfilm Verleih

KINDERFILME A–Z BIBI & TINA: MÄDCHEN GEGEN JUNGS Deutschland 2015 D R: Detlev Buck D 111 min, FSK: oA

Bibi und Tina fahren ins Zeltlager wo sie beim Geo-Caching gegen die Jungs antreten. ¢ b-ware!ladenkino ¢ Bundesplatz Kino ¢ filmkunst66

DER JUNGE UND DIE WELT

Brasilien 2013 D R: Alê Abreu D 82 min, empfohlen ab: 8, FSK: oA

Ein kleiner Junge macht sich auf, seinen Vater zu finden und entdeckt dabei die beängstigende Wirklichkeit. Wunderschön animiert aber auch ziemlich traurig. ¢ b-ware!ladenkino

GAHL’S MÄRCHENKLAVIER

DIE BAUMHAUSKÖNIGE Freunde für immer?

In DIE BAUMHAUSKÖNIGE erzählt die niederländische Regisseurin Margien Roggar zunächst einmal eine typische, kindgerechte Geschichte, die sich um das Bauen von Baumhäusern während eines sommerlichen Ferienlagers dreht. Zum letzten Mal nehmen die besten Freunde Bas und Ziggy an diesem Wettkampf teil, denn nach den Ferien werden sie zu alt sein, werden sie auf weiterführende Schulen gehen, werden sich wohl auch ihre Wege trennen. Und hier fängt es an, wirklich interessant zu werden. Denn während Ziggy aufs Gymnasium kommt, sind Bas’ Noten nicht gut genug, was ihm vor allem sein Vater immer wieder vorhält. Er solle sich schon mal innerlich von Ziggy verabschieden, meint der Vater, was Bas nicht wahrhaben will. Ewige Freundschaft wird in Kinderfilmen oft beschworen, eine heile Welt suggeriert, deren Probleme am Ende eines Films gelöst sind. Nicht so in DIE BAUMHAUSKÖNIGE, der auf bemerkenswert pragmatische Weise von den unausweichlichen Veränderungen erzählt, die auch im Leben eines Kindes vorkommen, die im Moment vielleicht traurig, aber eben auch ein Teil des Lebens sind. D Michael Meyns

Start am 7.4.2016 ¢ Acud Kino ¢ b-ware!ladenkino ¢ Tilsiter Lichtspiele ¢ Union Filmtheater

ge Schulfilmfestival BRITFILMS zu Gast in Berlin. Das Programm richtet sich speziell an Sprachschüler und reicht von der Kinderbuchverfilmung PADDINGTON über die schottische Familienkomödie WHAT WE DID ON OUR HOLIDAY bis zum Porträt des „whistle blowers“ Edward Snowden CITIZENFOUR. Eine Übersicht aller Filme gibt es auf www.britfilms.de. Interessierte Schulklassen können sich direkt in den teilnehmenden Kinos anmelden: Acud Kino (www.acudkino.de), Hackesche Höfe Kino (www.hoefekino.de), fsk-Kino (www.fsk-kino.de)

D APRIL 2016

¢ Bali Kino

It’s the last tree house building competition for best friends Bas and Ziggy because after the summer they will be too old, and, much worse, they will be going to different schools.

BRITFILMS #9 Vom 18.4. bis 4.5. ist das englischsprachi-

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Gahl’s Märchenklavier bringt Märchen aus verschiedensten Ländern ins Bali: Ein musikalisches Vorspiel malt die Stimmung aus. Dann beginnt der Erzähler mit der Geschichte, wobei sich das Klavier immer wieder einmischt und gewissermaßen miterzählt. Für Kinder ab 6 Jahren. 10.4.um 15 Uhr: DAS MÄRCHEN VOM PLATSCH 14.4. und 15.4. um 10.30 Uhr: DIE SCHLAUE GANS UND DER FUCHS 24.4. um 15 Uhr: VON DEM BAUM DER JEDE NACHT BLÜHTE UND GOLDENE FRÜCHTE TRUG

HEIDI

Deutschland/Schweiz 2015 D R: Alain Gsponer D 111 min, FSK: oA

Neuverfilmung des Kinderbuchund Serien-Klassikers mit Bruno Ganz als Almöhi. ¢ Acud Kino ¢ Bali Kino

THE JUNGLE BOOK USA 2016 D R: Jon Favreau D FSK: 6

Neue 3D-Verfilmung des Disney-Klassikers. ¢ b-ware!ladenkino (3D) ¢ Union Filmtheater (auch in 3D)

KINDERFILM DES MONATS: HÄNDE WEG VON MISSISSIPPI Deutschland 2007 D R: Detlev Buck D 96 min, empfohlen ab: 8, FSK: oA

Die zehnjährige Emma verbringt ihre Sommerferien wie immer bei Oma Dolly auf dem Hof. Aber auf einmal will der neue Besitzer die Haflinger-Stute Mississippi an den Metzger verkaufen! Emma und Dolly müssen eingreifen. ¢ Bali Kino ¢ Bundesplatz Kino ¢ Eva Lichtspiele ¢ Sputnik Kino ¢ Union Filmtheater ¢ Xenon Kino Alle Termine unter www.kinderkinobuero.de Vorbestellungen unter 030/235 562 51

KUNG FU PANDA 3 USA/China 2016 D R: Jennifer Yuh, Alessandro Carloni D 95 min, FSK: oA

Der kleine Po muss ein ganzes Dorf tollpatschiger Pandas zu Kung Fu Kämpfern ausbilden. Animation. ¢ b-ware!ladenkino ¢ Eva Lichtspiele


INDIEKINDER

DER KLEINE MAULWURF (1963 –1975)

ROBINSON CRUSOE (2016)

Der kleine Maulwurf erlebt Geschichten. Zeichentrickfilm.

Der junge Robinson Crusoe und ein Papagei werden Freunde. Animation.

CSSR 1963 –1975 D R: Zdenek Miler D 69 min, FSK: oA

¢ b-ware!ladenkino ¢ Bali Kino

DER KLEINE PRINZ

Frankreich 2015 D R: Mark Osborne D 107 min, FSK: oA

Belgien/Frankreich 2015 D R: Vincent Kesteloot, Ben Stassen D 90 min, FSK: oA

¢ Acud Kino ¢ b-ware!ladenkino ¢ Bali Kino ¢ filmkunst66

Trickfilm-Verfilmung des Kinderbuchklassikers.

König einen Gummibärchenbaum zu pflanzen. ¢ Bali Kino ¢ Eva Lichtspiele, ¢ Xenon Kino alle Termine unter www-spatzenkino.de, Vorbestellungen unter 030/449 47 50

UNSERE WILDNIS

Frankreich/Deutschland 2015 D R: Jacques Perrin, Jacques Cluzaud D 97 min, FSK: oA

Naturdokumentation über die Entwicklung der Fauna und Flora in Europa und die vier Jahreszeiten.

¢ Union Filmtheater

¢ Acud Kino ¢ b-ware!ladenkino ¢ Sputnik Kino

KÖNIG DROSSELBART

VOLL AUF DIE NUSS (2016)

DDR 1965 D R: Walter Beck D 93 min, FSK: oA

Manfred Krug gibt König Drosselbart in der DEFA-Verfilmung des Grimmschen Märchens. ¢ Union Filmtheater

SCHELLEN-URSLI Schweiz 2016 D R: Xavier Koller D 104 min, FSK: oA

Nach „Heidi“ das berühmteste Kinderbuch der Schweiz: Ein Hirtenbube bekommt fürs Frühlingsfest nur eine kleine Schelle und beschließt, hoch oben von der Alm eine Riesenglocke ins Tal zu holen.

USA 2015 D R: Ross Venokur D 86 min, FSK: oA

Frankie das Eichhörnchen bricht aus der Wildtierstation aus. Als er zurück im Wald ist, stellt er fest, dass alle Eicheln weg sind. Zeichentrick. ¢ Union Filmtheater

Estland/Litauen 2006 D R: Janno Pöldma, Heiki Ernits D 80 min, FSK: oA, empfohlen ab: 5

Beim jährlichen Erfinderwettbewerb treffen die Hündin Lotte und ihre Freunde unter anderem eine Biene, die Judo unterrichtet. Animation. ¢ Sputnik Kino

RICO, OSKAR UND DAS HERZGEBRECHE

Deutschland 2015 D R: Wolfgang Groos D 95 min, FSK: oA

Die kleinen Detektive und besten Freunde Rico und Oskar haben einen neuen Fall. Ricos Mutter Tanja wird offenbar erpresst … ¢ City Kino Wedding

Sebastian und seine Hündin Belle machen sich auf dem Weg, um Sebastians Ziehmutter Angelina aus einem abgestürzten Flugzeug zu retten. ¢ Acud Kino

SPATZENKINO: FRÜHLINGSGEGACKER 45 min, empfohlen ab: 4

Das Spatzenkino läutet den Frühling ein: In DIE RAUPE UND DIE HENNE (Italien 2014, Legetrick) wartet die Henne geduldig darauf, dass ihre beste Freundin Raupe aus der Verpuppung zurück kommt, DAS HÜHNCHEN KATRINCHEN (DDR 1980, Puppentrick) lässt den Fuchs geschickt abblitzen und in DER KLEINE KÖNIG UND DAS SAMENKORN (D 1997, Zeichentrick) versucht der kleine

Eine aktuelle­ Programmübersicht über alle KinderfilmTermine finden Sie auf www.indiekino.de

Die Altersempfehlungen orientieren sich in der Regel an den Vorschlägen der Bundeszentrale für politische Bildung/Vision Kino.

Schweden 1986 D R: Lasse Hallström D 90 min, FSK: oA

SEBASTIAN UND DIE FEUERRETTER

Frankreich 2015 D R: Christian Duguay D 97 min, FSK: 6, empfohlen ab: 9

ACUD KINO TÄGLICH B-WARE! LADENKINO TÄGLICH BALI KINO DO, FR, SA, SO BUNDESPLATZ KINO DO, FR, SA, SO EVA-LICHTSPIELE DO, FR, SA, SO FILMKUNST66 DO, FR, SA, SO SPUTNIK KINO DO, FR, SA, SO TILSITER LICHTSPIELE DO, FR, SA, SO UNION FILMTHEATER DO, FR, SA, SO XENON KINO wechselnde Termine

WIR KINDER AUS BULLERBÜ

¢ Eva Lichtspiele

LOTTE IM DORF DER ERFINDER

KINDERKINO IM INDIEKINO

DIE WILDEN KERLE – DIE LEGENDE LEBT Deutschland 2016 D R: Joachim Masannek D 100 min, FSK: oA

Sieben Kinder haben Sommerferien in einem schwedischen Dorf in den 20er Jahren. Nach dem Kinderbuchklassiker von Astrid Lindgren. ¢ Bali Kino

Eine neue Generation wilder Kerle trittt an, um das Wilde-Kerle-Land zu übernehmen. ¢ b-ware!ladenkino ¢ Union Filmtheater ¢ Sputnik Kino

DIE WINZLINGE: OPERATION ZUCKERDOSE

Frankreich/Belgien 2013 D R: Helene Giraud, Thomas Szabo D 88 min, FSK: oA

Die kleinen Tierchen freuen sich über einen Schatz: eine Zuckerdose. Aber auch die Ameisen habe es auf den Zucker abgesehen. Animation. ¢ b-ware!ladenkino ¢ City Kino Wedding ¢ filmkunst66 ¢ Sputnik Kino

ZOOMANIA

USA 2016 D R: Byron Howard, Rich Moore, Jared Bush D 108 min, FSK: oA

In Zoomania leben alle Tierarten friedlich beieinander. Als einzelne Raubtiere anfangen, durchzudrehen ist Officer Judy Hopps gefragt, die erste Häsin bei der Polizei von Zootropolis. ¢ Acud Kino ¢ b-ware!ladenkino ¢ Eva Lichtspiele ¢ Sputnik Kino ¢ Union Filmtheater

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INDIEKINOHIGHLIGHTS

BALI KINO ALEXANDER SOKUROV-FILMWOCHE

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Faust

Alexander Sokurov gehört nicht nur zu den bedeutendsten sondern auch zu den produktivsten Regisseuren Russlands. Dabei ist das Spätwerk des Tarkowski-Protegés und Sowjet-Kritikers vor allem durch seine Tetralogie über Macht und Männer geprägt. Das Bali Kino zeigt in seiner Sokurov-Filmwoche den abschließenden Teil der Reihe, seine 2011 auf den Filmfestspielen in Venedig gefeierte und mit dem Goldenen Löwen ausgezeichnete FAUST-Adaption (22./23.4.). Außerdem läuft mit RUSSIAN ARK (21.4.) das technische Meisterwerk, in dem Sokurov 2002 in der Eremitage in Sankt Petersburg drei Jahrhunderte russischer Geschichte in einer einzigen Einstellung filmte, und seinen aktuellen Film FRANCOFONIA (24.-27.4.), über die Rettung der Louvre-Schätze vor dem Zugriff der Deutschen im Zweiten Weltkrieg. balikino-berlin.de  21.-27.4. jeweils um 20.30 Uhr, Sondervorstellung FAUST am 24.4. um 11 Uhr

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INDIEKINOHIGHLIGHTS

FILMRAUSCHPALAST ARAB HUB: THE WANTED 18 ArabHub Berlin versteht sich als Raum der Begegnung und des Austausches über die aktuellen politischen, gesellschaftlichen und kulturellen Veränderungen in den arabischen Ländern. Neben Ausstellungen, Kunstperformances, Lesungen und Konzerten sollen in diesem Rahmen auch Filme gezeigt werden, die einen Anstoß zum Gespräch geben. Der kanadisch-palästinensische (teilweise animierte) Dokumentarfilm THE WANTED 18 von Amer Shomali und Paul Cowan erzählt von der ersten Intifada von 1987 und von der palästinensischen Volksbewegung in Beit Sahour, die versucht, eine lokale Milchindustrie zu etablieren. Als die 18 Kühe, die sie als Protest gegen die wirtschaftlichen Restriktionen angeschafft haben, als „Sicherheitsbedrohung“ klassifiziert werden, beginnt eine Katz- und Mausjagd im Westjordanland und eines der seltsamsten Kapitel der Geschichte des israelisch-palästinensischen Konflikts. Der Film wird im Original mit deutschen Untertiteln gezeigt. www.filmrausch.de  14.4. um 20 Uhr & 21.4. um 18 Uhr

Z-INEMA EXPLOITATION MADE IN ­AUSTRIA: SCHAMLOS (1968)

SPUTNIK KINO AM SÜDSTERN VERWUNDETE ERDE – 30 JAHRE TSCHERNOBYL

Das Z-inema führt seine Ausgrabungsarbeiten im Untergrund des österreichischen Films fort. In SCHAMLOS (Österreich 1968, R: Eddy Saller, mit Udo Kier, Rolf Eden, 74 min) ist der 20jährige Alexander Pohlmann Boss einer Bande von Rowdies, die das Nachtgeschäft einer Großstadt kontrolliert. Als ihm in einer Bar die Tänzerin Annabella auffällt, erzwingt er ihre Freigabe. Das aber passt nicht in das Konzept des Gangsterkönigs Kowalski, Inhaber eines Karosseriebetriebes und Spezialist für den Bau von motorisierten Bordellen für die er Annabella nur zu gut gebrauchen kann. Auf einem verrückten, wilden Künstlerfest, einem Happening der Otto-Mühl-Kommune, bringt Kowalski es fertig, sich mit Pohlmann wegen Annabella zu arrangieren. z-bar.de  12.4. um 20.00 Uhr

Anlässlich des 30. Jahrestages von Tschernobyl lädt die grüne Bundestagsfraktion zur Filmvorführung von VERWUNDETE ERDE (Frankreich 2011, R: Michale Boganim) und einer anschließenden Diskussion mit den grünen Bundestagsabgeordneten Dr. Anton Hofreiter MdB und Sylvia Kotting-Uhl (Sprecherin für Atompolitik) und weiteren Fachleuten ein. Der Eintritt ist frei. Der Film erzählt die Geschichte der Reaktorkatastrophe aus der Perspektive von Einwohnern der nahegelegenen 50.000-Einwohner-Stadt Prypjat: Es ist der 25. April 1986. Anya und der Feuerwehrmann Piotr haben gerade geheiratet und feiern mit Freunden und Familie ihre Hochzeit. Am Fluss freut sich der Physiker Alexei über einen freien Tag, den er mit seinem sechsjährigen Sohn Valery verbringen kann. Die Idylle wird jäh zerstört, als im benachbarten Kernkraftwerk Tschernobyl der Block 4 explodiert. sputnik-kino.com  26.4. um 19 Uhr

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INDIEKINOHIGHLIGHTS

HACKESCHE HÖFE KINO CITY KINO WEDDING AFRICAVENIR: EGYPTS MODERN PHARAOS & MINERS SHOT DOWN Die ägyptisch-französische Filmemacherin, Autorin und Nachrichtenkorrespondentin Jihan El-Tahri zeichnet in ihrer Trilogie EGYPTS MODERN PHARAOS die Entwicklung Ägyptens seit 1952 anhand der drei Männer nach, die das Land seit dem Ende der Monarchie regierten: Gamal Abdel Nasser, Anwar As-Sadat, und Hosni Mubarak. Die 150-minütige Version, die sie im Rahmen der Reihe AfricAvenir mit anschließenden Publikumsgespräch präsentiert, ist ein Zusammenschnitt der drei Filme, in dem El-Tahri auch den Widerstreit zwischen Militär und Muslimbruderschaft beschreibt, der das Land seit jeher prägt. In MINERS SHOT DOWN begleitet Filmemacher Rehad Desai den Streik südafrikanischer Minenarbeiter im August 2012, der infolge von Polizeigewalt eskalierte und zum „Massaker von Marikana“ mit 34 toten Arbeitern und zahlreichen Verletzte führte. Seine Aufzeichnungen der Vorfälle, Interviews mit Streikführern und Rechtsanwälten sowie Aufnahmen der anschließenden Untersuchungskommission verdichten sich zu einem Dokument über einen bitteren Tiefpunkt des demokratischen Südafrika nach dem Ende der Apartheid. Zudem wirft der Film einen Blick auf die Rolle des größten Kunden der Lonmin Bergbauunternehmens: den Chemiekonzern BASF. www. africavenir.org  EGYPTS MODERN PHARAOS (OmU): CITY KINO WEDDING: 7.4. um 19 Uhr mit anschließendem Gespräch mit Regisseur / HACKESCHE HÖFE: 8.4. um 19 Uhr mit anschließendem Gespräch mit Regisseur  MINERS SHOT DOWN: CITY KINO WEDDING: 22.4. um 20 Uhr mit Publikumsgespräch / HACKESCHE HÖFE: 24.4. um 17 Uhr mit Publikumsgespräch Miners Shot Down

Katz und Maus

BROTFABRIK KINO 10 KURZFILME VON MICHAEL KLIER

FILMRAUSCHPALAST RAUSCH DES MONATS: ­TRAINSPOTTING

Michael Kliers 1963, mit Jürgen Jürges hinter und Rolf Zacher vor der Kamera entstandener Debüt-Kurzfilm PROBEAUFNAHMEN erregte gleich die Aufmerksamkeit des Nouvelle-Vague-Rebellen François Truffaut, der den damals 20jährigen als Volontär nach Paris einlädt. Auch wenn Klier mit Spiel- und Fernsehfilmen wie ÜBERALL IST ES BESSER WO WIR NICHT SIND oder OSTKREUZ erfolgreich das Langspielformat bedient hat, definieren seine in vier Jahrzehnten entstandenen Kurzfilmwerke, u.a. mit Axel Prahl, Julia Hummer und Nicolette Krebitz, seinen künstlerischen Werdegang. Das Brotfabrik Kino zeigt die 2015 entstandene Anthologie 10 KURZFILME VON MICHAEL KLIER. www.brotfabrik-berlin.de

Zum Auftakt der neuen Reihe „Rausch des Monats“, die sich regelmäßig mit Rauscherlebnissen im Film beschäftigt, zeigt der FilmRAUSCHpalast Danny Boyles Drogendrama-Kultfilm TRAINSPOTTING (1996, OmU) mit Ewan McGregor und Robert Carlyle nach dem Roman von Irvine Welsh, der in diesem Jahr sein 20jähriges Jubiläum feiert (gerade wird übrigens auch an einer Fortsetzung mit dem gleichen Team gearbeitet). Anschließend wird das Kino zum Club, wenn die Filmrausch-Residents von ­Noiseferatu and The Wizard of OSC die Kinogänger zum Tanzen animieren. filmrausch.de  9.4. (Opening Night & Party), 16.4., 23.4. & 28.4. jeweils um 22 Uhr

 1.4.-3.4. jeweils um 18.00 Uhr, am 3.4. in Anwesenheit des Regisseurs

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BALI KINO KINO DER NACHBARN: W CIEMNOSCI / IN DER DUNKELHEIT In W CIEMNOSCI erzählt die Regisseurin Agnieszka Holland die wahre Geschichte des polnischen Kanalarbeiters und Einbrechers Leopold Socha, der – zunächst lediglich nur aus Eigennutz – einer Gruppe aus dem Ghetto Lemberg geflohener Juden in der Kanalisation Zuflucht und Schutz bietet. Das 2012 bei der Oscarverleihung als „bester fremdsprachiger Film“ nominierte Werk basiert auf Robert Marshalls Buch IN THE SEWERS OF LVOV und Krystyna Chrigers Autobiografie DAS MÄDCHEN IM GRÜNEN PULLI. balikino-berlin.de  11.4. um 18 Uhr

BROTFABRIK KINO BERLIN-FILM-KATALOG: LOTS WEIB In seinem DEFA-Debütfilm LOTS WEIB porträtiert Regisseur Egon Günther die gescheiterte Ehe der Sportlehrerin Katrin mit dem Marineoffizier Richard Lot, der sich jedoch weigert, die von seiner Frau gewünschte Scheidung zu akzeptieren, vor allem, um vor den Kollegen und Parteigenossen nicht negativ aufzufallen. Als Katrin einen kalkulierten Kaufhausdiebstahl begeht, erreicht sie schließlich zwar ihr Ziel, wird jedoch aufgrund ihrer Vorstrafe vom Schuldienst ausgeschlossen. Beim Kinopublikum überaus erfolgreich, thematisiert Günther das kontroverse Thema Scheidungs- und Familiengesetzgebung in der DDR. berlin-film-katalog.de  11.-17.4. um 18 Uhr D 42

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CITY KINO WEDDING DIE AERONAUTEN Hipp Mathis ist nicht nur Filmemacher, sondern auch Bassist der seit einem Vierteljahrhundert aktiven Ostschweizer Indie-Rockband Die Aeronauten, die es aus den kleinsten Käffern der Eidgenossenschaft bis nach Hamburg geschafft haben, wo sie seit Mitte der 90er Jahre als Teil der Hamburger-Schule-Bewegung um Bands wie Blumfeld, Die Sterne und Tocotronic wahrgenommen wurden. Mathis hat für DIE AERONAUTEN 16:9 – DIE ERSTEN 25 JAHRE nicht nur das obligatorische Ton-, Film- und Fotomaterial aus der Historie dieser gutgelaunten Band zusammengestellt, sondern lässt in seinem Zeitdokument auch befreundete Musiker und Weggefährten wie Bernadette La Hengst, Frank Spilker, Knarf Rellöm, Rocko Schamoni und Schorsch Kamerun zu Wort kommen. citykinowedding.de  9.4. um 20 Uhr in Anwesenheit des Regisseurs


INDIEKINOHIGHLIGHTS

BUNDESPLATZ KINO BERLIN FILM MATINEE Die Berlin Film Matinee zeigt im April die in einem Kreuzberger Kindergarten gedrehte Langzeitdoku über Krippenkinder PINA SCHAUKELT - WAS KLEINE KINDER BRAUCHEN (D 2015) von Heike Breitel (siehe Magazinteil), die ihren Film selbst vorstellt. Zu Sobo Svobotniks Dokumentarfilm SEXARBEITERIN (Besprechung in INDIEKINO #24, März 2016) ist die Sexarbeiterin Lena Morgenroth zu Gast. Highlight des Monats ist sicher das KURZFILMPROGRAMM MODE IN OST-BERLIN das im Rahmen der achtung berlin Retrospektive “Berlin in Fashion – Modestadt Berlin“ gezeigt wird und sich in fünf Kurzfilmen der Mode seit den fünfziger Jahren widmet. Es zeigt das offizielle Bild in zeitgenössischen Wochenschaubeiträgen und Werbefilmen, reflektiert es aber auch mit historischen und aktuellen Dokumentarfilmen. Abgerundet wird das Programm durch den Dokumentarfilm EVI, MODELL IN DER DDR aus dem Jahr 2012, in dem Evelin, die für das Modeinstitut der DDR gearbeitet hat, vom Bild der sozialistischen Frau, zensierten Fotos und ihrem Fluchtversuch in den Westen erzählt. Als letzten Film im April zeigt die Matinee-Reihe in Anwesenheit der Regisseurin Antonia Lerch ELLEN AUERBACH, FOTOGRAFIN, GEBOREN 1906 (D 1992) über die in Berlin geborene jüdische Fotografin, die in den dreißiger Jahren nach New York emigrierte. Auerbachs Arbeiten, ihre mit wunderbar freiem Blick erfassten Künstler-Porträts und Straßenszenen, sind eine unbedingt lohnende Entdeckung.  Jeweils um 11 Uhr: 3.4.: Pina schaukelt - Was kleine Kinder brauchen 10.4.: SEXARBEITERIN  17.4.: KURZFILMPROGRAMM MODE IN OST-BERLIN  24.4.: ELLEN AUERBACH, FOTOGRAFIN, GEBOREN 1906

Melusine

EVA LICHTSPIELE DER ALTE DEUTSCHE FILM Die historische Reihe „Der alte deutsche Film“ geht im April weiter mit der Komödie MÄNNER VOR DER EHE mit Carola Höhn, Paul Klinger und Grethe Weiser (1936), dem erst 2014 uraufgeführten Film MELUSINE (1943/44) von Hans Steinhoff und der Komödie GOLDBLONDES MÄDCHEN, ICH SCHENK DIR MEIN HERZ (1932) mit Felix Bressart, Charlotte Ander und Adele Sandrock. In Herbert Selpins HEIRATSSCHWINDLER (1937) legt ein Mann mit einer Eisenbahnermütze unverheiratete Frauen herein. Aber eine Komödie ist der Film entgegen aller Erwartungen durchaus nicht.  Jeweils um 15.45 Uhr: 6.4.: MÄNNER VOR DER EHE  13.4.: MELUSINE  20.4.: GOLDBLONDES MÄDCHEN, ICH SCHENK’ DIR MEIN HERZ  27.4.: HEIRATSSCHWINDLER Filmauswahl und Einführungen: Martin Erlenmaier.

Ellen Auerbach, Fotografin, geboren 1906

ACUD KINO SHORTS ATTACK Turbulenzen im Weltgetriebe: Unter dem Motto „Verrückte Welt“ besucht Shorts Attack im April einen Alien zwischen Frühzeit und Zukunft, präsentiert technische Innovationen für Helmträger, sieht einem Prinzen zu, der mit Koffer durch die Wüste rennt, porträtiert einen Pandabären zwischen Urwald und Zivilisation, und widmet sich dem Sexualverhalten in traditionsbewussten Killerfamilien.  13.4. um 21 Uhr

Live Smartphone


REINICKENDORF

INDIESERVICE

DIE INDIEKINOS ACUD KINO MITTE 1 Veteranenstr. 21, 10119 Berlin Telefon: 030/44 35 94 98, Mail: kino@acud.de, www.acudkino.de U8, M1 Rosen­ thaler Platz, M8/12 Brunnenstr./ Invalidenstr., S1/2 Nordbahnhof

6

BALI KINO ZEHLENDORF  3  Teltower Damm 33, 14169 Berlin Telefon: 030/811 46 78, www.balikino-berlin.de S-Bahn Zehlendorf

BROTFABRIKKINO BERLIN  4  WEISSENSEE Caligariplatz 1, 13086 Berlin Tel.: 030/473 708 58 (nur Mo+Do) Mail: info@brotfabrik-berlin.de www.brotfabrik-berlin.de Tram M2, M13, 12 Prenzlauer Allee/ Ostseestr., Bus 156 Caligariplatz

BUNDESPLATZ-KINO WILMERSDORF 5 Bundesplatz 14, 10715 Berlin Telefon: 030/85 40 60 85, Mail: kino@bundesplatz-kino.de, www.bundesplatz-kino.de U9, S 41/42/46, Bus 248/N9 U+S-Bahn Bundesplatz

CITY KINO WEDDING IM CENTRE FRANÇAIS WEDDING 6 Müllerstraße 74, 13349 Berlin Telefon: 01525/9687921, Mail: info@citykinowedding.de www.citykinowedding.de U6 Rehberge D 44

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LICHTENBERG  10   G    18   1

SPANDAU

MITTE

8

17   5

STEGLITZZEHLENDORF

12

15

FRIEDRICHSHAIN-

CHARLOTTENBURG-  9  WILMERSDORF

B-WARE! LADENKINO FRIEDRICHSHAIN 2 Gaertnerstr. 19, 10245 Berlin Telefon: 030/63 41 31 15 ladenkino.de S+U-Bahnhof Frankfurter Allee, Bus 240 Boxhagener Platz, Tram 13 Wühlischstraße

PANKOW

MARZAHNHELLERSDORF

F    2   KREUZBERG  11   A    7   D    19    14    C    13    E

TEMPELHOFSCHÖNEBERG

16    B

NEUKÖLLN

TREPTOWKÖPENICK

3

EISZEIT KINO KREUZBERG 7

FSK-KINO AM ­ORANIENPLATZ KREUZBERG 11

Zeughofstr. 20, 10997 Berlin Telefon: 030/611 60 16, Mail: info@eiszeit-kino.de, www.eiszeit-kino.de U1, M29, N1 Görlitzer Bahnhof

Segitzdamm 2, 10969 Berlin Telefon: 030/614 24 64, Mail: post@fsk-kino.de, www.fsk-kino.de U8, Bus M29/140/N8 Moritzplatz, U1 Kottbusser Tor

EVA-LICHTSPIELE BERLIN WILMERSDORF 8 Blissestr. 18, 10713 Berlin Telefon: 030/92 25 53 05, Mail: info@eva-lichtspiele.de, www. eva-lichtspiele.de U7, Bus 101/104/249 Blissestr.

FILMKUNST66 CHARLOTTENBURG

TILSITER ­LICHTSPIELE FRIEDRICHSHAIN

9

Bleibtreustr. 12, 10623 Berlin Telefon: 030/882 17 53, Mail: mail@filmkunst66.de, www.filmkunst66.de S-Bahn Savignyplatz

FILMRAUSCH­PALAST MOABIT 10 Lehrter Str. 35, 10557 Berlin Telefon: 030/394 43 44, Mail: info@filmrausch.de, www.filmrausch.de Hauptbahnhof + 10 min Fußweg, Bus 123 Kruppstr., Bus M27 Quitzowstr.

HACKESCHE HÖFE KINO MITTE 12

UNION FILMTHEATER FRIEDRICHSHAGEN Bölschestr. 69, 12587 Berlin 16 Telefon: 030/6501 3141,­ www.kino-union.de S-Bahn Berlin-Friedrichshagen

Rosenthaler Str. 40/41, 10178 Berlin Telefon: 030/283 46 03, Mail: info@hoefekino.de, www.hoefekino.de S-Bahn Hackescher Markt, U8 Weinmeisterstraße

IL KINO NEUKÖLLN

15

Richard-Sorge-Str. 25a, 10249 Berlin Telefon: 030/426 81 29, Mail: programm@tilsiter-lichtspiele.de, www.tilsiter-lichtspiele.de U5 Frankfurter Tor, Weberwiese, M10 Bersarinplatz, Straßmannstraße

XENON KINO SCHÖNEBERG 13

Nansenstr. 22, 12047 Berlin Telefon: 030/81 89 88 99, Mail: contact@ilkino.de www.ilkino.de U8 Schönleinstraße, U7/8 Hermannplatz

SPUTNIK KINO AM SÜDSTERN KREUZBERG 14 Hasenheide 54, 10967 Berlin Telefon: 030/694 11 47, Mail: post@sputnik-kino.com, www.sputnik-kino.com U7 Südstern, U7/8 Hermannplatz

17

Kolonnenstr. 5, 10827 Berlin Telefon: 030/78 00 15 30, Mail: service@xenon-kino.de, www.xenon-kino.de S-Bahn Julius-Leber-Brücke

Z-INEMA ­MITTE

18

Bergstr. 2, 10115 Berlin Telefon: 030/283 89 121, Mail: zinema@gmx.de, www.z-bar.de

ZUKUNFT ­FRIEDRICHSHAIN

19

Laskerstr. 5, 10245 Berlin Telefon: 0176/578 610 79, Mail: programm@zukunft-ostkreuz.de, kino-zukunft.de S-Bahn Ostkreuz


INDIESERVICE

INDIEKINO OPEN-AIR

Laskerstr. 5, 10245 Berlin Telefon: 030/426 81 29, freiluftkino-pompeji.de S-Bahn Ostkreuz

E

OPEN AIR KINO IM FMP1 FRIEDRICHSHAIN  F

FREILUFTKINO ­INSEL ZU GAST IM ­CASSIOPEIA FRIEDRICHSHAIN  D

WINDLICHT IM FILMRAUSCH­ PALAST: „UMSONST & DRAUSSEN“ MOABIT  G  Lehrter Str. 35, 10557 Berlin Telefon: 030/394 43 44, Mail: info@filmrausch.de, www.filmrauschpalast.de Hbf. + 10 min Fußweg, Bus 123 Kruppstr., Bus M27 Quitzowstr.

Franz-Mehring-Platz 1, 10243 Berlin ladenkino.de S-Bahn Ostbhf., U5 Weberwiese

Geschäftsführung: Hendrike Bake

10245 Berlin

Herausgeber: INDIEKINO BERLIN UG (haftungsbeschränkt) Rudolfstr. 11, 10245 Berlin Telefon: 030 – 209 897 24, info@indiekino.de, www.indiekino.de

Rudolfstr. 11

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MAGAZIN einmal im Monat nach Hause.

Revaler Straße 99, 10245 Berlin Telefon: 030/351 224 49, www.freiluftkino-insel.de, S/U-Bahnhof Warschauer Straße

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Hinter dem Kurpark 13,  B  12587 Berlin Telefon: 030/65 01 31 41, www.freiluftkino-friedrichshagen.de S-Bahn Berlin-Friedrichshagen

Im Volkspark Hasenheide, 12049 Berlin Telefon: 030/283 46 03, www.freiluftkino-hasenheide.de U7+U8 Hermannplatz, U8 Boddinstraße

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Das INDIEKINO BERLIN Magazin erscheint monatlich in einer Auflage von 15.000 Stück. Das Magazin ist kostenfrei. Verteilung in den Berliner Kinos ACUD Kino, b-ware!ladenkino, Bali Kino, Brotfabrikkino, Bundesplatz Kino, City Kino Wedding, Eiszeit Kino, Eva Lichtspiele, filmkunst66, Filmrauschpalast Moabit, fsk-Kino am O ­ ranienplatz, Hackesche Höfe Kino, IL Kino, Sputnik Kino am Südstern, Tilsiter Lichtspiele, Union Filmtheater, Xenon Kino, Z-inema, Zukunft sowie an weiteren 400 Verteilstellen. Abonnement: Auf Wunsch liefern wir Ihnen das INDIEKINO BERLIN Magazin gerne zu einem Unkostenbeitrag nach Hause. Eine Bestellung ist mit der Abopostkarte oder unter abo@indiekino.de möglich. Bildnachweis: Filmbilder: Filmverleiher/Filmfestivals Verlosung: Zwei Filmcomics (S.4/5): Reprodukt Verlag Eröffnung FLK Insel (S.4/5): Freiluftkino Insel Logos Filmfestivals (S.6/7): Alfilm, FilmPolska, achtung berlin, Lakino, Festival des sprituellen Films Retrospektive achtung berlin (S.6/7): ItWorks! Medien GmbH, Beate Nelken

APRIL 2016 D

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D APRIL 2016 *Preis für ein Jahr/11 Ausgaben inkl. MwSt. , Lieferung zum 1. Donnerstag des Monats

Filmtexte: Toby Ashraf, Hendrike Bake, Tom Dorow, Christian Horn, Hendrik Jackson, Christian Klose, Elinor Lewy, Jens Mayer, Michael Meyns, Toni Ohms, Peter Schwarz, Anna Stemmler, Hannes Stein, Christine Stöckel, Lars Tunçay, Hardy Zaubitzer

Ich möchte das INDIEKINO BERLIN Magazin zum Preis von 19,80 Euro* ab       nach Hause geliefert bekommen.

Redaktion: Hendrike Bake, Thomas Dorow redaktion@indiekino.de

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Gordian Mauggs Film FRITZ LANG und die Wiederaufführung von Langs Klassiker M – EINE STADT SUCHT EINEN MÖRDER hat uns zu zahlreichen Gesprächen über das Vermächtnis und das Nachleben der filmischen Ideen in M angeregt. Eines der wohl am häufigsten zitierten Filmbilder aus M ist der Ball der kleinen Elsie, der aus einem Gestrüpp in eine Sandkuhle rollt. Die kurze Montage, mit der Lang den vollendeten Mord an Elsie zeigt, zeigt Bilder ihrer Abwesenheit: einen leeren Dachboden, den Ball, einen Ballon, der sich in Hochspannungsleitungen verfangen hat, den leeren Teller auf dem Küchentisch, den die Mutter zuvor sorgfältig angerichtet hatte. Am eindringlichsten ist aber der Ball. Es ist eine Montage, die unmittelbaren Schrecken auslöst. Wohl darum taucht Elsies Ball immer wieder und bis heute im Horrorgenre auf: In DON’T LOOK NOW (WENN DIE GONDELN TRAUER TRAGEN, 1973) lockt ein Ball ein kleines Mädchen in den Tod, in THE CHANGELING (1980) kündet ein die Treppe herunterspringender Ball eine geisterhafte Präsenz an – als wäre Elsie zurückgekommen, um sich zu rächen. Zuletzt erschreckte Elsies Ball in IT FOLLOWS die Protagonistin Jay. Elsies Ball zu entkommen ist unmöglich.

NACHBILD

Wenn die Gondeln Trauer tragen The Changeling

M – Eine Stadt sucht einen Mörder It Follows

VORSCHAU INDIEKINO IM MAI

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D CHRIEG Matteo gegen Alles D ICH BIN TOT, MACHT WAS DRAUS! Alte Rocker rocken D WER HAT ANGST VOR SIBYLLE BERG? Porträt der Autorin D A BIGGER SPLASH Erotik Thriller D SCHROTTEN! Zurück auf den Schrottplatz D LA BELLE SAISON – EINE SOMMERLIEBE Bewegte Frauen in den 70ern D HAPPY HOUR Männerurlaub D JUNGES LICHT Winckelmann verfilmt ­Ruhrpott-Roman D LOEV Schwule Liebe in Indien D MÄNGELEXEMPLAR Sarah-Kuttner-Verfilmung D REMAINDER Halluzinatorische McCarthy Adaption D NUR FLIEGEN IS SCHÖNER Paddeln aus der Midlife-Crisis D BAKUR Einblick in den Alltag der PKK D EVA HESSE Porträt der Künstlerin D FÜR IMMER EINS Zögerlich lesbisch D MONSIEUR CHOCOLAT Frankreichs erster schwarzer Clown D EIN NEUES LEBEN Nach dem Bankrott D PETTING ZOO Schwanger mit 17 D DIE PRÜFUNG In der ­Auswahlkommission D MY INTERNSHIP IN CANADA Politsatire D DER NACHTMAHR Neues deutsches Kino D OUTSIDE THE BOX Teambildungsworkshop D SING STREET Conor will eine Band D SONITA Iranische Rapperin D THE WHISPERING STAR Sion Sono aus dem All


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